Polizei-Institut Charlottenburg
Ausbildungs- und Forschungsstätte der preußischen Polizei in Berlin-Charlottenburg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Polizei-Institut Charlottenburg (ab 1937: Führerschule der Sicherheitspolizei, ab 1939 Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD) war eine 1927 gegründete Ausbildungs- und Forschungsstätte der preußischen Polizei in Berlin-Charlottenburg. Das Institut hatte zunächst seinen Sitz in der Charlottenburger Soorstraße 83 und wechselte dann in den westlichen Stülerbau, in dem sich heute das Museum Berggruen befindet. In Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges sollte es zur „Zentralen Schule des RSHA“ ausgeprägt werden.
Aus der Höheren Polizeischule in Eiche hervorgegangen, arbeitete das Polizei-Institut von Beginn an eng mit der dort angesiedelten Ausbildungs- und Forschungsinstitution des preußischen Innenministeriums zusammen. Hier saßen die Befürworter für eine Ausrichtung der Polizeiarbeit auf rechtliche und demokratische Grundlagen, wie es die Weimarer Verfassung bestimmte. Ab 1920 waren bereits in Eiche Schritte gegangen worden, Ausbildungslehrgänge für Polizeioffiziere und Polizei-Anwärter durchzuführen. Die Höhere Polizeischule selbst wurde im Mai 1921 gebildet, begann aber erst 1923 mit dem ersten offiziellen Polizei-Offiziersanwärter Lehrgang. Wenige Monate vorher, zum Herbst 1922 war noch in Eiche der erste Kriminalkommissarlehrgang begonnen worden.[1] Im Jahr 1925/1926 war dann ein zentraler Standort für die Ausbildungskurse in Berlin Soorstraße 83 gefunden und am neuen Standort mit der Schulungsarbeit für Kriminalisten begonnen worden. Ab 1927 betreute das Institut den ersten Einjahreslehrgang für Kriminalisten-Anwärter.[2] Die Absolventen galten als Elite der Polizei, „die Charlottenburger“, wie sie auch genannt wurden. Erster Leiter in der Aufbauphase war ab 1926 Max Hagemann, später der erste Chef des Bundeskriminalamtes. Die fünf Hauptthemen der Lehrtätigkeit des Instituts umfassten: Staats- und Polizeirecht, Berufspsychologie und Pädagogik, Geschichte und Soziologie, Organisation und Verwendung der Polizei, Kriminologie und Kriminalistik. Neben der Aus- und Weiterbildung von Polizeikommissaren und -offizieren war das Institut für die Ausbildungsvorschriften der Polizei verantwortlich. Von 1929 bis 1933 fungierte Ministerialrat Ernst von den Bergh (1873–1968) als Präsident des Polizei-Instituts. Erst in seiner Amtszeit wurde 1931 mit der genauen Fixierung der preußischen Polizeiausbildungsvorschriften begonnen.[3] Von Bergh nahm wesentlichen Einfluss auf die inhaltliche und organisatorische Profilierung der Bildungseinrichtung für das höhere Polizeipersonal. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurden von Bergh, fast alle Führungskräfte und Dozenten wegen ihrer weltanschaulichen Nähe zu Demokratie, Recht und sozialdemokratischen Positionen aus dem Institut entfernt.[4]
Ein Bruch der bisherigen kontinuierlichen, an der Verfassung der Weimarer Republik orientierten Entwicklung trat am 22. August 1933 ein, als der neu ernannte preußische Innenminister Hermann Göring das Institut zur zentralen Lehrstätte der Kriminalpolizei für ganz Deutschland erklärte. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte eine konsequente institutionelle Trennung zwischen der Ausbildung von Schutzpolizisten, Landjägern und Kriminalisten. An die Spitze des Instituts wurde übergangsweise Personal gestellt, das von seiner Einstellung und beruflichen Herkunft her den nationalsozialistischen Zielen offen gegenüberstand. Das betraf vor allem den seit 1933 eingesetzten Leiter, Felix Linnemann, der Kriminalist war und aus der Sportbewegung stammte. Neben seiner Person umfasst das Institut bis 1935 noch weitere acht hauptamtliche Mitarbeiter aus der Kriminalpolizei.