Kraniofaziale Mikrosomie
angeborene Fehlbildung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kraniofaziale Mikrosomie ist eine seltene angeborene Fehlbildung überwiegend am Kopf (kranio- von altgriechisch κρανίον kranion, deutsch ‚Schädel‘) und Gesicht (fazial von lateinisch facies ‚Gesicht‘) mit umschriebener Wachstumshemmung (Mikrosomie). Nach der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte handelt es sich um die zweithäufigste Erkrankung an Kopf und Gesicht. Die Ausprägung ist sehr variabel von Veränderungen an Ober-, Unterkiefer, an den Ohren, den Gesichtsweichteilen, den Augen, Gesichtsnerven, im Bereich des ersten und zweiten Kiemenbogens sowie möglicher Fehlbildungen außerhalb der Gesichts-/Kopfregion.[1][2]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q87.0 | Angeborene Fehlbildungssyndrome mit vorwiegender Beteiligung des Gesichtes |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Synonyme sind: englisch Hemifacial Microsomia; Hfm; Oculoauriculovertebral Spectrum; Oavs; Goldenhar Syndrome; Oculoauriculovertebral Dysplasia; Oav Dysplasia; Facioauriculovertebral Sequence; Fav Sequence
Die Bezeichnungen „Kraniofazial“ und „Hemifazial“ werden oft synonym gebraucht, obwohl Kraniofazial ein Überbegriff ist und Hemifazial auf die Halbseitigkeit der Veränderungen abzielt.[3][4]
Die Erstbeschreibung stammt wohl aus dem Jahre 1861 durch E. Canton[5], gefolgt von einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1881 durch Carl Ferdinand Von Arlt[6]. Die Bezeichnung Hemifacial Microsomia wurde im Jahre 1964 von J. Pindborg and ‚R. Corlin vorgeschlagen.[7]
Verbreitung
Die Häufigkeit wird mit 1 auf 3000 bis 26550 Neugeborene angegeben, das männliche Geschlecht ist 50 % häufiger als das weibliche betroffen.[2][1] In 1 bis 2 Prozent lässt sich ein Autosomal-dominanter Erbgang nachweisen, noch seltener kommt ein autosomal-rezessives Vererbungsmuster vor.[2]
Die medizinische Datenbank Orphanet nennt unter dem Stichwort „Kraniofaziale Mikrosomie“ folgende Erkrankungen
- X-chromosomale mandibulofaziale Dysostose, Synonyme: Dysostose, mandibulofaziale, Typ Toriello; Kiemenbogen-Syndrom, X-chromosomales; X-chromosomale mandibulofaziale Dysostose mit Extremitätenanomalien[8]
- Goldenhar-Syndrom
- Hemifaziale Mikrosomie
und fasst die Hemifaziale Mikrosomie jetzt mit dem Goldenhar-Syndrom und dem Moeschler-Clarren-Syndrom (Okulo-aurikulo-vertebrales Spektrum mit radialen Defekten) zum Okulo-aurikulo-vertebralem Spektrum zusammen.
Ursache
Die Ursache ist nicht geklärt, an genetischen Veränderungen wurden Mutationen im SF3B2-Gen auf Chromosom 11 Genort q13.1 gefunden.[9] Diskutiert werden vorgeburtliche Expositionen, Gefäßanomalien, Störungen in der Entwicklung des Meckelschen Knorpels sowie der kranialen Neuralleiste.[1]
Einteilung
Derzeit am gebräuchlichsten ist die OMENS-Klassifikation, die außer Unterkiefer und Kiefergelenken auch weitere Wachstumsstörungen im Gesichtsbereich berücksichtigt und neben radiologischen auch klinische Befunde mit einbezieht.[1][10]
Das Akronym OMENS steht für Orbita, Mandibula, Ears, Nervus facialis und Soft tissues.[11]
Klinische Erscheinungen
Bei etwa zwei Drittel der Betroffenen weisen beide Gesichtsseiten Auffälligkeiten auf, meist in unterschiedlicher Weise.[2][1] Hauptkriterien, die nicht alle vorliegen müssen, sind:
- Hypoplasie des Unterkiefers
- Mikrotie
- Hypoplasie der Orbita und/oder des Gesichtsschädels
- Asymmetrische Gesichtsbewegung
Nebenkriterien sind:
- Mangel an Weichteilen im Gesichtes
- Ohranhängsel
- Makrostomie
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
- Epibuläres Dermoid
- Wirbelkörperanomalien
Diagnose
Die Diagnose ergibt sich aus den klinischen Befunden und den Ergebnissen der medizinischen Bildgebung einschließlich Orthopantomographie und Digitaler Volumentomographie.[1]
Literatur
- R: W. Renkema und die ERN CRANIO Working Group on Craniofacial Microsomia: European Guideline Craniofacial Microsomia . In: The Journal of Craniofacial Surgery, Band 31, Number 8S, November/December 2020, Europäische Richtlinie
- C. B. Birgfeld, C. Heike: Craniofacial microsomia. In: Seminars in plastic surgery. Band 26, Nummer 2, Mai 2012, S. 91–104, doi:10.1055/s-0032-1320067, PMID 23633936, PMC 3424699 (freier Volltext).
Einzelnachweise
Weblinks
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