Klosneuvirinae

Unterfamilie der Familie Mimiviridae Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Klosneuvirinae

Klosneuvirinae ist eine im April 2023 vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) offiziell bestätigte Unterfamilie von Riesenviren in der Familie Mimiviridae.[2][3]

Schnelle Fakten Systematik, Taxonomische Merkmale ...
Klosneuvirinae

BsV-Partikel mit einem blütenartig
geöffnetem „Stargate

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Varidnaviria[1]
Reich: Bamfordvirae[1]
Phylum: Nucleocytoviricota[1]
Klasse: Megaviricetes[1]
Ordnung: Imitervirales[1]
Familie: Mimiviridae
Unterfamilie: Klosneuvirinae[2]
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear nicht-segmentiert
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch
Hülle: mehrschichtig
Wissenschaftlicher Name
Klosneuvirinae
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Systematik

Zusammenfassung
Kontext
Ultradünnschnitt von Fadolivirus-Partikeln im Inneren ihres Wirts Vermamoeba vermiformis, 36 h nach der Infektion.[4]

Das ICTV hat mit der offiziellen Einführung der höheren taxonomischen Ränge mit der Master Species List (MSL) #35 im März 2020 für Viren als obersten Rang Realm anstelle von Domäne festgelegt.[A. 1] Das Phylum Nucleocytoviricota und mit ihm die Familie Mimiviridae wurden dem Realm Varidnaviria zugewiesen.[1]

Im April 2023 hat das ICTV die Unterfamilie Klosneuvirinae offiziell bestätigt, zusammen mit den drei Gattungen Theiavirus (mit Bodo-saltans-Virus), Fadolivirus[4] und Yasminevirus[5][6][7] (aus Isolaten unter Zuhilfenahme von Wirtszellkulturen).[8]

Zusammen mit der vorgeschlagenen Gattung „Klosneuvirus“ wurden drei weitere Kandidatengattungen ebenfalls in Klosterneuburg per Metagenomik entdeckt: „Indivirus“, „Catovirus“ und „Hokovirus“.[9]

Weitere vorgeschlagene Gattungen sind „Barrevirus“, „Dasosvirus“, „Edafosvirus“, „Gaeavirus“, „Harvfovirus“, „Homavirus“, „Hyperionvirus“ und „Terrestrivirus“,[10] alle bisher – Stand April 2019 – nur aus Metagenomanalysen bekannt.[9]

Dazu kommen mit LCMiAC01 und LCMiAC02,[11] zwei Contigs aus einer Metagenomanalyse von Proben des Schwarzen Rauchers Lokis Schloss, englisch Loki’s Castle[A. 2]

Mit der Bestätigung der Klosneuvirinae als Unterfamilie folgte das ICTV Vorschlägen von Schulz et al. (2017),[9] Rolland et al. (2019)[8] und Aylward et al. (2021).[3]

Die hier wiedergegebene Systematik basiert auf der Master Species List (MSL) #38 des International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) vom 8. April 2023[2] und dem vorausgegangenen Vorschlag zur Reorganisation der Ordnung Imitervirales durch Aylward et al. (2021),[3] ergänzt um Vorschläge in doppelten Anführungszeichen nach der NCBI Taxonomie vom 1. Mai 2023 (die den ersten Fund beinhaltenden Gruppen sind fett wiedergegeben):[12]

