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Sammelbegriff Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Kunstpädagogik oder Kunstvermittlung als Sammelbegriff befasst sich mit unterschiedlichen Praktiken und Theorien an der Schnittstelle zwischen der Kunst und der Pädagogik, in denen Menschen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über die Künste informiert werden, sich darüber austauschen oder mit eigenen gestalterischen Prozessen reagieren. Der Begriff Kunstpädagogik bezieht sich mehrheitlich auf Situationen im Kunstunterricht an Schulen, wobei sich der Begriff Kunstvermittlung hauptsächlich auf Vermittlung in Museen, Ausstellungen und Kunsträumen bezieht.
Der Kunstpädagogik oder Kunstvermittlung geht es nicht ausschließlich um die Vermittlung von bildnerischen Kompetenzen, sondern um einen umfassenderen Begriff. Dabei werden Theorien und Praktiken aus der zeitgenössischen Kunst und der Pädagogik adaptiert und neu verhandelt. Kunstvermittlung ist selbst künstlerische Praxis; Kunstvermittlung ist Konzeptarbeit, die theoretisches Wissen und praktische Erfahrungen verbindet.
Sie involviert das Publikum, macht es zu Akteuren oder auch Opponenten. In diesem Sinne kann eine zeitgemäße Kunstvermittlung ebenso Grenzen überschreiten wie die zeitgenössische Kunst.[1] Die Orte der Kunstpädagogik/Kunstvermittlung sind genauso vielfältig wie die der Bildenden Kunst und oftmals an schulischen oder außerschulischen Institutionen verortet. Kooperationen sowie die Arbeit zwischen Künstlern und Institutionen sind dabei häufige Form der Vermittlungsarbeit. Dabei werden stets neue Formen der Kunstpädagogik/Kunstvermittlung erprobt und unterliegen dem gesellschaftlichen Wandel und seinen Bedürfnissen sowie Strömungen in der Bildenden Kunst gleichermaßen.[2][3]
Die Kunstpädagogik beschäftigt sich speziell mit der Bildenden Kunst, der Architektur, den neuen Medien und Design, sowie mit der ästhetischen und wissenschaftlichen Reflexion von künstlerischen Arbeiten und deren Geschichte. Der Kunstpädagogik geht es ebenso wie der Kunsterziehung, um Kulturvermittlung und den Zugang zu Kunstwerken und ist in Teilbereichen ästhetische Erziehung. „Die Hoffnung lautet, dass sich im Laufe der Zeit zeigen wird, wie komplex und vielfältig die Erstellung einer kunstpädagogischen Landkarte wäre, wie unterschiedlich die Bildungs- und Kunstbezüge, wie vielfach die Verortungen und die theoretischen Bezugssysteme sind“ (Gert Selle).[4]
Es existieren mehrere kunstpädagogische Strömungen, vor allem: a) die Bildorientierung, b) die künstlerische Bildung und c) die Ästhetische Forschung und Biographieorientierung.[5] Die Strömungen sind in der zeitgenössischen Kunstpädagogik vielfältig, denn es handelt sich stets um ein prozessuales Selbstverständnis.[6]
Der Formale Kunstunterricht stellt eine Antwort auf die Musische Erziehung dar. Das Konzept des formalen Kunstunterrichts hatte dabei das Ziel Bildende Kunst in Rezeption und Produktion erlernbar und erfahrbar zu vermitteln. Dies wurde in Form von reduzierten Schulaufgaben wie abstrakten Übungsreihen durchgeführt. Somit wurde die Bildnerische Praxis als formal-bildnerische Ordnungstätigkeit aufgetragen, ohne emotionale Freiräume. Die psychischen Bedürfnisse und der individuelle Ausdruck der Schüler wurden nicht berücksichtigt, wodurch Kunst in systematisierten Lernschritten mit leistungsorientierten Notenvergaben unterrichtet wurde.[7]
Die Visuelle Kommunikation betrachtete in den siebziger Jahren die Bilder der Massenmedien (=Werbung, Film und Fernseher) als die eigentlichen gesellschaftlich relevanten künstlerischen Produkte. Dadurch öffnete sich die Kunstpädagogik für die Bildproduktion und Bildprozesse außerhalb der traditionellen Kunst, beispielsweise durch die Einführung der Fotografie. Den Produkten und Prozessen der Bildenden Kunst sollte deshalb, wenn überhaupt noch, ein nur marginaler Platz im schulischen Kunstunterricht eingeräumt werden.
