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Franz. Nationalversammlung vom 9. 7. 1789 bis zum 2. 9. 1791 für eine neue Verfassung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Konstituante, französisch Assemblée nationale constituante (Verfassunggebende Nationalversammlung), wird jene französische Nationalversammlung bezeichnet, die vom 9. Juli 1789 bis zum 2. September 1791 mit dem Ziel tagte, Frankreich eine erste Verfassung zu geben. Im Zuge einer vorläufigen Konsolidierungsphase der Französischen Revolution führte die Konstituante tiefgreifende Reformen durch und legte schließlich die sogenannte Verfassung von 1791 vor, mit der Frankreich in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt wurde. Der Konstituante folgte die Gesetzgebende Nationalversammlung (frz. Assemblée nationale législative), der keine Mitglieder der Konstituanten angehören durften.
In den Jahrzehnten vor Ausbruch der Revolution hatte sich die Finanzkrise des absolutistischen Frankreich immer weiter verschärft. Zur Abwendung des Staatsbankrotts ließ der französische König Ludwig XVI. zum 5. Mai 1789 die Generalstände einberufen. In der Debatte, ob nach Ständen oder nach Köpfen abgestimmt werden sollte, kam es zum Bruch zwischen den Vertretern des Dritten Standes und denen des Adels und des Klerus; innerhalb der Vertreter der ersten beiden Stände gab es allerdings ebenfalls Konflikte und unterschiedliche Auffassungen. Anderthalb Monate nach dem Zusammentreten der Generalstände begann die politische Revolution, als sich die Abgeordneten des Dritten Standes – zusammen mit mehreren Vertretern der ersten beiden Stände – auf Vorschlag des Abbé Sieyès am 17. Juni 1789 zur alleinigen Interessensvertretung des Volkes, also zur Nationalversammlung (frz. Assemblée nationale) erklärten. Drei Tage später folgte der berühmte Ballhausschwur, mit dem die Abgeordneten sich verpflichteten, nicht eher auseinanderzugehen, als bis sie Frankreich eine Verfassung gegeben hätten. Am 23. Juni schließlich widersetzte sich der Dritte Stand unter Führung des Comte de Mirabeau dem Befehl Ludwigs XVI., wieder nach Ständen und nicht gemeinsam zu tagen. Damit hatte die absolute Monarchie in Frankreich aufgehört zu existieren. Am 7. Juli wurde ein Ausschuss mit dem Auftrag gebildet, eine Verfassung zu entwerfen. Am 9. Juli 1789 schließlich bezeichnete sich die Nationalversammlung als „Verfassunggebende Versammlung“.
Die insgesamt 1.315 Deputierten setzten sich wie folgt zusammen: 25 % von ihnen waren Angehörige des Klerus, 18 % gehörten zum Militär (in erster Linie Adelige), 40 % waren Juristen oder Träger von öffentlichen Ämtern, 7 % der Deputierten waren Unternehmer; unterrepräsentiert waren die Deputierten vom Land; das einfache Volk der Städte fehlte gänzlich.[1]
Getagt wurde zunächst in Versailles, wo die Generalstände im Mai 1789 zusammengetreten waren. Als Ludwig XVI. sich im Zuge des zweiten Pariser Volksaufstandes am 6. Oktober 1789 unter dem Druck der Massen zu einer Übersiedlung nach Paris bereiterklärte, folgten ihm die Deputierten dorthin. Sie richteten sich zunächst im Palast des Pariser Erzbischofs ein und tagten ab November 1789 in der schmalen und nur schlecht beleuchteten und belüfteten „Salle du Manège“ in direkter Nähe zur Residenz des Königs, dem Palais des Tuileries.
