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deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Verleger Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ilija Trojanow (bulgarisch Илия Троянов; * 23. August 1965 in Sofia, Bulgarien) ist ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Verleger.
Ilija Trojanow floh als Kind mit seiner bulgarischen Familie 1971 über Jugoslawien und Italien in die Bundesrepublik Deutschland und erhielt politisches Asyl. Im Jahr 1972 zog die Familie weiter nach Kenia, wo der Vater eine Anstellung als Ingenieur erhalten hatte. Unterbrochen von einem Deutschlandaufenthalt in den Jahren 1977 bis 1981, in denen er das Staatliche Landschulheim Marquartstein besuchte, lebte Ilija Trojanow bis 1984 in Nairobi.
Danach folgte ein Aufenthalt in Paris, und von 1985 bis 1989 studierte er an der Universität München Rechtswissenschaften und Ethnologie. Nachdem er dieses Studium abgebrochen hatte, gründete er 1989 in München den Kyrill-und-Method-Verlag und 1992 den Marino-Verlag, die beide auf afrikanische Literatur spezialisiert waren. Im Jahre 1999 übersiedelte Trojanow nach Mumbai und beschäftigte sich in den folgenden Jahren intensiv mit Indien. Von 2003 bis 2007 lebte er in Kapstadt; 2007 war er Mainzer Stadtschreiber. Er lebt in Wien.
Trojanow verfasste in den 1990er Jahren einige Sachbücher und Reiseführer über Afrika, er gab eine Anthologie mit afrikanischer Gegenwartsliteratur heraus und übersetzte Werke afrikanischer Autoren. 1996 erschien sein erster eigener Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall, in dem er die Erfahrungen seiner Familie als politische Flüchtlinge und Asylbewerber verarbeitete. Es folgten der Science-Fiction-Roman Autopol, dessen Entstehung als „novel in progress“ im Internet zu verfolgen war,[1] mit Hundezeiten ein Reisebericht über ein Wiedersehen mit der bulgarischen Heimat sowie Bücher über Trojanows Erfahrungen in Indien. In der Reportage Zu den heiligen Quellen des Islam beschrieb er seine Pilgerreise nach Mekka.[2] 2006 erschien sein vielgelobter Roman über den britischen Kolonialbeamten und Reisenden Richard Francis Burton, Der Weltensammler. Er wurde 2006 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet und stand auf der Auswahlliste für den Deutschen Buchpreis 2006.
Ilija Trojanow ist seit 2002 Mitglied des Pen-Zentrums Deutschland. Im November 2007 war er im Rahmen der Tübinger Poetik-Dozentur Dozent an der Universität Tübingen.
2007 drehte Trojanow die Dokumentation Vorwärts und nie vergessen – Ballade über bulgarische Helden über die Verbrechen und Grausamkeiten der bulgarischen Kommunisten und in der heutigen bulgarischen Gesellschaft verbreitete Lügen, die bereits im gleichen Jahr auf 3sat und im ZDF zu sehen war.[3] Der Film basiert auf Gesprächen mit politischen Gefangenen und Zeitzeugen, die auf Jahre und Jahrzehnte in den Gefängnissen und Lagern Bulgariens verschwunden waren.
Im April 2008 kuratierte Trojanow das Literaturfestival „RE ASIA – Avatar. Asiens Erzähler“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt.
Für die taz verfasst Trojanow im Wechsel mit mehreren anderen Autoren seit 2006 die wöchentliche Kolumne „Das Schlagloch“.[4]
Seit 2008 ist Ilija Trojanow Herausgeber der Buchreihe Weltlese – Lesereisen ins Unbekannte, in der er als Herausgeber unentdeckte Autorinnen und Autoren und ungewöhnliche oder vergessene Texte veröffentlicht.[5]
2009 veröffentlichte Trojanow zusammen mit Juli Zeh das Buch Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte. Im Rahmen der Buchvorstellung kritisierten die beiden Autoren, dass der Staat unter dem Deckmantel der Terrorabwehr immer weiter in die Privatsphäre seiner Bürger vordringe.[6]
2010 war Trojanow Kurator des 1. Münchner Literaturfestes.[7]
In seinem 2011 erschienenen Roman EisTau thematisierte Trojanow den Klimawandel und das Abschmelzen der Gletscher.[8]
2013 wurde ihm in zeitlichem Zusammenhang mit Schriftsteller-Protesten gegen die Praktiken US-amerikanischer Geheimdienste (Überwachungs- und Spionageaffäre 2013) eine Einreise in die USA zu einem Germanistenkongress verweigert.[9][10] Nachdem sich der Schriftstellerverband P.E.N. und das Goethe-Institut für die Aufhebung des Einreiseverbots eingesetzt hatten, durfte Trojanow in die Vereinigten Staaten einreisen. Am 14. November 2013 beteiligte er sich im Goethe-Institut in New York an einer Diskussionsrunde mit der Journalistin Liesl Schillinger und der amerikanischen PEN-Präsidentin Suzanne Nossel über „Surveillance and the naked new world“.[11] Am 19. Juni 2014 hielt Trojanow in Dresden bei der Eröffnung des Theaterfestivals „Parallel Lives“ zum Thema Geheimdienste eine Rede über den Zusammenhang von Überwachung und Selbstzensur.[12]
Er gehört zu den Unterstützern der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union, die Ende November 2016 veröffentlicht wurde.
Seit April 2017 ist Trojanow Beisitzer im Präsidium des PEN-Zentrums Deutschland.
Im Jahr 2022 hielt er die Festrede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele. Er wandte sich gegen ein, wie er es nannte, „naives Kultursponsoring“. Dabei ging er auf die Rolle der Firma Solway ein, die einen großen Teil des Jugendprogramms der Festspiele sponserte, jedoch mit ihrem Nickelbergwerk in Guatemala für massive Umweltschäden verantwortlich gemacht wird. Die Firma musste kurz vor der Eröffnung ihr Sponsoring einstellen. Als ein weiteres Thema sprach Trojanow den russischen Überfall auf die Ukraine an. Auch hier ist für Trojanow die Gier die Triebfeder des Krieges, der schon lange unter der Oberfläche des Friedens gegoren habe.[13]
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