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verkleinerte und vereinfachte Version eines Organs Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Organoid (von griechisch ὄργανον órganon ‚Organ, Werkzeug‘, und εἶδος eidos ‚Art, Form, Gestalt‘) ist eine wenige Millimeter große, organähnliche Mikrostruktur, die mit Methoden der Zellkultur artifiziell erzeugt werden kann. Unter geeigneten Kulturbedingungen können Organoide aus einer oder wenigen Gewebezellen, embryonalen Stammzellen oder induzierten pluripotenten Stammzellen gezüchtet werden. Sofern keine mesenchymalen Stammzellen verwendet wurden,[1] besitzen Organoide kein Stroma und keinerlei Gefäße; sie zeigen dennoch physiologisch relevante, organähnliche Eigenschaften.
Zur Erzeugung von Organoiden bedarf es als Ausgangsmaterial pluripotenter Stammzellen. Solche Zellen befinden sich in einem Zustand, aus dem heraus sie fähig sind, sich zu differenzieren und sich gemeinsam zu strukturieren. Ergebnis der Selbstorganisation sind gewebeartige Verbände aus ausdifferenzierten Zellen, die sich in Gestalt und Funktion unterscheiden. Die Struktur von Organoiden gleicht zumindest teilweise menschlichen oder tierischen Organen.
Organoide entstehen meist nicht auf einer Agarschicht; sie brauchen flüssiges Nährmedium, das die Möglichkeit bietet, räumlich in einer 3D-Zellkultur zu wachsen. Die Herstellung von Organoiden erfordert ein steriles Zellkulturlabor, um die anspruchsvolle, konstruktive Gewebezüchtung durchzuführen. In diesem Arbeits- und Forschungsfeld der Biotechnologie werden eventuell auch gentechnische Verfahren eingesetzt, vornehmlich die CRISPR/Cas-Methode.
Die Produktpalette umfasst winzige Modelle innerer Organe (Herz, Magen, Darm, Niere). Erstaunliche Fortschritte gelangen bei den komplexen Strukturen des Gehirns. Solche zerebrale Organoide modellieren Großhirnrinde, Hippokampus, Mittelhirn, Hypothalamus, Kleinhirn, vordere Hypophyse und Augennetzhaut des Menschen, von Säugern, seltener von anderen Wirbeltieren.[2] Für ihre Anzucht gibt es Protokolle, welche die Entwicklung von Regionen des Gehirns bewirken.[3] Forschern gelang es zudem, aus Fruchwasserzellen fötale Organoide herzustellen.[4]
Für komplexe Strukturen ist es erforderlich, Teilergebnisse zusammenzuführen. Aus dorsalen und ventralen Organoiden des Großhirns entstand ein Verbund mit dorsoventraler Achse. Fluoreszierende Reportermoleküle stellten Interneurone dar, die von der ventralen zur dorsalen Großhirn-Einheit wanderten.[5]
Der Kultur menschlicher embryonaler Stammzellen wurden nach und nach Wachstumsfaktoren angeboten. In Selbstorganisation entstanden Zellverbände, die dem embryonalen Neuralrohr glichen. Sie besaßen dorsoventrale Polarität und Vorne-hinten-Ausrichtung. Die Schichtstrukturen wiederholten die Entstehung des Kleinhirns. Und die induzierten Purkinjezellen zeigten spezifisch menschliche Merkmale.[6]
Zweidimensionale Kolonien induzierter pluripotenter Stammzellen des Menschen (hiPSC) wurden in dreidimensionale Kulturen überführt. So entstanden, wiederum in Selbstorganisation, winzige Herzkammern. Video eines schlagenden Herzkammer-Organoids zeigt der folgende Link.[7]
Menschliche Magen-Organoide wurden in vitro schrittweise hergestellt, indem man die räumlichen und zeitlichen Zellsignale der natürlichen Magenentwicklung nachahmte. Als Vorbilder dienten Studien an Darm- und Lungen-Geweben. Die Magen-Modelle eignen sich, das Zusammenwirken von Zellen zu studieren, die nicht einem Epithel-Typ angehören, sondern endothelial, neuronal oder mesenchymal sind. Zweck derartiger Studien sei genetischer Modellbau, das Prüfen von Arzneimitteln und künftig die Transplantation.[8]
Das Darmepithel (die oberste Zellschicht des Darms, die die Grenzschicht und Barriere zum Darmlumen mit der Mikrobiota bildet) erneuert sich zeitlebens, ausgehend von sich aktiv teilenden Stammzellen. Diese befinden sich auf dem Grund der Krypten (Einstülpungen der Epithelschicht, die im Dünndarm durch Ausstülpungen (Villi) ergänzt werden). Diese Stammzellen (Lgr5-positive Zellen) erneuern das komplette Darmepithel in ca. 3–5 Tagen unter physiologischen Bedingungen[9]. Aufgrund dieser Besonderheit waren intestinale Organoide, die durch die Kultivierung von Krypten gewonnen wurden, unter den ersten Organoid-Modellen[10]. Außerdem können Darmorganoide auch durch Differenzierung von pluripotenten Stammzellen mit spezifischen Wachstumsfaktoren generiert werden.[11] Darmorganoide eignen sich zur Erforschung von Nährstoff- und Medikamententransportprozessen[12] sowie zur Untersuchung der Hormonausschüttung von Enteroendokrinen Zellen[13]. Außerdem können Darmorganoide auch für infektionsbiologische Studien mit verschiedenen Enterobakterien und Parasiten verwendet werden.[14][15][16][17] Um Organoidmodelle dem Darm eines Menschen oder Tiers noch ähnlicher zu machen, können Darmorganoide auch zusammen mit Immunzellen kultiviert werden.[18]
Die Pionierarbeiten zu Darm-Organoiden stammen von Hans Clevers und Toshiro Sato (2009)[19] und von Akifumi Ootani und Calvin Kuo (2009).[20][21]
Nach einem Nephron-Protokoll ließen sich Vorläuferzellen für Untereinheiten der menschlichen Niere ausdifferenzieren. Mit geeigneten Biomarkern wies man Podozyten, proximale Nierenkanälchen, Henle-Schleifen und distale Kanälchen nach. Die Strukturfolge war einem Nephron in vivo gleichwertig.[22] Ein Übersichtsartikel berichtet vom Funktionsnachweis an proximalen Nierenkanälchen, die Dextran durch Endozytose aufnahmen. Angeborene Nierenkrankheiten wären mit solchen Organoiden zu simulieren, in deren humane pluripotente Stammzellen krankmachende Mutationen mittels CRISPR eingeschleust wurden. Auf diese Weise sei (unbekannten) Genen auf die Spur zu kommen, die Nierenkrankheiten verursachen.[23]
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