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schweizerischer Sonderpädagoge, Erwachsenenbildner und Didaktiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hans Furrer (* 28. September 1946 in Zürich) ist ein Schweizer Sonderpädagoge, Erwachsenenbildner und Didaktiker.
Furrer machte zuerst eine Berufslehre als Reproduktionsfotograf (1962–1966). Nach Abschluss des Abiturs im Fernstudium (1968) studierte er Mathematik, Chemie und Physik an der Universität Zürich und schloss 1973 mit dem 2. Vordiplom ab (was heute in etwa einem Bachelor entspräche).
Daneben hat er als Berufsfachschullehrer an der Schule für Gestaltung die Fächer Drucktechnik, Reprofotografie und Chemie unterrichtet. In diesem Zusammenhang besuchte er 1969 einen Semesterkurs in Drucktechnik an der Kunsthochschule in Dresden.
Anschliessend liess er sich am Lehrerseminar Zürichberg (heute Pädagogische Hochschule) zum Primarlehrer ausbilden und unterrichtete von 1975 bis 1980 an der Primarschule Auzelg in Zürich-Schwamendingen. Von 1980 bis 1986 war er pädagogischer Mitarbeiter an der Arbeitsstelle Mathematik des Pestalozzianums Zürich, wo er an den Mathematik-Lehrmitteln für die Primarschule mitarbeitete und Weiterbildungskurse für die neuen Lehrmittel leitete. In dieser Zeit unterrichtete er auch als Lehrbeauftragter für Mathematik-Didaktik an verschiedenen Lehrerbildungsanstalten in der Schweiz.
1981–1984 studierte er neben den obengenannten Tätigkeiten an der Universität Zürich Pädagogik, Sonderpädagogik und Mathematik und schloss diese Studien mit dem Lizentiat ab. Der Titel seiner Lizentiatsarbeit war „Die Interdependenz von Schule und Ökonomie in der Dritten Welt“. Die praktischen Erfahrungen zu diesem Thema machte er anlässlich verschiedener Forschungs- und Arbeitsaufenthalte in Mali, Togo, im Sudan, in Eritrea und in Kampuchea. Theoretisch geht er dabei aus von der ökonomischen Idee der "Self-reliance", wie sie in den 60er-Jahren in Tansania vertreten wurde und bis heute in Eritrea praktiziert wird und stützt sich dabei auf die Werke von Samir Amin und dessen Theorie der autozentrierten Entwicklung.
1984–1986 war er Lehrer an der Sonderschule der Stadt Zürich für Sehbehinderte und Blinde. Er promovierte 1986 bei Andreas Bächtold mit einer Arbeit in Sonderpädagogik mit dem Titel „Annäherungen an einen Behinderungsbegriff des kommunikativen Handelns“, in welcher er versuchte die Habermas'schen Kategorien 'Lebenswelt' und 'System' für eine Neufassung des Behinderungsbegriffs fruchtbar zu machen.
1986–1989 war er Lehrbeauftragter für Erziehungswissenschaft und Didaktik an der Abteilung für Fach- und Sekundarlehrerausbildung an der Universität Zürich. Ab 1989 baute er in Bern die Volkshochschule für Erwachsene mit kognitiver Beeinträchtigung auf, die heutige 'Volkshochschule plus', die er bis 1998 leitete und an welcher er bis heute Erwachsenenbildungskurse für kognitiv beeinträchtigte Menschen zu den verschiedensten Themen durchführt. In den 90er-Jahren war er Mitglied des erweiterten Präsidiums der internationalen Gesellschaft 'Erwachsenenbildung und Behinderung' und mehrere Jahre Redaktor der Zeitschrift 'Erwachsenenbildung und Behinderung'.
Nachdem er bereits 1969/70 als Reiseleiter tätig gewesen war (insbesondere in Bulgarien), führt er seit 1994 regelmässig Bildungs- und Kulturreisen durch.
Ab 1994 war er Studienleiter am Berner Seminar für Erwachsenenbildung (BSE). Dort entwickelte er zusammen mit Kollegen des BSE eine kompetenz- und ressourcenorientierte Didaktik der Erwachsenenbildung, das sogenannte „Berner Modell“. Ab 2005 und unterrichtete er an der „Akademie für Erwachsenenbildung“ in Bern, Luzern und Zürich die Fächer Didaktik, Entwicklungspsychologie und Sozialisation am Master-Lehrgang für 'Adult & Professional Education'.
