KZ Gusen I
nationalsozialistisches Konzentrationslager im Lagerkomplex Mauthausen/Gusen (1940-1945) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
nationalsozialistisches Konzentrationslager im Lagerkomplex Mauthausen/Gusen (1940-1945) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Konzentrationslager Gusen I in der Ortschaft Gusen, Gemeinde Langenstein, im Bundesland Oberösterreich östlich von Linz ist das zweitälteste Konzentrationslager (nach Mauthausen) der Nationalsozialisten im gesamten Lagerkomplex Gusen/Mauthausen.
Die Konzentrationslager Gusen I, Gusen II und Gusen III wiesen zusammen eine höhere Opferzahl als das Stammlager KZ Mauthausen auf und waren, was die Häftlingsbelegung betraf, zeitweise doppelt so stark mit KZ-Häftlingen belegt wie das „Stammlager“ selbst.
Der Befehl für die Errichtung des Konzentrationslagers Gusen I (ursprünglich auch „Mauthausen II“ genannt) wurde durch das Hauptamt Haushalt und Bauten am 22. Dezember 1939 zur „Verstärkung des Konzentrationslagers Mauthausen“ erteilt. Ein Teil dieses „Neuen Lagers“ in Gusen wurde auf den bereits seit 25. Mai 1938 im Besitz der DEST stehenden Grundstücken nahe der Steinbrüche „Gusen“ und „Kastenhofen“ durch das Kommando „Barackenbau“ errichtet, welches täglich von Mauthausen-Wienergraben nach Gusen marschierte. Schon in den Jahren zuvor marschierten Häftlinge des KL Mauthausen aus dem Wienergraben täglich nach Gusen, um in den dortigen Steinbrüchen der DEST zu arbeiten und weitere Steinbrüche aufzuschließen.
Der Aufbau dieses neuen Schutzhaftlagers (auch „Polenlager“ genannt) erfolgte sukzessive ab dem Jahresbeginn 1940, um tausende polnische Intellektuelle im Zusammenhang mit dem Überfall auf Polen der deutschen Wehrmacht in Gusen nach dem Grundsatz „Vernichtung durch Arbeit“ zu töten. Erste Häftlinge übernachteten ab dem 25. Mai 1940 in diesem ebenfalls vorerst provisorisch errichten Lager des bipolar angelegten KZ-Doppellagers Mauthausen/Gusen, welches auch „K.L. Mauthausen/Unterkunft Gusen“, „KLM/Gusen“, „KL Gusen“ oder ab 1944 auch „KL Gusen I“ genannt wurde, als zwei weitere Konzentrationslager im unmittelbaren Umfeld eingerichtet wurden. Die „Unterkunft Gusen“ war bis 1944 in weiten Bereichen verwaltungsmäßig vom KL Mauthausen getrennt. So wurden im KL Gusen eigene Häftlingsnummern vergeben und auch ein eigenes Totenbuch geführt. Auch die postalische wie auch die eisenbahntechnische Anbindung des Lagers erfolgten über den nahe liegenden Marktort St. Georgen an der Gusen.
Um „Vernichtung durch Arbeit“ sicherstellen zu können, setzte die SS in der Stammbelegschaft des KL Gusen I hauptsächlich „Berufsverbrecher“ aus deutschen Gefängnissen ein. Erste Transporte mit zu tötenden Polen trafen im Mai und Juni 1940 aus den Konzentrationslagern Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald ein. Die schwere Arbeit in den beiden Steinbrüchen, die primitiven Verhältnisse in den Lager-Provisorien und die Brutalität der deutschen Berufsverbrecher in der Häftlingshierarchie machten dieses „neue KL“ in Gusen rasch zu einem Konzentrationslager der Kategorie III für Häftlinge mit dem Gestapo-Vermerk „Rückkehr unerwünscht“.
Nach der Ermordung tausender Polen wurden 1941 als nächste große Häftlingsgruppe republikanische Spanier zur Vernichtung durch Arbeit in das KL Gusen eingewiesen. Ab Jahresende 1941 folgten dann tausende sowjetische Kriegsgefangene, welche im Jahre 1942 in wenigen Monaten in einem eigenen, innerhalb des KL Gusen eingerichteten „Kriegsgefangenenarbeitslager der Waffen-SS“ durch Schwerarbeit, Brutalität und Hunger radikal dezimiert wurden. Ab 1943 wurden verstärkt auch Häftlinge der Kategorie „Nacht und Nebel“ aus westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Belgien oder Luxemburg zur Vernichtung in das KL Gusen eingewiesen. Ab 1944 folgten auch noch große Gruppen von Italienern und Juden aus Ungarn, welche aber bereits großteils in das damals neu eingerichtete KL Gusen II eingeliefert wurden.
Das Lager war weitgehend eigenständig gegenüber dem KL Mauthausen. Dies zeigte sich in einem eigenständigen Häftlingsnummernsystem (Mehrfachvergabe der Häftlingsnummern) sowie einem eigenständigen Totenbuch.
Im Lager existierten strategische Programme des WVHA, zum einen ein Ausbildungszentrum für Häftlings-Steinmetze (darunter ca. 300 sowjetische Häftlinge im Alter zwischen 12 und 16 Jahren). Zum anderen wurden unterirdische Produktionsanlagen (Tarnbezeichnung „Kellerbau“) errichtet.
Des Weiteren gab es eine archäologische Sammlung mit Museum (1941–1944) sowie eine pathologische Abteilung mit Museum (1941–1945). In letzterer wurden medizinische Experimente für das Hygiene-Institut der Waffen-SS (Berlin) ebenso durchgeführt wie Präparate und Gebrauchsgegenstände aus menschlichen Organen hergestellt wurden.
Methoden der Massenvernichtung waren Totbadeaktionen (1941–1942), Vergasungen im Gaswagen (Sonderwagen), der zwischen KL Gusen und KL Mauthausen pendelte (1942), sowie Vergasungen in den Häftlingsblocks (1942, 1945). Des Weiteren gab es Transporte zur Vergasung nach Hartheim (1942, 1943, 1944).
Weitere Methoden zur Ermordung der Häftlinge waren Herzinjektionen (1940–1945), Ertränken in Kübeln, Fässern oder Fäkaliengruben sowie prinzipiell Seuchen und Epidemien (1941, 1942) und Hunger. Ebenso sollte bei Kriegsende ein Vernichtungsprogramm für alle Häftlinge stattfinden.
Im Lager existierten ein Lager-Chor und ein Häftlingsorchester.
Berichtet wird auch von homosexuellen Exzessen krimineller Funktionshäftlinge sowie von Lynchjustiz der Überlebenden nach der Befreiung.
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