Sache (Recht)
körperlicher Gegenstand, in unterschiedlichen Rechtsordnungen verschieden definiert Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Remove ads
körperlicher Gegenstand, in unterschiedlichen Rechtsordnungen verschieden definiert Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Sache ist in den meisten Rechtsordnungen ein als Rechtsobjekt den Personen als Rechtssubjekten gegenüberstehender Gegenstand. Kurzum: Eine Sache ist grundsätzlich alles, was Objekt von Rechten sein kann. Dieser weite Sachbegriff gilt jedoch nicht immer: In Deutschland beispielsweise meint § 90 BGB mit Sachen nur körperliche Gegenstände (s. unten).
Der Begriff der Sache umfasste im römischen Recht alles, was der Aneignung durch den Menschen unterliegt und seinem Gebrauch dient. Im altrömischen Recht kannte man die Unterteilung in res mancipi (Grundstücke, Sklaven, Zug- und Tragtiere) und andere Sachen, die formfrei im Wege der traditio ex iusta causa übertragen werden konnten (res nec mancipi). Der klassische Jurist Gaius unterschied zwischen körperlichen Sachen (res corporales), „die man berühren kann“ (quae tangi possunt),[1] allen anderen Sachen (res nec mancipi) und Forderungen/Verbindlichkeiten. Diese Sachen teilten die Römer auf in Sachen des Rechtsverkehrs (res in commercio) und dem Rechtsverkehr entzogene Sachen (Staatsvermögen, res extra commercium).[2]
Das Allgemeine Preußische Landrecht (PrALR) von 1794 bezeichnete als Sache, „was der Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit sein kann“ (I 2, § 1 APL). Im österreichischen ABGB aus dem Jahr 1812 kommt die juristische Dualität von Person und Sache noch heute klar zum Ausdruck, denn „alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt“ (§ 285 ABGB). Das Schweizer Zivilgesetzbuch von 1912 definiert die Sache dagegen nicht.
Während ältere deutsche Gesetze wie beispielsweise § 265 ZPO vom Oktober 1879 unter Sachen alle Rechtsobjekte verstehen, geht das BGB von einem engeren Sachbegriff aus.[3] Gemäß § 90 BGB gehören zu den Sachen „nur körperliche Gegenstände“. Diesen engeren Begriffsumfang hält das BGB jedoch lediglich im Sachenrecht ein. Einen weiteren Sachbegriff setzt beispielsweise § 119 Abs. 2 BGB voraus.
Zu den Rechtsobjekten gehören körperliche Sachen (bewegliche Sachen, Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (§ 90 BGB)), Tiere (§ 90a BGB), Immaterialgüter[4] (Konzessionen, Lizenzen, Markenrechte, Patente, Urheberrechte oder Schutzrechte wie Geschmacksmuster oder Gebrauchsmuster) und sonstige Rechte (wie dingliche Rechte oder Forderungen). Die Sachen stehen den Personen gegenüber und sind mit ihnen durch Rechtsverhältnisse verbunden oder auch ausnahmsweise nicht (herrenlose Sache). Zu den Sachen gehören auch Sachgesamtheiten.
Die im Raum abgrenzbare Materie ist eine Sache, gleich ob fest, flüssig oder gasförmig (Aggregatzustand). Sie muss abgegrenzt und greifbar (beherrschbar) sein. Luft, Grundwasser,[5] fließende elektrische Energie oder Licht sind als solche keine Sachen, wohl aber Motorenbenzin in einem Kanister oder Gas in einer Druckflasche.[6] Entscheidend ist jedoch die Verkehrsanschauung, nicht die Physik. Der Körper von lebenden Menschen sowie die nicht abgetrennten Teile des menschlichen Körpers sowie nach überwiegender Meinung feste Implantate sind keine Sachen im rechtlichen Sinn. Er kann als Rechtssubjekt (d. h. Träger von Rechten und Pflichten) nicht gleichzeitig Rechtsobjekt sein. Rechtsprechung und Rechtslehre haben den Sachbegriff des Kaufrechts auf alle verkehrsfähigen Güter ausgedehnt, sodass Elektrizität neben Wärme als „sonstiger Gegenstand“ beim Rechtskauf des § 453 Abs. 1 BGB gilt.[7]
An Sachen kann man Besitz und/oder Eigentum erlangen.
Wie der Leichnam sachenrechtlich einzuordnen ist, ist umstritten: Die wohl herrschende Meinung nimmt grundsätzlich eine Sacheigenschaft des Körpers an,[8] die aber im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht umstritten ist. Die Erben erlangen jedenfalls kein Eigentum am Leichnam, weil der Leichnam nicht zum Vermögen des Verstorbenen gehört (s. o.). Hier nimmt die wohl herrschende Meinung an, dass die nächsten Angehörigen ein quasi Sachrecht für die Pflege der Totensorge erhalten.[9] Die im Leichnam enthaltenen künstlichen Teile erhalten ihre Sacheigenschaft zurück. Da der Leichnam keinem gehört (die Angehörigen haben das Recht zur Totenpflege, aber erhalten kein Eigentum), werden diese Sachen nach Trennung vom Leichnam herrenlos. Ein Sonderfall stellt die rechtliche Einordnung von Leichnamen dar, die aufgrund einer Verfügung des Verstorbenen oder weil das Persönlichkeitsrecht erloschen ist, wissenschaftlichen Zwecken dienen sollen. An ihnen kann Eigentum erworben werden.
