Hermann Lismann wurde in München geboren als Sohn des Kunstverein-Mitglieds,[1] Handelsrichters, Kupferhütten- und Walzwerkbesitzers[2] Benjamin Lismann (1832–1906)[3] und seiner Frau Julia, geb. Ganz (1837–1920).
Hermann Lismann besuchte das Münchner Maximiliansgymnasium von der 1. Lateinklasse im Schuljahr 1888/89 bis zur 8. Klasse, zu deren Ende, 1896, er die Schule verließ.[4] An welcher Institution er das Abitur ablegte, ist nicht bekannt. Er studierte von 1898 bis 1903 in München und Lausanne Philosophie und Kunstgeschichte, Malerei privat bei Heinrich Knirr und ab April 1903 an der Münchener Akademie in der Malklasse von Franz Stuck.[5] 1903/04 lebte er in Rom, 1904 bis 1914 im Kreis deutscher, dem Fauvismus nahestehender Künstler des Café du Dôme in Paris, so mit Rudolf Levy und Wilhelm Uhde.[6] Mit Lodewijk Schelfhout malte Lismann 1911 in Südfrankreich.
1914 ging er nach Frankfurt am Main. Im Ersten Weltkrieg war Lismann vier Jahre lang Soldat und Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Erst 1919 beschäftigte er sich wieder mit Malerei. 1921 beteiligte er sich an der Ausstellung Deutsche Kunst in Baden-Baden.[7] Lismann schrieb Aufsätze, Gedichte, Feuilletons, Theater- und Musikkritiken. Seit 1922 war er in der Erwachsenenbildung tätig. Für das Volksbildungsheim Frankfurt am Main leitete er Kurse und „Städelaufführungen“. Im Städel hatte er ein eigenes Atelier und eine eigene Malschule,[8] wo Mitte der 1920er Jahre der spätere Regisseur Hanuš Burger einer seiner Schüler war.[9] 1929 bis 1934 war er Lektor für Technik der Malerei und Philosophie der Kunst an der Universität Frankfurt.
1934 erhielt er als JudeBerufsverbot, durfte 1935 aber noch am Institut der Jüdischen Gemeinde lehren. In dieser Zeit hatte der Kulturbund Deutscher Juden ein „Studio für bildende Kunst“ eingerichtet, wo Lismann in einem Atelier Maler fortbildete.[10] 1937 wurden in der Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ vierzehn Bilder Lismanns aus dem Städelschen Kunstinstitut und Städtische Galerie Frankfurt/Main, dem Landesmuseum Oldenburg und dem Museum der bildenden Künste Leipzig beschlagnahmt und vernichtet.[11]
1938 emigrierte Lismann über Paris nach Tours.[12] In Frankreich wurde er 1939 im Lager Gurs interniert, konnte jedoch 1940 nach Montauban fliehen. 1942 wurde er von Behörden des Vichy-Regimes verhaftet und am 4. März 1943 in das KZ Majdanek deportiert.[13] Hier starb er im April 1943.[14]
Anlässlich des 100. Geburtstag der Universität Frankfurt ist am 17. Okt. 2014 ein Stolperstein für ihn am Untermainkai 68–72 verlegt worden.
Lismanns Malerei wurde durch den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. 1959 und 1968 wurden in Frankfurt am Main Ausstellungen seiner erhaltenen Bilder durchgeführt.[15] In seinen Bildern setzte er sich mit den zeitgenössischen, insbesondere post-impressionistischen Strömungen der Malerei auseinander. Er schuf vor allem Bildnisse (u.a. Die Frau des Malers, 1908, Badende Knaben, um 1920[16]) und mediterrane Landschaften.
Tafelbilder
Liebespaar im Garten (Öl auf Leinwand, 111,5 × 98 cm, 1918 oder früher), 1937 aus dem Städel beschlagnahmt, im März 1939 vernichtet.
Bildnis einer Frau (Öl auf Leinwand, 68 × 54,2 cm, 1921), 1937 aus dem Städel beschlagnahmt, im März 1939 vernichtet.
San Gimignano (Öl auf Leinwand, 70 × 85 cm, 1923), 1937 aus dem Städel beschlagnahmt, im März 1939 vernichtet.
