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Mittelwellenrundfunk

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Der Begriff Mittelwellenrundfunk bezeichnet den Rundfunk im Mittelwellenband (an den Empfangsgeräten oft mit AM oder MW bezeichnet). Dies entspricht dem Frequenzbereich zwischen 526,5 kHz und 1606,5 kHz. Die Sender benutzen diesen Bereich in einem 9-kHz-Raster. Auf dem amerikanischen Kontinent wird der Frequenzbereich von 530 bis 1720 kHz in einem 10-kHz-Raster benutzt.

Rundfunk auf Mittelwelle dient heute überwiegend der terrestrischen Ausstrahlung von Hörfunkprogrammen über das Sendegebiet der UKW-Sender hinaus. Während in Europa, Asien, Mittel- und Südamerika der Mittelwellenrundfunk seit den 2000er Jahren in seiner Bedeutung stark abnimmt, gehört er in den Vereinigten Staaten nach wie vor zum festen Bestandteil der Radiolandschaft.

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Geschichte

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In den Anfangsjahren des Rundfunks in den 1920er Jahren war die Mittelwelle das grundsätzlich genutzte Medium. Erst mit der Entwicklung leistungsfähigerer Sendeanlagen konnten auch andere Wellenbereiche sinnvoll genutzt werden, zunächst die Kurzwelle, nach 1950 setzte sich die Ultrakurzwelle mit der weniger störanfälligen Frequenzmodulation (FM) durch.[1] Seinerzeit wurden die Sender üblicherweise mit der Wellenlänge in Metern (zusätzlich oft die Frequenz in Kilohertz) angegeben. Die alleinige Angabe der Frequenz setzte sich erst später durch.

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Senderliste auf der Frontblende eines deutschen Radios von 1956, (L Langwelle, M Mittelwelle, K Kurzwelle, UKW Ultrakurzwelle)

Bedingt durch den Kalten Krieg wuchsen in den 1970er Jahren Mittelwellensender stark in Zahl und Leistung, so dass das Band abends stark überbelegt war. Durch die Abschaltung von vielen auch leistungsstarken Mittelwellensendern in Europa ab dem Jahr 2000 können heute weniger Sender mit gutem Signal empfangen werden. Dafür stören sich aber auch weniger Sender gegenseitig, so dass kleinere Stationen bei Dunkelheit auf einer freien Frequenz ganz Europa abdecken, vorausgesetzt der Empfänger befindet sich in einer störfreien Umgebung.

Heute kann der Mittelwellenrundfunk auch im Internet über frei zugängliche SDR-Empfänger mit einem geeigneten Computer, wie zum Beispiel mit den WebSDR,[2] frei empfangen werden.

Am 31. Dezember 2015 wurden mit der Abschaltung der Mittelwellensender von Deutschlandradio die letzten deutschsprachigen Stationen, die aus Deutschland senden, in diesem Frequenzbereich stillgelegt.[3] Als letzter regulärer Mittelwellensender in Deutschland wurde am 31. Oktober 2016 der AFN-Sender in Vilseck auf 1107 kHz abgeschaltet.[4] Österreich hatte den Mittelwellenbetrieb bereits zum Jahresende 2008 eingestellt (Sender Bisamberg), die Schweiz Ende 2010 (Landessender Sottens).

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Ausbreitungsbedingungen

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Während tagsüber Signale nur 100…200 km weit über die Bodenwelle zu hören sind, steigt die Reichweite bei Dunkelheit durch die Raumwelle auf bis zu 2000 km mit starkem Signal. Für Radiostationen, die auf Durchhörbarkeit setzen, wird dies zum Problem. Denn wegen der wenigen verfügbaren Kanäle im Mittelwellenbereich (121 Kanäle) wird jede Frequenz darin von mehreren Sendern belegt. Der theoretische Vorteil, mit einem einzigen Sender große Gebiete abzudecken, kann deshalb nur begrenzt genutzt werden. Stationen stören sich gegenseitig. Durch Phasenverschiebungen der AM-Trägersignale untereinander und durch verschiedene Ausbreitungswege entstehen Verzerrungen im Audiosignal (Interferenzen).

