Johann Melchior Kambly
Schweizer Zieratenbildhauer, Bronzegießer und Kunsttischler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Johann Melchior Kambly, auch Kambli oder Camply (* 9. Januar[1] oder 16. Februar[2] 1718 in Zürich; † 12. April 1782[1] oder 1783[3] in Potsdam) war ein Schweizer Zierratenbildhauer, Bronzegießer und Kunsttischler.
Johann Melchior Kambly stammte aus einem alten ratsfähigen Zürcher Geschlecht und war der Sohn des Kunstschlossers und Uhrmachers Heinrich Kambly (1674–1727) aus dessen zweiter Ehe mit Anna (1683–1754), der Tochter des Obermeisters der Maurerzunft Hans Jakob Schärer aus Schaffhausen. Eine kunsthandwerkliche Ausbildung erhielt er in Schaffhausen bei seinem Onkel, dem Stuckateur und Bildhauer Johann Jakob Schärer (1676–1746), mit anschließender Weiterbildung bei dem Holzbildhauer Johann Konrad Speissegger und dem Goldschmied Johann Konrad Schalch (1742–1819). Nach der Lehrzeit verließ Kambly die Schweiz vermutlich 1744/45, um dem Ruf Friedrichs II. an den preußischen Hof zu folgen. Der Preußenkönig warb zur Verschönerung der Schlösser und Residenzstädte Berlin und Potsdam um Künstler und Kunsthandwerker, für die in der Regierungszeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. durch dessen pragmatisch ausgerichtete Architektur und Ausstattung kein Bedarf bestanden hatte. Da die Meisten neue Betätigung außerhalb Brandenburgs gesucht hatten, konnte Friedrich II. auf nur wenige heimische Werkstätten zurückgreifen.
Kamblys Tätigkeit in Potsdam ist erstmals über ein Schriftstück vom Mai 1745 belegt, in dem er acht Kapitelle für das Sommerschloss Sanssouci in Rechnung stellte. Unter den renommierten Kunsthandwerkern etablierte er sich in Potsdam innerhalb weniger Jahre. Dabei kam ihm nicht zuletzt die vielseitige Ausbildung zugute, die ihm die Arbeit mit verschiedenen Materialien und Techniken ermöglichte. So wurde er an der künstlerischen Ausgestaltung zahlreicher Gebäude beteiligt. Nach sechsjährigem Aufenthalt in Preußen bat er beim König um Erlaubnis, eine in hiesigen Landen noch nicht befindliche Fabrik von Bronze dorée [vergoldete Bronze] Arbeit daselbst anzulegen,[4] die ihm am 16. Februar 1752 genehmigt wurde. Obwohl Kambly bis zu seinem Tod in Preußen blieb und ausschließlich im Potsdamer Raum tätig war, ließ er 1750 in der Schweiz die Mitgliedschaft in der väterlichen Schmiedezunft erneuern und ebenso 1772 für sich und seine Söhne das Zürcher Bürgerrecht. Nach seinem Tod 1783 übernahm der 1750 in Potsdam geborene Sohn Heinrich Friedrich die Werkstatt des Vaters. 1995 ehrte ihn die brandenburgische Landeshauptstadt im Wohngebiet Kirchsteigfeld mit der Kamblystraße.
Johann Melchior Kambly heiratete 1744 in Berlin Elisabeth Brisko (1723–nach 1785) aus Groß Schönebeck, Tochter des Guts- und Schäfereipächters auf der Schorfheide Peter Brisko. Von seinen dreizehn Kindern[1] traten zwei Söhne in die Fußstapfen des Vaters. Neben seinem Nachfolger in Potsdam, Heinrich Friedrich (1750–1801), erlernte auch der ältere, 1745 geborene Melchior einen künstlerischen Beruf und wirkte als Bildhauer in Zürich, wo auch Kamblys Bruder Sixtus (1706–1768) als Kunstschmied arbeitete. Seine Schwiegersöhne waren der Architekt Christian Valentin Schultze (1748–1831) und der Bildhauer Constantin Philipp Georg Sartori.[1]
Nach dem Eintritt in preußische Dienste wirkte Johann Melchior Kambly zunächst am Bauschmuck des zwischen 1745 und 1747 errichteten Schlosses Sanssouci mit, fast zeitgleich aber auch an der Neugestaltung der Wohnung des Königs, der sogenannten Friedrichswohnung, im Potsdamer Stadtschloss sowie an Nebengebäuden und Gartenpavillons im Park Sanssouci und dem zwischen 1763 und 1770 errichteten Gästeschloss Neues Palais am Westrand der Parkanlage. Auch in der Stadt Potsdam trug er zur bildhauerischen Ausschmückung einiger Gebäude bei. Seine letzten belegten Arbeiten erfolgten 1781 am Reit- und Exerzierhaus – der sogenannte „Lange Stall“ –, wo er an den Bauplastiken am Kopfbau mitwirkte.
Kambly fertigte an Bildhauerarbeiten vor allem ornamentalen Bauschmuck wie Kapitelle für Säulen- und Pilaster, Attikavasen und Fensterverzierungen. Ebenso erhielt er Aufträge zur Mitarbeit an der Ausgestaltung von Schlossräumen und der kunstvollen Dekorierung von Kommoden, Schreibtischen, Schränken, Standuhren, Notenpulten, Bilder- und Spiegelrahmen. In der Möbelkunst spezialisierte er sich auf Schildpattfurnier in der Technik des André-Charles Boulle, nur ohne eingelegte Metallmarketerie, und verzierte sie mit ziselierten Beschlägen und vollplastischen Figurendarstellungen aus feuervergoldeten oder versilberten Bronzen, die er in seiner Werkstatt anfertigen ließ. Ein weiteres Spezialgebiet waren seine feinen Steinarbeiten, vor allem Inkrustationen in der Art der Florentiner Pietra-dura-Mosaike, die, ähnlich einer Holzmarketerie, aus flachen Steinplättchen gelegt werden.
Viele seiner Werke entstanden in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern, die nach Preußen kamen, wie den Brüdern Johann Michael Hoppenhaupt und Johann Christian Hoppenhaupt sowie den aus Bayreuth stammenden Brüdern Johann Friedrich Spindler und Heinrich Wilhelm Spindler, sodass eine genaue Zuordnung der einzelnen Arbeiten oft nur durch alte Schriftstücke möglich ist. Kambly war neben diesen Künstlerkollegen einer der bedeutendsten in der Entwicklung des „Friderizianischen Rokoko“ und stand durch sein handwerkliches Können der zeitgenössischen französischen Möbelkunst in nichts nach. Von seinen Arbeiten sind nicht wenige infolge des Zweiten Weltkriegs zerstört worden oder gelten als verschollen. Nachweislich von Kambly sind heute noch 15 Möbelstücke im Schloss Sanssouci, dem Neuen Palais, den Neuen Kammern und im Chinesischen Haus vorhanden. Sie sind entweder mit Schildpatt oder Zedernholz furniert und aufwändig mit vergoldeten oder versilberten Bronzen geschmückt.
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