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deutscher Mittelalterhistoriker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Michael Borgolte (* 16. Mai 1948 in Braunschweig) ist ein deutscher Mittelalterhistoriker.
Borgolte lehrte von 1991 bis zu seiner Pensionierung 2016 als Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Jahrzehntelang erforschte er Stiftungen und legte dazu wegweisende Erkenntnisse vor oder gab wichtige Impulse, etwa in der von ihm begründeten Schriftenreihe StiftungsGeschichten, in der interkulturell vergleichend angelegten Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften sowie in seiner Monographie Weltgeschichte als Stiftungsgeschichte von 2017. Außerdem initiierte er Forschungen zur vergleichenden Geschichte Europas und zur Globalgeschichte im Mittelalter, die in mehreren historischen Darstellungen mündeten.
Michael Borgolte legte im Juni 1967 das Abitur in Braunschweig ab. Er studierte seit dem Sommersemester 1969 Geschichte, Germanistik und Philosophie an der Universität Münster, wo er im November 1973 das Erste Staatsexamen ablegte. Seine beiden wichtigsten akademischen Lehrer waren Otto Gerhard Oexle und Karl Schmid.[1] Bei Schmid wurde er 1975 mit einer Untersuchung über den Gesandtenaustausch der Karolinger mit den Abbasiden und mit den Patriarchen von Jerusalem zum Dr. phil. promoviert. Von 1975 bis 1984 war er wissenschaftlicher Assistent von Johanne Autenrieth am Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dort erfolgte 1981 die Habilitation mit einer personen- und verfassungsgeschichtlichen Arbeit zu den Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit.
Anschließend hatte Borgolte im Wintersemester 1981/82 die Vertretung einer Professur für Historische Hilfswissenschaften und Bayerische Landesgeschichte an der Universität Bamberg inne. Im Sommersemester 1984 übernahm er eine Gastdozentur an der Universität Basel. Borgolte war 1984/85 und erneut 1990/91 Vertretungsprofessor für Mittelalterliche Geschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Im November 1987 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Im Rahmen eines Heisenbergstipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Jahr 1984 entstanden die beiden Monographien Petrusnachfolge und Kaiserimitation. Die Grablegen der Päpste, ihre Genese und Traditionsbildung (1989) und Die mittelalterliche Kirche (1992). Im Jahre 1991 erfolgte im Rahmen der Neustrukturierung der Universität nach der Wende und Wiedervereinigung Borgoltes Berufung auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Seine Antrittsvorlesung hielt er im Juni 1992 über „Totale Geschichte“ des Mittelalters? Das Beispiel der Stiftungen.[2] Eine 1997 erfolgte Berufung auf den Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters an der Universität Erlangen-Nürnberg lehnte Borgolte ab. Er ist seit 2007 Mitherausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft und seit 2010 von Viator. Medieval and Renaissance Studies. Von 2006 bis 2008 war er Dekan der Philosophischen Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin. An der HU Berlin lehrte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2016. Im Juli 2016 hielt er seine Abschiedsvorlesung zum Thema „Sigismund, Radegunde und die Anfänge des Stiftungswesens im lateinchristlichen Europa“. Als akademischer Lehrer betreute Borgolte zwanzig Dissertationen und vier Habilitationen. Zu den akademischen Schülern Borgoltes zählen unter anderem Dirk Alvermann, Michael Brauer, Wolfgang Eric Wagner, Wolfgang Huschner, Frank Rexroth, Jan Rüdiger, Juliane Schiel und Benjamin Scheller.[3] Seit Oktober 2016 arbeitet er als „Senior Researcher“ an der HU Berlin.
Im Jahr 2013 gründete Borgolte gemeinsam mit seiner Frau die „Michael-und-Claudia-Borgolte-Stiftung zur Förderung der Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin“. In zweijährigen Wechsel schreibt die Stiftung den mit 3.000 Euro dotierten Otto-Hintze-Nachwuchspreis für historische Dissertationen oder Habilitationsschriften der Humboldt-Universität den mit 10.000 Euro deutschlandweit ausgelobten „Preis der Humboldt-Universität für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Mittelalterlichen Geschichte“ aus.[4] Im Jahr 2017 wurde er Gründungsbeauftragter der Humboldt-Universität für das Institut für Islamische Theologie, das er bis 2021 als Direktor leitete.[5]
Claudia Borgolte verstarb am 24. November 2024 unerwartet nach kurzer schwerer Krankheit.
