Loading AI tools
Mädchenschule als Vorläufer der späteren Mädchengymnasien Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als höhere Mädchenschule oder höhere Töchterschule und regional auch Lyzeum, bzw. funktional auch als Mädchenpensionat, bezeichnete man eine Mädchenschule als Vorläufer der späteren Mädchengymnasien. Von den Schulstufen her waren diese Schulen mit der Sekundarstufe I vergleichbar, also der fünften bis zehnten Klasse des heutigen deutschen Schulsystems.
Der ebenfalls gebrauchte Begriff höhere Töchterschule ist eine Zusammensetzung aus höhere Schule und Töchter / Mädchen. Als höhere Schulen wurden Schulen bezeichnet, deren Unterricht über den der Elementarschule und Volksschulen hinausging und eine allgemeinere „geistige Bildung“ (Brockhaus 1896/1897) zum Ziel hatte. Höhere Töchter- oder Mädchenschulen waren demnach weiterführende Schulen für Mädchen.
Die Bezeichnung „höhere Töchterschule“ wurde oft aber auch als Schule für höhere Töchter betrachtet. Der Besuch einer höheren Töchterschule war durch die allgemeine Schulpflicht (meist acht Schuljahre umfassend) teilweise abgedeckt.[1]
Bereits mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden erste Schulen für eine weiterführende Bildung von Mädchen gegründet. Als erste höhere Mädchenschule gilt das 1709 von August Hermann Francke gegründete Gynaecum.[2] Ein weiteres Beispiel sind die 1717 gegründeten katholischen Töchterinstitute der Englischen Fräulein in Bamberg.[3]
1802 findet sich mit der „städtischen höheren Töchterschule“ in Hannover die erste Schule mit diesem Namen. 1806 gründete Johann Heinrich Meier, der zunächst an der Schule in Hannover tätig gewesen war, eine private Bildungsanstalt für Mädchen in Lübeck, die bis 1871 bestand.[4] Im Jahr 1808 gründete eine „Madame Wippermann“ aus Quedlinburg, die Frau des Kaufmanns und Fabrikanten Wippermann, für 40 Schülerinnen die Neustädter Grundschule Quedlinburg als erste private höhere Töchterschule, die im März 1863 als „Städtische Höhere Töchterschule“ in den Besitz Quedlinburgs überging.[5] Aus der bis ins Jahr 1820 von Johanna Rau, Tochter des Erlanger Professors Johann Wilhelm Rau, nachweisbar privat geführten Erlanger „Höhere Töchterschule“, die im Mai 1877 von der Stadtgemeinde übernommen wurde und Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer „Höheren weiblichen Bildungsanstalt“ mit angeschlossenem Lehrerinnenseminar erweitert wurde, gingen zwei der heutigen Erlanger Gymnasien hervor, das Marie-Therese-Gymnasium und das Christian-Ernst-Gymnasium.[6]
Als weiteres Beispiel kann das Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken dienen. Als gemischte „Vereinsschule“ mit einer Klasse mit 25 Jungen und Mädchen im Jahr 1832 gegründet, wurde sie 1835 zur reinen Mädchenschule, vor Ort bekannt als „Höhere Töchterschule“, umgewandelt.[7] Ebenfalls 1835 wurde die höhere Mädchenschule in Halle (Saale) durch Hermann Agathon Niemeyer in den Franckeschen Stiftungen gegründet.
Teilweise wurden solche Schulen auch als Stifte von Damen der Gesellschaft eingerichtet: So z. B. die 1857 in Tharandt als Louisenstift errichtete „Anstalt für Töchter höherer Stände“ der Louise Henriette von Mangoldt in Form einer Sammelschule mit verbundenem Pensionat.
Das Hauptziel war die Vorbereitung der jungen Mädchen auf ihre späteren häuslichen Pflichten als Gattin und Mutter. Wohlhabendere großbürgerliche und adlige Familien, die sich ein Schulgeld leisten konnten und denen es um eine etwas ernsterzunehmende Bildung ihrer Töchter zu tun war, schickten sie deshalb lieber in private Bildungsinstitute oder Mädchenpensionate, die den Anforderungen einer „höheren Schule“ eher gerecht wurden. Töchter weniger gut gestellter Familien verließen die höhere Mädchenschule häufig schon vorzeitig, sobald sie ihre Schulpflicht erfüllt hatten, weil andere häusliche Aufgaben auf sie warteten und Bildung in Bezug auf junge Frauen keinen hohen Stellenwert hatte.
Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Preußen neben 213 öffentlichen höheren Mädchenschulen 656 private.[8]
Im Unterschied zu Gymnasien, den höheren Schulen für Knaben, fehlte in den höheren Mädchenschulen die studiumsvorbereitende Oberstufe, wie sie die heutige Sekundarstufe II bezweckt, und der zu einem Hochschulstudium qualifizierende Abschluss des Abiturs. Die höhere Töchterschule endete etwa mit dem 15. bis 16. Lebensjahr. Damit entsprach die Mädchenbildung in Deutschland den Ansprüchen, die auch in anderen westlichen Ländern galten. Der Besuch eines Lehrerinnenseminars war lange Zeit die einzige Möglichkeit einer weiterführenden und berufsqualifizierenden Schulbildung für junge Frauen. In den 1890er Jahren wurden dann spezielle Mädchengymnasien und -gymnasialkurse eingerichtet, die als Ersatz für die fehlende Oberstufe der Mädchenschule eintreten konnten.
Im Jahre 1908 kam es durch das Engagement von Helene Lange[9] und dem maßgeblichen preußischen Kulturpolitiker Friedrich Althoff, aber auch von zahlreichen anderen Reformern, darunter der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria, zu einer Umgestaltung der Mädchenschulen, die wesentliche Verbesserungen brachten.[10] Die Historikerin Angelika Schaser urteilt über die Reform: „Das Jahr 1908 bildet ohne Zweifel einen bedeutsamen Fortschritt auf dem Gebiete der preußischen Mädchenbildung, und die Reform des Mädchenschulwesens kann als einer der großen Erfolge der deutschen Frauenbewegung angesehen werden.“[11]
Nicht nur in Deutschland wird der Begriff Lyzeum (nach dem griechischen Lykeion) für Schulen benutzt, wobei es sich um Schulen mit anderen Organisationsformen und Bildungszielen handeln kann. So ist beispielsweise ein Lycée in Frankreich und ein Liceum in Polen eine Oberschule für beide Geschlechter, die zum Abitur führt.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.