Nationalkonservatismus ist ein politischer Begriff zur Beschreibung einer vor allem in Europa verbreiteten Variante des Konservatismus, die nationale Empfindungen sowie die kulturelle und ethnische nationale Identität betont.[1]
Nationalkonservativen gemeinsam ist eine skeptische bis ablehnende Haltung gegenüber der Zuwanderung und der europäischen Integration,[2] sowie eine Tendenz zum Wertkonservatismus und traditionellen Moralvorstellungen.[3] Sie verstehen den Konservatismus als Korrektiv zu Modernismus und Fortschrittsgläubigkeit und stellen die Gemeinschaft vor das Individuum.[3] Nicht selten geht der Nationalkonservatismus auch Verbindungen zu konservativen religiösen Strömungen ein.[4] Ökonomisch werden hingegen sowohl sozial-marktwirtschaftliche als auch Laissez-faire-Ansichten vertreten.
19. Jahrhundert
In der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts war der Nationalkonservativismus eine von mehreren Strömungen der Konservativen, neben den Staatskonservativen, Sozialkonservativen und Hochkonservativen. Die Nationalkonservativen wie Joseph von Radowitz strebten einen deutschen Nationalstaat nach britischem Vorbild an, vergleichbar den Nationalliberalen, aber monarchischer ausgestaltet. Somit waren die Nationalkonservativen Vorläufer der Freikonservativen Partei.
Heutiger Begriff
Dem heutigen Nationalkonservatismus ist ebenso zu eigen, dass er die direkte Demokratie als „Hort gegen die internationale Verflechtung“ preist und so die populistische Stimmungslage zwischen dem „einfachen Volk“ und der „classe politique“ einfängt.[1] Übergänge zum Rechtspopulismus können insofern fließend sein. Für den Nationalkonservatismus hat sich in der Literatur in synonymer Verwendung teilweise auch der Begriff „Rechtskonservatismus“ eingebürgert,[3] jedoch wird der Nationalkonservatismus abweichend davon auch als besonderer Unterfall des Rechtskonservatismus definiert.[5] In dem Fall sollen rechtskonservative Parteien, insofern sie eher „nationale Belange“ in den Mittelpunkt stellen, als „nationalkonservativ“ bezeichnet werden.[5]
Die Verwendung des Begriffs in den Sozialwissenschaften ist widersprüchlich: Während in der Geschichtswissenschaft der Begriff verwendet wird, um völkisch orientierte Parteien wie die Deutschnationale Volkspartei zu charakterisieren[6] und eine ähnliche Verwendung für antidemokratische Vorstellungen auch in der politikwissenschaftlichen Diskussion um die Neue Rechte aufzeigbar ist,[7] wird andererseits in neuerer Literatur der Parteienforschung der Begriff benutzt, um gerade nicht völkisch oder antidemokratisch orientierte Parteien des rechten konservativen Spektrums zu charakterisieren und von Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus abzugrenzen.[5]
In der deutschen Parteienlandschaft werden Die Republikaner und die Alternative für Deutschland von Politikwissenschaftlern als nationalkonservativ eingeordnet,[8] in Österreich gilt die Freiheitliche Partei, in der Schweiz die Schweizerische Volkspartei und in Luxemburg die Alternativ Demokratesch Reformpartei als nationalkonservativ.
Parteienlisten
Land | Partei | Logo | Parteichef | Stimmen in % (letzte Wahl) | Platzierung bei letzter Wahl | Sitze im Parlament | Regierungs- beteiligung |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Japan | Liberaldemokratische Partei (LDP) | Yoshihide Suga, Fumio Kishida | 47,82 (2017) | 1. | 284 von 465 | Ja | |
Indien | Bharatiya Janata Party (BJP) | Amit Shah | 37,46 (2019) | 1. | 303 von 543 | Ja (absolute Mehrheit) | |
Israel | Likud | Benjamin Netanjahu | 24,19 (2021) | 1. | 32 von 120 | Ja |
Literatur
- Richard Stöss: Der rechte Rand des Parteiensystems. In: Oskar Niedermayer (Hrsg.): Handbuch Parteienforschung. VS Springer, Wiesbaden 2013, S. 563–618.
- Thomas Assheuer: Was heißt hier deutsch? Der Nationalkonservativismus definiert seine „Leitkultur“. In: Die Zeit, Nr. 30/1998.
Einzelnachweise
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