Borgolte legte zwischen 1975 und 2023 mehr als 600 Veröffentlichungen vor, darunter 18 selbständige Schriften, 25 Herausgeberschaften und 200 Aufsätze. Forschungsschwerpunkte Borgoltes sind die mittelalterliche Kirchen-, Stiftungs-, Verflechtungs- und Globalgeschichte, die Geschichte der deutschen Mittelalterforschung nach 1945 und die vergleichende Geschichte Europas im Mittelalter. Eine Auswahl von Borgoltes verschiedenen europa- und globalhistorischen Studien zwischen 1992 und 2013 wurde 2014 in einem Band zugänglich gemacht.[6]
Zwischen Borgolte und Hans K. Schulze kam es zu einer Kontroverse um die frühmittelalterliche Grafschaft. Schulze veröffentlichte 1973 seine Darstellung über die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit östlich des Rheins. Er vertrat den Standpunkt, dass die Grafschaftsverfassung „eines der wesentlichsten Instrumente der Herrschaft des Königs über das Reich und als die grundlegende Institution der Reichsorganisation hinsichtlich Rechtspflege, Verwaltung und Heerwesen“ gewesen sei.[7] Schulze ging von einer einheitlichen Grafschaftsverfassung aus. Nach Schulze gab es bereits in merowingischer Zeit mit der Grafschaft eine der wichtigsten Institutionen der fränkischen Reichsverfassung. Borgolte kritisierte, dass Schulze damit wieder zur älteren Lehre, wie sie etwa von Georg von Below vertreten hatte, zurückgekehrt sei.[8] Im Jahr 1984 erschien Borgoltes Darstellung über die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Borgolte verfolgte mit seiner Arbeit das Ziel, die Grafschaften Alemanniens vom Beginn der Überlieferung bis 915 mit Hilfe eines quellenkritischen und personengeschichtlichen Ansatzes zu untersuchen.[9] Er stellte fest, dass es den Karolingern nicht gelungen sei, die Grafschaftsverfassung flächendeckend einzuführen. Er versuchte ausgehend von prosopographischen Untersuchungen die allmähliche Entwicklung und Ausdifferenzierung im alemannischen Raum darzustellen. Ausgangspunkt sind für Borgolte die Grafenformeln (sub-comite) im Eschatokoll der St. Galler Urkunden. Er stellte einen schlagartigen Anstieg des Anteils in den St. Galler Urkunden mit der formelhaften Grafennennung von 50 Prozent auf 95 Prozent zu Beginn der Herrschaft Ludwigs des Frommen fest. Ihren Anstieg nimmt Borgolte als Indiz, dass um 817 die Grafschaftsverfassung nahezu auf das gesamte alemannische Gebiet ausgedehnt wurde.[10] Borgoltes Darstellung hat Schulze veranlasst, in „Kritische Bemerkungen zu einer Neuerscheinung“ ausführlich Stellung zu nehmen. Nach Schulze ist Borgoltes Vorgehen methodisch fragwürdig. Mit Hilfe der sub-comite-Formel könnte zwar der räumliche Zuständigkeitsbereich der Grafen erfasst, jedoch aus ihrem Fehlen keine grafenfreien Räume erschlossen werden.[11] Um 817 habe eine Kanzleireform, jedoch keine Reform der Grafschaftsverfassung in Alemannien stattgefunden.[12] Borgolte kritisierte daraufhin, dass Schulze sich nicht auf grundsätzliche Fragen der Überlieferungskritik und der Personengeschichte eingelassen habe. Ein Frankfurter Streitgespräch zwischen Borgolte und Schulze blieb im Dezember 1984 ergebnislos.[13] Wenige Jahre später sah Thomas Zotz die Kontroverse vor allem in den unterschiedlichen Forschungsansätzen begründet. Borgolte verfolge einen personengeschichtlichen und Schulze einen verfassungsgeschichtlichen Ansatz.[14] Die weitere Debatte blieb ohne konsensfähiges Ergebnis.[15]
