Das Faserprodukt (auch Pullback, kartesisches Quadrat oder Pullback-Quadrat) ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Kategorientheorie. Zentrale Bedeutung kommt dem Faserprodukt in der algebraischen Geometrie zu.

Der Begriff des Faserproduktes ist dual zum Begriff des Pushout.

Faserprodukt von Mengen

Sind und zwei Abbildungen von Mengen, so ist das Faserprodukt von und über die Teilmenge

des kartesischen Produktes von und .

Faserprodukte in beliebigen Kategorien

Definition über Objekte

Sind Morphismen und in einer Kategorie gegeben, so heißt ein Objekt zusammen mit Morphismen

und

den sogenannten kanonischen Projektionen, ein Faserprodukt von und über , wenn und die folgende universelle Eigenschaft erfüllt ist:

Zu jedem Paar von Morphismen von einem Testobjekt nach bzw. , für das
(als Morphismen )
gilt, gibt es genau einen Morphismus
so dass
und
gilt.

Anders formuliert: die Funktoren

und

sind via und natürlich äquivalent.

Definition über Morphismen

Bei einer allgemeineren Herangehensweise werden derartige Paare von Morphismen und von einem Objekt nach bzw. als Faserprodukt, Pullback, kartesisches oder Pullback-Quadrat bezeichnet, für die gilt:

  1. (als Morphismen )
  2. jedes weitere Paar von Morphismen und von einem Objekt nach bzw. , für die gilt, ist über einen eindeutig bestimmten Morphismus mit dem ersten Paar von Morphismen vertauschbar, d. h. und

Die Morphismen von Pullbacks bilden ein kommutatives Diagramm:

Dieses Diagramm stellt einen Kegel über dem Diagramm dar, bei dem der „mittlere“ Pfeil (der zwischen und ) weggelassen wurde. Die zweite Bedingung drückt aus, dass das Pullback ein Limes aller solchen Kegel ist. Man sagt, entstehe durch Zurückziehen (engl. pull back) von entlang und entstehe durch Zurückziehen von entlang [1][2][3]

Thumb

Pullback-Kegel

Gelegentlich werden auch derartige Paare von Morphismen () von einem Objekt nach bzw. , für die lediglich

(als Morphismen )

gilt, als Pullback-Kegel bezeichnet; Morphismen von Pullback-Kegeln sind über entsprechende kommutative Diagramme definiert. Das Faserprodukt ist dann ein Endobjekt der Kategorie der möglichen Pullback-Kegel über dem Diagramm [4][5]

Eindeutigkeit

Die Komponenten und des Faserproduktes aus der Definition über Morphismen müssen nicht eindeutig bestimmt sein, sind aber eindeutig bis auf Isomorphie. D. h., ist zusammen mit Abbildungen und ein weiteres derartiges Faserprodukt, so sind und isomorph und und eindeutig durch und bestimmt. Für ein und dasselbe Objekt kann es ebenfalls verschiedene Möglichkeiten für die Morphismen und geben. Die verschiedenen Varianten sind dann aber wiederum durch einen Isomorphismus (von auf sich selbst) eindeutig durch einander bestimmt.

Auch aus der Definition über Objekte ist im Allgemeinen nur ein Symbol für mehrere mögliche, jeweils zueinander isomorphe Objekte. Es wird jedoch gewöhnlich eine Standarddarstellung für angegeben; z. B. in der Kategorie der Mengen die Menge:

[1]

Bezeichnung

Die Bezeichnungen werden nicht ganz einheitlich verwendet. Gemeinhin wird in mathematischen Texten mit Faserprodukt eher das sich ergebende Objekt der Produktbildung bezeichnet, während mit Pullback das sich ergebende Paar von Abbildungen bezeichnet wird. Hinzu kommt noch die verallgemeinerte Bezeichnung des Faserproduktes als Produkt über …. Mit kartesisches oder Pullback-Quadrat wird dann auch eher die Gesamtkonstruktion oder das Pullback-Diagramm bezeichnet. Letztlich werden die Bezeichnungen jedoch synonym gedeutet und werden nur unterschiedlich eingesetzt, um jeweils einen bestimmten Aspekt des Faserproduktes ins Zentrum der Betrachtung zu rücken.[6][7][8]

Eigenschaften

  • Ist ein beliebiger Morphismus, so ist
.
  • Sind und injektive Mengenabbildungen (allgemein Monomorphismen), so ist das Faserprodukt der Schnitt (der Bilder) von und
  • Ist eine einelementige Menge, so ist das Faserprodukt isomorph zum kartesischen Produkt. Die Standarddarstellung (s. o.) des Faserproduktes in der Kategorie der Mengen ist dann identisch mit dem kartesischen Produkt. Ist allgemein ein Endobjekt, so ist das Faserprodukt isomorph zum allgemeinen kategoriellen Produkt.
  • Die Standarddarstellung (s. o.) des Faserproduktes in der Kategorie der Mengen ist eine Untermenge des kartesischen Produktes. Allgemein gibt es stets einen Monomorphismus vom Faserprodukt in das allgemeine kategorielle Produkt
(falls beide Konstruktionen existieren).

Beispiele

  • Das Faserprodukt ist ein spezieller Limes. Aufgrund der Stetigkeit des jeweiligen Vergissfunktors ist in den folgenden Kategorien – deren Objekten stets Mengen zugrunde liegen – die zugrunde liegende Menge des Faserproduktes (in dieser Kategorie) gleich dem Faserprodukt (in der Kategorie der Mengen) der zugrunde liegenden Mengen:
Gruppen, abelsche Gruppen, Ringe, Moduln, Vektorräume, topologische Räume, Banachräume.

Faserprodukte in der algebraischen Geometrie

Die obige kategorielle Definition wird insbesondere in der algebraischen Geometrie benutzt, um das Faserprodukt zweier Schemata mit gegebenen Morphismen zu definieren.

Wenn und affine Schemata sind, dann ist auch ein affines Schema.[9] Aus folgt nämlich

.[10]

Dies gibt eine explizite Beschreibung (und beweist insbesondere die Existenz) des Faserprodukts affiner Schemata.

Eine explizite Beschreibung für Faserprodukte beliebiger Schemata erhält man wie folgt. Sei eine Überdeckung durch affine Schemata, und für alle seien

jeweils Überdeckungen durch affine Schemata, dann ist

eine Überdeckung durch affine Schemata, insbesondere ist damit als Schema definiert.[11]

Für einen Punkt eines Schemas bezeichne jeweils den zugehörigen lokalen Ring. Die Punkte des Faserprodukts entsprechen dann bijektiv den Tupeln mit und einem Primideal .[12]

Einzelnachweise

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