Gunter Otto entwickelte in den 1970er Jahren ein didaktisches Konzept zur ästhetischen Erziehung, das die Lehrbarkeit der Kunst bejaht und im Rahmen der Allgemeinbildung als Schlüsselqualifikation fordert.[8] Dies beinhalte zum einen den Prozess der praktischen Bildproduktion und die Deutung der eigenen Werke durch eigene Erfahrungen und eigenes Bildverständnis, zum anderen die Betrachtung und Deutung der Werke anderer. Gert Selle widersprach diesem Konzept[9] und war der Meinung, dass vor allem Gegenwartskunst nicht auslegbar sei, worauf die Kunstpädagogik indes großen Wert lege; vielmehr seien individuelle Erfahrungen im ästhetischen Prozess der Annäherung an Kunst zu machen, ohne von einem Lehrer gelenkt zu werden.
In einem offenen Kunstunterricht (Schütz 1998) stellt die Lehrkraft keine fest umrissenen Aufgaben, bei denen die Ergebnisse vorhersehbar sind. Die Aufgabe sollte ein Impuls zum künstlerischen Handeln sein, zum Probieren und Experimentieren, zum künstlerischen Forschen. Es wird ein Angebot gemacht, das sich auf ein Motiv beziehen kann, das aus einer Auswahl von Werkzeugen und Materialien besteht. Eine Aufgabe sollte mindestens Lücken haben, in welche die Phantasie der Schüler hineinspringen kann. Glücklicherweise kommt es auch immer wieder einmal vor, dass ein Schüler eine Aufgabe missversteht und deshalb verfehlt. In einem solchen Fall entstehen oft die originellsten Lösungen (Schütz 2003). In besonderen Fällen kann der Unterricht sich so weit öffnen, dass Schüler und Lehrer ihre Rollen tauschen: Lernende Lehrer – lehrende Kinder (Schütz 2010).
Seit diesem Disput zwischen Otto und Selle in den 1980er Jahren hat sich im kunstpädagogischen Diskurs einiges getan. Vertreter der Bildorientierung berufen sich in weiten Teilen auf die verstehensorientierte Kunstdidaktik Ottos, innerhalb der Biographieorientierung oder der künstlerischen Bildung ist zu beobachten, dass hier versucht wird, die beiden sich gegenüberstehenden Positionen Ottos und Selles miteinander zu verbinden.
Wie der Name schon andeutet, stellt die Bildorientierung Bilder in das Zentrum des Lernens im Fach Kunst. Sowohl Bilder in Form von Kunstwerken, als auch Bilder der medialen Umwelt sollen lehrbar und greifbar gemacht werden, wobei der kritische und aufgeklärte Gebrauch dieser im Mittelpunkt steht. Bilder gewinnen aufgrund der Digitalisierung und Globalisierung unserer modernen Gesellschaft zunehmend an Bedeutung, weshalb es nötig ist, Schüler bezüglich des Umgangs mit Bildern zu informieren und sensibilisieren. Insgesamt soll also die visuelle Kompetenz und Bildkompetenz der Schüler gefördert und deren grundlegende Allgemeinbildung gestärkt werden.[10]
Bei der Ästhetischen Forschung handelt es sich um ein modernes Kunstpädagogisches Konzept, welches 2001 erstmals von Helga Kämpf-Jansen vorgestellt wurde. Basierend auf den 15 Thesen der Ästhetischen Forschung geht es darum die traditionell getrennten Bereiche von Kunst, Wissenschaft und Alltag zu vereinen und somit ein neues umfassendes Verständnis zu einem Thema zu entwickeln und ästhetisch zu reflektieren. Aufgrund der Wichtigkeit des selbstständigen Lernens innerhalb der Ästhetischen Forschung wird bei der Wahl des Untersuchungsthemas und der dazugehörigen Frage auf vollkommene Freiheit gesetzt. Die selbst ausgesuchte Frage soll dann mit Methodiken aus Alltag, Kunst und Wissenschaft untersucht werden. Der Prozess solle hierbei dokumentarisch festgehalten und die Ergebnisse in einer Künstlerischen Praxis vorgestellt werden.
