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deutsche Dokumentarfilmregisseurin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nina Gladitz (* 1946 in Schwäbisch Gmünd;[1] † 26. April 2021[2] ebenda)[3] war eine deutsche Dokumentarfilm-Regisseurin und Autorin. Der Dokumentarfilmer, Produzent und Autor Peter Krieg war ihr Bruder.[4]
Nina Gladitz studierte Sozialpädagogik in Reutlingen und Dokumentarfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film München.[5][6] Sie nahm um 1975 aktiv am Kampf gegen das Kernkraftwerk Wyhl in Baden-Württemberg teil und drehte darüber 1976 den Dokumentarfilm Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv.[7][8] „Das war bester Agitprop, und ausnahmsweise mit durchschlagender Wirkung: Das geplante Kernkraftwerk wurde nicht gebaut, ‚weil es politisch nicht durchsetzbar‘ war,“ schrieb die Süddeutsche Zeitung in einem Nachruf auf Gladitz.[9]
Im Januar 1980 gründete Gladitz zusammen u. a. mit Wolfgang Bergmann, Peter Krieg, Fritz Poppenberg und Katrin Seybold die „Verleihgenossenschaft der Filmemacher“ als unabhängigen Filmverleih, der „politische Filme“ vertreibe, „die im Fernsehen oder den Landesbildstellen keine Chance“ hätten. „Wir machen Filme, die zum Inhalt haben Umwelt, Arbeit und Lebensbedingungen, Dritte Welt. Wir arbeiten hauptsächlich mit dokumentarischen Mitteln, und machen unsere Filme mit Betroffenen, mit Gruppen, die sich für die Veränderung ihrer Lebensbedingungen einsetzen.“[10]
1982 dokumentierte sie in ihrem Film Zeit des Schweigens und der Dunkelheit für den Westdeutschen Rundfunk (WDR) die Entstehungsgeschichte des Spielfilms Tiefland von Leni Riefenstahl, mit dem Fokus auf das Schicksal der dort als Komparsen eingesetzten rund 100 Sinti und Roma. Gladitz wies nach, dass die Menschen aus dem Zwangslager Salzburg-Maxglan als Statisten für den Film geholt und anschließend in Auschwitz ermordet wurden. 1985 wurde sie deshalb von Leni Riefenstahl verklagt, die mehrere Streichungen von Filmpassagen durchsetzen wollte. 1987 wies das Oberlandesgericht Karlsruhe die Klage in mehreren Punkten ab, in zwei Punkten gab es der Klage statt und verhängte ein Aufführungsverbot.[11][12][13][14][15] Man könne nicht nachweisen, dass Riefenstahl etwas über die Ermordung der Komparsen gewusst habe, befand das Gericht. Erhalten blieb jedoch die These, Riefenstahl habe die Zwangsarbeiter persönlich ausgewählt.[16] Nach dem Prozess bekam Gladitz weder vom WDR noch von anderen Anstalten der ARD weitere Aufträge.[17]
Das 2020 von Gladitz veröffentlichte Buch Leni Riefenstahl – Karriere einer Täterin vertieft die Vorwürfe gegen Riefenstahl unter anderem wegen der Ausnutzung des Regisseurs Willy Zielke.[18][19][20][21][22][23][24] Zielke wurde von der NS-Medizin wegen psychischer Probleme entmündigt und zwangssterilisiert, laut Gladitz ging das auf einen „Plan“ von Riefenstahl zurück. Leni Riefenstahl habe sich Hitler, Goebbels, Himmler und Streicher virtuos gefügig gemacht und „bis zum Ende ganz in dessen Sinn, auch in ihrer Unterstützung der ‚Endlösung‘“ gehandelt, schrieb Gladitz laut der Frankfurter Allgemeinen in ihrem Buch.[25] Kritisiert wurde das Werk der Autorin unter anderem aufgrund der einseitigen Darstellung.[17]
„Nina Gladitz schmälert die Wirkung ihres starken Buches, indem sie den Lesenden immer wieder einhämmert: Riefenstahl sei völlig talentfrei, ‚cineastisch ein Trottel‘, keine Künstlerin, nur Hitlers ergebenster Fan und eine Diebin geistigen Eigentums ihres Konkurrenten Willy Zielke (1902-1989).“
In einem offenen Brief an den WDR-Intendanten Tom Buhrow forderte 2021 der Autor und Journalist Gerhard Beckmann, Gladitz’ Film über Riefenstahl der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Riefenstahls Argument, Gladitz habe sich mit den Sinti und Roma „gemein“ gemacht, sei nicht mehr justiziabel. Es sei inakzeptabel, widerrechtlich und politisch nicht zu vertreten, den Film im „Giftschrank“ zu belassen.[26] Auf eine Anfrage der Badischen Zeitung hin erklärte die Pressestelle des WDR im Frühjahr 2022, der Sender habe nach einer erneuten Sichtung und Prüfung nunmehr „entschieden, den Film freizugeben“.[27] Daraufhin wurden im April 2022 öffentliche Vorführungen des Films mit Moderation durch Sabine Rollberg in Freiburg[28] und Kirchzarten[29] organisiert.
Unter dem Titel „Allein gegen Leni Riefenstahl. Die Filmemacherin Nina Gladitz und ihr Kampf gegen die Naziregisseurin“ wurde ein Symposion von der Universitätsbibliothek Freiburg in Kooperation mit dem Institut für Medienkulturwissenschaft der Universität Freiburg vorbereitet.[28] Am 3. Februar 2023 wurde das Theaterstück Die Wahrheit über Leni Riefenstahl (inszeniert von ihr selbst) von John von Düffel am Theater Oberhausen uraufgeführt. Unter anderem wird in dem Stück auch die Auseinandersetzung zwischen Gladitz und Riefenstahl thematisiert; Gladitz taucht in dem Stück als Bühnenfigur auf.[30]
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