Borgolte erforscht Stiftungen seit über 30 Jahren. Zwischen 1997 und 2006 betreute Borgolte Forschungsprojekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Fritz Thyssen Stiftung zum mittelalterlichen Stiftungswesen. Er begründete in Berlin die Reihe Stiftungsgeschichten, in der bisher zehn Bände erschienen sind.[16] 2011 erhielt er den mit 2,5 Millionen Euro auf fünf Jahre dotierten europäischen Forschungspreis (ERC Advanced Grant 2011) für sein Projekt FOUNDMED. Foundations in medieval societies. Cross-cultural comparisons. Damit versucht Borgolte über das gesamte Mittelalter (etwa 500 bis 1500 n. Chr.) die verschiedenen Stiftungskulturen vergleichend zu erforschen.[17] Das Forschungsprogramm lief vom Juni 2012 bis Ende Mai 2017. Die Ergebnisse dieser Forschungen gingen in eine Enzyklopädie ein. Der erste Band dazu konnte im Sommer 2014 erscheinen.[18] Zwei Jahre später erschien der zweite Band.[19] Der dritte Band wurde 2017 veröffentlicht. Das Werk wurde als „Meilenstein“ vergleichender Mittelalterforschung und „meisterlich“ gewürdigt, wenn auch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Stiftungen etwas zu kurz gekommen seien.[20] Borgolte sieht in einem universalhistorischen Überblick als charakteristisch für das mittelalterliche Jahrtausend die „Stiftungen für das Seelenheil“ an, die jedoch keine „exklusiv lateineuropäisch-christliche Erscheinung“ gewesen seien.[21]
Im Jahr 2017 veröffentlichte Borgolte mit der Monographie Weltgeschichte als Stiftungsgeschichte eine Quintessenz der eigenen Forschungen. Er versteht Stiftungen „als totales soziales Phänomen […], an denen sich das Gefüge ganzer Gesellschaften ablesen lässt“.[22] Denn Art und Ausgestaltung der Stiftung sowie deren Wirkungen auf Dauer liefern Erkenntnisse über Jenseitsvorstellungen, Mentalitäten und Machtstrukturen. Seine Darstellung erstreckt sich von den ersten in Vorderasien nachgewiesenen Stiftungen des frühen 3. Jahrtausends bis zu den Spital- und Universitätsstiftungen des 16. Jahrhunderts.[23] Borgolte verfolgt ein dreistufiges Vorgehen. Im ersten Abschnitt stehen die „interkulturellen Vergleiche“ im Blickpunkt. Im Gegensatz zur älteren Forschung, die die Sorge um das Seelenheil als wichtigste Funktion von Stiftungen ausgemacht hat, zeigt sein Vergleich, dass „Stiftungen für das Seelenheil“ oder zum Zweck des Gebetsgedenkens zwar ähnlich auch im Islam belegt sind, nicht jedoch in der vorchristlichen Antike oder in den Stiftungskulturen Indiens und Chinas. Indische Religionen wie der Buddhismus sind nicht auf ein Weiterleben im Jenseits ausgerichtet, sondern finden das Glück im „Verlöschen der Person“.[24] Ein zweiter Abschnitt bereitet den „Weg zu einer transkulturellen Synthese“ vor. Das Werk endet mit der „Synthese“, die Borgolte angesichts des umfangreichen und teilweise noch kaum erschlossenen Materials als vorläufig ansieht. Von einer „einheitlichen und schon gar linearen Weltgeschichte der Stiftungen“ könne nicht gesprochen. Allerdings habe die Staatsform der Monarchie die Rolle des Herrschers als Stifters begünstigt. Auch die urbane Entfaltung sei förderlich gewesen.[25] Eine englische Übersetzung dieses Werkes erschien 2020.[26]
Borgolte legte 2002 und 2006 zwei Darstellungen des europäischen Mittelalters aus vergleichender Perspektive vor.[27] Er begründete darin unter anderem seine These, dass das Mittelalter keine exklusiv christliche Kultur gewesen sei, sondern Judentum und Islam ebenso Anteil an der Geschichte Europas hatten.[28] Sein Widerspruch gegen eine vorschnelle Identifikation von Europa und Abendland, sei begründet, schrieb ein Rezensent,[29] und gegen das Bild eines monolithisch christlichen Mittelalters werde zu Recht die Vielfalt des Zeitalters zur Geltung gebracht.