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deutsche Psychologin und Schriftstellerin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Helga Schubert, Realname Helga Helm, (* 7. Januar 1940 in Berlin) ist eine deutsche Schriftstellerin und Psychologin, die in den 1960er-Jahren neben ihrer Berufsausübung mit dem Schreiben begann. In der DDR veröffentlichte sie Kinderbücher und Prosatexte, in denen sie auf stilistisch ungewöhnlich präzise Art Schicksale aus dem Alltag schildert. Hinzu kamen Theaterstücke, Hörspiele, Fernsehspiele und Filmszenarien. Anfang der 1990er Jahre machte Schubert sich vor allem durch ihr dokumentarisches Werk Judasfrauen einen Namen. Einem breiten Publikum wurde die Autorin durch die Auszeichnung mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis 2020 bekannt. Schubert lebt und arbeitet zurückgezogen auf dem Land in der Nähe von Schwerin. Im Film Sonntagskind von Jörg Herrmann erzählt sie über ihr Leben.
Helga Schubert ist die Tochter einer Volkswirtin, die als Bibliothekarin tätig war, und eines Gerichtsassessors, der 1941 als Soldat im Zweiten Weltkrieg fiel. Sie wuchs in Ost-Berlin auf. Im Jahr 1957 legte sie ihre Reifeprüfung ab und arbeitete anschließend ein Jahr lang in einem Berliner Industriebetrieb am Band. Von 1958 bis 1963 studierte sie Psychologie an der Humboldt-Universität und erwarb den Grad einer Diplom-Psychologin. Sie war von 1963 bis 1977 im Hauptberuf und von 1977 bis 1987 nebenberuflich als klinische Psychologin tätig. Bis 1973 wirkte sie dabei in der Erwachsenen-Psychotherapie, von 1973 bis 1977 war sie wissenschaftlich – mit dem Ziel einer Promotion – an der Humboldt-Universität tätig. Diese Promotion wurde nicht vollendet. Von 1977 bis 1987 wirkte sie an der Ausbildung von Gesprächstherapeuten und in einer Eheberatungsstelle in Berlin mit.
In den Jahren 1976 bis 1989 wurde Helga Schubert vom Ministerium für Staatssicherheit wegen des Verdachts der „staatsgefährdenden Hetze und Diversion“ observiert, da sie sich in einer Gruppe mit Ulrich Plenzdorf und Stefan Heym an einer Berlin-Anthologie beteiligt hatte.[1]
In der Zeit der Wende und friedlichen Revolution in der DDR war sie von Dezember 1989 bis März 1990 parteilose Pressesprecherin des Zentralen Runden Tisches in Ost-Berlin. In Vorbereitung auf die Bundestagswahl 1994 wurde sie als Parteilose von der CDU-Parteigruppe von Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg innerhalb eines Tages gebeten und auch gewählt, im Wahlkreis Mitte-Prenzlauer Berg gegen Stefan Heym (PDS) und Wolfgang Thierse (SPD) anzutreten. Sie zog diese Kandidatur nach drei Tagen aus persönlichen Gründen zurück.
Schubert publiziert seit 1975 und gehörte seit 1975 zunächst dem Schriftstellerverband der DDR und seit 1987 dem P.E.N.-Zentrum der DDR an. Von 1987 bis 1990 war sie vier Jahre lang Mitglied der Jury des Ingeborg-Bachmann-Preises. Nach der deutschen Wiedervereinigung wechselte sie 1991 zum PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland. Ihre 1990 erschienenen „zehn Fallgeschichten weiblicher Denunziation“ mit dem Titel Judasfrauen behandeln das Thema „Denunziantinnen im Dritten Reich“ auf der Grundlage von Aktenstudien.[2][3]
Nach fast 20-jähriger Publikationspause erschien 2021 ihr Erzählungsband Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten.[4] Das Werk wurde im Jahr seiner Veröffentlichung für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik nominiert.[5]
Sie war in erster Ehe mit dem Maler und Grafiker Rolf Schubert (1932–2013) verheiratet. Die Ehe, aus der ein Sohn hervorging, wurde Mitte der sechziger Jahre geschieden. 1976 heiratete sie den Maler und früheren Professor für Klinische Psychologie, Johannes Helm, beide leben seit 2008 in Neu Meteln bei Schwerin[6] – auch bekannt als Künstlerkolonie Drispeth. In ihrem 2023 erschienenen Erzählband Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe hat sie ihr Leben mit ihrem pflegebedürftigen Mann verarbeitet, um den sie sich kümmert.[7]
1980 wurde Schubert auf Vorschlag von Günter Kunert zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur nach Klagenfurt eingeladen, bei denen der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen wird. Sie erhielt jedoch keine Genehmigung zur Ausreise aus der DDR nach Österreich. Begründet wurde die Entscheidung unter anderem damit, dass es keine „deutsche Literatur“ gebe; das Unternehmen „Bachmannpreis“ sei nur dazu da, um dieses Phänomen der deutschen Literatur voranzutreiben. Zudem war Marcel Reich-Ranicki Juryvorsitzender; ihn sah die Stasi als „berüchtigten Antikommunisten“ an.
1987 und in den folgenden Jahren – Reich-Ranicki war nicht mehr Vorsitzender – gehörte sie der Jury an.
2020, im Alter von 80 Jahren, wurde sie auf Vorschlag von Insa Wilke erneut zur Teilnahme eingeladen – und entschied ihn mit ihrem Text Vom Aufstehen für sich.[8][6][9] Er sei eine Hommage an Ingeborg Bachmanns Erzählung Das dreißigste Jahr, die mit einer Reflexion über das Aufstehen beginnt und die den Protagonisten am Ende zum Aufstehen auffordert – Ich sage dir: Steh auf und geh! Es ist dir kein Knochen gebrochen –, sagte Schubert in ihrer Dankesrede, die sie live in einer Videoübertragung von zu Hause aus hielt. Ursprünglich hätte sie den Text, anspielend auf ihr eigenes Alter und Ingeborg Bachmanns Text, Das achtzigste Jahr nennen wollen, habe die Idee dann aber verworfen.[10]
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