Humpis-Quartier
kulturhistorisches und stadtgeschichtliches Museum der Stadt Ravensburg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Museum Humpis-Quartier ist das kulturhistorische und stadtgeschichtliche Museum der Stadt Ravensburg. Es befindet sich im Humpis-Quartier, einem der besterhaltenen spätmittelalterlichen Wohnquartiere in Süddeutschland.
Museum Humpis-Quartier – Innenhof | |
Daten | |
---|---|
Ort | Ravensburg |
Art |
Kultur- und Stadtgeschichtliches Museum
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Architekt | Space 4 |
Eröffnung | Juli 2009 |
Besucheranzahl (jährlich) | 25.232 (Stand: 31. Dezember 2019) |
Betreiber |
Stadt Ravensburg
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Leitung |
Sabine Mücke
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Website | |
ISIL | DE-MUS-027327 |
Das Humpis-Quartier ist ein spätmittelalterliches Wohnquartier in der Oberstadt in Ravensburg, zwischen Marktstraße, Humpisstraße und Rossbachstraße. Es besteht aus insgesamt sieben Gebäuden, die um einen Innenhof gruppiert sind.
Auf dem Areal befindet sich der älteste Baubestand Ravensburg. So wurden im Jahre 2003 bei archäologischen Ausgrabungen im Innenhof Reste eines Gebäudes aus der Zeit um 1050 gefunden, welche aus einer kleinen Siedlung stammten.[1] Die Ursprünge, der sich in den Gebäuden Marktstraße 45 und Humpisstraße 1 befindenden mehrgeschossigen hochmittelalterlichen Turmhäuser reichen bis ins 12. und 13. Jahrhundert zurück. Im 15. Jahrhundert folgten grundlegende Umbaumaßnahmen. Noch heute sind zahlreiche gotische Räume aus dieser Zeit erhalten. Mit seiner Fassade bildet das Gebäude Marktstraße 45 das Herzstück des Quartiers, das seine Gebäudegestaltung und Namensgebung der einflussreichen Patrizierfamilie Humpis verdankt. Diese bewohnten bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts das Haus Marktstraße 45 sowie zwei dahinterliegende Gebäude. Neben der Familie Humpis waren vom 15. bis zum 17. Jahrhundert auch die mit den Humpis verschwägerten Herren von Neidegg und anschließend die Familie Reichlin von Meldegg sowie die Herren von Burgau Bewohner des Quartiers.
Im 18. Jahrhundert wurden die ehemals patrizisch bewohnten Gebäude von Handwerkern übernommen und als Werkstätten genutzt. So befinden sich eine Gerberei und eine Hutmacherwerkstatt auf dem Areal. Zusätzlich wurde eine Schankwirtschaft eingerichtet. Dabei diente der Mitte des 19. Jahrhunderts als extravaganter Speisesaal gestaltete, sogenannte „Grüne Saal“ im 1. Stock des Gebäudes Marktstraße 47 mehreren Ravensburger Vereinen als Tagungslokal.[2][3] Unter der Bezeichnung „Humpishaus“ fand das Gebäude Marktstraße 45, dessen Fassade noch heute mit dem Wappen der Familie Humpis geschmückt ist, bereits in einem der ersten Stadtführer Ravensburgs aus dem Jahr 1866 Beachtung.[4] Trotz dieser zahlreichen Erweiterungen blieb die mittelalterliche Bausubstanz größtenteils erhalten und ist daher heute im Museum zu besichtigen.[5]
In den 1980er Jahren entstand zum ersten Mal die Idee, im Humpis-Quartier ein Museum für städtische Geschichte und Kultur einzurichten. Zur Förderung dieses Ziels gründete sich 1991 die Museumsgesellschaft Ravensburg e. V. Nachdem der letzte Humpis-Wirt, Heiner König, sein Lokal 1992 schloss und sich auch die anderen Häuser leerten, wurde eine Übernahme des Quartiers durch die Stadt möglich. Für die Zustimmung des Gemeinderats waren zunächst mehrjährige denkmalpflegerische und bautechnische Untersuchungen notwendig. Nach weiteren Planungen folgte der Beschluss für die Realisierung des Museums Humpis-Quartier im Januar 2005.[2] Nach einer erforderlichen und umfassenden denkmalgerechten Sanierung und Restaurierung wurde das Museum im Juli 2009 mit einem großen zweitägigen Mittelalterfest eröffnet.[6][7] Eine zweite Ausbauphase folgte und eine Erweiterung der Dauerausstellung sowie die sogenannten Kabinette wurden zwei Jahre später für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die Leitung des Museums hatte ab der Eröffnung bis Ende 2018 der Historiker und Stadtarchivar Andreas Schmauder inne. Seit Juli 2019 wird das Museum von Sabine Mücke geleitet. Rund 459.000 Besucher haben seit der Eröffnung das Museum besichtigt (Stand: 31. Dezember 2019).
