Mariä Himmelfahrt (Bad Tölz)
denkmalgeschütztes Kirchengebäude in Bad Tölz, Bayern Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
denkmalgeschütztes Kirchengebäude in Bad Tölz, Bayern Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt liegt im Zentrum von Bad Tölz. Sie ist ein prägendes Bauwerk des Tölzer Stadtbildes und das älteste bestehende Bauwerk des Isarwinkels. Das Patrozinium der Kirche wird am 15. August, dem Fest Mariä Aufnahme in den Himmel, gefeiert. Bis 1615 befand sich um die Kirche der älteste Tölzer Friedhof. Einige seiner Grabsteine sind heute in die Außenmauer der Kirche eingelassen.
Die erste urkundliche Erwähnung dieser Kirche geht auf das Jahr 1262 zurück: Dort wird von einer Burgkapelle gesprochen, die vermutlich auch von den Bürgern des Marktes benutzt wurde. Der durch Tölz führende Handelsweg, die Salzstraße von Hallein und Bad Reichenhall, steigerte die Bedeutung des Marktes und damit einhergehend den Ausbau der bestehenden Kapelle, die ab Beginn des 15. Jahrhunderts als „Kirche zu Unserer Lieben Frau zu Tölz“ bezeichnet wird.
Bei einem Brand 1453 wurde der Markt Tölz einschließlich Burg und Kirche fast vollständig vernichtet. Der Wiederaufbau der Kirche, die nun als spätgotische dreischiffige Hallenkirche errichtet wurde, erfolgte ab 1454. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Kirche durch eine herzogliche Stiftung mit einem prächtigen Glasfenster ausgestattet. Im Wettstreit mit dem Herzog um die Ausstattung der Kirche beteiligten sich auch die Pfleger des Marktes. Das bekannteste Geschlecht der Pfleger waren die Winzerer; sie ließen an der linken Seite des Chores 1513 eine Seitenkapelle anfügen, die ihnen als Grablege diente. Auch der bekannteste Vertreter dieser Tölzer Pflegerfamilie, Kaspar Winzerer, an den heute eine Rotmarmortafel erinnert, wurde dort beigesetzt.
Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg erfolgte die Anschaffung eines frühbarocken Hochaltars. Er wurde 1611 vom Weilheimer Bildhauer Bartholomäus Steinle geschnitzt und enthielt eine in den Himmel erhobene Muttergottes im Strahlenkranz. Dieses Schnitzwerk hängt heute im Chorbogen. Es wird im Wappen und im Siegel der Pfarrei Mariä Himmelfahrt Bad Tölz dargestellt. In der Pestzeit von 1634 erlangte die Verehrung des Pestheiligen Sebastian auch im Markt Tölz Bedeutung. Ihm zu Ehren wurde ein Altar in der rechten Chorkapelle (Sebastianikapelle) aufgestellt. Der Altar wurde im 19. Jahrhundert entfernt, doch das Altarbild von Johann Ulrich Loth blieb erhalten. Seit der letzten Restaurierung hängt es wieder in der Kapelle.
1866 wurde der frühbarocke Altar durch einen neuen Hochaltar nach Entwürfen von Georg Schneider ersetzt. Im geschlossenen Zustand zeigt er die Aufnahme Mariens in den Himmel (Himmelfahrt). Bei geöffneten Flügeln wird der Altarschrein zur Jahreskrippe. Von Advent bis Fronleichnam zeigen Figuren von Franz Anton Fröhlich (der auch auf dem Kalvarienberg tätig war) vor Kulissen von Simon Quaglio abwechselnd mehr als 20 biblische Szenen.
Die linke Chorkapelle (Maria-Hilf-Kapelle) ist der Kirchenpatronin, der hl. Maria, geweiht. Als Gnadenbild wird hier auf dem neuen Wandelaltar (2011) eine Kopie des Innsbrucker Maria-Hilf-Bildes von Lukas Cranach d. Ä. verehrt. Entsprechend dem liturgischen Kalender wird zeitweise stattdessen eine spätgotische Pietà in den Blick gerückt.[1]
Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1453 erhielt die spätgotische Hallenkirche wohl nur als Provisorium den für Jahrhunderte markanten Satteldach-Turm, der dem verbliebenen Turmstumpf aufgesetzt wurde.[2] Nach der Entdeckung der Jodquellen Mitte des 19. Jahrhunderts und dem folgenden Aufblühen zum Kurort, erwachte bei Tölzern ein bürgerlicher Stolz und neues ästhetisches Empfinden. 1873 sprach das Tölzer Amts- und Wochenblatt von der „verkümmerten Gestalt“ des Kirchturmes und warf die Frage in den Raum, ob Tölz „hinter mancher Dorfgemeinde zurückbleiben solle“? Bereits zwanzig Jahre zuvor entwarf Johann Nepomuk Sepp einen kathedralenartigen, neugotischen Turm für die Kirche. Von 1875 bis 1877 wurde die Kirche nach Plänen des Haidhauser Baumeisters Michael Steinbrecher neugotisch umgestaltet. Der neue Turm war zwanzig Meter höher und besaß Strebebögen, Maßwerkfenster, Wimperge, Fialen, Wasserspeier und veränderte das Ortsbild von Tölz maßgeblich. 1906 erfolgte eine umfangreiche Innenrenovierung durch den Münchner Architekten Joseph Elsner.[2] Bis 1937 verrichteten die beiden letzten Tölzer Türmer im Kirchturm ihren Dienst.[3]
Konstruktive Mängel und Verwitterung von Pfeilern und Zierwerk ließen in den 1970er-Jahren eine umfassende Renovierung des Turmes anstehen. Verschiedene Bestandteile des Steinbrecher-Turmes, wie Kreuzblumen, Fialen oder Seitentürmchen waren aus Sicherheitsgründen bereits entfernt worden. Im Oktober 1976 legte der Münchner Kirchenarchitekt Enno Burmeister ein Renovierungskonzept mit drei möglichen Varianten vor: Rekonstruktion des Steinbrecher-Turmes von 1877, Reduzierung des neugotischen Turmes auf seine Grundform mit geschlossener Haube oder Wiederherstellung des niedrigen Satteldaches, einschließlich des Abbaus aller Schmuckelemente.
