Remove ads
deutscher Superintendent, Extraordinarius, Botaniker, Mykologe, Entomologe und Ornithologe und Erfinder Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Jakob oder Jacob Christian Schäffer, auch Schaeffer, (* 31. Mai[1] 1718 in Querfurt; † 5. Januar 1790 in Regensburg) war ein deutscher evangelischer Pastor, Superintendent, Extraordinarius, Botaniker, Mykologe, Entomologe, Ornithologe und Erfinder. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Schaeff.“
Er sollte nicht mit seinem Neffen verwechselt werden, dem Arzt Jacob Christian Gottlieb von Schäffer (1753–1829), einem Sohn seines jüngeren Bruders Johann Gottlieb Schaeffer (1720–1795).
Jacob Christian Schäffer wurde am 31. Mai 1718 in Querfurt (heute Sachsen-Anhalt) in eine protestantische Familie geboren. Sein Vater war der Archidiakon Johann Christoph Schäffer, seine Mutter Martha Viktoria Schäffer, geb. Schernberger. Der Vater, 1677 geboren, starb unerwartet früh 1728. Schäffer wuchs danach mit fünf Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen auf. Er erhielt Unterricht in Querfurt und Glaucha sowie danach auf dem Gymnasium in Greiz. 1735 wurde er in die Latina der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) aufgenommen. Dort lebte er von der „mensa ambulatoria“ (ein ambulanter Mittagstisch) und der Kurrende, ein Schulchor, der für das öffentliche Singen geistlicher Lieder z. B bei Beerdigungen Almosen erhielt. Schäffer gab außerdem Nachhilfeunterricht an der „Mägdeleinschule“ der Franckeschen Stiftungen.
Von 1736 bis 1738 studierte Schäffer evangelische Theologie an der Universität Halle ohne Abschluss. Danach war er ab 1738 Hauslehrer in Regensburg. 1739 hielt er in Regensburg seine erste Predigt. 1741 wurde er in der dortigen Neupfarrkirche ordiniert, obwohl er das Studium noch nicht abgeschlossen hatte und als Fremder galt, weil er nicht aus Bayern stammte. Als Extraordinarius übernahm er das Amt eines Predigers. 1760 verlieh ihm die Universität Wittenberg den Doktortitel der Philosophie und 1763 wurde er von der Eberhard Karls Universität Tübingen zum Doktor der Theologie promoviert.
Während seiner Amtszeit als Prediger hatte er oft Auseinandersetzungen politischer und theologischer Art, meist ging es dabei um Fragen zum kirchlichen Kurs und um seine zahlreichen Nebentätigkeiten. 1779 folgte seine Ernennung zum Superintendenten der evangelischen Gemeinde und zum Pastor der Neupfarrkirche. 1784 erwarb Schäffer das Haus Nr. 5 in der heutigen Pfarrergasse, für die vorher auch andere Namen im Gebrauch waren. Das Haus in Ecklage zum Straußgäßchen stammt aus dem 14. Jahrhundert und war bereits 1553 in den Besitz der Stadt Regensburg gekommen, um als erster evangelischer Pfarrhof in der Stadt genutzt zu werden.[2]
In dem Buch Erleichterte Artzney-Kräuterwissenschaft beschrieb er 1759 die Heilwirkung von Pflanzen, um Ärzten und Apothekern einen praktischen Leitfaden in die Hand zu geben. Die Pflanzengattung Schaefferia Jacq. in der Familie der Spindelbaumgewächse (Celastraceae) ist nach ihm benannt.[3][4]
1762 bis 1764 veröffentlichte er die Natürlich ausgemahlten Abbildungen baierischer und pfälzischer Schwämme, welche um Regensburg wachsen in vier Bänden mit zahlreichen kolorierten Abbildungen. Wegen seines systematischen Vorgehens wird Schäffer als deutscher Linné bezeichnet und als Begründer der Pilzkunde in Deutschland gesehen. In seiner Würdigung verwies der Mykologe Matthias Sebastian Killermann 1924 „auf die nicht geringe Zahl von Pilzsorten, die seinen Namen tragen"“.[5] In neuerer Zeit hat sich der Mykologe Heinrich Dörfelt mit Schäffers Bedeutung für die Pilzkunde befasst.
Zu seinen bedeutendsten Arbeiten zählen die 1789 als Einführung in die Insektenkunde verfassten Elementa entomologica sowie das 1779 in drei Bänden veröffentlichte Werk Icones insectorum circa ratisbonam indigenorum coloribus naturam referentibus expressae, das 280 handkolorierte Kupfertafeln mit über 3000 Abbildungen der Insekten im Raum Regensburg enthält. 1752 befasste er sich nach einer Exkursion dorthin mit einer Raupenplage, die Teile des damaligen Sachsen samt seiner Heimatstadt Querfurt heimgesucht hatte. Schäffer versuchte außerdem, Präparationstechniken zu verbessern.