Ob der Leichnam eine Sache ist, kann im Ergebnis dahinstehen, denn er ist dem Rechtsverkehr entzogen,[10] weil der Körper des verstorbenen Menschen auch nicht im Wege der Universalsukzession (§ 1922 BGB) Bestandteil der Erbschaft sein kann, da sie allein das Vermögen betrifft. Damit hat der Streit um die Sacheigenschaft eines Leichnams, der nicht wissenschaftlichen Zwecken dient, keine praktische Relevanz.
Durch das TierVerbG wurde 1990 der § 90a BGB eingefügt, nach dem Tiere keine Sachen sind, man sie jedoch rechtlich wie Sachen zu behandeln hat. Das bedeutet, dass man beispielsweise einen Hund ohne Weiteres nach den Vorschriften über den Kaufvertrag kaufen und nach den sachenrechtlichen Vorschriften übereignen kann.
Sinn der Regelung ist es, die Tiere als Mitgeschöpfe wenigstens gedanklich von den Sachen zu unterscheiden.[11] Nach einer in der Literatur vorhandenen Auffassung handelt es sich um eine „gefühlige Deklamation ohne wirklichen rechtlichen Inhalt“.[11] Auswirkungen hat er immerhin im Falle eines zu leistenden Schadensersatzes: Der Schuldner kann nicht ohne Weiteres eine Wertminderung eines von ihm verletzten Tieres durch vorherigen längeren Gebrauch geltend machen, wie das bei einer von ihm beschädigten Sache der Fall wäre. Auch Heilkosten, die über den Verkaufswert des Tieres hinausgehen, können ihm in Rechnung gestellt werden (§ 251 Abs. 2 Satz 2 BGB). Der Finderlohn (§ 971 BGB) weicht ebenfalls ab: Der erhöhte Satz von 5 statt 3 % für die ersten 500 € Sachwert gilt nicht für Tiere.
Die Art einer Sache wird im bürgerlichen Recht nach folgenden Kriterien beurteilt: bewegliche oder unbewegliche, vertretbare oder unvertretbare, verbrauchbare oder unverbrauchbare und teilbare oder unteilbare Sache.
Zwischen mehreren Sachen können Verbindungen existieren, die eine unterschiedliche Qualität haben. Das Sachenrecht unterscheidet hier zwischen wesentlichen Bestandteilen, einfachen Bestandteilen, Scheinbestandteilen und Zubehör:
Diese Sachen heißen auch Einzelsachen, um sie von den Sachgesamtheiten zu unterscheiden, die aus mehreren selbständigen Sachen bestehen.[12]
Das bürgerliche Recht unterscheidet zwischen Vorteilen (Gebrauchsvorteile) und so genannten Früchten § 100 BGB. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen Sach- und Rechtsfrüchten.
Der Rechtsverkehr mit Sachen wird im Bürgerlichen Recht vom Sachenrecht geregelt.
Zur Sicherung der öffentlichen Funktion von Sachen, die dem Allgemeinwohl dienen, bezweckt das Recht der öffentlichen Sachen eine teilweise „Herausnahme“ der Sachen aus dem – auf Privatnützigkeit ausgerichteten – bürgerlichen Sachenrecht. Der Ausdruck ist missverständlich, weil das Recht der öffentlichen Sachen nicht besondere Sachen, sondern eine besondere rechtliche Zuordnung der Sachen zum Eigentümer zum Gegenstand hat. Es regelt insbesondere auch die Benutzung der Sachen im Interesse des Gemeinwohls (Gemeingebrauch) durch die Allgemeinheit oder besondere Berechtigte (Sondernutzung).
Die § 90 und § 90a BGB regeln den Begriff der Sache unmittelbar nur für das Bürgerliche Gesetzbuch. Die unabhängigen Definitionen der anderen Rechtsgebiete kommen jedoch meist zu dem gleichen Ergebnis. Der Begriff der Sache im Strafrecht weicht insoweit davon ab, dass Tiere ebenfalls Sachen sind.
Der in § 265 ZPO verwendete Sachbegriff schließt auch Rechte – die als solche unkörperlich sind – ein. Gemeint ist in dieser Vorschrift daher eher der Oberbegriff für Sachen und Rechte, der Gegenstand. Das Gleiche gilt für den Sachbegriff in § 119 Abs. 2 BGB.
§ 285 ABGB normiert: „Alles, was von der Person verschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.“
„Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen“ (§ 285a ABGB).
Körperliche Sachen sind Sachen, die man mit den Sinnen wahrnehmen kann, auch wenn man technische Hilfsmittel (z. B. Messwerkzeug) benötigt, um sie wahrnehmbar zu machen.
Unkörperliche Sachen sind alle nicht wahrnehmbaren Sachen. Darunter fallen z. B. Forderungen bzw. Rechte.
Sachen, die ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können, sind bewegliche Sachen (veraltet: Fahrnis); andere Sachen sind unbeweglich. Sachen, die eigentlich beweglich sind, aber im rechtlichen Sinn als unbeweglich gelten, sind solche, die ein Zubehör einer unbeweglichen Sache darstellen (§ 293 ABGB).
Zur Einteilung der Sachen nach österreichischem Recht siehe näher Sachenrecht (Österreich).
Das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) definiert die Sache nicht, sondern bestimmt in Art. 641 ZGB lediglich, dass der Eigentümer einer Sache in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen kann.
Seit 1. April 2003 bestimmt Art. 641a ZGB: Tiere sind keine Sachen.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.