Der Genfer Wellenplan legt zwar Regeln fest, um gegenseitige Störungen etwas zu verringern. Einige leistungsfähige Stationen müssen ihre Sendeleistung drosseln und/oder mit einer Richtstrahlantenne arbeiten (vgl. Langwellenrundfunk). Manche Stationen müssen während der Nachtstunden ihren Betrieb ganz einstellen. Dennoch sind auf jedem einzelnen Kanal meist ca. 5 bis 20 Sender in Europa aktiv. Mit einer richtungsempfindlichen Empfangsantenne wie einer Ferrit- oder Rahmenantenne kann man durch Drehen der Antenne Abhilfe schaffen, sofern beide Sender nicht aus der gleichen Richtung abstrahlen. Mehr Effizienz schafft ein Gleichwellennetz, bei dem ein Programm von mehreren Standorten dieselbe Frequenz belegt. Auch hier kann es jedoch zu Überlagerungen und Verzerrungen kommen, bei denen sich die Audioqualität dort mindert, wo mehrere Standorte etwa gleich stark empfangen werden.

Die Trägerfrequenzen der Sender liegen in Europa im Regelfall auf durch 9 kHz teilbaren Frequenzen (z.B. bis 2022 Rai Radio 1 auf 999 kHz mit einem unteren Seitenband von 994,5…999 kHz und einem oberen Seitenband von 999…1003,5 kHz). In Nord- und Südamerika wird ein 10-kHz-Raster mit durch 10 kHz teilbaren Frequenzen und 20 kHz HF-Bandbreite benutzt (z.B. KNWN aus Seattle auf 1000 kHz mit einem unteren Seitenband von 990…1000 kHz und einem oberen Seitenband von 1000…1010 kHz).

Es gibt auch einige Mittelwellensender, die außerhalb des offiziellen Bereichs betrieben wurden; so nutzte der Bayerische Rundfunk bis 1999 für seine leistungsschwachen Sender in Hof und Würzburg die Frequenz 520 kHz.

Die Mittelwellenfrequenzen 1485 kHz, 1584 kHz und 1602 kHz sind nach dem Genfer Wellenplan als Gemeinschaftswellen für lokale Sender geringer Leistung reserviert.

Piratensender vor allem aus den Niederlanden und Griechenland nutzen den Bereich von 1600 bis 1700 kHz für unregelmäßige Ausstrahlungen mit Leistungen zwischen wenigen Watt und 10 kW.

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Tonqualität

Grundsätzlich ließe sich auch auf Mittelwelle ein großes Audiospektrum (z. B. wie auf UKW bis 15 kHz) übertragen. Um mehr Kanäle zu schaffen, wurde aber die HF-Bandbreite auf 9 kHz und damit die maximal mögliche NF-Bandbreite auf 4,5 kHz begrenzt. Steilbandige Filter in Sender und Empfänger reduzieren die Bandbreite weiter, so dass die sich reale ergebende Bandbreite bei 2,5 bis 3,5 kHz teilweise unterhalb von Telefonqualität liegt. In den USA, Japan und Südeuropa modulieren Stationen trotzdem oft mit 10 kHz, so dass schwächere Nachbarkanäle überlagert werden. Damit wird ein akzeptabler Klang realisiert. Bei AM hängt es allerdings von den Filtern im Empfänger ab, ob dieses Audiospektrum auch wiedergegeben wird.

Die Amplitudenmodulation (AM) ist zudem deutlich anfälliger für Störungen durch Zündfunken, Gewitter oder elektronische Geräte als die Frequenzmodulation (FM).