Frauenbildnis (Öl auf Leinwand, 59 × 64,2 cm, 1923)
Holzschnitte
Hiob
Ecce Homo
Verlobung
Aquarelle
Haus mit Pflanze
Parenzo
Badende Frauen
Mädchen im Wald
Frauen bei der Ernte
Zeichnungen
Häuser am Berg
Bäume und Häuser
Haus mit Palme
Cambridge, MA, USA, Harvard Art Museum / Busch-Reisinger Museum
Crouching Nude, Zeichnung 1915
Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie
Liebespaar im Garten, Ölgemälde
Bildnis Frau Prof. V., 1921 Ölgemälde
Straße in Villeneuve, Tuschezeichnung 1911
Villeneuve-les-Avignon, Tuschezeichnung 1911
Perugia, 1923, Aquarell / Gouache
Pitigliano, 1924, Aquarell / Gouache
San Marino, 1924, Aquarell / Gouache
Soriano, 1924, Aquarell / Gouache
Junges Mädchen, 1926, Ölgemälde
St. Guilhem-le-Désert, 1928, Aquarell / Gouache
Stilleben in Weiß, 1929, Ölgemälde
Frankfurt am Main, Historisches Museum
Bildnis der Frau des Künstlers, Ölgemälde; sign. >H.Lismann. 08.<
Knabenhaftes Mädchenbildnis Grete Appelt, 1926, Olgemälde auf Sperrholzplatte, 70,8 × 48,5 cm
Bildnis eines Knaben, 1926, Ölgemälde
Mädchen mit Zopf, 1928
Stilleben mit Gipsen und Pflanzen, 1929, Öl auf Holz, 58,5 × 90 cm
Kassel, Staatliche Kunstsammlungen
Gelbes Haus in Montauban, 1942
München, Städtische Galerie
In Bad Tölz, 1911, Tuschezeichnung
München, Staatliche Graphische Sammlung
Weiblicher Halbakt, 1902, Kreide, Tempera und Bleistift
Sitzendes Mädchen, 1908, Tuschezeichnung, laviert
Sitzendes Mädchen, 1908, Tuschezeichnung, laviert
Paris, Blick über Häuser, 1908, Tuschezeichnung, laviert
San Gimignano, 1923, Tuschezeichnung, laviert, über Bleistift
Gustave Flaubert: Die Versuchung des Heiligen Antonius. Übersetzt von Hermann Lismann. Mit 14 Original-Holzschnitten von Hermann Lismann. F. Schmidt, München, Berlin und Leipzig 1921
Die Elemente der bildenden Darstellung und Grenzen der Künste (im Nachlass)
Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4.
Lismann, Hermann. In: Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. K. G. Saur Verlag, München, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2005, S. 1193.
Johannes Weisbecker (Hrsg.): Hermann Lismann 1878–1943. Gedächtnisausstellung zum 80. Geburtstag. Frankfurt am Main 1959. (Ausstellungskatalog)
Christina Uslular-Thiele (Hrsg.): Hermann Lismann 1878–1943. Ein Frankfurter Maler. Frankfurt am Main 1979. (Ausstellungskatalog, Tagungsband)
Annette Gautherie-Kampka: Hermann Lismann. Deutsche Maler des Café du Dôme. In: Weltkunst. 66 (1996) 19, S. 2248 f.
Siegfried Weiß: Berufswunsch Kunst. Maler, Grafiker, Bildhauer. Ehemalige Schüler des Münchner Maximiliansgymnasiums der Jahre 1849 bis 1918. Allitera Verlag, München 2012. ISBN 978-3-86906-475-8, S. 514–521 (Abb.)
Siegfried Weiß: Der Handelsmann und Vorsteher der jüdischen Gemeinde zu Büdingen Heinemann Lismann und seine Nachkommen. In: Büdinger Geschichtsverein (Hrsg.): Büdinger Geschichtsblätter, Band XXIV, bearbeitet und herausgegeben von der Geschichtswerkstatt Büdingen Joachim Cott, 2016, S. 133–175 (Abb.)
BUNDESARCHIV - Zentrale Datenbank Nachlässe In: nachlassdatenbank.de. Abgerufen am 30. August 2016 (Informationen über den Nachlass Hermann Lismanns im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt).
Benjamin Lismann stammte aus Büdingen im Großherzogtum Hessen. – Vgl. Allgemeine Zeitung des Judenthums (Leipzig), Nr. 26 vom 25. Juni 1861, Band 20, S. 368 (online)
Reggy Havekes-van Creij, Sabine Fehlemann: Von Waldmüller bis Warhol. Gemälde des 19. Und 20. Jahrhunderts im Von der Heydt-Museum Wuppertal. Stiftung Museum Schloss Moyland, 1998, S. 96.
Deutsche Kunst. Ausstellung, Baden-Baden, 1921. (Mementodes Originals vom 23. Oktober 2019 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bad-bad.de, Katalog, abgerufen im Portal bad-bad.de am 26. Januar 2014.
Galia Bar Or: Mordechai Gumpel (Mementodes Originals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museumeinharod.org.il, Webseite im Portal museumeinharod.org.il (Museum of Art Ein Harod), abgerufen am 26. Januar 2014.
Alfred Werner: Lismann, Hermann. Webseite (nach Angaben der Encyclopaedia Judaica) im Portal jewishvirtuallibrary.org, 2008, abgerufen am 26. Januar 2014.
Martin Papenbrock: Entartete Kunst, Exilkunst, Widerstandskunst in westdeutschen Ausstellungen nach 1945. Eine kommentierte Bibliographie. (Schriften der Guernica-Gesellschaft, Band 3). Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 1996, ISBN 3-932124-09-X, S. 491.