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Glockengießerei Grassmayr (Innsbruck)
Glockengießerei in Innsbruck Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Grassmayr Glockengießerei GmbH ist eine seit mehr als 400 Jahren bestehende Glockengießerei mit Unternehmenssitz in Innsbruck. Der Familienbetrieb wurde einst von Bartlmä Grassmayr im Hof seines Vaters, dem Heidenhaus in Habichen, einem Weiler in der Gemeinde Oetz, gegründet. Seit dem 20. Jahrhundert gehört das Unternehmen zu den größten Herstellern weltweit und lieferte bisher Glocken in rund 100 Länder.
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Firmenzentrale mit Museum in der Leopoldstraße

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Geschichte
Zusammenfassung
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Standort Habichen
Bartlmä Grassmayr, Sohn einer Hafengießereifamilie, legte 1599 im Heidenhaus in Habichen mit dem Guss seiner ersten Glocken den Grundstein für das Traditionsunternehmen Grassmayr. Sie ist die wahrscheinlich erste Glockengießerei Tirols. Am 29. März 1595 hatte sein Vater, Hans Grassmayr, das Heidenhaus vom Lärchenhof in Tumpen erworben und zunächst für den Guss von Häfen (Ausdruck für Glockenspeistöpfe, also Vorläufer der heutigen Kochtöpfe) benutzt, genau genommen hinter dem Haus „in der alten Stampfen“. Als Bartlmä nach einer achtjährigen Wanderschaft wieder nach Habichen zurückkehrte, goss er 1599 seine erste Glocke. Er fertigte sein erstes Geläut für seinen Heimatweiler Habichen an und war darauf stolz. Während seiner Wanderschaft hatte er die Glockenkunst beim Aachener Glockengießer Joan von Teer erlernt. Damit wurde Bartlmäs Beruf zur Berufung. „SOLI DEO GLORIA – An Gottes Segen ist alles gelegen“, lauteten die ersten Worte in seinem Wanderbuch.
Am 16. Mai 1601 wurde Bartlmäs Sohn Johann Grassmayr († 4. April 1683 in Wilten) geboren. Dieser führte Jahre später das Unternehmen weiter. Er absolvierte die Glockengießerlehre bei seinem Onkel Jakob Veit Grassmayr in Feldkirch und erwarb umfassendes Wissen bei einigen Jahren als wandernder Glockengießer.
Johann Grassmayr ließ 1633 das Habicher Heidenhaus mit Fresken ausgestalten. Das Gebäude diente bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts stetig zum Glocken- und Metallguss. Infolge des Umzugs nach Innsbruck wurde es als Gießort aufgegeben.
Standort Innsbruck
Mit der Verbesserung der Verkehrssysteme verlegte die Ötztaler Firma 1836 ihren Firmensitz nach Innsbruck-Wilten in den Ansitz Straßfried, wo die Gießerei seitdem besteht. Bald eröffnete Grassmayr weitere Betriebe in Feldkirch und Brixen; letztere entwickelte sich schnell zur größten Glockengießerei der österreichisch-ungarischen Monarchie.
Um eine ausgesprochen hohe Qualität einer Glocke zu erreichen, müssen alle in der Glocke entstehenden Töne miteinander harmonieren. In Österreich ist das Unternehmen Marktführer und belieferte bereits über 100 Länder mit Glocken. Die kleinste Glocke hat einen Durchmesser von 4 cm, die größte von rund 335 cm. Die heutigen Öfen fassen ein Gesamtvermögen von 37 Tonnen flüssige Glockenspeise. Bis heute hütet das Management das Fachwissen und das Geheimnis jeder Glockenrippe, sie werden jeweils vom Eigentümer auf den Sohn oder die Tochter weitervererbt. Johannes Grassmayr (* 1963) führt im Jahr 2020 in der 14. Generation die Geschäfte.[2]
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Kernkonzepte und Grundsätze
Glockenstühle, Glockencomputer, Läutemaschinen und Kirchturmuhren gehören zu den Hauptprodukten, ebenso wie die traditionsgemäßen Klöppelfänger. Diese sind vor allem in den europäischen Alpenländern üblich. Zur eigenen Herstellung kommen Wartung und Montage. Für die Restaurierung alter historischer Joche, Glockenstühle und Turmuhren unterhält das Unternehmen eigene Elektro-, Holz- und Modellwerkstätten.
Neben dem Glockenguss zählt auch der Kunstguss zum Angebot von Grassmayr. Bronzetafeln, Reliefs, Türgriffe, Grabverzierungen, Skulpturen und Spezialbronzerohre werden in Verbindung mit moderner Gusstechnik angefertigt.
Das Unternehmen betreibt aus der langjährigen Tradition heraus ein Glockenmuseum, das mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnet wurde.