[30] Nach Steffen Patzold reagiere das Buch in glücklicher Weise auf das gegenwärtige Interesse an Kontakten und Konflikten zwischen Islam, Christentum und Judentum.[31] Widerspruch erhob hingegen Gottfried Schramm; die jüdische Komponente dürfe nicht zu einem Faktor „hochstilisiert“ werden, „der den Gang der europäischen Geschichte entscheidend mitbestimmt“ habe. Auch der Islam habe „keinen Anteil an der Gestaltwerdung des nachantiken Europas“ gehabt.[32] Borgoltes These bildete eine wichtige Grundlage für das DFG-Schwerpunktprogramm 1173 „Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter“, dessen Ziel es war, „das europäische Mittelalter von seinen geografischen Rändern und seinen kulturellen Differenzen her zu erforschen und zu beschreiben“.[33] Borgolte war einer der Initiatoren und auch einer der beiden Sprecher dieses großen Verbundprojektes. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde das Schwerpunktprogramm von 2005 bis Mitte 2011 gefördert. In einem 2011 veröffentlichten Abschlussband wurden die Ergebnisse der zweiten Laufzeithälfte des Schwerpunktprogramms präsentiert.[34] Der Band bietet empirischen Vergleichsstudien und weiterführende theoretische Überlegungen „für allgemeine und epochenübergreifende Fragestellungen mit der Perspektive für prozess- und vergleichsorientierte Analysen, die einer strukturgeschichtlichen Synthese zuarbeiten“.[35] Nach Ablehnung einer Berufung nach Erlangen hatte er die Gründung eines Instituts für vergleichende Geschichte Europas im Mittelalter initiiert und wurde 1998 deren Leiter. Er ist Herausgeber der Reihe Europa im Mittelalter. Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik. Bisher konnten hier 43 Bände erscheinen.
Borgolte befasste sich in verschiedenen Beiträgen mit dem Thema Migration.[36] Dabei geht es Borgolte nicht wie in der älteren Forschung um Assimilationen, Akkulturationen oder Integrationen, sondern stets um „kulturelle Wechselwirkungen und Austauschprozesse […], bei denen unter Beteiligung beider Seiten neue kulturelle Formationen entstehen“. Es geht ihm vielmehr um „transkulturelle Verflechtungen“. Unter „Transkulturalität“ wird von Borgolte eine Kultur als offenes und sich veränderndes Gebilde verstanden.[37] Er war 2014 Herausgeber eines Handbuches zu Migrationen im Mittelalter. In 24 Einzeluntersuchungen werden darin für die Kontinente Europa, Afrika und Asien am Beispiel einzelner Räume aber auch die Bewegungen einzelner Gruppen wie Juden, Sklaven und Gelehrte die Forschungsergebnisse gebündelt.[38]
Borgolte war als Associate Editor an der von dem New Yorker Politologen Immanuel Ness herausgegebenen fünfbändigen Encyclopedia of Global Human Migration (2013) beteiligt. Mit seinen Beiträgen ebnete Borgolte den Weg zu einer globalgeschichtlich orientierten historischen Migrationsforschung. Er verfasste Beiträge zur Globalgeschichte des Mittelalters, so in der WBG-Weltgeschichte[39], und besonders die umfangreiche Monographie Die Welten des Mittelalters. Globalgeschichte eines Jahrtausends, die im März 2022 erschien.[40] Die drei Kontinente Asien, Afrika und Europa stehen im Mittelpunkt seiner Darstellung. Ihre Einheit charakterisiert er mit dem Namen „Eufrasien“. Anhand von Reichsbildungen, Religionen und Handel skizziert er für drei zentrale Bereiche die inneren Verknüpfungen für Eufrasien. Im Mai 2022 platzierte sich Die Welten des Mittelalters auf der Bestenliste von „Die Welt/WDR 5/Neue Zürcher Zeitung/ORF-Radio Österreich 1“ auf dem ersten Platz.[41] Eine 2., durchgesehene Auflage, erschien noch 2022.
