Loading AI tools
deutscher protestantischer Theologe, Popularphilosoph, Neologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Johann Joachim Spalding (* 1. November 1714 in Tribsees, Schwedisch-Pommern; † 22. Mai 1804 in Charlottenburg bei Berlin) war ein deutscher protestantischer Theologe, Kirchenlieddichter, Popularphilosoph und der wichtigste Vertreter der Neologie in der Zeit der Aufklärung.
Spalding hatte schottische Vorfahren und war der Sohn des Pastors von Tribsees in Schwedisch-Pommern. Nach erstem Unterricht zu Hause durch seinen Vater besuchte er das Sundische Gymnasium in Stralsund. Anschließend studierte Spalding bis 1734 an den Universitäten Rostock[1] und Greifswald Philosophie, Theologie und alte Sprachen.
Einige Zeit verdiente sich Spalding seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer und bereitete sich auf seine Promotion vor. Nachdem er den Titel Dr. theol. verliehen bekommen hatte, bekam er 1735 eine Anstellung als Hilfsprediger in seiner Heimatstadt.
1745 avancierte Spalding in Berlin zum Sekretär des schwedischen Gesandten von Rudenskjöld. 1748 erschien Spaldings erstes Werk Betrachtung über die Bestimmung des Menschen anonym in Greifswald. Es kann heute mit Recht als Manifest der deutschen Aufklärungstheologie angesehen werden. Spaldings Büchlein ist als innerer Monolog konzipiert und verzichtet völlig auf christliche Offenbarung und dogmatische Autorität. Es stellt dar, wie ein Individuum über „Sinnlichkeit“, „Vergnügen des Geistes“, „Tugend“ und „Religion“ schließlich selbst zur Einsicht gelangt, zur „Unsterblichkeit“ bestimmt zu sein.
Im April 1749 wurde Spalding als Pastor nach Lassan berufen. Am 12. April schrieb er einen Brief an Johann Wilhelm Ludwig Gleim: „...ein Amt hab’ ich nun endlich, da ich vor zwey Tagen die Königliche Vollmacht auf das Pastorat zu Lassahn (einer kleinen Stadt nicht weit von Anklam) aus Schweden erhalten habe. Vielleicht bin ich in einigen Wochen ein Priester in aller Form; aber ein Priester in einer kleinen Stadt!“[2] Er heiratete Wilhelmine Gebhardi (1734–1762) aus Stralsund, Enkelin des Greifswalder Professors Heinrich Brandanus Gebhardi. Das Ehepaar hatte drei Söhne und drei Töchter, darunter den späteren Juristen Karl August Wilhelm Spalding (1760–1830), den Philologen Georg Ludwig Spalding, der Professor am Grauen Kloster war, und Johanna Wilhemine Spalding, die später den Theologen Friedrich Samuel Gottfried Sack heiratete.
1757 ließ sich Spalding als Prediger in Barth nieder. 1762 starb seine Ehefrau; nach einer angemessenen Trauerzeit heiratete er in zweiter Ehe Maria Dorothea von Sodenstern. Im Sommer 1763 waren Johann Heinrich Füssli, Felix Hess und Johann Caspar Lavater aus Zürich einige Zeit bei Spalding zu Gast. In diesem helvetisch-deutschen Dialog wurden die Konsequenzen aus Spaldings Aufklärungstheologie diskutiert, die zu Toleranz und pluralistischen Anschauungen in der Verkündigung der christlichen Botschaft ermunterte. Das Treffen gab Impulse für aufklärerische Ideen in ganz Europa.
1764 berief König Friedrich II. Spalding als Propst an die Nikolaikirche in Berlin und ernannte ihn zum Konsistorialrat. Dort und auch in der nahen Kirche St. Marien gewann Spalding bald schon durch seine Predigten an Einfluss und wurde weit über die Stadtgrenzen hin bekannt. Beruflich orientierte er sich an den Theologen August Friedrich Sack und Siegmund Jacob Baumgarten und wurde dadurch ebenfalls zum Vordenker der Aufklärung. Bedingt durch das Wöllnersche Religionsedikt von 1788 legte Spalding alle seine Ämter nieder und begann nun vermehrt, seine Ideen zu veröffentlichen.
1774 verstarb seine zweite Ehefrau, und im darauffolgenden Jahr heiratete er Maria Charlotte Lieberkühn. Im Alter von nahezu 90 Jahren starb Johann Joachim Spalding am 22. Mai 1804 in Charlottenburg bei Berlin.
Bereits in Greifswald machte ihn Peter Ahlwardt mit den Werken des Philosophen Christian Wolff bekannt, dessen Theorien sich Spalding zu eigen machte und weiterentwickelte. Aber auch mit dem Werk der englischen Deisten, unter ihnen Joseph Butler, Francis Hutcheson und Shaftesbury, setzte sich Spalding auseinander und übersetzte sie teilweise. Spaldings Zweifel an der Orthodoxie führten schließlich zur Neologie, deren wichtigster Vertreter er später wurde. Als solcher bekämpfte er auch vehement Julien Offray de La Mettrie und dessen Materialismus.
Zeitlebens praktischen Interessen verpflichtet, verwarf er in seiner 1772 erschienenen, von Johann Gottfried Herder heftig kritisierten Nutzbarkeit des Predigtamts alle hierarchisch-sakramentalen Anschauungen von Kirche und geistlichem Amt, um stattdessen das „Predigtamt“ als Dienst an der öffentlichen Sittlichkeit zu kennzeichnen. Abschließend zusammengefasst hat Spalding sein bis zur Identifikation gehendes Verständnis von Religion und Moral 1797 unter dem Titel Religion, eine Angelegenheit des Menschen.
In den Cypressen des nachgeborenen pommerschen Dichters Karl Lappe heißt es: „Neunzig Jahre des Ruhms gab dir ein freundliches Schicksal, würdigster Greis! Lehrer, der fromm belehrt, schön vom Werth der Gefühle, schön von Menschenbestimmung spricht! // Stolz sei, kleines Tribsees, über den großen Sohn! Sein gedenke Lassan! Rühme dich seiner, Barth! Soll nur Ausland verehren, wo wir selber die Erben sind?“[3]
Auf Initiative des Heimatvereins zu Tribsees e. V., in enger Zusammenarbeit mit der Pommerschen Landeskirche / der Theologischen Fakultät der Universität zu Greifswald und der Historischen Kommission für Pommern, ernannte ihn die Stadt Tribsees im Jahre 2014 anlässlich seines zum 300. Male wiederkehrenden Geburtstages posthum zu ihrem Ehrenbürger und benannte eine Straße im Stadtzentrum nach ihm.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.