Parteien im modernen Sinne gab es nicht. Am 28. August 1789 hatten sich die Abgeordneten in zwei getrennt sitzende Gruppen gespalten. Diese Sitzordnung orientierte sich am britischen Unterhaus, wo die Regierungspartei zur Rechten des Sprechers saß und die Opposition links von ihm. Dementsprechend ließen sich die Befürworter eines absoluten Vetorechts für den französischen König, die sogenannten „Aristokraten“ (frz. aristocrates) zur Rechten des Präsidenten nieder, während sich die eifrigsten Anhänger der Revolution und Befürworter einer vom Volkswillen begrenzten Monarchie, die sogenannten „Patrioten“ (frz. patriotes), links von ihm gruppierten. Die „Patrioten“ schieden sich schon bald in die „Moderaten“ (frz. modérés), die sich für eine konstitutionelle Monarchie mit Zweikammerparlament nach englischem Vorbild aussprachen und die „Fortschrittlichen“ (frz. avancés) oder „Konstitutionellen“ (frz. constitutionnels), die für nur eine Kammer plädierten. Dies gilt als die Etablierung des Links-Rechts-Spektrums, nach dem seither viele Sitzordnungen von Parlamenten strukturiert sind.
Die wichtigsten Redner waren Jacques Antoine Marie de Cazalès und der Abbé Jean-Siffrein Maury für die rechte Seite, Stanislas de Clermont-Tonnerre, Pierre-Victor Malouet und Jean-Joseph Mounier rechts der Mitte, Jean-Sylvain Bailly, Marie-Joseph Motier, Marquis de La Fayette, Gabriel de Riqueti, comte de Mirabeau und Emmanuel Joseph Sieyès für die Mitte, das sogenannte „Triumvirat“ Antoine Barnave, Adrien Duport und Charles de Lameth links der Mitte, sowie François-Nicolas-Léonard Buzot, Jérôme Pétion de Villeneuve und Maximilien de Robespierre am äußersten linken Rand, zu jenem Zeitpunkt aber noch relativ unbekannt und ohne großen Einfluss.
Vom Herbst 1789 bis zum Herbst 1791 führte die Konstituante eine lange Reihe von Reformprojekten durch, die zu tiefgreifenden sozialen, wirtschaftlichen und strukturellen Umwälzungen führten.
In der Nacht vom 4. auf den 5. August 1789 wurde während einer Diskussion über Möglichkeiten zur Niederschlagung der Bauernaufstände (frz. Grande Peur) auf Vorschlag des Vicomte de Noailles die Abschaffung der grundherrlichen Rechte (grundherrliche Gerichtsbarkeit, Jagdrecht, Bannrecht) beschlossen. In der von revolutionärer Begeisterung getragenen Sitzung wurden darüber hinaus die Ämterkäuflichkeit, der Kirchenzehnte, die Zünfte und Innungen sowie die Privilegien von Provinzen und Einzelpersonen abgeschafft. Auch wenn das spätere Dekret vom 11. August die Beschlüsse des 4. August relativierte, so war dies der endgültige Bruch mit dem Ancien Régime.
Als erstes Ergebnis der Beratungen über die spätere Verfassung beschlossen die Deputierten als deren Präambel die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die am 26. August 1789 veröffentlicht wurde. Der nach dem Vorbild der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von La Fayette eingebrachte Text garantierte das Recht aller Menschen auf persönliche Freiheit, Schutz des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz. Einige Fragen blieben hierbei allerdings unberücksichtigt. So wurde etwa die für die Antilleninsel Saint-Domingue (heute Haiti) aufgrund der dort seit Beginn der Revolution auftretenden Unruhen brennende Frage einer Abschaffung der Sklaverei im Rahmen der Debatte um die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte nicht diskutiert. In diesem Punkt setzten sich zunächst wirtschaftliche Interessen durch; die Sklaverei wurde erst am 28. September 1791 abgeschafft.