[5] Erst später kamen als Dozenten auch Offiziere des Sicherheitsdienstes und der Gestapo zum Einsatz. Ab November 1933 wurde die nationalsozialistische Ideologie fester Bestandteil der Ausbildung von Kriminalisten. Zeitnah wurden die Lehrgänge zur Fachentwicklung von Kriminalkommissaren nun auch für Personal des Sicherheitsdienstes der NSDAP geöffnet. Auch Anpassungslehrgänge und Kurse für zukünftige Kolonialbeamten ergänzten das Spektrum. Dazu kam, dass sich alle Bewerber vorher einer Überprüfung ihrer politischen Zuverlässigkeit unterziehen mussten und nur zugelassen wurden, wenn sie die Gewähr boten, sich „rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einzusetzen“.[6] Ab 1935 setzten Bemühungen ein, das Institut, sowie weitere Führerschulen Heinrich Himmler direkt zu unterstellen, um auf diesem Weg die ideologische Ausrichtung der zukünftigen Führungsschicht in der SS, Polizei und Sicherheitsdienst gewährleisten und auf die NS-Staatsdokrin einschwören zu können. Spätestens 1936 war die nationalsozialistische Staats- und Rechtsauffassung, die NS-Rassentheorie und Antisemitismus sowie Völkerhetze getarnt als „Gegner-Wissen“ fester Bestandteil der Bildungsinhalte. Infolge der reichseinheitlichen Zentralisierung der Polizei wurde das Institut dann 1937 in „Führerschule der Sicherheitspolizei“ umbenannt. Damit war der Übergangsprozess seit 1933 abgeschlossen. Zeitnah wurde der bisherige Leiter Linnemann entfernt und ein Kommandeur, das SS-Mitglied Otto Hellwig, an die Spitze der Führerschule gestellt. Eingeführt wurde im Folgejahr der Uniformzwang für die Schüler, eine Militarisierung der Verwaltungsstruktur und die Einrichtung des Führerprinzips für die einzelnen Lehrgänge.
Am 17. Juni 1936 führte ein Erlass des Reichsinnenministers Wilhelm Frick alle Polizeikräfte des Reichs unter dem Reichsführer SS Heinrich Himmler zusammen, der zum „Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“ ernannt wurde. Die Gleichschaltung der Polizei war ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung nationalsozialistischer Machtstrukturen. Himmler gliederte die Polizei neu in das Hauptamt Ordnungspolizei unter Kurt Daluege (Schutzpolizei, Polizeibataillone, Gendarmerie) und das Hauptamt Sicherheitspolizei unter Reinhard Heydrich (Kriminalpolizei und Gestapo). Anlässlich einer Besichtigung durch Heydrich an der Führerschule, bei dem die Schüler in Uniform, aber die Lehr- und Führungskräfte im schwarzen Anzug auftraten, erging der umgehende Befehl des Uniformzwangs im Dienst und in der Freizeit, das Schulpersonal eingeschlossen.[7] Eine weitere Zäsur, die nicht ohne vorangegangene Auseinandersetzung vonstattenging, vollzog sich 1938/1939. Das inzwischen auf eine rein praktische Befähigung der Absolventen als Führungskraft der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes, ausgestattet mit der NS-Ideologie, ausgerichtete Bildungskonzept stieß immer deutlicher an bestimmte Grenzen der Vorgaben von Laufbahnprinzipien für die allgemeine und innere Verwaltung. Im Ergebnis wurde die Führerschule darauf ausgerichtet, dass sie den Kursteilnehmern das Rüstzeug für einen Einsatz als Führungskraft bzw. Leiter einer Behörde innerhalb der Polizei- und Sicherheitsbehörden zu vermitteln hat. Abgespaltet davon, als akademische Struktur wurde an der Universität Berlin die Auslandswissenschaftkiche Fakultät, als ein wissenschaftliches Gebäude einer späteren „Reichshochschule“ für die SS gegründet.[8] Mit dem erfolgten Abschluss der Zusammenfügung aller unterschiedlichen Polizeiorganisationen mit dem Sicherheitsdienst der NSDAP im Reichssicherheitshauptamt erhielt die Institution in Charlottenburg 1939 die Bezeichnung als „Führerschule der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes“. Aber der ursprüngliche Plan, das Polizei-Institut zum Leitinstitut des Sicherheitsdienstes und später des Reichssicherheitshauptamtes für die Ausbildung des benötigten Personals zu erheben und ihm alle anderen Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei unterzuordnen ging nicht auf, da kriegsbedingt der Zusammenschluss von Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst auf der Strecke blieb.
