deutscher Literatur-, Theater- und Kunstwissenschaftler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Joseph Kiermeier-Debre (geborener Kiermeier; * 22. September 1946 in Ergoldsbach) ist ein deutscher Literatur-, Theater- und Kunstwissenschaftler, Hochschullehrer, Museumsleiter, Kurator, Programmmacher und Autor. Kiermeier-Debre lebt in Unterthingau, ist verheiratet mit Monika Debre und hat eine Tochter.
Joseph Kiermeier-Debre legte das Abitur am Hans-Leinberger-Gymnasium in Landshut ab. Danach studierte er an den Universitäten München und Münster Germanistik, Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie. Nach der Magisterprüfung in München 1975 promovierte er bei Eckhard Heftrich 1978 in Münster über Jean Paul. Nach Tätigkeiten als Assistent in Fribourg (CH) und Gießen bei Peter Horst Neumann und Lehraufträgen in Bamberg folgte 1986 die Habilitation im Fach Neuere deutsche Literatur in Gießen über selbstbezügliches Theater von Harsdörffer bis Handke. Von 1986 an unterrichtete Kiermeier-Debre unterbrochen von Lehrstuhlvertretungen an der Universität Gießen und Freiburg im Breisgau und von einer Gastdozentur an der Universität der Künste in Berlin im Fach „Szenisches Schreiben“ (2006 / 2008) als außerplanmäßiger Professor am Institut für Neuere deutsche Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als Autor und Herausgeber hat er zur Literatur, im Spezifischen zur Poetik des Dramas und der Oper, zum Theater und zur Kunst vom Barock bis zur Gegenwart zahlreiche Veröffentlichungen und Aufsätze vorgelegt.
Neben den klassischen Forschungsschwerpunkten seiner akademischen Arbeiten begann Kiermeier-Debre theoretisch und praktisch das Thema Literaturvermittlung in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit zu stellen. Das Themenspektrum reicht von Text-Bild-Beziehungen (Alphabet / graphische Literatur) bis zur Literaturausstellung, vom (Vor-)Lesen bis zur textvermittelnden Funktion der Musik bei Lied und Oper (Libretto), vom dramaturgisch-theatralischen Zugriff bis zur lektorierenden Arbeit und kritischen Edition. Nicht zuletzt als Antwort auf die Kanondiskussion und die Rechtschreibreform ist ab 1997 beim Deutschen Taschenbuchverlag unter dem Reihentitel „Bibliothek der Erstausgaben“ ein Editionsprojekt entstanden, das sich in der Folge mit seinen editorischen Grundannahmen bestens bewährt hat.[1] Diese Klassikeredition, so die Akademie der Wissenschaften in Göttingen, schafft „komfortable und ansprechende Voraussetzungen dafür, im schulischen wie im akademischen Bereich mit authentischen Texten zu arbeiten“ (14. April 1997). Alle 80 Bände sind in originaler Orthographie und Interpunktion, alle sind von Kiermeier-Debre als alleinigem Herausgeber verantwortet und betextet (jeweils mit Anhang zur Textgestalt, mit Glossar, Zeittafel und Nachwort).[2][3]
Parallel zum Studium und zur wissenschaftlichen Arbeit war Kiermeier-Debre auch in praktisch literaturvermittelnder Arbeit an den Stadttheatern Landshut, Ingolstadt, den Kammerspielen München und bei verschiedenen freien Theatergruppen als Schauspieler, Regieassistent, Dramaturg und Regisseur tätig. Später erweiterte sich mit der kuratorischen Betreuung der Ausstellung des Lebenswerks des Schriftstellers Carl Amery im Foyer der Münchner „Stadtbibliothek Am Gasteig“[4][5] das Spektrum praktischer Literaturvermittlung zunehmend in Richtung Ausstellungs- und Museumswesen. Er kuratierte u. a. zusammen mit Fritz Franz Vogel in der Galerie am Leewasser in Brunnen (CH) und im Gelben Haus in Flims (CH) diverse Ausstellungen. Ab dem Jahr 2000 arbeitete Kiermeier-Debre hauptamtlich als Leiter des Antoniter-Museums und des Strigel-Museums in Memmingen. Hier organisierte und gestaltete er Ausstellungen zum Reformator Martin Bucer (2001), zu den Memminger Barockmalern Johann Heiß (2001) und Johann Friedrich Sichelbein (2003); er präsentierte unter dem Titel „FrauenLob“ die im ganzen Allgäu verstreuten Madonnen des spätgotischen Bildhauers Ivo Strigel (2002)[6] und übernahm Ausstellungen aus der Bayerischen Staatsbibliothek (Der Giftschrank/Remota 2002) und der Universitätsbibliothek Eichstätt (Kräuterbücher 2004). 2005/06 folgte zum Namenspatron des Museums, des Hl. Antonius Abbas, eine umfangreiche Schau zum Thema „Die Versuchung des Heiligen Antonius“ (2006).