Schäffer erforschte physikalische Fragestellungen der Elektrizitätslehre, der Farbenlehre und der Optik. Er fertigte Linsen und Prismen. An der Entwicklung und Verbesserung technischer Geräte wie Sägemaschine, Backofen und Brennspiegel war er maßgeblich beteiligt.
Schäffer stieß bei der Suche nach einer Maschine, die für seine Papierversuche als Ersatz für den in Papiermühlen damals üblichen Papierholländer geeignet sein könnte, auf die Beschreibung einer Waschmaschine von Gotthard Friedrich Stender, die aus England nach Hannover und Braunschweig importiert worden war. Angeregt davon ließ sich Schäffer auf Grundlage dieser Beschreibung eine solche Maschine anfertigen und nahm Versuche vor. Aufgrund seiner Test-Erfahrungen wurden einige Veränderungen vorgenommen. Diese Erfahrungen und den Aufbau der Waschmaschine für Haushaltungen veröffentlichte er in der Schrift Die bequeme und höchstvortheilhafte Waschmaschine.[6] Die Maschine soll in rund 60 Exemplaren angefertigt und im In- und Ausland gut abgesetzt worden sein.
Eine Nachbildung der Schäfferschen Waschmaschine steht im Miele-Museum Gütersloh. Sie wurde 1988 zum 60. Geburtstag des damaligen Geschäftsführers der Firma Miele, Peter Zinkann, von Angestellten des Hauses gefertigt.[7] Ein weiterer Nachbau, von dem Böttcher Carsten Romberg aus Roßbach bei Naumburg exakt nach den Originalmaßen gefertigt, wurde am 27. November 2012 in der Zweigstelle Querfurt der Saalesparkasse enthüllt.[8]
Ausgelöst von der zunehmenden Knappheit an Lumpen bzw. Hadern aus Leinen- und Hanftextilien ab Anfang des 18. Jahrhunderts, die zu dieser Zeit als nahezu alleinige Rohstoffe für die Papierherstellung in Deutschland dienten, kam es zu einem Mangel an Papier, von dem auch Schäffer um 1760 betroffen war und deshalb Abhandlungen ungedruckt liegen lassen musste.[9] Er begann deshalb nach anderen Rohstoffen als Lumpen-Ersatz zu suchen und fand dazu in der wissenschaftlichen Literatur Abhandlungen zur Nutzung von Pflanzenfasern und Holz; speziell sah er das umfassende Verzeichnis von Jean-Étienne Guettard zur Nachahmung als würdig.[10][11] Schäffer führte 1761 Versuche durch, aus Pappelwolle und Graswolle (Wollgras) Papier herzustellen, was aber zu keinem durchbrechenden Erfolg führte. Seine Abhandlung zu diesen Versuchen reichte er 1762 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ein, deren Mitglied er war, aber eine Veröffentlichung erfolgte erst 1764.[12] Diese Verzögerung der Veröffentlichung widersprach den Erwartungen von Schäffer, so dass er die Veröffentlichung weiterer angekündigter fortführender Abhandlungen zu diesen Versuchen mit der Papiermühle im Rahmen der Akademischen Abhandlungen ablehnte. Er kündigte am 26. Oktober 1764 der Akademie die jährliche Pension von 200 Gulden auf, um freie Hand zu bekommen, und veröffentlichte nun bei seinem Verleger Montag, von dem er jährlich 1000 Gulden erhielt.[13]
Schäffer führte nach diesen ersten Versuchen weitere umfassende Experimente durch, um Papier möglichst ohne Lumpen herzustellen. Als alternative Rohstoffe experimentierte er nochmals mit der Samenwolle der Schwarzpappel und des Wollgrases, aber auch der der Disteln sowie mit Moos, Flechten, Hopfen, Weinreben, Feldmelde, Beifuß, Mais, Brennnesseln, Aloe, Stroh, Rohrkolben, Blaukohlstrunken, Maiblümchen, Torf, Seidenpflanzen, Ginster, Hanfschäben, Kartoffelpflanzen, Waldreben, Tannenzapfen, diversen Holzarten wie Weiden-, Espen- und Fichtenholz, Wespennestern (zurückgehend auf Hinweise von René-Antoine Ferchault de Réaumur) sowie mit Sägespänen und Dachschindeln, aber auch mit Zyprischem Asbeststein.[14] Diese Versuche und seine Ergebnisse mit den zugehörigen Papiermustern veröffentlichte er in Regensburg 1765 in Versuche und Muster ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatze derselben Papier zu machen in zwei Bänden, in Neue Versuche und Muster das Pflanzenreich zum Papiermachen und anderen Sachen wirthschaftsnützlich zu gebrauchen in drei Bänden (1765, 1766, 1767) und in Wiederholte Versuche auf ordentlichen Papiermühlen aus allerhand Pflanzen und Holzarten Papier zu machen. Diese in den sechs Bänden angeführten Experimente brachten jedoch qualitativ gutes Papier und beruhten oft auf Rohstoffen, die mengenmäßig nicht für den steigenden Produktionsbedarf zur Verfügung standen, weshalb sie von den Papiermüllern abgelehnt wurden. Karl Karmarsch, einer der führenden Technologen des 19. Jahrhunderts, schätzte deshalb in seiner Geschichte der Technologie zu den Papierversuchen von Schäffer ein: „Der fleißige Mann arbeitete zu sehr im Kleinen und entbehrte auch des technischen Urtheils wie mechanischer und chemischer Hülfsmittel, um das wirklich Nutzbare seiner Versuche der Praxis zuzuführen.“[15]
