Pupplay

Rollenspiel, bei dem mindestens einer der Teilnehmer hündische Verhaltensweisen nachspielt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Pupplay

Pupplay (auch „Human Pupplay“ oder „Puppyplay“, dt. menschliches Hundespielen) gilt als sexueller Fetisch[Anm. 1] aus dem BDSM-Bereich.[1] Es ist eine Unterkategorie des Petplays.

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Puppys auf der ColognePride im Jahr 2024
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Zwei Puppys auf der Folsom Street Fair 2022

Hierbei begeben sich die Teilnehmer in die gedankliche Rolle eines Hunde(-welpen)s und ahmen hundetypische Verhaltensmuster wie das Tragen von Halsbändern, das Spielen mit Spielzeugen sowie die Kommunikation über Lautäußerungen wie z. B. dem Bellen nach.

Es wird in der Regel zwischen einer sexuellen Ausführung, die erotisches Rollenspiel mit Selbstbefriedigung oder Geschlechtsverkehr umfasst und einer Ausführung mit dem reinen Schwerpunkt auf soziale Aufmerksamkeit und Kommunikation unterschieden, auch wenn klare Grenzen in der Szene nicht existieren.[2] Eingeordnet wird Pupplay zunehmend als eine „sozio-sexuelle Aktivität“ bzw. als „postmoderne Subkultur“, die die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten als Grundlage führt.[2]

Pupplay ist hauptsächlich in Westeuropa vertreten[3] und der größte Anteil der Beteiligten ist homosexuell.[4] Pupplay beinhaltet keine Interaktionen mit echten Hunden.[1][5][6] Für diese sexuelle Präferenz siehe Zoophilie.

Geschichte

Zusammenfassung
Kontext

Der Ursprung lässt sich überwiegend auf das Ende des Zweiten Weltkrieges in der USA zurückführen. Durch die damalige Einstufung von Homosexualität als Krankheit und die vorhandene Diskriminierung von Homosexuellen durch alle Gesellschaftsschichten hindurch schlossen sich meist junge Soldaten zusammen und bildeten innerhalb der Kasernen queere Gruppen, deren vertraute Gemeinschaften den Soldaten Sicherheit boten.[7] Vor allem der Lederfetisch entstand aus diesen Gruppierungen, die ein zunehmend dominantes Erscheinungsbild entwickelten. Dort gab es erfahrenere „Sirs“, die unerfahrene „Boys“ dominierten, ihnen Lektionen im Verhalten beibrachten und sie in die Szene hereinführten. In diesem Konstrukt waren Strafen (engl. punishments) beliebt, um gewünschtes Verhalten zu trainieren und gleichzeitig Druck auszuüben. Eine davon beinhaltete das Niederknien auf alle Vieren in Kombination mit dem Verbot des Sprechens und der Nahrungsaufnahme vom Boden. Auf ein solches, hundeähnelndes Verhalten reduziert zu werden, brachte eine reizvolle Demütigung mit sich, dessen Kontrolle ausschließlich beim dominanten „Sir“ lag. Diese Strafe hat sich in weiterer Entwicklung unter dem Namen Pupplay in eine ganz eigene Ausführung von dominant-submissiven Beziehungen verwandelt, weist aber auch heute noch enge Verbindungen in die Lederszene, beispielsweise über die Wahl von Ledermasken oder sonstigen Lederaccessoires, auf.[3]

Puppy Pride Flagge

Abbildung der Puppy Pride Flag, veröffentlicht von Flip Gray (International Puppy LLC), Mai 2011

Die ursprüngliche Puppy Pride Flagge von Jeff Hull besaß sieben Streifen und einen von Scott Stevenson entworfenen roten Dobermann-Kopf in der Mitte. Die Wahl der Hunderasse des abgebildeten Kopfes war jedoch umstritten, da sich viele durch sie nicht mit der Flagge identifizieren konnten und sie als nicht neutrale Repräsentation der Community sahen.[8]

Im aktuellen Design, entworfen von Kirk „Brue“ Pierce, erinnern die neun in blau, weiß und schwarz gefärbten Streifen an die Leather Pride Flag von Tony DeBlase (vgl. Lederszene). Auffallend ist der mittlere, einzige breitere weiße Streifen, der die Vielfältigkeit der Puppy-Community bildlich darstellen soll. Alle Streifen wurden zusätzlich 30° diagonal nach rechts unten positioniert, um an die „Boy Flag“ von Keith P. zu erinnern.[9]