Bei der Künstlerischen Bildung handelt es sich um ein von Carl-Peter Buschkühle, Joachim Kettel und Mario Urlaß wie auch Günther Regel entwickeltes Konzept. Künstlerische Bildung geht aus von kunstwissenschaftlichen Fragestellungen, inwiefern Kunst bedeutsam ist für die Bildung. Zentral ist die Zielrichtung, künstlerisches Denken zu bilden, welches als eine schöpferische Interaktion differenzierter Fähigkeiten wie einfühlsamer Wahrnehmung, kritischer Reflexion, Einbildungskraft und Willenseinsatz aufgefasst wird. In der Praxis steht das künstlerische Projekt im Mittelpunkt, welches Wissen und Gestalten, thematische Auseinandersetzung und Ausdruck im Werk miteinander verbindet.
Kunst beruht auf Freiheit, Kreativität und Originalität. Ein Kunstwerk besitzt wohl einen Marktwert, der aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage hervorgeht. Über den künstlerischen Wert eines Werkes lässt sich wohl durchaus vernünftig argumentieren, jedoch objektiv messbar ist dieser nicht. Was für Werke der so genannten hohen Kunst gilt, muss auch für die kleinen Werke gelten, die im schulischen Unterricht entstehen. Die Behauptung, Kunst sei lehrbar (Gunter Otto), wurde längst als unhaltbar zu den Akten gelegt. Geht man von der These aus, in der Schule entstünden nur kunstähnliche Dinge, aber keine Kunst, dann reduziert man die Kunst auf ihre lehrbaren Anteile (Reinhard Pfennig, Klaus Kowalski). So weicht man dem wirklichen Problem nur aus. Durch das Auszählen formaler Merkmale lassen sich künstlerische Objekte quantitativ vergleichen, jedoch nicht qualitativ messen. Die Lehrkräfte jedoch stehen unter dem administrativen Zwang, die Leistungen ihrer Schüler mit Noten zu beurteilen. Sie sollen etwas beurteilen, was nicht operationalisierbar ist. Nicht nur die Bildende Kunst, sondern auch die Musik, der Tanz und die (poetische) Sprache, das heißt, alle Künste bilden das kreative und freiheitliche Potential der Institution Schule. Das bedeutet – nicht, die Künste benötigen die Schule, damit sie propagiert und vermittelt werden können, sondern die Schule benötigt die Künste, damit sie überhaupt bilden kann.
Darüber hinaus gibt es vielfältige Forschungsansätze an den Universitäten zur zeitgenössischen Kunstpädagogik und Kunstvermittlung, die Gunter Otto und Gert Selle längst überholen (z. B. Universität der Künste Berlin, Justus-Liebig-Universität Gießen, Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Zürcher Hochschule der Künste oder der jetzt am Innsbrucker Mozarteum lehrende Jan G. Grünwald).
Die Ausbildung zum Kunstvermittler, zur Kunstvermittlerin kann über ein Hochschulstudium in Form eines Bachelor- und Masterstudienganges absolviert werden. Offiziell befähigt erst der Masterabschluss zum Unterrichten des Faches Bildnerisches Gestalten oder Kunst an Schulen.
In Deutschland existiert zum einen der Fachverband für Kunstpädagogik BDK (vormals Bund deutscher Kunsterzieher) und die Wissenschaftliche Sozietät Kunst, Medien, Bildung.
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