Gustav Hugo war der Sohn des badischen Landschreibers, ursprünglich Hofrat am markgräflich-badischen Hof in Karlsruhe, Johann Michael Hugo (1718–1799) und Sophia Elisabeth H., geb. Morstadt (1725–1784). Im Alter von 14 Jahren ging er für zwei Jahre auf das Gymnasium Mömpelgard (heutiges Montbéliard), das seinerzeit noch unter württembergischer Herrschaft stand. Da er auf einer französischen Schule war, kam er früh mit der Literatur Voltaires in Berührung, was er selbst als einen der „entscheidendsten Punkte“ seines Lebens bezeichnete.[1] 1779 wechselte er bis 1782 auf das Gymnasium nach Karlsruhe. Von dort aus ging er 1782 zur Universität Göttingen, wo er drei Jahre Rechtswissenschaften studierte. Nachdem er zum Lehrer von Johann Georg von Anhalt-Dessau (1748–1811) ernannt worden war, promovierte er 1788 an der Universität Halle. Im gleichen Jahr wurde er als außerordentlicher Professor nach Göttingen zurückgerufen, wo er 1792 dann ordentlicher Professor wurde. Rufe nach Heidelberg und Halle lehnte er ab. 1802 erfolgte die Ernennung zum Hofrat. Gustav Hugo war seit 1797 mit Julie Sophie H., geb. Mylius (1774–1821) verheiratet. Die gemeinsame Tochter Pauline Hugo ehelichte Karl Otfried Müller.
Im Vorwort zu seinem Beiträge zur civilistischen Bucherkenntniss der letzten vierzig Jahre (1828–1829) skizziert er die Bedingungen, unter denen zu der Zeit in Göttingen Zivilrecht gelehrt werden konnte. Gustav Hugo pflegte eine ausgesprochen persönliche und vertrauensvolle Korrespondenz sowie eine freundschaftliche Beziehung zu den Brüdern Grimm.
Da im Bestand der Gesetzgebung seiner Zeit das römische Recht mit seinen germanischen Elementen ohne kritischen Abgleich unterschiedslos miteinander verwoben war – aus Praktikabilitätsgründen abgestellt auf ein angeblich Ganzes – konnte man nicht mehr sagen, ob die historische Wahrheit oder die praktischen Beweggründe stärker präjudiziert waren. Das ließ methodisch eine fehlerbehaftete Rechtstradition entstehen. Mit diesem Übel nahm Gustav Hugo den Kampf auf, als er zum Begründer der Historischen Schule avancierte. Maßgeblich weitergeführt und ausgebaut wurde sie dann von Friedrich Carl von Savigny. Hugo folgte dem auf den HochklassikerGaius zurückgehenden Institutionensystem. Er analysierte besonders kritisch das Obligationenrecht (Vorläuferbegriff zum „gesamten bürgerlichen Recht“).[3] Er prägte den sich alsbald etablierenden Begriff des „heutigen römischen Rechts“[4] als „Juristenrecht“.
Sein Hauptwerk ist das in sieben Bänden erschienene Lehrbuch eines civilistischen Cursus (1792–1821), daneben ist das in sechs Bänden erschienene Zivilistische Magazin (1790–1837) von Bedeutung. Im zweiten Band des „civilistischen Cursus“ befasst sich Hugo mit dem Naturrecht unter dem Titel Naturrecht als einer Philosophie des positiven Rechts, besonders des Privatrechts. Bis in die Gegenwart wird das Werk im Lichte einer Fortsetzung der kantischen Rechtslehre interpretiert.[1]
Institution des heutigen Römischen Rechts. August Mylius, Berlin 1792.
Lehrbuch eines civilistischen Cursus
Band I: Lehrbuch der juristischen Encyclopädie. 1. Auflage. August Mylius, Berlin 1792. mdz-nbn-resolving.de (7. Auflage. August Mylius, Berlin 1823)
Band II: Lehrbuch des Naturrechts. 1. Auflage. August Mylius, 1798. (4. Auflage. August Mylius, Berlin 1819. mdz-nbn-resolving.de)
Band III: Lehrbuch der Rechtsgeschichte. 1. Auflage. August Mylius, Berlin 1790. mdz-nbn-resolving.de (11. Auflage. Erste Abtheilung. August Mylius, Berlin 1832. mdz-nbn-resolving.de; 11. Auflage, Zweyte Abtheilung. August Mylius, Berlin 1832. mdz-nbn-resolving.de)
Band IV: Lehrbuch des heutigen Römischen Rechts. 1. Auflage. August Mylius, Berlin 1790. (7. Auflage. August Mylius, Berlin 1826. mdz-nbn-resolving.de)
Band V: Philosophische Encyclopädie. August Mylius, Berlin 1802.
Band VI: Civilistische Literärgeschichte. 1. Auflage. August Mylius, Berlin 1812. (3. Auflage, August Mylius, Berlin 1830)
Band VII: Chrestomathie von Beweisstellen für das heutige Römische Recht. 1. Auflage. August Mylius, Berlin 1802. (3. Auflage. August Mylius, Berlin 1820. mdz-nbn-resolving.de)
Arno Buschmann: Ursprung und Grundlagen der geschichtlichen Rechtswissenschaft. Untersuchungen und Interpretationen zur Rechtslehre Gustav Hugos (= Diss. Rechtswiss., Münster. 1963). Selbstverlag, Münster 1963.