Das Polizeiinstitut Berlin-Charlottenburg unterstand ab 1936 Reinhard Heydrich unmittelbar. Die Führung aller Schulen übertrug er ab 1940 Bruno Streckenbach. Zu seiner fachlichen und ideologischen Führung war im Hauptamt des Sicherheitsdienstes das für alle „Höheren Führerschulen“ zuständige Dezernat 23 der Zentralabteilung I verantwortlich. Geführt wurde es nach militärischen Prinzipien, ihr stand ein Kommandeur vor, dem ein Adjutant zugeordnet war, ferner ein Stabsführer und nachgeordnet die Lehrkräfte (Dozenten). Der Lehrplan zielte ab 1936 auf die Verschmelzung von SS- und Polizeiführung, vor allem deren einheitliche nationalsozialistische Ausprägung ihrer Weltanschauung hin. Heydrich sprach 1937 von der „rassisch und charakterlich menschlichen Auslese der Lehrgangsanwärter, von ihrer weltanschaulichen und fachlichen Schulung“. Am Ende des Kursprogramms wurde eine Facharbeit geschrieben und eine Prüfung abgelegt. Zum Programm der „Praxisnähe“ gehörten ein Besuch des Reichssicherheitshauptamtes und die Besichtigung eines Konzentrationslagers.[9] Ab 1938 wurden ausgewählte Führungs- und Lehrkräfte zeitweilig den einzelnen Sonder- und Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD zugeordnet. Sie nahmen während des Einsatzes an Judenverfolgungen, Vernichtung von Personengruppen in den besetzen Gebieten, Plünderungen und Massenerschießungen teil. Im Sommer 1941 wurde ein kompletter Lehrgang des Instituts unter der Führung ihres Schulkommandeurs Günther Hermann der Einsatzgruppe C, Sonderkommando 4b der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes zugeteilt. Während ihres Einsatzes erschossen sie beispielsweise 565 Insassen einer örtlichen Irrenanstalt in der südlichen Ukraine.[10] Nach der Rückkehr setzten sie die Ausbildung mit dem Wintersemester fort.
Im Jahr 1944 wurde die Führerschule wegen der zunehmenden Bombenangriffe auf Berlin in das westpreußische Nakel evakuiert. Die Lehrveranstaltungen wurden vor Ort weitergeführt.
Lehrgang für Kriminalpolizeianwärter (13.Lehrgang):
1. Nationalpolitische Schulung (Nationalsozialistische Weltanschauung, Allgemeine Staatslehre und deutsche Staatskunde, Völkerrecht)
2. Führerschulung (Lebenskunde, Führerausbildung, Unterrichtslehre-Lerntechniken)
3.A Kriminalwissenschaft und Praxis (Berufseignung, Kriminalpolizei, Gestapo, Abwehr, Kriminalpolizeiliche Untersuchungen, Einrichtungen-Arbeitsweise, Spezialwissenschaften der Kriminalistik)
3.B Rechtskunde (Verwaltungs- und Polizeirecht, Materielles Strafrecht, Privatrecht)
4.Körperschulung (Waffenausbildung, Schießlehre´, Polizeitaktische Ausbildung, Innendienst)[11]
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