2004–2007 studierte er orientalische Kulturwissenschaft (Islamwissenschaft) an der Universität Bern und schrieb Arbeiten zur Kolonialgeschichte von Libyen, zu Tigrinya und zur Geschichte des Buchdrucks im Islam.
Daneben war und ist er auch nach seiner Pensionierung (2011) in verschiedensten Bereichen der Erwachsenenbildung aktiv, unter anderem in Berufsbildung, Migration, Sonderagogik und der Begleitung von Kompetenz-Portfolios.
Seit 2012 ist er periodisch als Teachers-Trainer für die Berufsschullehrer am „centre for vocational training“ in Yangon (Myanmar) tätig.
Seit den frühen 1960er-Jahren beteiligte sich Furrer in der Unterstützungsbewegung für den vietnamesischen Befreiungskampf und gegen die US-amerikanische Kriegsführung. (Seine antiimperialistische Gesinnung richtete sich nicht nur gegen den US-, sondern gleichzeitig auch gegen den Sowjet-Imperialismus. 1970 hielt er anlässlich der Einweihung einer Gedenktafel zum 100. Geburtstag Lenins in Primorsko in Bulgarien eine Rede, in welcher er die Sowjetunion beschuldigte, das Erbe Lenins verraten zu haben, was zu einer Intervention des bulgarischen Geheimdienstes KDS führte.)
Ab 1968 war er aktiv in der Lehrlings- und Studentenbewegung und der internationalen Solidaritätsbewegung. So war er zuerst Mitglied der Fortschrittlichen Arbeiter, Schüler und Studenten (FASS) und der Fortschrittlichen Studentenschaft an der Universität Zürich (FSZ) und in deren Nachfolgeorganisation Revolutionäre Aufbauorganisation Zürich (RAZ). In der auf die Studentenbewegung folgenden Parteiaufbau-Phase wurde er Gründungs- und Führungsmitglied der marxistisch-leninistischen „Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS – Rote Fahne)“ und beteiligte sich aktiv in der Internationalen Solidarität gegen den Vietnamkrieg, den spanischen und griechischen Faschismus und gegen die fremdenfeindlichen Tendenzen in der Schweiz. So war er Gründungsmitglied und erster Präsident der Organisation der italienischen Immigranten in der Schweiz „Federazione Italiano degli Lavoratori Emigrati“ (FILE) einer Massenorganisation der PCmlI. Er war auch Mitglied des „Indochina-Komitees Zürich“ und später des „Komitees Demokratisches Kampuchea“.
All diese seine Tätigkeiten wurden von der Bundespolizei scharf beobachtet und anlässlich des sogenannten Fichenskandals von 1990 wurde ihm mitgeteilt, dass über ihn 2,7 kg Staatsschutzakten bestünden und diese wurden ihm teilweise offengelegt.
Furrer ist seit Ende der 1970er-Jahre auch Mitglied des „Schweizerischen Unterstützungskomitees für Eritrea“ (SUKE) und hat Eritrea verschiedentlich bereist und dort in Projekten mitgearbeitet. In den 1980er-Jahren war er ‚Secrétaire Pédagogique pour la cooperation pédagogique en Afrique’ des Schweizerischen Lehrerverbandes und hat Projekte in Mali, Togo und Zaïre geleitet und in Mali und Togo in der Lehrerweiterbildung unterrichtet.
Während einiger Jahre unterrichtete er mit einem kleinen Pensum an der ‚Vorlehre für junge Migranten’ in Bern Mathematik. In seiner Wohngemeinde Boll-Vechigen war er sowohl in der Kindergartenkommission als auch der Kulturkommission tätig und leistete auch Freiwilligenarbeit als Funktionär des Eishockeyclubs Boll.
Seit 2012 ist er periodisch als Teachers-Trainer für die Berufsschullehrer am „centre for vocational training“ (cvt) in Yangon (Myanmar) tätig. Das cvt ist eine Einrichtung einer privaten Stiftung, die in Myanmar in fünf Berufen das duale Berufsbildungssystem eingeführt hat. Furrer führt jährlich einen Monat lang das Teachers Training, d. h. die Weiterbildung der myanmarischen Berufsschullehrer durch.
