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Mittelplatonismus ist eine moderne, von Karl Praechter eingeführte Bezeichnung[1] für eine Entwicklungsphase des Platonismus, die im 1. Jahrhundert v. Chr. begann und bis zum späten 3. Jahrhundert dauerte. Der Mittelplatonismus wurde vom Neuplatonismus abgelöst.
Die von Platon gegründete Philosophenschule in Athen, die Platonische Akademie, fiel den Wirren des Ersten Mithridatischen Krieges zum Opfer; spätestens im Jahr 86 v. Chr., als die Truppen des römischen Feldherrn Sulla Athen eroberten, wurde der Unterricht eingestellt. Der letzte Leiter (Scholarch) der Akademie, Philon von Larisa, war schon 88 v. Chr. nach Rom geflohen. Mit seinem Tod (84/83 v. Chr.) endete in der Geschichte des Platonismus die Epoche der vom Skeptizismus geprägten „Jüngeren Akademie“. Die Skeptiker hatten die Möglichkeit gesicherter Wirklichkeitserkenntnis bestritten und stattdessen abgestufte Wahrscheinlichkeitsannahmen eingeführt (Probabilismus). Philons ehemaliger Schüler Antiochos von Askalon († wohl 68 v. Chr.) verwarf den Skeptizismus, den er für unplatonisch hielt. Er gründete eine eigene Schule, die er in programmatischer Anknüpfung an die Zeit vor der Einführung des Skeptizismus „Alte Akademie“ nannte. Mit dieser Rückkehr zum erkenntnistheoretischen Konzept der „Älteren“ oder „Alten“ Akademie, einer von den Skeptikern der „Jüngeren Akademie“ bekämpften Auffassung, begann eine neue philosophiegeschichtliche Phase. Nun herrschte wieder die Überzeugung, es gebe ein gesichertes Wissen, eine Wahrheit, die als solche philosophisch erkennbar und lehrbar sei („Dogmatismus“).
Die von Antiochos gegründete Schule stellte anscheinend beim Tod seines Bruders und Nachfolgers Aristos von Askalon († 46/45 v. Chr.) den Betrieb ein. Fortan gab es keine Institution mehr, die den Anspruch erhob, die Tradition der Platonischen Akademie fortzusetzen.
Hinsichtlich der Frage, welcher Einschnitt den Beginn des Mittelplatonismus markiert, gehen in der Forschung die Ansichten auseinander. Manche Altertumswissenschaftler[2] meinen, mit dem Ende der akademischen Skepsis und der Rückkehr des Antiochos zum Dogmatismus habe die Epoche des Mittelplatonismus begonnen, Antiochos und seine Schüler seien somit Mittelplatoniker gewesen. Andere Forscher zählen die Schule des Antiochos nicht zum Mittelplatonismus, sondern lassen diesen erst um die Mitte oder in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. mit Eudoros von Alexandria beginnen.[3] Für diese Auffassung spricht, dass Antiochos zwar im Konflikt mit den Skeptikern als Erneuerer der Tradition der ursprünglichen Akademie Platons auftrat, aber unter dem Einfluss der Stoa auf die platonische Transzendenzlehre, einen zentralen Bestandteil des Platonismus, verzichtete. Daher ist es problematisch, ihn zu den Mittelplatonikern zu zählen, denn für den Mittelplatonismus ist die Rückbesinnung auf die Transzendenzlehre charakteristisch. Nach der Einschätzung von Willy Theiler ist Antiochos ebenso wie die kaiserzeitlichen Mittelplatoniker als „Vorneuplatoniker“ anzusehen; sie alle hätten den Neuplatonismus „vorbereitet“.[4]
