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fehlerhafte Anpassung an eine als vorbildlich angesehene Sprachvarietät Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hyperkorrektur (seltener: Hyperkorrektion, auch Hyperurbanismus) ist ein Phänomen in der Soziolinguistik. Hyperkorrektur tritt auf, wenn Sprecher ihren Sprachgebrauch an eine als vorbildlich angesehene Sprachvarietät anpassen und dabei eine über das Vorbild hinausgehende Veränderung vornehmen – was aus Sicht der korrekten Sprachnorm ein Fehler ist. Hyperkorrektur wird typischerweise bei sozial Aufstiegswilligen beobachtet, die sich dem als Norm empfundenen Sprachgebrauch höherer Schichten anzupassen bemühen. Sie ist eine Form der Übergeneralisierung.[1]
Aus Sicht der Sprachpädagogik ist die Hyperkorrektur ein Interferenzphänomen und wird dort von den „höheren“ oder „niederen“ Sprachnormen unabhängig und zwischen beliebigen Sprachen betrachtet.[2]
Vom hyperkorrekten Genitiv kann man sprechen, wenn bei Präpositionen, die den Kasus Dativ bei ihren Ergänzungen verlangen (Rektion), der Genitiv genutzt wird.
Bei folgenden sechs deutschen Präpositionen ist der hyperkorrekte Genitiv zunehmend zu beobachten: entgegen, entsprechend, gegenüber, gemäß[4], mitsamt und nahe, beispielsweise gemäß des Urteils oder nahe des Bahnhofs. Dieses Phänomen wurde unter anderem von dem Linguisten Jan Georg Schneider in einem Aufsatz beschrieben.[5]
Seit Juni 2022 bezeichnet die Online-Ausgabe des Dudens (duden.de) bei einigen der genannten Präpositionen den Dativ zwar weiterhin als den Standardfall, gibt aber auch den Genitiv mit der Einschränkung „seltener“ an.
Bei der Präposition wider wird oftmals statt des erforderlichen Akkusativs der Genitiv gebraucht.[6]
In Texten aus vergangenen Jahrhunderten zeigt sich Hyperkorrektur, wenn ein Schreiber (Kanzlist, Chronist, Tagebuchverfasser usw.) bestrebt war, mundartliche Erscheinungen seiner Sprache zu vermeiden und dabei auch Fälle „korrigierte“, wo es gar keine Anpassung an die Schreibsprache gebraucht hätte. Beispiele aus dem historischen Alemannisch sind etwa Schreibungen wie insen statt isen, funst statt fust und sünfzgen statt süfzgen, da hier Schreiber das in ihrer Mundart geltende Staubsche Gesetz auf Fälle übertrugen, wo es der entsprechenden Lautung gar nicht zugrunde lag, oder wo sie ain statt an, Tail statt Tal und sailig statt sälig «seelig» schrieben, weil sie die südostalemannische Monophthongierung selbst in Fällen vermuteten, wo diese gar nicht galt. Solche Hyperkorrekturen ermöglichen der Sprachgeschichtsforschung, das Alter von Lautveränderungen festzustellen, da die Schreiber solche Generalisierungen gar nicht gemacht hätten, wenn ihre Mundart die zugrundeliegenden Lautungen zum jeweiligen Zeitpunkt nicht gekannt hätte.[7]
Hyperkorrektur kann auch beim Erlernen einer Fremdsprache auftreten. Der Laut [w] (labialisierter stimmhafter velarer Approximant wie in „Wales“ (engl.) oder „oui“ (frz.)) kommt im Deutschen nicht vor und wird häufig von deutschen Englischlernern durch [v] (wie im deutschen Winter) wiedergegeben. Es kommt vor, dass sich Sprecher dessen bewusst sind und – beim Versuch, ihre Aussprache zu korrigieren – auch dort [w] sprechen, wo das Englische [v] verlangt (z. B. in victim, valley, Vancouver). Ein vergleichsweise häufiges weiteres Beispiel ist die Aussprache des Namens der früheren britischen Königin Elisabeth II. (engl. Elizabeth) mit dem th-Laut nicht nur am Schluss, sondern auch in der Mitte anstelle des Zischlautes „z“.
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