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deutscher Fotograf und einer der ersten Berufsfotografen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nicola Perscheid (* 3. Dezember 1864 in Moselweiß; † 12. Mai 1930 in Berlin; eigentlich Nikolaus Perscheid) war ein deutscher Fotograf und einer der ersten Berufsfotografen Deutschlands. Im Jahr 1892 wurde er zum „Königlich Sächsischen Hofphotographen“ ernannt und war in den folgenden Jahrzehnten ein gefragter Porträtfotograf. Um 1920 entwickelte er ein Objektiv mit weichzeichnendem Effekt, das gerne für Porträtaufnahmen eingesetzt wurde.
Nicola Perscheid wurde 1864 als Sohn von Andreas Perscheid und Gertrud Wirgens in Moselweiß, heute ein Stadtteil von Koblenz, geboren. Seine Vorfahren waren Weinbauern aus Spanien und Portugal, die sich um 1600 nach ihrem ersten Besiedlungsort am Rhein Perscheid nennen mussten.[1] Nicola Perscheid heiratete später die Astrologin Claire Günther. Der gemeinsame Sohn Lothar Perscheid wurde ein beliebtes Fotomotiv Nicola Perscheids.
Nicola Perscheid absolvierte ab 1879 im Atelier Reuss und Möller in Koblenz eine Fotografenlehre. Nach seiner Ausbildung arbeitete er erst im Atelier Paul Strnad in Erfurt und von 1887 bis 1889 im Atelier Beer in Klagenfurt, wo er als Retuscheur angestellt war.[2]
Im Jahr 1891 eröffnete Nicola Perscheid sein erstes eigenes Atelier in Görlitz, das auf Porträtfotografie spezialisiert war. Ein Jahr später wurde er zum „Königlich Sächsischen Hofphotographen“ ernannt.[3] 1893 verließ er Görlitz. Herman Just war seine Nachfolger. Nach seinem Umzug in die Gellertstraße 2 nach Leipzig[4] im Jahr 1894 blieb er der Porträtfotografie treu und wurde durch die Vermittlung von Max Klinger mit Künstlern der Stadt bekannt. Klinger wurde in den folgenden Jahren immer wieder von Nicola Perscheid fotografiert. Um die Jahrhundertwende nahm Nicola Perscheid an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil, wodurch er mit den neusten Entwicklungen auf dem Gebiet der Fotografie bekannt wurde. Aus dem Jahr 1900 stammen erste Pinatypien, so zum Beispiel die Dreifarben-Pinatypie Frl. Jungmann, eines der ersten Farbbilder Perscheids. Um 1900 war Alfred Krauth für anderthalb Jahre Perscheids Operator und Erster Assistent, er hat sich anschließend selbstständig gemacht und sich auch um die Dreifarbenfotografie und die Stereofotografie verdient gemacht.
Nicola Perscheids Fotografien waren gefragt. Im Jahr 1905 siedelte er nach Berlin um und eröffnete ein neues Atelier W9 auf der Bellevuestraße 6a.[5] Im Jahr 1909, dem Höhepunkt von Nicola Perscheids kreativer Entwicklung, erhielt er die Große Silberne Staatsmedaille des Deutschen Photographen-Vereins, die als bedeutendste Auszeichnung für Fachfotografen galt.
Nach 1909 ist in Nicola Perscheids Werk keine künstlerische Weiterentwicklung mehr erkennbar.[6] Neben seiner Arbeit als Fotograf wandte er sich auch der Weiterbildung von Nachwuchsfotografen zu und hielt Vorträge in Deutschland, Dänemark und Schweden. Zu seinen Schülern zählten unter anderem Madame d’Ora, Arthur Benda, Toragorō Ariga (1890–1993), Peter-Paul Atzwanger (1888–1974), Uno Falkengren (1889–1964), Curt Götlin (1900–1993) und Henry B. Goodwin (1878–1931).
