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Die Neutronendiffusion (lat. diffundere ‚ausgießen‘, ‚verstreuen‘, ‚ausbreiten‘), ein Spezialfall in der rechnerischen Behandlung des allgemeinen Neutronentransports, ist hauptsächlich wichtig in der Berechnung von Kernreaktoren. Diffusion meint zwar auch hier einen ohne äußere Einwirkung eintretenden Vorgang, aber nicht nur den Ausgleich von Anzahldichteunterschieden; bei der Neutronendiffusion sind die Vorgänge vielgestaltiger, denn freie Neutronen können durch Kernreaktionen neu entstehen und durch Absorption verschwinden.
Ein Raumbereich sei homogen mit Material gefüllt, das sowohl Neutronen durch Kernspaltung erzeugen als auch Neutronen absorbieren kann.
Der Neutronenfluss lässt sich durch Lösung der Differentialgleichung der Neutronendiffusion gewinnen:[3]
Es bedeuten
Zeichen | Einheit | Benennung |
---|---|---|
1/cm³ | Neutronenanzahldichte | |
s | Zeit | |
1/cm³s | Lokale Neutronenquelle | |
1/cm²s | Neutronenfluss | |
cm | Neutronendiffusionskoeffizient | |
1/cm² | Laplaceoperator | |
1/cm | Makroskopischer Absorptionsquerschnitt | |
Die Neutronen-Diffusionsgleichungen sind Größengleichungen, also von Einheiten unabhängig. Aber es gibt übliche Einheiten in der Reaktorphysik, die in der zweiten Spalte der Tabelle angegeben worden sind. Jeder Term des obigen Differentialgleichungssystems, der als Produkt von makroskopischem Wirkungsquerschnitt und Neutronenfluss gebildet wird, z. B.
besitzt als physikalische Größe die Einheit
Das ist die Einheit einer Kernreaktionsratendichte.
In einem Medium, das durch zwei parallele Flächen mit unendlicher Oberfläche begrenzt ist, dem sogenannten Plattenreaktor, ergibt sich die vereinfachte Neutronen-Diffusionsgleichung zu
In zylindrischer Geometrie, einem Reaktor in der Form eines Zylinders von unendlicher Länge (Polarkoordinaten), lautet die vereinfachte Neutronen-Diffusionsgleichung
In sphärischer Geometrie entsprechend
Im stationären Zustand ist die zeitliche Änderung der Neutronenanzahldichte Null, . Von dieser Annahme gehen wir auch bei den stationären Vielgruppen-Neutronen-Diffusionsgleichungen aus (siehe unten).
In einem Reaktor wird im stationären Zustand der Quellterm S durch beschrieben.
Dabei ist der Neutronenmultiplikationsfaktor im unendlich ausgedehnten Medium.
ist das Quadrat der Diffusionslänge . Da im kritischen Reaktor sein muss, kann man die Größe
einführen; sie heißt in der Reaktorphysik Buckling, eingedeutscht Flusswölbung. Die vereinfachte Form der Neutronen-Diffusionsgleichung lautet damit
Diese Gleichung ist vom Typ Helmholtz-Gleichung.
Der reale Fall eines heterogenen Reaktors wird durch die stationären Vielgruppen-Neutronen-Diffusionsgleichungen beschrieben.[4][5] Der stationäre Neutronenfluss für die Energiegruppe am Ort genügt den homogenen, zeitunabhängigen Vielgruppen-Neutronen-Diffusionsgleichungen
mit der Quellratendichte , einer Summe von Spaltraten- und Streuquelldichten, in der Form
und alle Orte im Raumbereich, für die diese Differentialgleichungen zu lösen sind.
Diese Gleichungen bilden ein System von partiellen, elliptischen Differentialgleichungen 2. Ordnung. In der hier dargestellten Form wurde die kontinuierliche Energievariable bereits in Intervalle, in Energiegruppen, unterteilt. Die sog. Gruppenkonstanten, die in die Koeffizienten des Gleichungssystems eingehen, sind (bis auf Ausnahmen) material-, orts- und energieabhängig. Bevor man mit der Lösung der Vielgruppen-Neutronen-Diffusionsgleichungen beginnen kann, müssen diese Koeffizienten mit einem Zellprogramm berechnet worden sein und zahlenmäßig als Eingabedaten vorliegen.
Es bedeuten
Zeichen | Einheit | Benennung |
---|---|---|
cm | Ort, die Koordinaten eines Punkts im Lösungsbereich | |
1/cm²s | Neutronenfluss der Energiegruppe am Ort , die fundamentale Eigenfunktion des Differentialgleichungssystems | |
1 | Effektiver Multiplikationsfaktor, der Eigenwert, der zur fundamentalen Eigenfunktion gehört | |
und | 1 | Nummer der Energiegruppe |
1 | Anzahl der Energiegruppen | |
1/cm | Nabla- oder Gradientenoperator | |
cm | Neutronendiffusionskoeffizient der Gruppe am Ort | |
1/cm | Makroskopischer totaler Verlustquerschnitt der Gruppe am Ort , auch als makroskopischen Removalquerschnitt bezeichnet (daher Index r) | |
1/cm | Makroskopischer Neutronen-Produktionsquerschnitt der Gruppe am Ort . Das ist ein Produkt aus der mittlere Anzahl der Neutronen pro Spaltung und dem makroskopischen Spaltquerschnitt (Index f von fission). | |
1/cm | Makroskopischer Streuquerschnitt von der Gruppe in die Gruppe am Ort . Beachte, dass die Matrixindizes oft in der Form geschrieben werden (Index s von scattering oder Streuung) | |
1 | Spaltspektrum der Gruppe . Ist im allgemeinen ortsunabhängig |
Jede einzelne der Stück Gleichungen des Systems ist die differentielle Form einer Erhaltungsgleichung für die Anzahl der Neutronen im Raum am Ort , deren Energien in dem Intervall liegen, das durch die Grenzen der Energiegruppe festgelegt ist.
Das Differentialgleichungssystem wird vervollständigt durch zwei Stetigkeitbedingungen und eine Bedingung für alle Punkte, die auf äußeren Randflächen liegen. Ist das System symmetrisch, besitzt es zum Beispiel Spiegelebenen, dann kommen spezielle Randbedingungen an diesen Ebenen hinzu.
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