Wochenlang herrschte eine hitzige Diskussion um die Zukunft des Turmes. Der Historiker Josef Katzameyer vom Historischen Verein verwies auf die „sehr plumpe und massige“ Gestalt des einstigen Sattelturmes, sowie, dass der „jetzige Turm längst ein Denkmal der Neugotik geworden“ sei. Karl Floßmann, ebenfalls vom Historischen Verein, nannte den bestehenden Turm mit „seinem prächtig gegliederten, durchbrochenen Turmhelm“ ein „Wahrzeichen der Stadt“. Die mögliche „abgespeckte“ Version des neugotischen Turmes wurde als „Blechzapfen“ geschmäht, als „scheußliches und geschmackloses“ Bauwerk. Mancher plädierte für den alten Satteldachturm, als „ungewöhnliche, mutige Lösung“. Ein „jahrhundertealtes Bild wieder auferstehen zu lassen“, sei „faszinierend“, auch, da Tölz es nicht mehr nötig habe, sich über die Höhe des Kirchturmes zu definieren. Paul Ernst Rattelmüller, Bezirksheimatpfleger für Oberbayern, nannte die Planungen für den Sattelturm einen „Schildbürgerstreich“: „Das würde bedeuten, dass man einen in seiner Substanz historisch gewordenen Turm abreißt, um einen älteren historischen Zustand zu rekonstruieren, man könnte auch sagen, herzufälschen.“ Er verstünde nicht, „wie man einen der wenigen neugotischen Türme in unserem Land kaputtmachen“ wolle.[4]
Stadtpfarrer Rupert Berger sprach sich für den im Unterhalt günstigeren Sattelturm aus, da man nicht unnötig Geld für Schmuck und Zierrat ausgeben solle. Auch aus Kostengründen lehnte der Pfarrgemeinderat schließlich die Rekonstruktion des Turmes von 1877 ab. Die Mehrheit stimmte für eine Kompromisslösung aus 1877er-Turm und „Blechzapfen“. Der Turmhelm mit seinen Öffnungen sollte erhalten bleiben und Verzierungen nur angebracht werden, soweit sie im finanziellen Rahmen blieben.[4]
Ab dem Jahr 2006 wurden umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen durchgeführt, vor allem war eine Befestigung des Untergrundes notwendig geworden, da die Kirche auf zu weichem Untergrund steht. Dieses Problem trat bereits in früheren Zeiten auf, weshalb schon seit 1637 wiederholt Renovierungsarbeiten durchgeführt werden mussten. Bei den Grabungen, die im Zuge der Stabilisierung des Untergrunds durchgeführt wurden, wurden 2007 Überreste der alten Vorgängerkirche aus dem frühen 13. Jahrhundert gefunden, eines spätromanischen Baus mit Spolien. Bei Probebohrungen im September 2007 stießen Bauarbeiter zudem auf ein „Schwertgrab“. Laut dem Archäologen Stephan Möslein erscheint dies außergewöhnlich, da Bestattungen mit Waffen in Kirchen selten sind.[5] Weitere Skelettfunde brachten die Überreste von drei etwa 50 bis 60 Jahre alten Männern zutage, wobei Möslein vermutet, dass es sich dabei um die Winzerer handelt, da diese Skelette um 1500 bestattet worden sein mussten. Neben einem Frauenskelett stieß man dabei auch auf ein Grab mit zwei Kindern, wohl Geschwistern, aus dem 17. Jahrhundert. Nach Angaben der Erzdiözese verblieben alle Skelette an Ort und Stelle.
Die Wiedereinweihung der Kirche erfolgte im Juni 2011 durch den Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Zugleich weihte er den neuen „Volksaltar der Zwölf Apostel“. Nach der Sanierung des Innenraumes folgte eine äußere Umgestaltung, welche 2014 beendet war. Die Ziffernblätter und neugotische Spitzbögen wurden restauriert. Augenscheinlichste Veränderung ist der neue Anstrich der Kirche in einem grau-beigen Farbton. Dieser soll sich mehr am neugotischen Stil der Kirche im 19. Jahrhundert orientieren. Claus Janßen, der Vorsitzende des Fördervereins zur Renovierung der Stadtpfarrkirche, äußerte, die Kirche sei „nun viel geerdeter als vorher“. Der vorherige gelbe, eher barock wirkende Farbton der Kirche sei keine historische Farbe, sondern „eine Schöpfung der 1970er-Jahre“.[6]
Die Orgel wurde 1978 von dem Orgelbauer Georg Jann (Allkofen) erbaut. Das Schleifladen-Instrument hat 37 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen werden mechanisch und die Registertrakturen elektrisch betätigt.[7]
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