Die heute als „Mittelplatoniker“ bezeichneten Philosophen hatten kein allgemein anerkanntes Zentrum, wie es vor der römischen Eroberung Athens die Akademie gewesen war. Zwar entstanden Schülerkreise einzelner Lehrer, doch bildeten die Mittelplatoniker nicht wie früher die Akademiker eine organisierte Gemeinschaft. Sie hatten nur ihr Bekenntnis zur Lehre Platons, die sie unterschiedlich deuteten, gemeinsam. Wegen dieses diffusen, heterogenen Charakters der Platon-Rezeption halten manche Forscher den Begriff „Mittelplatonismus“ für fragwürdig, da er mehr Einheitlichkeit der Lehre suggeriert, als tatsächlich bestand.[5] Die Beibehaltung des etablierten Begriffs als Bezeichnung für eine Zeit, nicht für eine bestimmte Richtung mit spezifischen Lehrmeinungen, befürwortet Pierluigi Donini.[6]
Das Zeitalter des Mittelplatonismus umfasst die Endphase des Hellenismus und die Epoche des römischen Prinzipats. In dieser Zeit wurde Philosophie in allen größeren Städten des Römischen Reichs gelehrt, mancherorts wurde der Unterricht mit öffentlichen Mitteln gefördert.[7] Ein Hauptanliegen der Mittelplatoniker war die sorgfältige Auslegung der Werke Platons im Rahmen des Schulunterrichts. Das Wissen wurde in erster Linie mündlich vermittelt. Das reichhaltige Schrifttum der Platoniker erwuchs aus dem Unterrichtsbetrieb und diente gewöhnlich didaktischen Zwecken. Es bestand großenteils aus Kommentaren zu den Dialogen Platons sowie einführenden Schriften und handbuchartigen Darstellungen. Hinzu kamen Lebensbeschreibungen Platons, Platon-Lexika und Abhandlungen zu Einzelthemen.
Der philosophisch einflussreichste Mittelplatoniker war der berühmte Schriftsteller Plutarch, der im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. lebte. Weitere namhafte Mittelplatoniker waren:
Als Lehrbuchautor trat Alkinoos hervor, dessen Lebenszeit schwer zu datieren ist, ebenso wie die des Severos und des Mathematikers und Musiktheoretikers Nikomachos von Gerasa. Ammonios Sakkas († 242/243), der Lehrer Plotins, und sein Schüler Origenes waren in der Phase des Übergangs vom Mittel- zum Neuplatonismus tätig.
Alle Mittelplatoniker mit Ausnahme des lateinisch schreibenden Apuleius bedienten sich der griechischen Sprache.
Im 3. Jahrhundert begründete Plotin († 270) den Neuplatonismus, der in der Spätantike zur vorherrschenden philosophischen Strömung wurde. Die neuplatonische Lehre wurde ab 244 in Rom ausgeformt. In Mittelplatonikerkreisen Griechenlands stieß Plotins Philosophie zunächst auf Ablehnung, doch ab dem späten 3. und frühen 4. Jahrhundert konnte sich der Neuplatonismus allgemein durchsetzen. Zwar existierten die Begriffe „Mittelplatonismus“ und „Neuplatonismus“ in der Antike noch nicht, doch waren sich die Neuplatoniker der Zäsur zwischen Mittel- und Neuplatonismus bewusst, denn sie unterschieden zwischen den „alten“ (mittelplatonischen) und den „neuen“ (neuplatonischen) Auslegern der Lehre Platons.[10]
In der Älteren Akademie galt Platons Lehre nicht als in jeder Hinsicht vollkommen und verbindlich; Platons Schüler Speusippos, sein Nachfolger als Leiter der Akademie, scheute nicht davor zurück, ihm in zentralen Fragen zu widersprechen. Bei den Mittelplatonikern hingegen herrschte die Überzeugung, Platons Philosophie sei göttlich inspiriert und makellos. Allerdings sei sie nicht ohne weiteres verständlich, denn Platon habe sich rätselhaft ausgedrückt. Er habe die Wahrheit absichtlich in seinen Texten versteckt und ihre Enthüllung bedürfe einer besonderen Bemühung des Lesers.[11] Unter Platons Dialogen war der Timaios derjenige, mit dem sich die Mittelplatoniker am intensivsten befassten.