Der rote Dobermann-Kopf des alten Designs wurde von Pierce schließlich durch einen roten Knochen ersetzt. Pierce wollte dabei ein Symbol verwenden, welches international erkennbar sowie auffällig sei, neutral wirke und niemanden in der Community ausschließe.[8]

Weitere Informationen Farben, PANTONE-Farbsystem ...
Die Flagge (vgl. Referenzbild) nutzt folgende Farben:
Farben PANTONE-Farbsystem CMYK-Farbcode RGB-Farbcode
Königsblau Reflex Blue 2X 100,73,0,2 23,23,150
Rot 1788 2X 0, 84, 88, 0 235, 38, 41
Schwarz Black 6 2X 0, 0, 0, 100 0, 0, 0
Weiß n/a 0, 0, 0, 0 255, 255, 255
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Die Puppy-Pride Flagge wurde im Mai 2011 von „Pup Flip Gray“ veröffentlicht, unterliegt der Public Domain und damit keinem Urheberrecht.[10]

Verhaltensweise

Zusammenfassung
Kontext
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Ein Puppy auf allen Vieren, angeleint

Die Grundidee ist das gedankliche Hineinfinden in eine unschuldige Hundefigur,[11] die alltägliche Gedanken, soziale Normen und Pflichten ausblendet und eine Art spielerische Leichtigkeit hervorruft.[12] Dieses Hineinversetzen wird oftmals als „Headspace“ (dt. Kopfraum, ugs. freier Kopf), bezeichnet.[3][13][14] Auch kann der Wunsch zurück in die Kindheit, etwa mit dem Kontrast zwischen stressbehafteter Arbeitsumgebung und spielerischem Hundeverhalten, über den Headspace erfüllt werden.[13]

Es ist durchaus möglich, dass Pupplayer dieser ausgedachten Figur neue Eigenschaften zuschreiben und sie als zweite Persönlichkeit wahrnehmen (engl. pup identity).[3][15] Extreme Ausmaße weisen eventuell auf eine dissoziative Identitätsstörung hin.

Beispiele für typische non-sexuelle Verhaltensweisen in der Rolle eines Puppys sind das Apportieren, das Ausführen von Befehlen, das Herumtollen, teilweise schnelle Emotionsänderungen sowie das Spielen untereinander.

Einflüsse auf Menschen mit Autismus

Menschen mit Autismus unterliegen gesellschaftlichen Vorurteilen, die durch Homosexualität möglicherweise negativ verstärkt werden. Oftmals fühlen sich Autisten dadurch ausgeschlossen und finden aufgrund dieser in Selbstzweifel auswirkenden Gedanken nur schwer Anschluss in der Gesellschaft.[15] Eine Studie von 2023 untersuchte die Auswirkungen von Pupplay auf Autisten und kam zum Entschluss, dass viele stigmatisierte Berührungspunkte beim Pupplay wegfallen. Der Austausch mit anderen Teilnehmern findet bei Pupplay zu einem großen Teil online über soziale Medien statt, was autistischen Personen ein Kennenlernen und Einfinden innerhalb der Community erleichtern kann. Die Maske sorgt auch für eine Gleichstellung unter allen Teilnehmern, da lediglich die Augenpartien Einblicke auf Emotionen geben. Bei Reizempfindlichkeit kann optional jene Ausrüstung getragen werden, die Seh- und/oder Hörvermögen einschränkt.[15]

Bezugspersonen

Zusammenfassung
Kontext

Pupplay kann alleine, mit mehreren Puppys und/oder mit ergänzenden Rollen praktiziert werden. Puppys ohne feste Bezugspersonen nennt man in der Szene auch „Stray“ (dt. Streuner), da sie praktisch „frei“ in ihrer Person sind und uneingeschränkt ihre Rolle ausleben können.[16]

Es ist üblich, mit allen Beteiligten im Vorhinein individuelle Regeln sowie ein Safeword festzulegen, um die Sicherheit aller zu gewährleisten. Generell ist Pupplay auf Einvernehmlichkeit nach dem Prinzip Safe, Sane, Consensual angewiesen.

Owner, Handler und Trainer

Die wichtigsten ergänzenden Rollen für einen Puppy sind, wenn vorhanden, „Owner“ (dt. Herrchen), „Handler“ (dt. Betreuer) und „Trainer“.