Digitalisierung der Mittelwelle und Stereoübertragung

Inzwischen versucht man mit der sich noch im Feldexperiment befindlichen digitalen Mittelwelle (Digital Radio Mondiale, DRM) der minderen Tonqualität und der in Europa geringen Popularität gegenzusteuern. In manchen Ländern werden im Mittelwellenbereich auch Stereo-Sendungen nach dem AM-Stereo-Verfahren übertragen.

Während in Europa die Versuche der Digitalisierung keine nennenswerten Erfolge zeitigten, ist in Nordamerika das HD-Radio-Verfahren Standard bei vielen Sendern. Dieses Signal wird hybrid analog und digital ausgestrahlt und ermöglicht parallele Mehrwertdienste und Textübertragungen auch auf Mittelwelle.

AM-Stereo wird in Deutschland nicht angewandt. In den USA, Südafrika und Australien wurde es in den 1980er Jahren eingeführt und ist teilweise noch verbreitet. Speziell in den USA ist die Zahl von AM-Stereo-Sendern durch die Möglichkeiten der parallelen Digitalübertragung rückläufig. In Europa wird das Verfahren nur von den nachts auch in Deutschland empfangbaren Sendern von Radio France auf 864 kHz in Villebon-sur-Yvette und dem italienischen Radio Studio X auf 1584 kHz angewandt.

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Perspektiven

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In Deutschland hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) die Abschaltung der Mittelwellensender aus Kostengründen gefordert. Die KEF argumentiert mit der mangelnden Akzeptanz. Eingesparte Gelder sollen in den Ausbau der digitalen Technik Digital Audio Broadcasting als Ergänzung und spätere Nachfolge für UKW fließen. Ende 2015 wurden die letzten Sender abgeschaltet.

Nach einem früheren Beschluss der Europäischen Kommission sollte der analoge Rundfunk ursprünglich bis Anfang 2012 abgeschaltet werden. Für den MW-Nachfolgestandard DRM sind bis heute neben Empfangslösungen unter Verwendung eines PCs jedoch nur ganz wenige tragbare Empfänger verfügbar, die unhandlich sind und einen vergleichsweise hohen Stromverbrauch haben. Mehrere Testbetriebe für DRM wurden wieder eingestellt. Nach der Demontage von MW-Sendemasten in Deutschland gilt eine Wiederbelebung des Wellenbereichs als fraglich.

Global spielt der Mittelwellenrundfunk in schwächer entwickelten Ländern (Lateinamerika und Asien) eine größere, wenn auch abnehmende Rolle. In vielen Ländern ist dort das UKW-Rundfunknetz schlecht ausgebaut und die Mittelwelle bietet den Vorteil der großräumigen Übertragung und einfachen Empfangbarkeit für die Hörer.

In den USA und Kanada sind nach wie vor mehr als 6000 Sendeanlagen für Mittelwelle in Betrieb,[5] vor allem mit Programmen in Talk- und Nachrichtenformaten sowie religiöse Stationen. Hinzu kommen Programme für Einwanderer aus Lateinamerika oder Asien, die in einigen Regionen einen hohen Bevölkerungsanteil stellen. Zudem strahlt ein Netz leistungsschwacher Sender in Dauerschleifen Informationen über Tourismus und Verkehr aus.

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Ausgewählte Mittelwellensender in Amplituden-Modulation

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Liste von Sendeanlagen, die in Deutschland großteils empfangbar sind:

Weitere Informationen Frequenz in kHz, Standort ...
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Historische Mittelwellensender

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Liste abgeschalteter Sendeanlagen, die zum Teil eine traditionsreiche Geschichte und einen länderübergreifenden Bekanntheitsgrad aufwiesen:

Weitere Informationen Frequenz in kHz, Standort ...
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Siehe auch

Literatur

  • Gerd Klawitter, Klaus Herold, Michael Oexner: Rundfunk auf Mittelwelle. Deutschland - Europa - Übersee. Siebel Verlag GmbH, Meckenheim 1996, ISBN 3-89632-010-6
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Einzelnachweise

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