In den rund 60 Räumen des Museums wird die städtische Kulturgeschichte Ravensburgs bis zurück ins 11. Jahrhundert präsentiert. Die Dauerausstellung Ravensburger Lebenswelten setzt sich aus vier Abteilungen zusammen, die jeweils die Geschichte eines Bewohners des Quartiers als Ankerpunkt haben.[8][9]
Ein Lederhandwerker steht für das welfische Ravensburg um 1100, in welchem die Anfänge der Stadt Ravensburg gelegt werden. Die Welfen schafften mit dem Bau der Ravensburg auf dem Veitsberg die Grundlagen für die Entstehung einer Stadt.
Die patrizische Lebenswelt um 1479 wird durch den Kaufmann und Bürgermeister Hans Humpis repräsentiert. Der Fernhändler war ab 1496 Regierer der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft und pflegte einen aufwendigen und adelsähnlichen Lebensstil. Im Museum lässt sich die repräsentative Wohnetage der Familie besichtigen.
Der evangelische Gerber Johannes Wucherer zeigt das paritätische Ravensburg um 1789, das durch das Nebeneinander von Protestanten und Katholiken geprägt war, was sich durch alle Lebensbereiche zieht. Ravensburg war zu diesem Zeitpunkt eine der noch wenigen paritätischen Reichsstädte im Heiligen Römischen Reich.
Die Epoche der Industrialisierung um das Jahr 1842 wird durch den Gastwirt Gottfried Rösch symbolisiert, der in seiner Gaststätte die Honoratioren der Stadt begrüßt. Die Industrialisierung bedeutete einen wirtschaftlichen Aufschwung für Ravensburg. Umfangreiche Stadterweiterungen veränderten nachhaltig das Stadtbild und Vereinsgründungen prägten das Jahrhundert.
Im Geschichtslabor wurde bis 2022 die neuere Geschichte Ravensburgs, ab 1870 bis heute, präsentiert. Hier stand kein einzelner Bewohner exemplarisch im Mittelpunkt, sondern verschiedene Objekte verdeutlichten je einzelne Aspekte dieser Zeit. Die multimediale Präsentation ermöglichte einen vertieften Einblick in die Stadt- und Quartiersgeschichte und erlaubte auch neue Themen mit einzubinden und zu präsentieren.[10] Im Zuge einer Erweiterung der Sonderausstellungsfläche wird der Raum des Geschichtslabors seit Frühjahr 2022 für wechselnde Ausstellungsprojekte genutzt.
In zehn kabinettartigen Räumen in den Gebäuden Humpisstraße 1 und 3 werden vier weitere für die Stadtgeschichte Ravensburgs wichtige Themen aufgearbeitet. Das Kabinett Die Schwabenkinder beschäftigt sich mit dem Thema Kinderarbeit im 19. und 20. Jahrhundert. Mit der jahrhundertelangen Bedeutung Ravensburgs als Textilstadt setzt sich die Ausstellung Auf Tuchfühlung auseinander. Das Kabinett Meine Heimat im Glas beleuchtet die Geschichte und Bedeutung der Heimatvertriebenen für die Stadt Ravensburg. Das Museum Humpis-Quartier hat zudem die Bestände der „Ostdeutschen Heimatsammlung“ übernommen. Damit gehört es bundesweit zu einem der ersten Museen, die eine solche Heimatsammlung in ihre Dauerausstellung der Stadtgeschichte integriert haben. Die Bedeutung Ravensburgs zu Beginn der Hexenverfolgungen in den 1480er Jahren und die Verbindung zum berüchtigten Werk „Hexenhammer“ von Heinrich Institoris wird in dem Raum Hexenwahn in Ravensburg thematisiert.[11]
Seit seiner Eröffnung bietet das Museum Humpis-Quartier regelmäßig Sonderausstellungen, die weitere Themen der Stadt- und Regionalgeschichte erschließen[12]:
Das Museum zeichnet sich durch seine architektonische Gestaltung aus, die Kontraste zwischen alter Bausubstanz und moderner Architektur bietet. Die unterschiedlichen Gebäude erzählen die jahrhundertelange Nutzung des Quartiers und werden damit selbst zum Exponat.
