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französischer Historiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Roland Émile Mousnier (* 7. September 1907 in Paris; † 8. Februar 1993 ebenda) war ein französischer Historiker. Er war Begründer einer Schule von Sozialhistorikern der frühen Neuzeit an der Sorbonne (Universität Paris IV).
Mousnier studierte an der Sorbonne und der École pratique des hautes études (Agrégation 1931) und war danach ab 1932 Gymnasiallehrer in Rouen am Lycée Corneille und später in Paris. 1934 heiratete er Jeanne Lecacheur. Im Zweiten Weltkrieg war er in der Resistance. 1947 wurde er Professor an der Universität Straßburg und 1955 an der Sorbonne. Da er an Sozialgeschichte interessiert war, ging er zu Studienaufenthalten in den USA, wo er sich in Soziologie und Anthropologie ausbildete. Er stand aber weder der Annales-Schule noch Marxisten nahe, sondern war eher ein konservativer katholischer Historiker, der einen prosopographischen Zugang wählte. Er begründete damit in Paris an der Sorbonne eine Schule der Sozialhistorie, die in Opposition zur Annales-Schule an der Ecole Pratique des Hautes Etudes stand. 1977 emeritierte er.
Bekannt wurde 1958 sein heftiger Disput mit dem sowjetischen marxistischen Historiker Boris Fedorowitsch Porschnew (1905–1972), Autor von Les soulèvements populaires en France de 1623 à 1648 (russisch 1948, französische Übersetzung 1962), wobei er in Leningrad befindliche Teile des Nachlasses von Pierre Séguier benutzte. Mousnier lehnte dessen Sichtweise von Bauernrevolten des 17. Jahrhunderts (oder genauer Steuerrevolten) in Frankreich als Klassenkämpfe ab. Sie wären bei näherem Hinsehen nicht spontan erfolgt, sondern von (gegen die Administration etwa von Mazarin und Richelieu) opponierenden Personen des Adels organisiert. Klassenbewusstsein entstand nach Mousnier erst im 18. Jahrhundert mit dem sich entwickelnden Kapitalismus. Die Gesellschaft des 15. bis 18. Jahrhunderts war dagegen nach Mousnier von vertikalen Ordnungen des Standesbewusstseins geprägt (Theorie der Société d'ordres) und von Beziehungsnetzwerken und Patronage-Systemen dominiert, die er in seinen historischen Arbeiten untersuchte. Er konzentrierte sich dabei auf die Eliten, schrieb aber auch ein Buch über Bauernrevolten im 17. Jahrhundert (Fureurs paysannes 1968). Beispielsweise untersuchte er so das politische Klima in Frankreich zur Zeit der Ermordung von Heinrich IV. In seinem Buch Les Hiérarchies sociales von 1969 stellte er vergleichende Untersuchungen der Gesellschaften in Deutschland, Russland, Frankreich, China oder Tibet an und kritisiert Kommunismus und technokratische Ordnungen. Weitere Bücher betrafen Institutionengeschichte im französischen Absolutismus und er schrieb mehrere große Gesamtdarstellungen historischer Epochen. Sein erstes Werk 1945 war über Ämterkauf im Frankreich der frühen Neuzeit, Gegenstand seiner Dissertation.
1964 gab er die privaten Aufzeichnungen des Kanzlers Séguier heraus. 1992 schrieb er eine Biographie von Kardinal Richelieu.
Mousnier galt als hervorragender Lehrer und war für die Qualität seiner Vorlesungen bekannt, sah das Primat aber in der Forschung und seinem Forschungsseminar. Er pflegte eine enge Bindung zu Schülern und Mitarbeitern[1], allerdings mit einem autoritären Führungsstil[2]. Auf die 1968er Studentenrevolten reagierte er mit Abscheu.
Das Centre Roland Mousnier des CNRS an der Sorbonne für Geschichte der frühen Neuzeit ist nach ihm benannt.[3] Es entstand aus seinem 1958 mit Victor-Lucien Tapié und Alphonse Dupront gegründeten Centre de recherches sur la civilisation de l'Europe moderne, das er bis 1977 leitete.
Er war ein Gegner der Kommunisten und hatte auch wenig Sympathie für den sozialen Katholizismus. Im Algerienkrieg war er Ende der 1950er Jahre ein starker Befürworter eines harten Durchgreifens gegen die Aufständischen.
1977 wurde er Mitglied der Académie des sciences morales et politiques und 1971 korrespondierendes Mitglied der British Academy.[4]
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