Seit dem Herbst 2015 versucht er in Eritrea verschiedene Projekte für eine duale Berufsbildung zu verwirklichen, um so einen Beitrag zur Verringerung der Migration aus Eritrea zu leisten.
Bereits in seinen frühen, kürzeren politischen Arbeiten nahm Furrer stets einen dezidiert antifaschistischen und antiimperialistischen Standpunkt ein. Diese Haltung kommt aber auch in seinen sonderpädagogischen und erwachsenenbildnerischen Schriften zum Ausdruck. Er ergreift darin immer implizit oder explizit für benachteiligte Menschen und Gruppen Partei, seien dies Menschen mit einer Beeinträchtigung, Migranten oder die Völker der Dritten Welt.
Als überzeugter und doch kritischer Marxist geht er in den meisten seiner Schriften aus vom Grundwiderspruch der heutigen Gesellschaft, der privaten Aneignung des gesellschaftlich erarbeiteten Wohlstandes. Immer wieder nimmt er Bezug auf das Warenkapitel des Marx'schen 'Kapital' und entwickelt einige seiner bildungs- und kulturkritischen Arbeiten aus dem Gegensatz von Gebrauchswert und Tauschwert. Mit Rückgriff auf die Arbeiten von Alfred Sohn-Rethel macht er diesen Widerspruch auch in seinen Arbeiten zur Entwicklung des Zahlbegriffs beim Kinde und in seiner Kritik des Qualitätsbegriffs fruchtbar. In verschiedenen Arbeiten versucht er die beiden Kategorien des Gebrauchs- und Tauschwertes mit der Genderfrage und der Habermas'schen Dualität von Lebenswelt und System in Einklang zu bringen. In der Genderfrage stützt er sich dabei auf die Wertabspaltungstheorie von Roswitha Scholz und Robert Kurz. Etwas vereinfacht kann gesagt werden, dass für ihn Qualität, Lebenswelt und Gebrauchswert eher weibliche, Quantität, System und Tauschwert eher männliche Kategorien sind. In diesem grösseren Ganzen muss auch seine Kritik am Zerfall der Bildung in der postmodernen Gesellschaft (u. a. durch die Bologna-Reform) und an der totalen – ja, totalitären – Ökonomisierung und Standardisierung aller Lebensbereiche gesehen werden (Big Data). Dabei wird auch seine Auseinandersetzung mit der kritischen Theorie, insbesondere mit Theodor W. Adorno, Walter Benjamin und Herbert Marcuse sichtbar. Für die philosophischen Arbeiten Furrers sind auch Ernst Bloch und Georg Lukács sehr wichtig. In seinen bildungspolitischen Schriften bezieht er sich auf Ivan Illich und Paolo Freire, bei dem er auch mehrere Seminare besuchte.
In seinen erwachsenenbildnerischen und didaktischen Schriften nimmt er Bezug auf die Tätigkeitstheorie und die Arbeiten der kulturhistorischen Schule (Wygotski, Leontjew aber auch Christel Manske). Dabei steht der Arbeitsbegriff im Zentrum. Als Marxist ist er der Ansicht, dass sich der Mensch durch seine Fähigkeit zur kreativen Arbeit vom Tier unterscheidet. Bildung kann sich der Mensch daher nur durch selbstintendiertes Tun zu Eigen machen. In seinem 'Berner Modell' und darauf Bezug nehmenden Arbeiten, versucht er dieses Menschenverständnis in einer ressourcenorientierten Didaktik umzusetzen.
In seinen neuesten Arbeiten zur Inklusion in der Erwachsenenbildung geht er zurück auf Hegel und dessen Anerkennungstheorie und verbindet diese mit Ansätzen von Judith Butler und Jessica Benjamin. In der kritischen Auseinandersetzung mit der Inklusion vertritt er die These, dass Inklusion nicht möglich ist, solange wir in einer Leistungsgesellschaft leben.
In seiner Beschäftigung mit Hegel interessiert ihn insbesondere die frühe Berner Periode und die Auseinandersetzung Hegels mit der französischen Revolution.
Personendaten | |
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NAME | Furrer, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | schweizerischer Sonderpädagoge, Erwachsenenbildner und Didaktiker |
GEBURTSDATUM | 28. September 1946 |
GEBURTSORT | Zürich |
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