Oberstes Ziel bei der Gestaltung war die Erhaltung der verschiedenen Bauebenen aus mehreren Epochen. Ein Schwerpunkt wurde auf eine umfassende Sanierung und Erhaltung der alten Bausubstanz gelegt, um eine dauerhafte Sicherung zu gewährleisten. Eine Schwierigkeit bestand darin, die unterschiedlichen Geschossebenen und -höhen miteinander zu verbinden sowie den Höhenunterschied zwischen der Markt- und Rossbachstraße, der 2,5 m beträgt, zu überwinden. Dadurch war eine strukturelle und architektonische Neugliederung notwendig. Somit wurde der Innenhof zu einem zentralen und verbindenden Element, da er von allen Seiten zugänglich ist. Durch ein Glasdach sowie einem aus Stahl und Glas gefertigten Laubengang, der dem historischen aus Holz nachempfunden ist, werden die verschiedenen Gebäude miteinander verbunden. Der Innenhof erhält dadurch eine eigene Bedeutung innerhalb der Gebäudestruktur, die über die Museumsfunktion hinausreicht. Ein neues Wege- und Leitsystem bietet zudem eine größtmögliche Zugänglichkeit, so dass das Museum heute überwiegend barrierefrei ist.[16][17][18]
Für Architektur und Ausstellungsgestaltung zeichnete das Stuttgarter Büro Space 4 verantwortlich.[19]
Die Museumsgesellschaft Ravensburg e. V. hat sich im Jahr 1991 als Förderverein eines Stadtmuseums gegründet. Im Erbbaurecht erwarb der Verein das Gebäude Humpisstraße 5 und führte umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsarbeiten bis zur Eröffnung im Jahr 2003 durch. Das sogenannte „Humpishaus“ wird von der Museumsgesellschaft betreut und dient vor allem museumspädagogischen Angeboten für Kinder und Jugendliche. In ihm befinden sich sechs museumspädagogische Werkstätten (Papierschöpfen, Schreiben, Drucken, Textiles Werken, Kochen und mittelalterliches Bauen). Daneben werden auf dem Dachboden („Humpisbühne“) im Sommerhalbjahr auch Veranstaltungen angeboten (Kleinkunst, Musik, Lesungen und Ausstellungen). Weitere Bereiche der Museumsgesellschaft sind die „Erzählwerkstatt“, die „Küchenliederleute“ und der Laden „Trödel & Antik“ in der Humpisstraße. Satzungsziel ist weiterhin die Unterstützung des gesamten Museumsquartiers, so kommen die Einnahmen aus dem Laden „Trödel & Antik“ dem Museum Humpis-Quartier und besonderen Projekten und Ausstellungen zugute. Beispiele hierfür sind die Unterstützungen für die Ausstellungen „Auf Tuchfühlung“, „Die Humpis in Genua“ oder „Die Humpis in Barcelona“.[20]
Das Museum Humpis-Quartier bildet gemeinsam mit dem Museum Ravensburger, dem Wirtschaftsmuseum Ravensburg und dem Kunstmuseum Ravensburg ein von 2009 bis 2013 neu entstandenes „Museumsviertel“ mitten in der Ravensburger Altstadt, das jährlich ca. 120.000 Besucher verzeichnet. Als „Museumsviertel“ veranstalten die vier Museen zusammen einmal jährlich die „Lange Nacht im Museumsviertel“, wo neben zahlreichen Führungen weitere Programme mit Veranstaltungen angeboten werden.[21]
Reihe: Historische Stadt Ravensburg
Reihe: Die Humpis in Europa
Reihe: Sonderausstellungen
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