Eine Kurzfassung bietet Borgolte mit seiner Globalgeschichte des Mittelalters von 2023.[42] Mit dieser knappen Darstellung soll das Wissen in Schulen, Universitäten und Öffentlichkeit integriert werden. Im mittelalterlichen Jahrtausend vollendete sich die „grundlegendste menschliche Migration und Grenzüberschreitung“. Das „Bild vom Mittelalter“ muss „globalhistorisch renoviert“ werden. Borgolte konzentriert sich daher auf „Eufrasia“, die „trikontinentale Welt“ zwischen Asien, Afrika und Europa. Er will zeigen, wie die drei Kontinente durch ein „dichtes und mehrdimensionales Beziehungsgeflecht“ miteinander verbunden waren. Dazu verwendet er den Begriff der „Grenzüberschreitungen“. Im abschließenden Kapitel will er den „Beitrag des mittelalterlichen Jahrtausends zur Globalisierung im Kontrast zu vorangegangenen Perioden“ bestimmen. Er stellt im Ergebnis unter anderem fest, dass für das Judentum das Mittelalter „keine Periode bedeutender Grenzüberschreitungen“ gewesen ist. Das Christentum hingegen integrierte Nord- und Osteuropa in sein bestehendes Netz, das auch mit der Mittelmeerwelt verbunden war. Ozeanien und Amerika blieben mehr oder weniger isolierte Welten.[43] Ebenfalls 2023 publizierte Borgolte den Beitrag über die Kontinentalisierung Europas.[44]
Für seine Forschungen wurden Borgolte zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen und Mitgliedschaften zugesprochen. Er ist ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (seit 2005), Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (2006–2019), Mitglied des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte (seit 2008) und ordentliches Mitglied der Academia Europaea (seit 2013).
Für den Konstanzer Arbeitskreis initiierte Borgolte mit Nikolas Jaspert im Herbst 2012 eine Tagung auf der Insel Reichenau zum Thema „Maritimes Mittelalter. Meere als Kommunikationsräume“.[45] Damit sollte das Bemühen um eine „maritime Bewusstseinserweiterung“ gegenüber der bislang eher an „Herrschaft über Land und Leute“ orientierten Mediävistik mehr Nachdruck verliehen werden. Die Tagungsbeiträge gaben Borgolte und Jaspert 2016 in einem Sammelband heraus.
Borgolte erhielt 2002 den Preis „Das Historische Buch 2002“ für die Kategorie Mittelalterliche Geschichte der Internetzeitschrift H-Soz-Kult für das Buch Europa entdeckt seine Vielfalt 1050–1250. Im Jahr 2008 wurde ihm eine Festschrift zum 60. Geburtstag gewidmet.[46] Borgolte war Fellow am Max-Weber-Kolleg in Erfurt (2008/2009). Im Mai 2013 fand zum 65. Geburtstag Borgoltes ein internationales Colloquium statt. Die Beiträge wurden 2014 veröffentlicht.[47] Im August 2020 wurde Borgolte für seinen Einsatz als Gründungsdirektor für Islamische Theologie mit der Humboldt-Universitäts-Medaille ausgezeichnet.
Ein Schriftenverzeichnis erschien in: Tillmann Lohse, Benjamin Scheller (Hrsg.): Europa in der Welt des Mittelalters. Ein Colloquium für und mit Michael Borgolte. De Gruyter, Berlin u. a. 2014, ISBN 978-3-11-035096-8, S. 267–302 [Stand Mai 2013].
Aufsatzsammlungen
Monographien
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