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deutscher Verlagsbuchhändler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eduard Heinrich Hermann Böhlau (* 7. September 1826 in Halle (Saale); † 1. April 1900 in Weimar) war Verlagsbuchhändler und Hofdrucker in Weimar.[1]
Hermanns Vater war der Goldschmied Johann Heinrich Böhlau (* 1787[2]). Er stammte aus Güstrow im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin und erwarb am 7. Dezember 1813 das Bürgerrecht in Halle.[3] Dort schloss er am 1. November 1815 eine erste Ehe mit Christiane Sophia Wilhelmi (1771–1854), Tochter des Goldschmieds George Andreas Wilhelmi[4] in Halle.[5] Diese Ehe wurde zu einem nicht dokumentierten Zeitpunkt geschieden.[6] Ab 1821 war Johann Heinrich Böhlau Mitglied der Freimaurerloge Zu den drei Degen in Halle.[7] Er schloss am 15. Oktober 1824 eine zweite Ehe mit der Tochter des Verlagsbuchhändlers Franz Heinrich Bispink (1749–1820) in Halle;[8] ihr Rufname war „Caroline“[9] oder „Henriette“[10].
Die Vorfahren der Mutter lassen sich anhand der mütterlichen Linien bis zu dem Weimarer Hofbuchdrucker Johannes Andreas Müller (* 9. April 1638; † 9. Februar 1705) zurückverfolgen.[11] Müller kaufte die Hofdruckerei am 31. August 1688 von seinem Vorgänger Joachim Heinrich Schmidt.[12] Nach Müllers Tod kam die Druckerei in den Besitz seiner Tochter Gertraude Maria Müller († 22. Juli 1736), die am 11. Januar 1707 den Drucker Johann Leonhard Mumbach (* 10. September 1679) aus Weimar heiratete.[13] Die einzige überlebende Tochter aus dieser Ehe, Johanna Maria Mumbach († etwa 1744), heiratete am 16. Juni 1738 den Drucker Heinrich Ludolf Glüsing (* 4. August 1702; † Sommer 1746) aus Golzwarden.[14] Ihr Sohn Conrad Jacob Leonhard Glüsing (* 25. April 1741) wuchs nach dem frühen Tod seiner Eltern beim Großvater Mumbach auf. Bei dessen Tod am 27. September 1759 ging die „über ein halbes Säculum innegehabte“ Druckerei auf den Enkel über.[15] Zwei Jahre später heiratete der junge Glüsing Johanna Maria Hoffmann (* 1739), eine Tochter des Weimarer Verlagsbuchhändlers Siegmund Heinrich Hoffmann.[16]
In dieser Ehe wurden (mindestens) fünf Töchter und fünf Söhne geboren. Eine Tochter (Hermanns Großmutter) verehelichte sich mit F. H. Bispink in Halle;[17] sie starb Ende 1815.[18] Etwa ab 1802 bemühte sich Glüsing darum, die Druckerei in jüngere Hände zu legen. Nach mehreren Fehlversuchen[19] wurde der Ehemann seiner jüngsten Tochter Augusta Johanna Maria (* Juni 1776[20]) dafür vorgesehen, Christian Friedrich Heinrich Albrecht (* Mai 1786) aus Halle; er wurde nach Glüsings Tod am 29. Juni 1812[21] sein Nachfolger.
Hermann Böhlau erwähnte später gern die lange Verbindung seiner Familie mit der Hofbuchdruckerei. Er kannte jedoch die Details des Übergangs von Müller zu Mumbach nicht; deshalb schrieb er 1877: „Da ich ein Urenkel K. J. L. Gluesingʼs bin, welcher die Druckerei von seinem Grossvater Mumbach erbte, so befindet sich dieselbe nun bereits seit dem Jahre 1707 in dem Besitz meiner Familie.“[22] Tatsächlich war die Druckerei schon 1688 im Besitz der Familie.
Hermann wurde als zweites Kind[23] seiner Eltern zwei Jahre nach ihrer Eheschließung geboren.[24] Anderthalb Jahre später wurde seine Schwester Anna Caroline Louise geboren[25] und weitere zwei Jahre später ein Bruder Reinhold Heinrich Maximilian.[26] Drei Jahre darauf wurde sein Bruder Hugo Heinrich Albert geboren.[27] Die Mutter starb am 12. Mai 1845 im Alter von 48 Jahren.[28] Die Schwester erkrankte fünf Jahre später; Hugo kümmerte sich bis zu ihrem Lebensende (1885) um sie.[29] Hermann ging 1841 nach der Realschule als Lehrling in die Buchhandlung von Johann Friedrich Lippert[30] in Halle, später nach Greifswald und nach Kiel.[9] Sein Vater starb am 28. November 1850 im Alter von 62 Jahren durch „Selbsttödtung“.[31][32]
Ab 1851 versuchte Friedrich Albrecht zusammen mit seinem Schwiegersohn Karl Eduard Horn[33], die Nachfolge der Hofdruckerei zu regeln. Anfang 1853 beschrieb er seine genaue Information über Hermann Böhlau, dessen „vorteilhafte Vermögensverhältnisse“ und seine „tüchtige wissenschaftliche Bildung“. Im Juli ließ Böhlau sich in den Betrieb einführen.[34] Am 4. September war völlige Übereinstimmung hergestellt.[22] Albrecht starb jedoch am 20. September,[35] und der abschließende Vertrag konnte erst mit Albrechts Erben abgeschlossen werden.[36] Den Kauf verband Böhlau mit einem Programm, indem er aus der kleinen lokalen Verlagsbuchhandlung eine Firma machte, die seinen Namen trug: Hermann Böhlau.