Trotz aller Misserfolge bleibt es Schäffers Verdienst, in einer so umfassenden Versuchsserie frühzeitig nach neuen Rohstoffen für die Papierherstellung gesucht zu haben, was wie folgt gewürdigt wurde:
„Wie viele geniale Erfinder war auch Schäffer der Zeit weit voraus ... Hier und da wurden von ihm empfohlene Rohstoffe für die Papierherstellung abermals geprüft. (Bei Versuchen in England, Italien, Frankreich und Irland) handelte es sich durchweg um Rohstoffe, die Schäffer schon lange vorweg vorgeschlagen und erprobt hatte.“[16]
„Schäffer hat zu einer Zeit, wo seine Zeitgenossen für sein Streben kein Verständnis zeigten, ihm ihre Anerkennung versagten und ihn verspotteten, mit weit ausschauendem Blick die Notwendigkeit der Einführung weiterer Rohstoffe in die Papierfabrikation erkannt und, obwohl nicht Fachmann, mit allen Kräften daran gearbeitet, die Durchführbarkeit seiner Vorschläge durch Versuche nachzuweisen.“[17]
„Der bekannteste unter den Forschern, die ein Jahrhundert vor ihrer wirklichen Erschließung das Reich der Faserstoffe nach allen Richtungen durchsuchten, ist (...) Jacob Christian Schäffer. Von ihm stammen die in den Jahren 1765–1771 in Regensburg erschienenen sechs Bände ,Versuche und Muster ohne alle Lumpen oder doch nur mit einem geringen Zusatz derselben Papier zu machen‘. Schäffer hat seine Forschungen in diesem Werk niedergelegt, das eines der seltensten Bücher papiergeschichtlichen Inhalts ist. Er hat darin nicht nur seine Versuche genau beschrieben, sondern es auch mit den Proben der jeweils hergestellten Papiere versehen.“[18]
„Jacob Christian Schaeffer tat mehr als irgendeiner der Vorgänger für die Papiertechnik.“[19][20]
Kaiser Josef II. ehrte Schäffer durch die Verleihung einer goldenen Kette. Der dänische König machte ihn zum Ehrenprofessor in Altona und zum außerordentlichen Geheimrat.
Er richtete ein umfangreiches Naturalienkabinett (Museum Schaefferianum) ein, das für die Öffentlichkeit zugänglich war. Johann Wolfgang von Goethe besuchte es unter dem Pseudonym Joh. Phillip Moeller am 5. September 1786 auf seiner Italienreise und nannte es das Schäfrisch Cabinet.
Er gehörte u. a. den Akademien in Göttingen, Berlin, Duisburg, Mannheim, München, Leipzig, Altdorf, Erlangen, St. Petersburg, London, Lund, Uppsala, Bern und Rovereto sowie der Physikalisch-Botanischen Gesellschaft in Florenz an. 1757 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen;[21] er war korrespondierendes Mitglied der Pariser Académie des Sciences und 1759 Gründungsmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[22]
Mit dem schwedischen Botaniker Carl von Linné und dem französischen Physiker und Zoologen René Antoine Ferchault de Réaumur stand er im wissenschaftlichen Briefwechsel.
Jacob Christian Schäffer war dreimal verheiratet: von 1743 bis 1747 mit Susanna Maria Weisböck, nach deren Tod von 1747 bis 1759 mit Maria Wilhelmina Regina Preidl, nach deren Tod von 1760 bis zu seinem Tod mit Sophia Christine Herrich. Zwischen 1747 und 1753 wurde er Vater von vier Töchtern. Zu seinen Geschwistern gehört der Regensburger Stadtarzt und Apotheker Johann Gottlieb Schäffer (1720–1795); der Regensburger Arzt Jacob Christian Gottlieb von Schäffer (1752–1826) ist dessen Sohn, also sein Neffe. Mit diesem wird Jacob Christian Schäffer gelegentlich verwechselt.
Der Jahreskalender 2019 des Altertums- und Verkehrsvereins Querfurt und Umgebung e. V. enthält sowohl für das Titelblatt wie auch für den Monat Mai Abbildungen zu Schäffer mit ausführlichen Erläuterungen.
Mehrere Publikationen Schäffers sind über das Göttinger Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen leicht zugänglich.[32]
SBB=1
setzen)Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.