Aliki Lavranu: Historizität und Verbindlichkeit von Werten. Zu Gustav Hugos Rechtsphilosophie und zu Friedrich Carl von Savignys Rechtslehre (= Diss., Sozialwiss., Göttingen. 1996). Selbstverlag, Göttingen 1996.
Einzelne Beiträge
Okko Behrends: Gustav Hugo – Der Skeptiker als Wegbereiter der vom Geist der Romantik geprägten Historischen Rechtsschule. In: ders. (Hrsg.): Edward Gibbon: Historische Übersicht des Römischen Rechts. übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Gustav Hugo. Wallstein Verlag, Göttingen 1996, S. 159–226.
Arno Buschmann: Naturrecht und geschichtliches Recht. Gustav Hugos Rechtsphilosophie und die Anfänge der geschichtlichen Rechtswissenschaft. In: Okko Behrends, Dietmar von der Pfordten, Eva Schumann, Christiane Wendehorst (Hrsg.): Elementa iuris. Vorträge zur feierlichen Eröffnung des Instituts. (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen. Bd. 1). Nomos, Baden-Baden 2009, ISBN 978-3-8329-4473-5, S. 17–40.
Wilhelm Ebel: Gustav Hugo – Professor in Göttingen. (= Göttinger Universitätsreden. Heft 45). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1964.
Heinrich Eyssenhardt: Zur Erinnerung an Gustav Hugo. Beitrag zur Geschichte der Rechts-Wissenschaft. Verlag Decker, Berlin 1845. (mdz-nbn-resolving.de)
Hans-Peter Haferkamp: Gustav Hugo zum 250. Geburtstag. In: Zeitschrift für Europäisches Privatrecht. 2015, S. 105–127.
Fritz von Hippel: Gustav Hugos Juristischer Arbeitsplan. Ein Beitrag zur Wiedergewinnung juristischer Arbeitseinheit (Habilitationsvortrag 1931), erneut in: ders. (Hrsg.): Rechtstheorie und Rechtsdogmatik. Studien zur Rechtsmethode und zur Rechtserkenntnis. Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1964, S. 47–90.
Ernst Landsberg: Kant und Hugo. Philosophisches und Civilistisches von 1800 und 1900. In: Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart. Band 28, 1901, S. 670–686.
Joachim Rückert: „...dass dies nicht das Feld war, auf dem er seine Rosen pflücken konnte...“? Gustav Hugos Beitrag zur Juristisch-Philosophischen Grundlagendiskussion nach 1789. In: Ralf Dreier (Hrsg.): Rechtspositivismus und Wertbezug des Rechts. Tagung der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie 12.-14.10.1988. (= ARSP Beiheft. 37). Franz Steiner, Stuttgart 1990, ISBN 3-515-05461-8, S. 94–128.
Christoph Sorge: Recht „macht sich auch von selbst, wie die Sprache“ – Gustav Hugos Rechtsquellenlehre im Kontext der 'Franzosenzeit'. In: Susanne Beck, Stephan Meder (Hrsg.): Jenseits des Staates? Über das Zusammenwirken von staatlichem und nicht-staatlichem Recht. (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts. Bd. 39). V&R unipress, Göttingen 2021, ISBN 978-3-8471-1367-6, S. 149–175.
Theodor Vieweg: Einige Bemerkungen zu Gustav Hugos Rechtsphilosophie. In: Paul Bockelmann, Arthur Kaufmann, Ulrich Klug (Hrsg.); Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag. Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1969, S. 80–90.
Stephan Bialas (Hrsg.): Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Gustav Hugo. (Kritische Ausgabe in Einzelbänden. Bd. 3). Hirzel, Stuttgart 2003, ISBN 3-7776-1145-X.
Horst Heinrich Jakobs (Hrsg.): Georg Friedrich Puchta. Briefe an Gustav Hugo (= Juristische Briefwechsel des 19. Jahrhunderts). Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-465-04072-9.
Sonstiges
Gabor Hamza: Entstehung und Entwicklung der modernen Privatrechtsordnungen und die römischrechtliche Tradition. ELTE Eotvos Kiado (Verlag), Budapest 2009, ISBN 978-963-284-095-6, S. 189–192.
Karl Marx: Das philosophische Manifest der historischen Rechtsschule.
Walter Nissen, Christina Prauss, Siegfried Schütz: Göttinger Gedenktafeln. Göttingen 2002, ISBN 3-525-39161-7, S. 115.
Karl Zippelius: Gustav Hugo. In: Blick in die Geschichte. Nr. 104, 19. September 2014, S. 1.
Arno Buschmann: Naturrecht und geschichtliches Recht. Gustav Hugos Rechtsphilosophie und die Anfänge der geschichtlichen Rechtswissenschaft. In: Okko Behrends, Dietmar von der Pfordten, Eva Schumann, Christiane Wendehorst (Hrsg.): Elementa iuris. (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung. Band 1). Nomos, 2009, ISBN 978-3-8329-4473-5, S. 17–40.
Zum Begriffswechsel vergleiche Hans Hermann Seiler: Geschichte und Gegenwart im Zivilrecht. Heymanns, Köln 2005, ISBN 3-452-25387-2, S. 315–328 (316 f.).
Hans-Peter Haferkamp: Die Lehre des französischen Rechts an Deutschen Fakultäten im 19. Jahrhundert. In: Werner Schubert, Mathias Schmoeckel (Hrsg.): 200 Jahre Code Civil. Die napoleonische Kodifikation in Deutschland und Europa (= Rechtsgeschichtliche Schriften. 21). Köln / Weimar / Wien 2005, S. 47–71.