Diese Firma entwickelte Böhlau zu einem bedeutenden Großverlag. Der erste große Schritt war die Übernahme[37] der Weimarischen Zeitung mit dem Regierungs-Blatt[38]. Alle diese Aktionen – Erwerb der Druckerei, Betrieb des Verlags, Übernahme der WZ – bedurften der Zustimmung des Großherzogs (bis Juli 1853: Carl Friedrich); dementsprechend erhielt er den Titel Hofbuchdrucker.[39]
Böhlau erweiterte die Weimarische Zeitung wesentlich.[40] Von Dezember 1854 bis Ende 1857 begleitete ein literarisch orientiertes Weimarisches, ab 1856: Weimarer Sonntagsblatt die WZ.[41] 1856 erhielt die WZ den Namen Weimarer Zeitung;[42] nach einer erneuten Erweiterung 1864 hieß sie wieder Weimarische Zeitung.[43] 1871 wurde er zusammen mit dem Redakteur der WZ, Paul von Bojanowski, zum Ritter erster Abteilung des Großherzoglichen Hausordens erhoben.[44]
Böhlau förderte Publikationen im Gebiet der aufblühenden historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft (Indogermanistik); August Schleichers Bücher erschienen ab 1857[45] großenteils bei ihm.
1860 begann Böhlau mit der „Herausgabe von Schriften und Beschäftigungsmitteln nach Fr. Froebelʼschen Grundsätzen“,[46] und er verlegte die Zeitschrift Kindergarten und Elementarklasse (1860–1863) mit ihren Nachfolgern Kindergarten, Bewahr-Schule und Elementar-Klasse (1864–1870) und Kindergarten, Bewahranstalt und Elementarklasse (1871–1904).
Böhlau brachte auf Anregung seines Bruders Hugo ab 1861 die Zeitschrift für Rechtsgeschichte heraus.[47]
Von nationaler Bedeutung waren zwei große „Weimarer Ausgaben“: Es gelang Böhlau nach langjährigen Verhandlungen und gegen starke Konkurrenz,[48] den Auftrag für die kritische Luther-Ausgabe zu erhalten, die 1883 zu erscheinen begann. Das Werk kam erst 2009 zum Abschluss. Weniger aufwändig, aber auf ihrem Gebiet ebenfalls hochbedeutend war die umfangreiche Goethe-Ausgabe, die ihm von der Großherzogin Sophie anvertraut wurde, ab 1887 erschien und 1919 abgeschlossen wurde.
Böhlau engagierte sich in berufsnahen Vereinigungen. Er war Gründungsmitglied des 1858 neugegründeten Gewerbevereins in Weimar, ab Februar 1859 und später wiederholt als Mitglied des Vorstands.[49] Von 1873 bis 1880 war er Mitglied im Vorstand des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.[50] Bei der Gründung der Goethe-Gesellschaft 1885 gehörte er zu den Initiatoren, und von Anfang bis zu seinem Tod war er Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses.[51]
Auch in der lokalen Politik war Böhlau tätig. Er war in zwei Wahlperioden im Weimarer Gemeinderat,[52] und er war Mitglied im ordentlichen Landtag von Sachsen-Weimar-Eisenach 1874 und im außerordentlichen Landtag 1876.[53]
Böhlau war in seinen späten Jahren gesundheitlich geschwächt. Er verkaufte das gesamte Geschäft am 26. Juni 1895. Der Verlag wurde unter dem Namen „Hermann Böhlaus Nachfolger“ weitergeführt.[54]
Hermann Böhlau starb am 1. April 1900 im Alter von 73 Jahren in Weimar. Seine nach einem Entwurf von Bruno Eelbo errichtete Grabstätte auf dem dortigen Hauptfriedhof ist erhalten.[55]
Böhlau war Mitglied der Weimarer Freimaurerloge „Anna Amalia zu den drei Rosen“.[56] Er war sehr eng befreundet mit dem damaligen Landesgerichtspräsidenten und Landtagspräsidenten Julius Appelius und wurde Patenonkel dessen ersten Sohnes Max Appelius.
Böhlau verehelichte sich am 28. August 1854[57] mit Therese Thon (* 10. Februar 1831,[58] † 20. November 1911[59]), Tochter von Therese Thon geb. Kirsten (1801‒1887) und ihrem Ehemann Ottokar Thon (1792‒1842).
Der Ehe entstammten drei Kinder:
Die Ehefrau Therese Böhlau verfasste eine detaillierte Biographie ihres Vaters, die sie ihren Enkeln widmete,[66] und eine Erinnerungsschrift über ihre Kindheit und Jugend, die sie ihren Enkelinnen Wette von Westernhagen und Ruth Vollert widmete.[67]
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