Von den philosophischen Werken der Mittelplatoniker ist nur ein kleiner Teil vollständig erhalten, die übrigen sind verloren oder nur fragmentarisch überliefert. Einiges Lehrgut ist aus fremden Berichten bekannt. Unter den erhaltenen Werken nimmt Plutarchs umfangreiches philosophisches Œuvre breiten Raum ein. Hinzu kommen vier philosophische Schriften des Apuleius, Albinos’ „Einführung in Platons Dialoge“, das „Lehrbuch der Grundsätze Platons“ (Didaskalikós tōn Plátōnos dogmátōn) des Alkinoos, Vorträge des Maximos von Tyros und Handbücher von Nikomachos von Gerasa und Theon von Smyrna.
Zu ihren Hauptaufgaben zählten die Mittelplatoniker die Auslegung der in Platons Dialog Timaios dargelegten Kosmologie, wobei sie Vorstellungen aufgriffen, die auf Platons Schüler Xenokrates zurückgehen. Sie bemühten sich um die Ergründung des Verhältnisses zwischen dem göttlichen Weltschöpfer (Demiurgen), den platonischen Ideen (den Urbildern der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen) und der Materie, in der sich das Werden und Vergehen abspielt. Die „Drei-Prinzipien-Lehre“, die von den meisten Mittelplatonikern vertreten wurde, besagte, dass die Welt ihr Dasein drei zusammenwirkenden Prinzipien verdanke: dem Schöpfergott, den Ideen und der Materie. Der Demiurg, den die meisten Mittelplatoniker für den höchsten Gott hielten und mit der Idee des Guten sowie mit dem reinen Intellekt (Nous) gleichsetzten,[12] galt als Wirkursache der sinnlich wahrnehmbaren Dinge. In den Ideen sah man die paradigmatische (urbildliche) Ursache, da die Einzeldinge im Platonismus Abbilder der Ideen sind, während der Materie die Rolle der Stoffursache zufiel.[13] Den sinnlich wahrnehmbaren Kosmos in seiner Gesamtheit fasste man als Abbild eines rein geistigen (intelligiblen) Kosmos auf, in welchem sich die Ideen befinden. Dieses Abbild hielten die Mittelplatoniker für so vollkommen, wie ein Abbild überhaupt sein kann. Das Werden bildete für sie das unwandelbare Sein ab und die endlose Zeit die Ewigkeit.
Eine Minderheitsposition vertraten Numenios und Harpokration von Argos. Sie nahmen drei Götter oder drei Aspekte der Gottheit an, nämlich den obersten, nicht tätigen Gott und den für die Schöpfung zuständigen Demiurgen, den sie als doppelt oder in zwei Aspekte aufgeteilt betrachteten. In diesem Modell wird der oberste Gott mit der Idee des Guten und dem reinen Nous gleichgesetzt.[14]
Meist betrachteten die Mittelplatoniker die Ideen als Gedanken des höchsten Gottes. Als metaphysischer Ort der Ideen wurde gewöhnlich dieser als reiner Intellekt aufgefasste Gott selbst angesehen. Es gab aber auch die Ansicht, die Ideen seien dem reinen göttlichen Intellekt als dessen Produkte nachgeordnet, sie befänden sich unterhalb von ihm in der göttlichen Seele.[15]
Im mittelplatonischen Weltbild sind sowohl der intelligible Kosmos als auch der Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren lebendig. Die belebende Instanz der Sinneswelt ist die göttliche Weltseele, die zwischen der geistigen und der stofflichen Sphäre vermittelt. Die Sinneswelt ist eine Kugel mit dem Erdmittelpunkt als Zentrum und der Fixsternsphäre als Oberfläche. Die Kugel ist zweigeteilt: im supralunaren Bereich (von der Mondsphäre aufwärts) sind alle Bewegungsabläufe konstant, im sublunaren Bereich zwischen Mond und Erde finden auch ungeordnete, unregelmäßige Bewegungen statt. Alles Schlechte – darunter bösartige Dämonen – befindet sich unterhalb der Mondsphäre.