Nicola Perscheid fotografierte unzählige berühmte Persönlichkeiten seiner Zeit. Viele Fotografien schuf er dabei honorarfrei, um sie im Gegenzug werbend für eigene Ausstellungen oder Prospekte zu nutzen.[7] Dabei arbeitete er von 1910 bis 1918 auch mit dem Postkartenvertrieb Willi Sanke in Berlin zusammen, der im Rahmen der sich entwickelnden Luftfahrt und ab 1914 insbesondere der Militärluftfahrt eine Postkartenserie zu deutschen Luftschiffen, Flugzeugen und Fliegerassen veröffentlichte.[8] Er war ein Liebling der Berliner Gesellschaft und unter anderem mit Max Liebermann, Lovis Corinth und Hugo von Habermann befreundet.
Im Alter litt Perscheid zunehmend an Geldnot, was neben der allgemeinen wirtschaftlichen Lage auch an der persönlichen Exzentrik Perscheids lag. Er lebte seinen Hang zum Luxus und seine Verschwendungssucht auch noch in Zeiten aus, in denen ihm dies finanziell eigentlich nicht mehr möglich war. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zudem. So klagte Perscheid seit 1925 über nervliche Probleme, die auch sein Hausarzt nicht heilen konnte. Nicola Perscheid starb verarmt 1930 in Berlin; sein Atelier war bereits zu Lebzeiten aufgelöst worden.
Nicola Perscheid war Zeitgenossen als Porträtfotograf ein Begriff. Er porträtierte als Hofphotograph unter anderem König Albert von Sachsen und dessen Bruder, den späteren König Georg. Im Zuge des Ersten Weltkrieges entstanden Porträts unter anderem von Hermann Göring, Manfred von Richthofen und Theobald von Bethmann Hollweg. Auch Wissenschaftler, Schriftsteller, Ordensmänner und Maler porträtierte Nicola Perscheid, zahlreiche Bildnisse von Schauspielern gelangten zudem als Autogrammkarten auf den Markt. Bekannt und gerühmt ist auch sein 1922 entstandenes Porträt von Papst Pius XI.
Bei seinen Porträts verwendet er beleuchtungstechnisch eine Kombination aus Ober- und Vorderlicht und erreichte so eine optische Trennung der Köpfe von dem oft dunkel gewählten Hintergrund.[9]
Weniger bekannt ist der Landschaftsfotograf Nicola Perscheid. Bereits während seiner Lehrzeit in Klagenfurt hatte er sich der Landschaftsfotografie gewidmet und auch in späterer Zeit, jedoch seltener, Landschaften fotografiert.
Zu Beginn seiner Laufbahn arbeitete Nicola Perscheid hauptsächlich mit dem zeittypischen Gummidruck. So entstand zum Beispiel 1901 in Blau-Schwarz das Werk Der Schnitter (auch Bauer mit Sense genannt), das Perscheid zeitlebens als seine beste Arbeit empfand.[10] Es befindet sich heute mit weiteren Gummidrucken Perscheids im Besitz des Kupferstichkabinetts Dresden.
Nicola Perscheid begann um 1900, mit neuen Entwicklungsverfahren zu experimentieren. Dabei wandte er sich unter anderem der Pinatypie zu, mit deren Dreifarbenverfahren erste Farbbilder entstanden. Für die Herstellung farbiger Pinatypien wurden zwei Platten benötigt, die zwischen 15 und 25 Sekunden belichtet werden mussten. Modelle durften sich in dieser Zeit nicht bewegen, weswegen Nicola Perscheid in seinen Broschüren Werbung für eine von ihm entwickelte Rückenstütze abdruckte, von der angeblich „das Gesicht [profitiert]. Es wird frei für den Wesensausdruck, für seine eigentliche Physiognomie“[10], die seinen Modellen jedoch nur ein ruhiges Stehen oder Sitzen ermöglichen sollte.
