Die Zuordnung zu den Kriegsenkeln wie auch zu den Kriegskindern erfolgt nicht in erster Linie nach den Jahrgängen, wenn diese auch die Alterskohorte der jeweiligen Gruppe in etwa bestimmen. Wichtig ist vielmehr, welcher Gruppe man sich aufgrund der eigenen Lebenszusammenhänge zugehörig sieht. Der Begriff Kriegsenkel wurde deshalb populär, weil er Zusammenhänge zwischen den Generationen verdeutlicht, die in Deutschland bis zur Jahrtausendwende noch nicht thematisiert wurden, und eine emotionale Vergangenheitsbewältigung ermöglicht.[5]
Der Begriff wurde von Vertretern der Jahrgänge zwischen ca. 1960 und 1975, die in anderen Zusammenhängen teilweise als Babyboomer, teilweise als Generation X gelten, wie eine Selbstbezeichnung verwendet.[7] Es treten zunehmend auch Menschen an die Öffentlichkeit, die sich als „Kriegsurenkel“ verstehen. Sie sind die Kinder der Kriegsenkel.[13]
Im Jahr 2010 wurde der Verein Kriegsenkel e. V. in Schnakenbek/Elbe (bei Hamburg) gegründet. Er tritt insbesondere durch eigene Veranstaltungen in Erscheinung sowie durch überwiegend online-basierte Vernetzung von allen am Thema Interessierten.
2012 fand ein psychohistorischer Kongress an der Universität Göttingen unter dem Titel Die Kinder der Kriegskinder und die späten Folgen des NS-Terrors statt.[14] 2018 stand die Veranstaltung unter dem Titel Gewalt und Trauma: Direkte und transgenerationale Folgen für Individuen, Bindungen und Gesellschaft – Kriegsenkel, Kinder aus neuen Kriegen, Betroffene familiärer und institutioneller Gewalt.[15]
Bettina Alberti: Seelische Trümmer: Geboren in den 50er und 60er-Jahren: Die Nachkriegsgeneration im Schatten des Kriegstraumas. Kösel, München 2010, ISBN 978-3-466-30866-8.
Udo Baer, Gabriele Frick-Baer: Wie Traumata in die nächste Generation wirken – Untersuchungen, Erfahrungen, therapeutische Hilfen. 4. Auflage, Affenkönig, Neukirchen-Vluyn 2014, ISBN 978-3-934933-33-0.
Udo Baer, Gabriele Frick-Baer:Kriegserbe in der Seele. Was Kindern und Enkeln der Kriegsgeneration wirklich hilft. Beltz, Weinheim 2015, ISBN 978-3-407-85740-8.
Gabriele Baring: Die geheimen Ängste der Deutschen. Wie der Zweite Weltkrieg bis heute emotional in den Deutschen nachwirkt. Scorpio, Berlin/München 2011, ISBN 978-3-942166-46-1.
Gabriele Baring: Das Drama der Kriegsenkel: Symptome, Muster und Traumen der dritten Generation. In: Vertreibung, Verständigung, Versöhnung. Hess, Bad Schussenried 2011, ISBN 978-3-87336-372-4.
Kathleen Battke: Trümmerkindheit. Erinnerungsarbeit und biographisches Schreiben für Kriegskinder und Kriegsenkel. Kösel, München 2013, ISBN 978-3-466-30989-4.
Stefanie Gregg: Die Stunde der Nebelkinder. Aufbau Verlag. Berlin, 2022. ISBN 978-3-7466-1487-8.
Heike Knoch, Winfried Kurth, Heinrich J. Reiß, Götz Egloff (Hrsg.): Die Kinder der Kriegskinder und die späten Folgen des NS-Terrors (= Jahrbuch für psychohistorische Forschung. Band 13). Mattes, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-86809-070-3.
Michael Schneider, Joachim Süss (Hrsg.): Nebelkinder – Kriegsenkel treten aus dem Traumaschatten der Geschichte. Europa Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-944305-91-2 (Anthologie).
Matthias Lohre: Das Erbe der Kriegsenkel. Was das Schweigen der Eltern mit uns macht. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh/München 2016, ISBN 978-3-579-08636-1.
Raymond Unger: Die Heimat der Wölfe – Ein Kriegsenkel auf den Spuren seiner Familie – Eine Familienchronik. Europa Verlag Berlin, 2016, ISBN 978-3-95890-014-1.
Birgit Elke Ising: Eingefroren in der Zeit – Bewältigung generationenübergreifender Kriegstraumata und Aufbruch in eigenes Lebensglück. Tredition Verlag, 2022, ISBN 978-3-347-52907-6.
Hartmut Radebold, Werner Bohleber, Jürgen Zinnecker (Hrsg.): Transgenerationale Weitergabe kriegsbelasteter Kindheiten. Interdisziplinäre Studien zur Nachhaltigkeit historischer Erfahrungen über vier Generationen. Juventa, Weinheim/ München 2008
Martin S. Bergmann, Milton E.Jucovy, Judith S. Kestenberg (Hrsg.): Kinder der Opfer – Kinder der Täter. Psychoanalyse und Holocaust. Frankfurt am Main, 1995
Ilany Kogan:Der stumme Schrei der Kinder. Die zweite Generation der Holocaust-Opfer (=Bibliothek der Psychoanalyse). 2. Auflage. Psychosozial-Verlag, Gießen 2009, ISBN 978-3-8379-2005-5 (englisch: The cry of mute children. Übersetzt von Max Looser).
Rasmus Rahn: Verdrängung, Verdruss, Verantwortung? Kriegsurenkel und der lange Schatten unserer Vergangenheit. In: Joachim Süss, Michael Schneider: Nebelkinder. Kriegsenkel treten aus dem Traumaschatten der Geschichte. Berlin u. a. 2015, S. 361–369.
Joachim Süss: Das hört nie auf. Traumata in den nächsten Generationen. Kronprinzenpalais zu Berlin, 10. Mai 2012, DVD, hrsg. von der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen und vom Frauenverband im BdV e.V., Berlin, 2012
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