Der Owner ist der Besitzer des Puppys und ergreift aktiv die Kontrolle über ihn. Es ist nicht unüblich, dass durch dieses hohe Vertrauen eine emotionale Beziehung auch außerhalb des Pupplays entsteht, wobei sexuelle Beziehungen nicht ausgeschlossen sind.[17] Ein Trainer kümmert sich um das spielerische Beibringen von Tricks und einfachen Kunststücken. Ein Handler wiederum füllt die Lücke zwischen Owner und Trainer und übernimmt die Verantwortung des Puppys bspw. durch an der Leine führen, „besitzt“ ihn aber nicht.[18]

Rudel

Vergleichbar mit der Gemeinschaft von Wölfen existieren im Pupplay Zusammenschlüsse von mehreren Beteiligten, die in der Szene als Rudel bezeichnet werden. Dabei kann es auch eine hierarchische Rangordnung geben, bei der der Titel Alpha der Ranghöchste ist.[11]

Zubehör

Zusammenfassung
Kontext
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Ein Puppy mit Brustgeschirr neben einem Ledermann auf der London Pride 2017

Der auffallendste Teil der optionalen Ausrüstung ist die „Hood“ (dt. „Maske“), meist bestehend aus Neopren oder Leder, die getragen wird, um bezogen auf Ohren und Schnauze einem Hund zu ähneln. Zusätzlich wird die – in der Rolle generell gleichgültige – Identität der Person gewahrt, denn neben Auslässen für Mund, Nase und Augen umschließt diese Art von Maske den gesamten Kopf.[19]

Dazu kommen schützende Gegenstände wie z. B. umschließende Schoner für die Hände, die bei anhaltender Gewichtsverlagerung auf alle Vieren Verletzungen minimieren.[11][20]

Auch echtes Hundezubehör kann verwendet werden, um der Rolle einen noch realistischeren Kontext zu bieten. Dazu zählen handelsübliche Leinen, Halsbänder, Hundemarken, aber auch größere Duplikate bestehender Brustgeschirre und die Nutzung von Hundeleckerlis.[21]

Zu dieser für Pupplay ausgelegten Ausrüstung gibt es aber noch zahlreiche weitere Fetische und Verkleidungen, die mit diesem Fetisch kombiniert werden können. So bezeichnen sich manche als „Rubberdogs“, also Puppys mit einem Gummifetisch, oder auch „Slavepuppies“, also BDSM-Sklaven, die zusätzlich Pupplay ausleben.

Stigmatisierung

Zusammenfassung
Kontext

Wiederholte Verstöße gegen das Vermummungsverbot in Deutschland

Im Jahr 2018 wurde den Mitgliedern der Pupplay-Community das Tragen von Masken auf dem CSD in Essen mit Verweis auf das Vermummungsverbot durch die Polizei verboten.[22] Nachdem dieses Vorgehen öffentlich kritisiert wurde, stellten die Abgeordneten Arndt Klocke und Josefine Paul der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage an die Landesregierung Nordrhein-Westfalen.[23] CDU-Innenminister Herbert Reul beantwortete diese Anfrage und räumte ein, dass eine „Aufforderung, das Tragen der Masken zu unterlassen, [...] demnach nicht erfolgen [hätte] dürfen“.[23]

Im Juni 2023 versammelten sich im Rahmen des CSDs in Recklinghausen Pupplayer, denen seitens der Polizei trotz genannter Zusicherung, dass diese Art von kreativer Entfaltung nicht unter das Vermummungsverbot falle, das Tragen von Masken erneut verboten wurde.[24] Nach öffentlicher Kritik entschuldigte sich die Polizei über eine Pressemitteilung und versicherte, dass man „den Einsatz nachbereiten und Einsatzkräfte für zukünftige Versammlungen sensibilisieren“ werde.[25] Als Reaktion darauf stellten diesmal die Abgeordneten Christina Kampmann, Lisa-Kristin Kapteinat, Elisabeth Müller-Witt und Frank Müller der Fraktion SPD eine Kleine Anfrage an die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.[26] In der Antwort heißt es, die nach § 17 Abs. 1 VersG NRW für ein Verbot von Maskierungen notwendige Absicht der Identitätsverschleierung sei nicht gegeben gewesen und von den zuständigen Einsatzkräften nicht geprüft worden.[27]

Anmerkungen

Literatur

Commons: Pupplay – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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