Lina Bo Bardi, geboren als Achillina Bo (* 5. Dezember 1914 in Rom, Italien; † 29. März 1992 in São Paulo, Brasilien), war eine brasilianische Architektin und Designerin italienischer Herkunft.[1] Sie zählt zu den wichtigsten Architekten und Designern des 20. Jahrhunderts.[2]
Leben
Achillina Bo studierte ab 1934 Architektur in Rom.[3] Nach dem Examen 1939 zog sie nach Mailand, wo sie mit Carlo Pagani ein Architekturbüro gründete, dann bei Gio Ponti arbeitete und 1944 stellvertretende Schriftleiterin der Zeitschrift Domus wurde.[4] 1946 heiratete sie den Galeristen, Kunstkritiker und Journalisten Pietro Maria Bardi. Noch im selben Jahr wanderte das Paar nach Brasilien aus. In Rio de Janeiro und in São Paulo begegneten sie Lúcio Costa, Oscar Niemeyer und Roberto Burle Marx. Lina Bò Bardi und ihr Mann waren mit Ausstellungen europäischer Kunst erfolgreich, so dass sie sich ein großes Grundstück im Stadtteil Morumbi von São Paulo kaufen und 1950–1952 ein Haus bauen konnten.[3] Diese von Lina Bo Bardi entworfene Casa de Vidro (Gläsernes Haus) erregte Aufsehen und Bewunderung; zahlreiche Aufträge für öffentliche und private Bauten folgen, darunter – um nur einige Werke in São Paulo zu nennen – das Museu de Arte de São Paulo (1957), bekannt als „schwebendes Museum“, die Kirche Espirito Santo do Cerrado (1977–1982) oder das Kultur- und Sportzentrum Fábrica da Pompéia (1977–1986). Ein Entwurf (1990–1992) für das neue Rathaus von São Paulo, der Prefeitura Municipal, blieb unvollendet.[3] Der zweite Hauptort ihres Wirkens war Salvador da Bahia, wo Lina Bo Bardi u. a. das Museum für moderne und volkstümliche Kunst (1959–1963) und die Villa Chame-Chame (1964) baute.[5]
Lina Bò Bardi war auch als Designerin tätig. Für einige ihrer Bauten, z. B. die Fábrica da Pompeia, entwarf sie Teile der Inneneinrichtung. Von ihr stammen u. a. ein bekannter zusammenklappbarer Holzstuhl, der „Frei Egidio“-Stuhl, benannt nach einem franziskanischen Vorbild des 15. Jahrhunderts.
Postum ist Lina Bò Bardi bei der 17. Architekturbiennale Venedig 2021 für ihr Lebenswerk mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet worden.[6][7]
Sie bekannte sich zeitlebens zum Kommunismus.[8]
Ausstellungen
- 2014/2015: Lina Bo Bardi 100. Brasiliens alternativer Weg in die Moderne. Pinakothek der Moderne, München[9]
- 2019: Lina Bo Bardi Drawing. Fundació Joan Miró, Barcelona[10]
- 2024: Lina Bo Bardi – Die Poesie des Betons. Tchoban Foundation. Museum für Architekturzeichnung, Berlin[11]
Literatur
- Renato Luiz Sobral Anelli/Andres Lepik (Hrsg.): Lina Bo Bardi 100. Hatje Cantz, Ostfildern 2014, de: ISBN 978-3-7757-3852-1; en: ISBN 978-3-7757-3853-8.
- Sonia Ricon Baldessani: Wie Frauen bauen. Architektinnen. Von Julia Morgan bis Zaha Hadid. AvivA Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-932338-12-X; S. 120–136.
- Florian Heilmeyer: Lina Bo Bardi. In: Baunetzwoche. Das Querformat für Architekten, Nr. 229 vom 8. Juli 2011, S. 4–25 (mit zahlreichen Abbildungen).
- Laurel Frances Rogers: Lina Bo Bardi. In: Jan Cigliano Hartman (Hrsg.): The Women Who Changed Architecture. Beverly Willis Architecture Foundation / Princeton Architectural Press, New York 2022, ISBN 978-1-61689-871-7, S. 76–79.
- Richard Zemp: Bauen als freie Arbeit. Lina Bo Bardi und die Grupo Arquitetura Nova. Tendenzen der brasilianischen Architektur 1961–1982. Berlin 2020, ISBN 978-3-86922-639-2.
Weblinks
Literatur von und über Lina Bo Bardi im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Florian Heilmeyer: Blickpunkt: Architektinnen – Lina Bo Bardi, stylepark.com, 15. Juli 2022
- Seite über Lina Bo Bardi (in Englisch)
- 'This Exhibition Is an Accusation’: The Grammar of Display According to Lina Bo Bardi; Artikel über Lina Bo Bardi von Roger Buergel in: Afterall Online Journal, Frühjahr 2011
- Ausstellungs-Seite des Zürcher Museums für Gestaltung ( vom 19. September 2011 im Internet Archive) – Webseite des Zürcher Museums für Gestaltung über eine Ausstellung 2000/01
- Seite des 'Instituto Lina Bo e P.M. Bardi' mit Foto der Casa de Vidro, 1951 (in Englisch und Portugiesisch)
- Zeuler R. M. de A. Lima: Lina Bo Bardi. Yale University Press, 2019.
- Zeuler R. Lima: Bo Bardi: O que eu queria era ter história – Biografia. Biographie auf Portugiesisch. Grupo Companhia das Letras, 2021.
- Zeuler R. M. de A. Lima: La dea stanca. Vita di Lina Bo Bardi (Biografie auf Italienisch). Monza/Milan: Johan & Levi Editore, 2021.
- Zeuler R. M. de A. Lima: Lina Bo Bardi, Drawings (Monographie auf Englisch). Princeton University Press, 2019.
- Zeuler R. M. de A. Lima: Lina Bo Bardi dibuixa (Ausstellung Katalog). 2019. Barcelona: Fondació Joan Miro, Barcelona 2019.
- Zeuler R. M. de A. Lima: YouTube-Video über Lina Bo Bardis Aktivitäten als Kuratorin
- Zeuler R. M. de A. Lima (Kurator): Ausstellung zu Lina Bo Bardi’s Zeichnungen. Fondació Joan Miró, Barcelona, Spain. 2019
- Zeuler R. M. de A. Lima (Kurator): Bo Barde Draws. Ausstellung im Carnegie Museum of Art, Pittsburgh, USA.
Einzelnachweise
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