Gustav Wustmann, Sohn eines Beamten, besuchte nach der Garnisonfreischule von 1854 bis 1862 die Kreuzschule in Dresden. Anschließend siedelte er nach Leipzig über, wo er an der dortigen Universität bis zum Jahr 1866 klassische Philologie studierte und mit einer Arbeit über den griechischenMalerApelles promoviert wurde. Unmittelbar nach dem bestandenen Staatsexamen arbeitete Wustmann zunächst kurzzeitig als Probe- und Hilfslehrer an der Thomasschule, bevor er noch im gleichen Jahr als vollwertiger Gymnasiallehrer an die Nikolaischule versetzt wurde.
1881 verließ er die Nikolaischule als Oberlehrer, um die Leitung des Leipziger Ratsarchivs, das mit seinem Eintritt in Stadtarchiv umbenannt wurde, und der örtlichen Stadtbibliothek zum 1.Oktober zu übernehmen. In der städtischen Bibliothek war Wustmann bereits seit 1871 ehrenamtlich als Sekretär tätig; eine erste Bewerbung im Stadtarchiv, in der er eine wissenschaftliche Betreuung des Archivguts anregte, wurde 1876 noch abgelehnt.[1] 1882 übernahm er außerdem für neun Jahre den Vorsitz des Vereins für die Geschichte Leipzigs.[2] 1897 wurde Wustmann zum Professor ernannt.[3] Bis zu seinem Tod infolge einer schweren Darmoperation leitete Gustav Wustmann sowohl das Archiv als auch die städtische Bibliothek von Leipzig.
Gustav Wustmann heiratete 1870 Marie Aumüller und hatte mit ihr vier Söhne und eine Tochter, darunter den Musikforscher und Kulturhistoriker Rudolf Wustmann (1872–1916). Die Familie bewohnte ein Haus im Gohliser Schillerweg.[4]
Nachdem Gustav Wustmann bereits seit 1879 als Mitarbeiter der Zeitschrift Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst mit Beiträgen in Erscheinung getreten war, in denen er den sprachlichen Stil deutscher Tageszeitungen kritisierte, veröffentlichte er im Jahr 1891 Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen. Das in zahlreichen Auflagen erschienene Buch wurde weithin bekannt.[5]
In seiner Zeit als Vorsteher des Leipziger Stadtarchivs und der städtischen Bibliothek veröffentlichte Wustmann zahlreiche wissenschaftlich fundierte, aber leicht lesbare Bücher und Aufsätze zur Stadtgeschichte. Was die Qualität seiner regional- und stadthistorischen Schriften betrifft, gehören die Veröffentlichungen allgemein anerkannt zu den grundlegenden Quellen zur Geschichte Leipzigs und seiner Umgebung.
Beiträge zur Geschichte der Malerei in Leipzig vom XV. bis zum XVII. Jahrhundert (= Beiträge zur Kunstgeschichte. 2). E. A. Seemann, Leipzig 1879, SWB Online-Katalog095232079.
Als der Großvater die Großmutter nahm. Ein Liederbuch für altmodische Leute. Grunow, Leipzig 1886 (archive.org). 5. Auflage, bearbeitet von Anton Kippenberg und Friedrich Michael: Insel, Leipzig 1922 (archive.org); Neuveröffentlichung als Insel-Taschenbuch Nr. 903: Insel, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-458-32603-0.
Quellen zur Geschichte Leipzigs. Veröffentlichungen aus dem Archiv und der Bibliothek der Stadt Leipzig. [2 Bände]. Duncker & Humblot, Leipzig 1889–1895 (Digitalisat).
(Hrsg.): Leipzig durch drei Jahrhunderte. Ein Atlas zur Geschichte des Leipziger Stadtbildes im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Duncker & Humblot, Leipzig 1891, DNB361913214.
Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen. Ein Hilfsbuch für alle, die sich öffentlich der deutschen Sprache bedienen. Grunow, Leipzig 1891. Weitere, jeweils verbesserte und vermehrte Auflagen zu Lebzeiten: 2. Auflage 1896; 3. Auflage 1903 (Digitalisat); 4. Auflage 1908 (Digitalisat). – Reprint der 3. Auflage: Kessinger, Whitefish MT 2008, ISBN 978-1-4367-6436-0.
Die sprichwörtlichen Redensarten im deutschen Volksmund nach Sinn und Ursprung erläutert. J. A. Brockhaus, Leipzig 1894 (vollständig neu bearbeitete Auflage des erstmals 1888 von Wilhelm Borchardt verfassten Werkes; weitere, verbesserte Auflagen zu Lebzeiten), DNB450557766 (7. Auflage).
Bilderbuch aus der Geschichte der Stadt Leipzig für alt und jung. Zieger, Leipzig 1897 (Digitalisat); Nachdruck: Reprintverlag, Leipzig 1990, ISBN 978-3-7463-1655-0.
Geschichte der Stadt Leipzig. Band 1. Hirschfeld, Leipzig 1905, DNB368730905.
Geschichte der Leipziger Stadtbibliothek. Erste Hälfte. 1677 bis 1801. Verlag von C. L. Hirschfeld, Leipzig 1906, urn:nbn:de:bsz:14-db-id18326880035.
Der Leipziger Kupferstich im 16., 17. und 18. Jahrhundert (= Neujahrsblätter der Bibliothek und des Archivs der Stadt Leipzig. 3). Hirschfeld, Leipzig 1907, DNB1003583644.
Jakob Minor: Allerhand Sprachgrobheiten. Eine höfliche Entgegnung. Cotta, Stuttgart 1892 (Google Books).
Ernst Kroker, Paul Benndorf: Der Verein für die Geschichte Leipzigs in den ersten fünfzig Jahren von 1867 bis 1917 (= Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs 12). Leipzig 1917, DNB363917810.
Bernd Weinkauf: Nachwort. In: Gustav Wustmann: Bilderbuch aus der Geschichte der Stadt Leipzig für jung und alt. Reprint der Originalausgabe Leipzig 1897. Reprintverlag, Leipzig 1990, ISBN 978-3-7463-1655-0, S. III-V.
Axel Frey: Dem Leipziger Stadtbibliothekar und erstem Direktor des Ratsarchives Gustav Moritz Wustmann zum 150. Geburtstag. In: Sächsische Heimatblätter 40 (1994), Nr. 2, DNB012642665, S. 361–363.
Andreas Höhn: Autor, Buchnarr, Archivar – Zum 100. Todestag von Gustav Wustmann. In: Leipziger Blätter 57 (2010), ISSN0232-7244, S. 62–63.
Anett Müller: Die Gründung des Stadtarchivariats und statistischen Bureaus der Stadt Leipzig. In: Archive – Netzwerke der Gegenwart, Brücken zwischen Vergangenheit und Zukunft. Kolloquium zum Jubiläum 125 Jahre Stadtarchiv Leipzig. Universitätsverlag, Leipzig 2007, S. 131.
Walter Fellmann: Die Schriften des Vereins. In: 125 Jahre Leipziger Geschichtsverein 1867–1992 (= Schriften des Leipziger Geschichtsvereins. NF 1). Sax-Verlag, Beucha 1992, S. 14.
Gottfried Fischer: Sprachpfleger Gustav Wustmann (1844–1910). Der Genaue. In: Wiener Sprachblätter. Zeitschrift für gutes Deutsch, 3. Jg., 2002, S. 76 ff. (online (Memento vom 4. April 2008 im Internet Archive)).