  • Familie Mimiviridae (Mimiviriden)
    • Klade – ursprünglich als Unterfamilie „Aquavirinae“ („Aquaviren“) vorgeschlagen[13][14] (nicht realisiert)
      • Unterfamilie Aliimimivirinae (Mimiviridae Gruppe II, Cafeteriaviren)[15]
        • Gattung Rheavirus (früher Cafeteriavirus)
          • Spezies Rheavirus sinusmexicani (Cafeteria-roenbergensis-Virus)
        • Klade (Gattung?) „Namaovirus[16] („Sturgeon Nucleocytoplasmic Large DNA Virus“, sNCLDV),[17][18][19][20]
      • Unterfamilie Klosneuvirinae (Klosneuviren, engl. Klosneuviruses)[9]
        • Gattung Fadolivirus, Wirt: Vermamoeba vermiformis[21][4][22]
          • Spezies Fadolivirus algeromassiliense[23][4]
            mit Fadolivirus FV1/VV64
          • Spezies „Fadolivirus FV2[24]
            mit Fadolivirus FV2/VV64, Wirt: Vermamoeba vermiformis
          • Spezies „Fadolivirus sp. IHUMI-VV54“[25][22]
            mit Fadolivirus strain IHUMI-VV54 (mit Schreibvariante IHUMIVV-54)
        • Gattung Theiavirus
          • Spezies Theiavirus salishense (Bodo-saltans-Virus, BsV)
            mit Bodo saltans virus strain NG1
        • Gattung Yasminevirus
          • Spezies Yasminevirus saudimassiliense (inkl. Yasminevirus sp. GU-2018)
            mit Yasminevirus GU-2018
        • Gattung „Catovirus“ (CatV)
          • Spezies „Catovirus CTV1
          • Spezies „Catovirus naegleriensis“ (alias „Catovirus sp. 'naegleriensis'“) mit Naegleriavirus (NiV)[26]
        • Gattung „Hokovirus“ (HokV)
          • Spezies „Hokovirus HKV1
        • Gattung „Indivirus“ (IndV)
          • Spezies „Indivirus ILV1
        • Gattung „Klosneuvirus“ (KloV oder KlosnV)[27]
          • Spezies „Klosneuvirus KNV1
        • Gattung „Edafosvirus
          • Spezies „Edafosvirus“ sp.
        • Gattung „Barrevirus[10][28][29]
          • Spezies „Barrevirus sp.“[30]
        • Gattung „Dasosvirus[10][28][29]
          • Spezies „Dasosvirus sp.“[31]
        • Gattung „Edafosvirus[10][28][29]
          • Spezies „Edafosvirus sp.“[32]
        • Gattung „Gaeavirus[10][28][29]
          • Spezies „Gaeavirus sp.“[33]
        • Gattung „Harvfovirus[10][28][29]
          • Spezies „Harvfovirus sp.“[34]
        • Gattung „Homavirus[10][28][29]
          • Spezies „Homavirus sp.“[35]
        • Gattung „Hyperionvirus[10][28][29]
          • Spezies „Hyperionvirus sp.“[36]
        • Gattung „Terrestrivirus[10][28][29]
          • Spezies „Terrestrivirus sp.“[37]
        • ohne Gattungszuweisung
          • Spezies „Mimiviridae LCMiAC01“ (korrigiert aus „Mimivirus LCMiAC01“)[11][38][A. 3]
          • Spezies „Mimiviridae LCMiAC02“ (korrigiert aus „Mimivirus LCMiAC02“)[11][39][A. 3]
    • Klade Mimiviridae Gruppe I, Mimiviren s. l., früher auch „Mimivirinae“ genannt[28]

Anm.:

  • Bei den Spezies (bzw. Stämmen) der drei Gattungen Mimivirus, Moumouvirus und Megavirus kann zur Unterscheidung dem abgekürzten Gattungsnamen der tiefergestellte Buchstabe der jeweiligen Linie (A, B bzw. C) beigefügt werden: MA. für Mimivirus, MB für Moumouvirus und MC für Megavirus.[43]
  • T – bei Namensgleichheit mit der Spezies deutet ein hochgestelltes ‚T‘ einen Typus- oder Referenzstamm an.

Die Phylogenie der Klosneuviren wurde ausgehend von den ursprünglichen vier Viren aus Klosterneuburg (von Schulz et al. 2017) unter hinzunahm neuer Vorschläge immer weiter ausgebaut. Die bei Aylward et al. (2021) angegebene Phylogenie[3] ist verträglich mit früheren, wie die von Disa Bäckström et al. (2019), Fig. 3,[44] und von Schulz et al. (2018).[10]

Die folgende Phylogenie der Klosneuvirinae ist ein Konsens dieser drei Quellen (vereinfacht, in neuer Terminologie):

  
Mimiviridae 
 
  
 Klosneuvirinae (Klosneuviren) 

Hokovirus


  

Gaeavirus


  
  

Homavirus


  

Mimiviridae LCMiAC01


   

Mimiviridae LCMiAC02



  
  

Indivirus


   

Barrevirus



  

Klosneuvirus


   

Fadolivirus




Vorlage:Klade/Wartung/3

  
  

Dasosvirus


   

Yasminevirus


   

Theiavirus (mit Bodo-saltans-Virus)


Vorlage:Klade/Wartung/3

  

Edafovirus


  

Catovirus


  

Terrestrivirus


  

Harvfovirus


   

Hyperionvirus










   

Aliimimivirinae (Mimiviridae Gruppe II, Cafeteriaviren)