Oft erörtert wurde im Mittelplatonismus die Streitfrage, ob die Sinneswelt in einem einmaligen zeitlichen Schöpfungsakt entstanden ist, was Formulierungen in Platons Timaios nahezulegen scheinen, oder ob sie ewig ist und ihre Erschaffung als unablässiger Prozess aufzufassen ist, den Platon nur aus didaktischem Grund wie einen einzelnen abgeschlossenen Vorgang beschreibt. Eine andere intensiv diskutierte Frage war, ob das Universum aus vier oder fünf Grundelementen besteht. Als fünftes Element neben Erde, Feuer, Luft und Wasser kam der himmlische Äther in Betracht, den Aristoteles angenommen hatte. Eine Richtung der Mittelplatoniker hielt den Äther für ein Element eigener Art, eine andere betrachtete ihn als Feuer.[16]
In der Auseinandersetzung mit anderen Philosophenschulen, der griechischen Volksreligion und den Weltbildern fremder Religionen war bei den Mittelplatonikern eine harmonisierende Tendenz verbreitet. Man ging von der Vorstellung aus, es habe in einer fernen Vergangenheit eine schlechthin wahre religiös-philosophische Urlehre gegeben, die der Menschheit damals zur Verfügung stand. Deren erste Verkünder seien Theologen und Gesetzgeber gewesen, die als gotterfüllte Männer zur Erkenntnis des göttlichen Logos gelangt seien. Die Kernaussagen dieser Urlehre seien sowohl bei Platon als auch in der religiösen Weisheit aller alten Kulturvölker zu finden. Zwischen den religiösen Traditionen der Griechen, Ägypter, Juden, Chaldäer, Mager (Zoroastrier) und Brahmanen bestehe eine fundamentale Übereinstimmung, da sie alle letztlich auf der ursprünglichen Wahrheit fußten.[17] Eng war das Verhältnis der meisten Mittelplatoniker zum Neupythagoreismus, dessen Übereinstimmung mit dem Platonismus für sie feststand.[18] Die Lehren der Stoiker und der Peripatetiker betrachtete man als Varianten des Platonismus, die von der authentischen Lehre mehr oder weniger stark abweichen. Manche Mittelplatoniker glaubten, zwischen Platonismus und Aristotelismus bestehe in wesentlichen Punkten ein Einklang und daher seien Aristoteles’ Werke auch für Platoniker nützlich und bei der Platon-Interpretation heranzuziehen. Diese Ansicht teilten aber nicht alle; Attikos bekämpfte sie vehement.[19] Im 2. Jahrhundert griffen die Mittelplatoniker Lukios und Klaudios Nikostratos die Kategorienlehre des Aristoteles an.[20] Andere Platoniker führten die aristotelische Kategorienlehre auf Platon zurück und versuchten sie in seinen Werken zu finden. Verbreitet war die Ansicht, Platon sei der eigentliche Urheber der gesamten aristotelischen Logik.[21]
Da die menschliche Seele über Vernunft verfügt, ist sie mit der Weltseele und den Göttern verwandt. Dies gilt aber nur für ihren rationalen Teil. Daneben weist sie auch einen irrationalen Teil auf, den die Mittelplatoniker auch „irrationale Seele“ nennen und der zwischen der Vernunftseele und dem Körper vermittelt. Das Vernunftlose (to álogon) in der Seele ist der Sitz von Affekten wie Zorn und Begierde.