Sein bevorzugtes Positiv-Verfahren war jedoch der kontrastreiche Pigmentdruck.
In Zusammenarbeit mit der „Emil Busch A. G. Optische Industrie“ entwickelte Nicola Perscheid ein spezielles Portraitobjektiv, Busch-Nicola-Perscheid-Objektiv oder auch kürzer Busch-Perscheid-Objektiv genannt. Dieses ist als Aplanat aus zwei identischen und symmetrisch angeordneten Achromaten mit zwischen diesen mittig angeordneter Blende aufgebaut.[11] Über die Blendeneinstellung kann beim Busch-Perscheid-Objektiv der Grad der Weichzeichnung kontrolliert werden. Es kam 1921 auf den Markt und wurde in den folgenden Jahren häufig für Porträtaufnahmen genutzt, obwohl seit Ende des Ersten Weltkrieges der pictorialistische Fotografiestil aus der Mode kam und an seine Stelle der Realismus in Form der Straight photography bzw. der Neuen Sachlichkeit trat. Dennoch erlernte zum Beispiel Rosemarie Clausen als Lehrling im Atelier Becker & Maas die Fotografie noch mit dem Busch-Perscheid-Objektiv.[12]
Nach 1921 zeigen Nicola Perscheids Fotografien den bevorzugten Einsatz des Busch-Perscheid-Objektivs, das auch das Licht weicher zeichnete. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen verzichtete Nicola Perscheid auf eine verfremdende Retouchierung eines Fotos.
„Er ist ein Feind der Retouche im Sinne dessen, was man bei der Portraitphotographie bisher darunter verstand, und doch kennt er Retouche, das Ausgleichen technischer, das Fortnehmen eines aufdringlichen Lichteffekts, die diskrete Aufhellung der Schatten. Er sucht die Hauptaufgabe des Portraitisten in der Wahrung des Eigenartigen, Persönlichen des Menschen, nie im Effekt.“
Nicola Perscheids Arbeit war bei seinen Zeitgenossen beliebt und geachtet. Er ist auch heute noch dafür bekannt, meisterhaft die Persönlichkeit der Dargestellten in seinen Bildern herausgearbeitet und so im fotografischen Männerportrait einen Höhepunkt erreicht zu haben.[14]
„Im Laufe der Jahre hat Perscheid wohl die meisten Persönlichkeiten, die in der Oeffentlichkeit einen Namen haben, porträtiert, und er hat viele davon überzeugt, daß mittels Photographie […] künstlerisch Wertvolles erreicht werden kann, seine Stärke liegt aber unstreitig im lebendigen Erfassen der Persönlichkeit. Das ist wohl das höchste Lob, was einem Künstler zugebilligt werden kann, aber leider fast zu wenig für die Gegenwart, die einen Bluff liebt und die schillernde Schale preist: Wenn die Sache nur von sich reden macht.“
Gleichwohl lieferte Nicola Perscheid vor allem in den 1920er-Jahren auch Konsum-Massenware ab, die auf künstlerischer Ebene nicht mit seinen besseren Werken, etwa den um die Jahrhundertwende entstandenen, mithalten können.
Obwohl unter seinen Schülern später berühmte Fotografen wie Madame d’Ora oder Arthur Benda waren, die das Andenken an Nicola Perscheid zu bewahren trachteten, galt Perscheid allerdings schon zum Zeitpunkt seines Todes als vergleichsweise „altmodisch“. Die Mittel der Kunstfotografie, wie der Gummidruck oder der Einsatz weichzeichnender Objektive, also auch des Busch-Nicola-Perscheid-Objektivs, und ihr Bestreben, einen malerischen Bildeindruck zu erreichen, sah man bereits um 1930 als „unmodern“ an. L. Fritz Gruber begann daher seinen 1964 erschienenen Beitrag Über Nicola Perscheid mit der Anmerkung, „der Name [Perscheid] weckt Erinnerungen nur bei den Älteren“.[16]
historisch
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