2005 wurde auf Anregung von Kiermeier-Debre und nach seinen konzeptuellen Vorgaben die „MEWO Kunsthalle“ der Stadt Memmingen in der „Alten Post“ eingerichtet und mit einer Ausstellung eröffnet, die die Bestände des Hauses, die Gemälde und Grafiken von Josef Madlener, Max Unold, Johann Gottlieb Prestel, Maria Katharina Prestel und Wolfgang Niesner präsentierte.[7][8][9][10] Im Anschluss inszenierte Kiermeier-Debre zur Jahreswende 2006/2007 mit den populären Weihnachtsbildern von Josef Madlener in winterlichem Ambiente (verschneiter Winterwald mit Installationen in Tiefkühltruhen) eine vom Publikum mit großer Begeisterung aufgenommene Schau.[11] Die nächste Ausstellung kombinierte 2007 die Riesenformate des Pekinger Starfotografen Wang Qingsong[12] unter dem Titel „China: Past, Present & Future“ mit den Terrakotta-Skulpturen von Cai Guo-Qiang von der 48. Biennale in Venedig.[13][14] Unter dem Titel „ … auch ich in Arkadien“ versammelte die Jahresausstellung 2007 die Aktfotografien des mecklenburgischen Barons Wilhelm von Gloeden zur bisher umfassendsten Retrospektive seines Werkes.[15][16] Es folgten Ausstellungen mit Josef Madleners beliebten Schattenbildern[17] und zum 200. Todestag von Johann Gottlieb Prestel und seiner Frau Katharina Prestel präsentierte die Mewo-Kunsthalle im Jahre 2008 unter seinem Leiter die hauseigene größte Prestelsammlung von Nachstichen berühmter Kunstwerke.[18] Von Wolfgang Niesner zeigte die Kunsthalle in 2009 eine Schau mit über 1000 Porträtzeichnungen,[19] von Peter R. Müller skurrile Schrottplastiken[20] und ab November 2009 eine umfassende Ausstellung zu Körperlichkeit und Tod unter dem Titel „Everybody – Tanz mit dem Totentanz“.[21][22] Die Ausstellung „ORAT“ versammelte über 300 große Tarot-Bilder vor allem aus Russland und Kuba[23] und kombinierte sie mit Werken, die die Möglichkeiten des automatischen Zeichnens und Malens auszuloten versuchen. Zum Abschluss seiner Tätigkeit als Leiter und Kurator der Mewo-Kunsthalle gab es 2011 eine Schau zum Thema Alphabet und Buchstaben,[24][25] die eine bemerkenswerte Resonanz erfuhr. Als Co-Kurator wirkte an vielen Ausstellungen von Kiermeier-Debre der Schweizer Fotohistoriker und Bildwissenschaftler Fritz Franz Vogel mit.
1995 begann Kiermeier-Debre mit Lesungen und musikalisch-literarischen Programmabenden zunächst Ausstellungseröffnungen zu begleiten. Das Format verselbständigte sich und in weit über einhundert von ihm dramaturgisch konzipierten, betexteten und moderierten Salon-Abenden entstand ein weiteres interdisziplinäres Vermittlungsprojekt zwischen Literatur, Kunst und Musik. Im Zentrum steht immer ein Thema, ein Dichter und/oder ein Komponist oder ein Werk, das, begleitet von Sängern und Musikern vorgestellt wird (Eichendorff : Schumann / Schillers Frauen / Mozarts Frauen / Richard Strauss’ Frauen / Franz Liszt geht in die Oper / Chopin : George Sand / Klabund / Kirchenlied / Primadonnen / Louis Moreau Gottschalk / François Villon / Mignon : Suleika / Tiere dick und dünn / Des Knaben Wunderhorn / Die Versuchung des Hl. Antonius / Verdi versus Wagner / und eine ganze Opernreihe: gesungen, gelesen und erzählt etc.).[26][27]
Kiermeier-Debre erhielt zusammen mit Fritz Franz Vogel 1992 und 1995 Preise der Stiftung Buchkunst Frankfurt für vorbildliche Gestaltung und Layout im Wettbewerb der schönsten deutschen Bücher für die Titel
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