Während oberhalb der Mondsphäre alles, was geschieht, einer absoluten Naturnotwendigkeit folgt, gibt es im sublunaren Bereich, in dem sich die Menschheit befindet, auch Unordnung, nicht determinierte Vorgänge und Willensfreiheit. Die Vernunftseele entscheidet frei, doch die Folgen ihrer Entscheidungen treten mit einer unausweichlichen, schicksalhaften Notwendigkeit ein. Die göttliche Vorsehung überwacht die Weltordnung, lenkt aber nicht die Einzelschicksale.[22]
Über die Unsterblichkeit der Vernunftseele waren sich die Mittelplatoniker einig, ebenso darüber, dass sie unabhängig vom Körper und schon vor ihm existiert und ihn bei seinem Tod verlässt. Ob auch dem vernunftlosen Teil der menschlichen Seele Ewigkeit zukommt und was ihm nach dem Tod des Körpers widerfährt, darüber gingen die Ansichten auseinander. Die Problematik der Einheit der Seele bzw. ihrer Spaltung in wesensverschiedene Bereiche war ein wichtiges und schwieriges Thema.[23]
Während die Stoiker in der Ethik das Ziel, den Zustand der Gemütsruhe (apatheia) zu erreichen, in den Mittelpunkt stellten, lehrten die Mittelplatoniker, dass es auf die von Platon geforderte „Angleichung an Gott soweit möglich“ (homoíōsis theō kata to dynatón)[24] ankomme. Die Gottähnlichkeit sei das Lebensziel des Philosophen, das er im Rahmen des Möglichen anzustreben habe.[25] Hinsichtlich der Streitfrage, ob neben den Tugenden auch äußerliche und materielle Güter für ein optimales Gelingen des Lebens (die Eudaimonie) erforderlich sind, wie die Peripatetiker meinten, oder ob die Tugendhaftigkeit allein ausreicht, wie die Stoiker lehrten, waren die Mittelplatoniker gespalten.[26]
Philosophisch interessierte jüdische und christliche Theologen erhielten vom Platonismus wichtige Anregungen, teils durch unmittelbares Studium von Platons Werken, teils durch Schriften mittelplatonischer Autoren. Ein herausragendes Zentrum dieser Rezeption war Alexandria. Dort verband im 1. Jahrhundert n. Chr. der jüdische Gelehrte Philon von Alexandria mittelplatonische Philosophie mit jüdischer Theologie. Er war der Meinung, Platon habe die Philosophie des Pythagoras übernommen, der seinerseits seine Weisheit Mose verdanke. Mose sei der wahre Urheber der griechischen Philosophie. Philons Lehre erfreute sich später bei den Kirchenvätern großer Beliebtheit. Im 2. Jahrhundert wurden christliche Theologen wie Justin der Märtyrer, Tatian und Athenagoras stark vom Platonismus beeinflusst, der ihnen in der Gestalt vertraut war, die er im mittelplatonischen Schrifttum angenommen hatte. Der im späten 2. und frühen 3. Jahrhundert tätige Kirchenvater Clemens von Alexandria schuf eine stark platonisch beeinflusste Theologie. Auch die Theologie von Clemens’ Schüler Origenes enthielt viel platonisches – insbesondere mittelplatonisches – Gedankengut.[27] Erheblicher mittelplatonischer Einfluss ist auch im Schrifttum der Gnostiker erkennbar.[28]
Auch in paganem religiösem Schrifttum, das im Zeitalter des Mittelplatonismus entstand und eine starke Nachwirkung entfaltete (Chaldäische Orakel, hermetische Schriften), sind gewichtige Übereinstimmungen mit mittelplatonischem Lehrgut erkennbar. Die hermetische Literatur propagierte platonische Gedanken als ägyptische Offenbarungsweisheit, während Mittel- und Neuplatoniker sich ihrerseits durch die Autorität der hermetischen Schriften bestätigt sahen.[29]
Der Neuplatonismus war eine Weiterentwicklung des Mittelplatonismus. Sein Begründer Plotin knüpfte an die Tradition der Mittelplatoniker an. Mittelplatonische Lehrmeinungen bildeten in seiner Schule einen wichtigen Teil des Unterrichtsstoffs und wurden kritisch erörtert. Besonders Numenios fand bei den Neuplatonikern viel Beachtung. Plotin wandelte die Metaphysik der Mittelplatoniker in wesentlichen Punkten ab. Dabei trat er als getreuer Interpret der ursprünglichen Lehre Platons auf. Die Neuplatoniker meinten, ihre Platon-Auslegung sei eine Wiederherstellung der von den Mittelplatonikern verkürzten vollständigen Metaphysik Platons in ihrer authentischen Gestalt.
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