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deutscher Historiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Norbert Frei (* 3. März 1955 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Historiker. Er ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und leitet das Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Von 1973 bis 1978 studierte Frei Neuere Geschichte, Politik- und Kommunikationswissenschaften an der Universität München, wo er auch eine Redakteursausbildung an der Deutschen Journalistenschule absolvierte. 1979 wurde er in München mit einer Arbeit über die „Nationalsozialistische Eroberung der Provinzpresse“ bei Kurt Sontheimer promoviert.
Anschließend war er von 1979 bis 1997 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte in München tätig. Nach einer John-F.-Kennedy-Fellowship an der Harvard University 1985/86 arbeitete er von 1987 bis 1997 als Redaktionsmitglied an den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte (VfZ) mit und war Redakteur der Schriftenreihe der Vierteljahrshefte.
Nach seiner Habilitation an der Universität Bielefeld 1995 mit einer vielbeachteten Studie über die „Vergangenheitspolitik“ in der Adenauer-Ära nahm Frei 1997 einen Ruf an die Ruhr-Universität Bochum an. Zum Sommersemester 2005 wechselte er an die Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er bis 2021 den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte innehatte. 1995/1996 war Frei Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin, 2008/2009 Member am Institute for Advanced Study in Princeton, N.J. Im Akademischen Jahr 2010/2011 lehrte er als Theodor-Heuss-Professor an der New School for Social Research in New York. Im Sommersemester 2013 hatte er eine Gastprofessur an der Hebräischen Universität Jerusalem inne. Im Sommersemester 2019 war er Gastprofessor an der Stanford University.
Neben seiner Lehrtätigkeit gehört Norbert Frei zahlreichen wissenschaftlichen Beiräten und Kommissionen an, so unter anderem von 1996 bis 2003 und erneut seit 2018 dem Wissenschaftlichen Beirat des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am Main, dessen Gründungsvorsitzender er bis 2001 war. Von 1997 bis 2005 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Schülerwettbewerbs Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten, von 1999 bis 2021 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Von 2000 bis 2016 gehörte Frei dem Wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv an; von 2005 bis 2017 war er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Koebner Minerva Center for German History an der Hebrew University Jerusalem. Von 1999 bis 2002 war er Mitglied der Unabhängigen Historischen Kommission zur Erforschung der Geschichte des Hauses Bertelsmann im „Dritten Reich“. Seit 2019 ist er Gründungsvorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Alfred Landecker Foundation. 2011 wurde Frei als Ordentliches Mitglied in die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig gewählt.
Längerfristige Forschungsprojekte an seinem Lehrstuhl betrafen die Praxis der Wiedergutmachung in Deutschland und Israel seit 1952 und die Geschichte des Flick-Konzerns im „Dritten Reich“ (beide 2009 abgeschlossen). 2005 berief Bundesaußenminister Joschka Fischer Frei in die Unabhängige Historikerkommission – Auswärtiges Amt, welche die Geschichte des Auswärtigen Dienstes im Nationalsozialismus und den Umgang mit dieser Vergangenheit nach 1945 eingehend untersuchte.[1] Im Oktober 2010 publizierte die Kommission ihre Ergebnisse als Buch unter dem Titel Das Amt und die Vergangenheit, um das eine kontroverse Diskussion folgte[2]. Größere laufende Forschungsprojekte betreffen die Geschichte der Politischen Bildung in der Bundesrepublik und die Erfahrungsgeschichte der langen Transformation in Ostdeutschland (1970–2010). Von 2012 bis 2020 leitete Frei den interdisziplinären Arbeitskreis „Menschenrechte im 20. Jahrhundert“ der Fritz Thyssen Stiftung, der auch die Website „Quellen zur Geschichte der Menschenrechte“ begründete.[3]
Frei beteiligte sich an zahlreichen zeitgeschichtlichen Debatten und bemüht sich um die Vermittlung fachwissenschaftlicher Erkenntnisse in eine breitere Öffentlichkeit. Seit 2016 schreibt er alle vier Wochen eine Samstags- bzw. Freitagskolumne in der Süddeutschen Zeitung.
Im Jahr 2000 gab Frei zusammen mit anderen Historikern die Quellenedition Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz 1940–1945 heraus. Rechtsextremisten und Holocaust-Leugner wie Ursula Haverbeck und Hans Püschel entdeckten das Buch 2015 für ihre Zwecke: Sie sehen darin fälschlicherweise einen Beleg dafür, dass die Massenvernichtung der Juden im „Dritten Reich“ nicht stattgefunden habe. Frei selbst ordnete das Werk im ARD-Interview ein: „Die Befehle [...] enthalten eine Fülle von mehr oder weniger verdeckten, aber leicht zu entschlüsselnden Hinweisen darauf, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Lagerkomplex Auschwitz das Vernichtungslager geworden ist; dass eben in Birkenau auch die Vernichtung stattgefunden hat.“[4]
Sein zuerst 2001 erschienenes Buch Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945 (Taschenbuch unter dem Titel Hitlers Eliten nach 1945) behandelt die mangelhafte Auseinandersetzung mit NS-Tätern in der Bundesrepublik.[5] Ihre zum Teil glänzenden Karrieren, die sie trotz beziehungsweise wegen ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit einschlagen konnten, stehen im Mittelpunkt der Betrachtung, der im Jahre 2002 eine sechsteilige Fernsehdokumentation des Südwestrundfunks folgte. Die Mitarbeiter des Bandes widmeten sich den beruflichen Werdegängen von Medizinern (Tobias Freimüller), Unternehmern (Tim Schanetzky), Offizieren (Jens Scholten), Juristen (Marc von Miquel) und Journalisten (Matthias Weiß). Beispielhaft seien erwähnt Reinhard Gehlen, der spätere Chef des Bundesnachrichtendienstes, Reinhard Höhn, später Leiter der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Bad Harzburg, Werner Naumann, Ernst Achenbach und Franz Six, die die Nachkriegs-FDP infiltrierten. Es treten die alten Seilschaften zu Tage, die ihr Einflussgebiet auch nach der „Stunde Null“ der Bundesrepublik Deutschland zielsicher zu wahren, wenn nicht zu erweitern wussten.[6]
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