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deutsch-baltischer protestantischer Pfarrer und Schriftsteller Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Christian Donaleitis, auch Kristijonas Donelaitis (er selbst nannte sich Christian Donalitius, * 1. Januar 1714 in Lasdinehlen, Ostpreußen; † 18. Februar 1780 in Tollmingkehmen) war protestantischer Pfarrer einer deutsch-litauischen Gemeinde im ostpreußischen Tollmingkehmen (Preußisch-Litauen), wo er 37 Jahre in deutscher und in litauischer Sprache predigte. Mit seiner Dichtung Metai (Jahreszeiten) gilt er als „die überragende Dichterpersönlichkeit im Litauen des 18. Jahrhunderts“[1] und als Begründer der weltlichen litauischen Literatur. Er schrieb auch in deutscher Sprache und sprach bzw. las zudem Griechisch, Hebräisch und Französisch.
Kristijonas Donelaitis wurde als Sohn eines früh verstorbenen Kölmers (Freibauern) geboren.[1] Er besuchte als Pauperschüler (armer Stipendiat) die renommierte Domschule (Kneiphof) in Königsberg. Sein Bruder Friedrich wurde Goldschmied und Juwelier in Königsberg. Sein Bruder Michael erbte den Besitz des verstorbenen Vaters und der Bruder Adam wurde Huf- und Waffenschmied.
In Königsberg studierte Donelaitis unter pietistischen Professoren Theologie und besuchte das vom preußischen König zur Erhaltung der litauischen Sprache gegründete, von Albert Schulz geleitete Litauische Seminar. An ihm wurden die Pfarrer der vielfach neugegründeten Orte in litauischsprachigen Gemeinden Preußens ausgebildet.
Er wirkte ab 1740 einige Zeit in Stallupönen (heute russisch: Nesterow) als Kantor.[2] Nebenher arbeitete er auch als Mechaniker, wobei er Pianos baute und Glas für Thermometer und Barometer schliff. „Seine Barometer und Thermometer, die er verfertigte, waren lange Zeit berühmt.“[3] Von 1743 bis zu seinem Tode war er als Pfarrer in Tollmingkehmen (Tschistyje Prudy) tätig.[4] Er heiratete Anna Regina, die Tochter des Stadtrichters Ohlefant aus Goldap; sie war die Witwe eines Lehrerkollegen aus Stallupönen.[2] Die Ehe blieb kinderlos.
Donelaitis' Hauptwerk Metai (dt. Jahreszeiten) (s. u.) entstand als Gelegenheitsdichtung, vermutlich zunächst zur Ausgestaltung seiner Predigten.
Von Donelaitis sind auch einige Gedichte in deutscher Sprache überliefert.
Er wurde als „der Erste innerhalb der westlichen Kultur“ bezeichnet, „der ein belletristisches Werk über gewöhnliche Menschen geschrieben habe“.[5]
Auf Anregung des preußischen Kultusministers Wilhelm von Humboldt veröffentlichte der Königsberger Professor Ludwig Rhesa erstmals Donelaitis' Werk. In einer Würdigung heißt es:
„Er war ein großer Freund der Gartenkunst, schliff optische Gläser, verfertigte Thermometer und Barometer, die in ganz Preußen berühmt waren, baute Forte-Pianos, auf denen er selbst vortrefflich spielte; aber noch mehr Reiz als Musik hatte für ihn die verschwisterte Dichtkunst. Unter seinen nachgelassenen Papieren finden sich hebräische, griechische, lateinische, französische und deutsche Gedichte. Aber sein Meisterwerk bleibt das hier zum ersten Mal abgedruckte Gedicht über die vier Jahreszeiten. Der Dichter, dem Dichten so sehr zum Naturbedürfnis geworden war, dass er auch oft mit seinen Freunden in Versen correspondirte ...“
Weniger enthusiastisch ist die Aufnahme bei seinen preußisch-litauischen Landsleuten. Friedrich Kurschat urteilt 1876:
„Christian Donalitius Littauische Dichtungen..... sind zwar in ganz littauischer Ausdrucksweise geschriebene episch-idyllische Erzählungen, aber beim Volk nicht beliebt, weil darin das alltägliche prosaische Volksleben (in Hexametern) dargestellt wird, zum Theil aber in übertriebenen Formen und verzerrten Bildern, woran das Volk kein Wohlgefallen findet.“