 Mimiviridae Gruppe I * 

Megamimivirinae (Cotonvirus, Mimivirus, Megavirus, Moumouvirus, Tupanvirus, „Platanovirus“,…)


   

GVMAG-S-1014582-52




Vorlage:Klade/Wartung/Style

* 
Laut ICTV ist die Gattung Mimivirus keiner Unterfamilie zugeordnet.[2] Im phylogenetischen Baum vom Vorschlag Aylward et al. (2021) ist sie aber als Schwestergattung der Megamimivirinae-Gattung Cotonvirus dargestellt und andere Gattungen wie Tupanvirus stehen in dieser Unterfamilie basaler.[3]
 
Klade ursprünglich vorgeschlagen als Unterfamilie „Aquavirinae“ („Aquaviren“, nicht realisiert)[13][14]

Während die Zugehörigkeit dieser ganzen Gruppe der Klosneuviren zur Familie der Mimiviridae unbestritten ist, wird die genaue Topologie der Verwandtschaftsbeziehungen und Nomenklatur innerhalb dieser Familie, und zu möglichen Erweiterungen (d. h. innerhalb der vom ICTV im März 2020 geschaffenen Ordnung Imitervirales) derzeit (April 2020) noch diskutiert:

Manche Autoren (wie das CNRS) sahen eine enge Verwandtschaft der Klosneuviren mit den Cafeteriaviren (Aliimimivirinae) und „Namao-Virus“ und schlugen daher vor, die gemeinsame Klade als eine Unterfamilie „Aquavirinae“ (Aquaaviren) anzusehen.[13][14]

Abweichende äußere Phylogenien (und Taxonomien) der Klosneuviren wurden vorgeschlagen beispielsweise von Lucie Gallot-Lavallée et al. (2017)[45] und Deeg et al. (2018),[28] aber Aylward et al. (2021) verworfen.[3][46]

In der von Clara Rolland et al. (2019) angegebenen inneren Phylogenie stand Hokovirus nicht basal, sondern näher an dem (im obigen Kladogramm) oben gelegenen Zweig mit „Klosneuvirus“, Fadolivirus, „Indivirus“ etc.[8]

„Klosneuvirus“

Zusammenfassung
Kontext

Der erste und namensgebende Vertreter dieser Unterfamilie, vorgeschlagen als Spezies (Art) „Klosneuvirus KNV1“ wurde im Metagenom einer Kläranlage in der österreichischen Stadt Klosterneuburg nahe Wien entdeckt. Mit 1,54 bis 1,57 Millionen Basenpaaren besitzt KNV1 ein ungewöhnlich großes Genom, fast dreimal so lang wie beim Bakterium Mycoplasma genitalium. Wie aus Zellen aufgebaute Organismen besitzt es Aminoacyl-tRNA-Synthetasen für alle 20 Aminosäuren.[9][47]

Die vorgeschlagene Gattung „Klosneuvirus“ (KloV oder KlosnV) ist nicht zu verwechseln mit der vom ICTV bestätigten Gattung Klosterneuburgvirus aus der Familie Salasmaviridae der Caudoviricetes.

Die Entdeckung von „Klosneuvirus“ zeigte sich als nicht vereinbar mit der Hypothese eines vierten Reichs der Biologie (bzw. Domäne). Nach dieser Ansicht gebe es neben den Bakterien, Archaeen und Eukaryoten einst eine vierte, inzwischen verschwundene Domäne, deren Nachfahren seien die heutigen Riesenviren seien. Aus der Analyse des Genoms von KNV1 ergab sich stattdessen, dass Riesenviren sich aus kleineren Viren unter Aneignung von eukaryotischem Genmaterial entwickelten.[9][44][48]

Genom

Die namensgebende Spezies „Klosneuvirus KNV1“ hat eine Genomlänge von 1.573.084 bp und kodiert nach Vorhersage 1545 Proteine; der GC-Gehalt liegt bei 29 %.[44][49]

Anmerkungen

  1. Dabei wird angenommen, dass die Viren verschiedener Realm unterschiedliche Ursprünge haben, während für die Domänen zellulärer Organismen ein gemeinsamer Ursprung (Urvorfahr) angenommen wird.
  2. Lokis Schloss ist Namensgeber der Archaeengruppe Lokiarchaeota.
  3. Zuordnung erfolgt nach Bäckström et al. (2019) und nicht nach der NCBI-Taxonomie, wegen deren früheren Tendenz Mimiviridae grundsätzlich der Gattung Mimivirus zuzuordnen.

Einzelnachweise

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