Da der Staatsbankrott feststand und auch zwei neue, von Necker initiierte Staatsanleihen nicht den gewünschten Erfolg brachten, bestand auf dem Gebiet der Finanzen dringender Handlungsbedarf. Einer Idee Talleyrands folgend, entschieden sich die Abgeordneten der Nationalversammlung am 2. November 1789 zu einer vollständigen Enteignung der Kirchengüter. Da der Verkauf dieser riesigen Ländereien erst im Verlauf mehrerer Jahre abgewickelt werden konnte und der Staat dringend Geld benötigte, wurden per Dekret vom 19./21. Dezember 1789 sogenannte Assignaten als Staatsschuldscheine ausgegeben. Ihr Wert war durch den zu erwartenden Verkaufserlös der fortan als „Nationalgüter“ (frz. biens nationaux) betitelten Grundstücke der Kirche gedeckt. Die Ausgabe der Assignaten führte Frankreich jedoch nicht dauerhaft aus der Finanzkrise. Je weiter das Staatsdefizit anwuchs, umso mehr Assignaten wurden ausgegeben. Spätestens seit Beginn des Jahres 1791 schwand das Vertrauen in das neue Zahlungsmittel in dem Maße, wie immer neue Emissionen den Wertverfall des Papiergeldes anheizten. Die durch die Streichung eines Großteils der bisher erhobenen indirekten Steuern und die Erhebung neuer Steuern (Grundsteuer auf Boden und Gebäude, Steuern auf Personen und beweglichen Besitz sowie Abgaben auf Gewerbe- und Handelserträge) herbeigeführte Neuordnung des Steuerwesens stellte kurzfristig keine Lösung dar, da ein Beamtenapparat zur Einziehung dieser Steuern fehlte und den Staatsausgaben damit keine ausreichenden Einnahmen gegenüberstanden.
Da die verschieden großen und mit unterschiedlichen Privilegien ausgestatteten französischen Provinzen des Ancien Régime als unvereinbar mit der Gleichheit aller Bürger angesehen wurden, beschlossen die Deputierten am 11. November 1789 eine Neuaufteilung des französischen Staatsgebietes. Nach einer dreimonatigen Planungsphase verabschiedete die Konstituante am 26. Februar 1790 die Schaffung von 83 ungefähr gleich großen Verwaltungseinheiten, den sogenannten „Départements“. Diese waren nach Distrikten, Kantonen und Gemeinden gegliedert und wurden von gewählten, permanent tagenden Direktorien geleitet.
Am 13. Februar 1790 löste die Verfassunggebende Versammlung die religiösen Orden mit Ausnahme der in der Krankenpflege und im Schulwesen tätigen Gemeinschaften auf. Anschließend befasste sich ein in der Mehrheit mit Laien besetzter Kirchenausschuss mit der Neuordnung der Weltgeistlichkeit. Als Ergebnis dieser Beratungen wurde am 12. Juli 1790 die Zivilverfassung des Klerus (frz. Constitution civile du clergé) beschlossen, die die Geistlichen zu vom Volk gewählten und vom Staat besoldeten Beamten machte. Die Zahl der Diözesen wurde – gemäß der Zahl der Départements – von 135 auf 83 verringert und die Pfarreien neu eingeteilt. Da der Staat nach der Enteignung der Kirche die Kosten für den Unterhalt des Klerus übernahm, legten die Deputierten fest, dass alle Priester den Eid auf die neue Verfassung zu leisten hatten. Dies führte zu einer tiefen Kirchenspaltung, da zahlreiche Geistliche – einem Spruch Papst Pius VI. folgend – den Schwur auf die Verfassung verweigerten und sich einer Räumung ihrer Pfarrstelle widersetzten oder den Weg ins Exil wählten.
Die am 3. September 1791 angenommene Verfassung beinhaltete die Prinzipien der Gewaltenteilung: Der König bildete zusammen mit den Ministern und der Verwaltung die Exekutive, als Legislative fungierte die Nationalversammlung. Die Judikative war unterteilt in das Hochgericht für Anklagen gegen Staatsfunktionäre, das Berufungsgericht als oberstes Gericht sowie diverse Gerichte auf niedriger Ebene, deren Richter ebenso wie die Beamten und die Abgeordneten der Nationalversammlung von den Aktivbürgern gewählt wurden. Aktivbürger waren alle Männer über 25 Jahre mit einem gewissen Steueraufkommen, alle anderen waren von der Stimmabgabe ausgeschlossen (Zensuswahlrecht).
1789
1790 („Das glückliche Jahr der Revolution“[25] bzw. deren „ereignisärmstes Jahr“[26])
1791
Hilfsmittel
Quellen Zentrale Quelle sind die Sitzungsprotokolle der Nationalversammlung aus den Jahren 1789 bis 1791, die im Druck und als Digitalisat vorliegen:
Allgemeine Darstellungen
Untersuchungen zu Einzelaspekten
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