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französischer katholischer Theologe, Jesuit und Kardinal Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Henri Kardinal de Lubac SJ (* 20. Februar 1896 in Cambrai; † 4. September 1991 in Paris) war ein französischer katholischer Theologe und Jesuit. Papst Johannes Paul II. kreierte ihn zum Kardinal.
Henri de Lubac trat nach kurzem Jurastudium am 9. Oktober 1913 der Gesellschaft Jesu bei. 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, wurde er eingezogen und erlitt 1917 eine schwere Kopfverwundung, deren Folgen ihn zeitlebens belasteten, immer wieder musste er seine Arbeit aussetzen.[1] Umso bemerkenswerter ist sein umfangreiches Werk. 1927 wurde er zum Priester geweiht. Von 1929 bis 1961 war er Professor für Fundamentaltheologie und Religionsgeschichte am Institut catholique in Lyon. Während des Zweiten Weltkrieges war er zeitweise wegen seiner Mitarbeit im französischen Widerstand im Untergrund.[2] Im Jahr 1938 erschien sein programmatisches Werk Catholicisme (dt. 1943), das aus der theologischen Tradition die universale Heilsbedeutung der Kirche neu akzentuierte. Seit 1950 hatte er wegen seiner Gnadenlehre (insbesondere Surnaturel, 1946) vom Orden acht Jahre Lehrverbot und veröffentlichte in dieser Zeit drei Bücher über den Buddhismus. Gleichwohl wählte Kardinal Pierre-Marie Gerlier, Erzbischof von Lyon, ihn zu seinem Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil. Am 2. Februar 1983 wurde er von Papst Johannes Paul II. ohne vorherige Bischofsweihe als Kardinaldiakon mit der Titeldiakonie Santa Maria in Domnica in das Kardinalskollegium aufgenommen, um damit sein theologisches Lebenswerk zu würdigen. Noch 1969 hatte Lubac die Ernennung zum Kardinal abgelehnt.
Lubac gilt zusammen mit Marie-Dominique Chenu, Jean Daniélou und Yves Congar als Vorreiter der Nouvelle théologie. Sie stellte sich dem Problem der Unveränderlichkeit und der Geschichtlichkeit der Wahrheit auf neue Weise, wollte die Gotteserkenntnis und das Verhältnis zwischen Natur und Gnade sowie zu den nichtchristlichen Religionen theologisch neu bestimmen und einen Dialog mit dem Marxismus führen. Damit waren Hauptthemen des Zweiten Vatikanischen Konzils vorgedacht.
Die genannten Theologen verstanden ihre „neue“ Theologie nie in dem Sinne, als sei die Tradition der Kirche fortan unbeachtlich und Theologie „vernünftig“ nur im Rahmen des derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes möglich. Lubac erinnerte vielmehr daran, dass gerade das katholische Dogma Gemeinschaft (lat. „communio“) stiftet.
Lubac beeinflusste im deutschsprachigen Raum vor allem die Theologen Karl Rahner, Hans Urs von Balthasar, Joseph Ratzinger, Karl Lehmann, Erhard Kunz und Walter Kasper. Über theologische Fachkreise hinaus auch in der Mediävistik vielbeachtet wurde sein monumentales Kompendium zur Geschichte des vierfachen Schriftsinns (Exégèse médiévale: les quatre sens de l’écriture, Paris 1959–1964), das an Vorstudien seit Ende der 1940er Jahre anknüpft.
Die „nachkonziliare Krise“ veranlasste Lubac, wieder deutlich zugunsten der Tradition zu argumentieren. So diagnostizierte er: „Die Tradition der Kirche wird verkannt und nur noch als Last empfunden. (…) Dieser Tradition, die glaubend empfangen und im Glauben weitergeführt wird, stellt man vermessen die eigene persönliche ‚Reflexion‘ entgegen.“[3]
1968 wurde Henri de Lubac für sein Werk Images de l’abbé Monchanin und für sein Lebenswerk mit dem Grand prix catholique de littérature geehrt.
Die französische Bischofskonferenz beschloss im März 2023, den Seligsprechungsprozess für Henri de Lubac zu eröffnen.[4]
in der Reihenfolge des Erscheinens der französischen Erstausgaben
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