1856 urteilt der Pädagoge und preußische Regierungsrat Gerd Eilers:
„An diese unmittelbaren Ergüsse eines [oldenburgischen] Naturdichters, der ohne alle Schulbildung war, aber mit aufgeschlossenem Sinne bei den Erscheinungen des Lebens und der Natur verweilte, wurde ich vierzig Jahre später zu meinem Erstaunen in Litauen durch die litauische Volkspoesie sehr lebhaft erinnert. Dieselben Bilder, welche die natürliche menschliche Naturanschauung in die Seele des oldenburgischen Bauern warf, erkannte ich wieder in den litauischen Dichtungen des Donaleitis, übersetzt von Rhesa. Hier wie dort sind es Dorfbewohner, deren Leiden und Freuden, Leben und Sitten geschildert werden, Störche, Schwalben, Singvögel, Haustiere haben fast dieselben Beziehungen zu dem häuslichen Leben der Menschen; hier wie dort dieselben ländlichen Beschäftigungen, dieselben Schilderungen der Natur, dieselben Bilder und Vergleichungen. Aber welch ein Unterschied zwischen dem Selbstgefühl eines oldenburgischen Bauern und dem eines litauischen. In dem oldenburgischen Bauern gibt sich ein Freiheitsgefühl kund, welches bei aller Bescheidenheit jedem, der es tatsächlich beeinträchtigen wollte, einen Kampf auf Leben und Tod entgegensetzen würde. Ik sitt upp min Egen, well will mi wat dohn? Ich bin ein freier Eigentümer, wer will mir was anhaben? [...] Durch die Dichtungen des Donaleitis dagegen zieht sich ein Gefühl tiefer Wehmut über unterdrückte Nationalität und verlorene Freiheit. Das Volk seufzt unter dem Drucke der Frondienste und der Willkür der gnädigen Herren, noch mehr unter der ihrer übermütigen Söhne und Diener.“
Die jüngste vollständige deutschsprachige Nachdichtung stammt von Hermann Buddensieg (1970). Mitte der 1960er Jahre setzte sich Johannes Bobrowski (1917–1965) in dem Roman Litauische Claviere mit Donelaitis auseinander. 1976 hatte die Oper gleichen Namens von Rainer Kunad in Dresden Premiere. Auszüge übertrug Hans-Ulrich Werner 2002, kommentiert mit Betrachtungen zum „litauischen“ und „deutschen“ Hexameter, im Perkunas-Verlag.
Nach vielen Jahren Sammlung und Bearbeitung veröffentlichte erst 1818 Ludwig Rhesa die hinterlassenen litauischen Dichtungen zusammen mit deutscher Übersetzung in gekürzter Fassung. 1865 gab der Linguist August Schleicher in Sankt Petersburg bei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften schließlich die Originalverse des Christian Donalitius als erste vollständige Ausgabe mit einem Glossar heraus. Während der Zarenzeit bis 1917 wurde Schleichers Veröffentlichung u. a. als Lehrbuch des Litauischen an russischen Gymnasien und Universitäten verwendet. Ferdinand Nesselmann beanstandete in seiner Königberger Ausgabe von 1888 einige Übersetzungen Schleichers.[8] Im heutigen Litauen blieb Christian Donalitius bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts relativ unbekannt, gilt als Kristijonas Donelaitis dort jetzt aber als Begründer der litauischen Nationalliteratur.
Noch vor Klopstock in seinem Messias schrieb Donelaitis in Hexametern. Vor ihm gab es in Preußen neben Wörterbüchern und Grammatiken litauische Texte nur aus religiöser Veranlassung (Bibeln, Gebet- und Gesangbücher) und in einigen Eidesformeln. Die UNESCO nahm Metai 1977 in die Bibliothek der Literaturmeisterwerke Europas auf.
In der Übersetzung von Ludwig Passarge, 1894:[9]
III. Die Freuden des Frühlings
IV. Die Arbeiten des Sommers
Es gibt mehrere Übersetzungen der Metai: zwei deutsche aus den Jahren 1869 und 1966 (letztere wurde 1970 wieder aufgelegt), zwei englische (1967 und 1985) und eine schwedische (1991).
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