- Schablone mit Lehmziegeln
- Modell einer fertigen Glockenform
- Fertige Glocke
- Kirchenuhr mit Schlagglocken
- Kunstguss des Martinus Scheiber (1856–1939), Grassmayr 1979
- Große Glocke der Reformierten Kirche Hägendorf (Schweiz), 2014 von Grassmayr zum 75. Jubiläum der Kirche gegossen und von der Firma Muff eingebaut
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Bedeutende Glocken
Zusammenfassung
Kontext
Liste von Glocken
(sortiert nach Gewicht)
Geschichte der großen Glocke des Innsbrucker Domes
Die große Glocke des Innsbrucker Doms hat eine besondere Geschichte.[9] Nachdem Innsbruck von der Choleragefahr 1836/1837 weitgehend verschont geblieben war, beschlossen die Innsbrucker Bürger, aus Dankbarkeit eine besonders große Glocke für den Dom – damals noch Stadtpfarrkirche – gießen zu lassen. Diese Glocke wurde am 1. Dezember 1840 von Johann Grassmayr gegossen. Mit ihrem Gewicht von etwa 112 ctn (entspricht 6.272 kg) und einem Durchmesser von 213 cm erklang sie auf einem leicht erhöhten g0. Um einen besonders wuchtigen Klang zu erzielen, montierte man einen viel zu schweren Klöppel. Durch diese übermäßige Beanspruchung sprang die Glocke nach wenigen Jahren am 25. Juli 1844. Im Jahr darauf wurden die Glocke vom Turm abgenommen und ein Umguss beschlossen. Dafür bekam Grassmayrs schärfster Konkurrent Josef Georg Miller den Auftrag, der am 29. August 1845 erfolgte. Die Vorbereitungen zum Guss und auch der Guss selbst verliefen mit Problemen. Nach Beendigung der Gussarbeiten fiel ein Ziegelstein auf die noch heiße Glocke und hinterließ eine große Delle an der Haube neben der Krone. Zudem war durch einen Fehler bei der Herstellung der Form der Schlagton der Glocke um etwa einen Halbton zu hoch, gis0 statt g0. Die Innsbrucker waren mit diesem Ergebnis nicht zufrieden und lehnten die Glocke ab. Miller musste der Pfarre den Preis für das zur Verfügung gestellte Metall zahlen und auch die für die Glockenzier eigens hergestellten Modeln herausgeben. Er versuchte daraufhin, die Glocke anderweitig zu verkaufen.
Ein Jahr darauf erhielt nun wieder Johann Grassmayr den Auftrag zur Herstellung der großen Pfarrglocke. Am 14. Juni 1846 erfolgte der Guss, aber auch bei ihm gab es ein Missgeschick: Zu wenig Metall floss in die Form, die somit nicht vollständig gefüllt wurde. Grassmayr musste noch einmal von vorn anfangen. Nach sechs Wochen war es so weit, am 1. August 1846 wurde die große Glocke erfolgreich gegossen. Noch heute läutet sie vom Nordturm des Domes und gehört zu den größten Glocken des Historismus in Österreich und zu den größten Glocken Tirols.
Miller versuchte inzwischen immer noch, die abgelehnte Glocke zu verkaufen, wobei er sich als Preis mit dem reinen Materialwert begnügte. Schließlich wurde Baumeister Sebastian Schweinester aus Kitzbühel auf diese Glocke aufmerksam. Es gelang ihm, seine Heimatgemeinde davon zu überzeugen, sie zu erwerben, und initiierte dafür eine Spendenaktion. Bürgermeister Josef Traunsteiner ging persönlich von Haus zu Haus sammeln. Im Jahr 1847 erwarb die Kommune die Glocke dann und ließ sie nach Kitzbühel bringen, wo sie auf den Turm der Liebfrauenkirche aufgezogen wurde und dort erhalten ist.[10] Ihren Namen Kaiserglocke erhielt sie erst im Ersten Weltkrieg, da sie durch einen besonderen Erlass des Kaisers von der Ablieferung zu Kriegszwecken verschont blieb.
Grassmayrs große Innsbrucker Domglocke und Millers Kaiserglocke in Kitzbühel sind zum Verwechseln ähnlich. Beide tragen die gleiche Glockenzier und auch nahezu die gleichen Inschriften, denn Grassmayr verwendete dafür dieselben Modeln wie Miller. Auch Gewicht und Größe sind nahezu gleich: die Kaiserglocke ist mit 6.374 kg um 32 kg schwerer, während die Domglocke mit 221 cm einen um 6 cm größeren Durchmesser besitzt.
- Sonstiges
Im September 2018 wurde die beschädigte Glocke mit Nominal g1 durch eine neue Glocke der Glockengießerei Grassmayr ersetzt. Diese hat ein Gewicht von 777 Kilogramm und einen Durchmesser von 107 Zentimeter.[11]
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Zeitschriftenbeitrag
- Barbara Bachmann: Familienbetrieb: Auf der Suche nach der „Stradivari“. Achtseitiges Porträt des Familienunternehmens mit Fotos von Verena Kathrein. In: Das Magazin, Ausgabe Sommer 2022, S. 82–89.
Weblinks
Commons: Grassmayr Glockengießerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Grassmayr Glockengießerei
- Eintrag zu Glockengießerei Grassmayr (Innsbruck) im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2024. Suche in Webarchiven) Guss der 25 Tonnen schweren, freischwingenden Glocke, erschaffen von der Glockengießerei Grassmayr; 3sat-Dokumentation, Länge 18:47 Minuten, abgerufen am 13. März 2021.
- Jonas Vogt: In der Glockengießerei: Aus einem Guss. In: Magazin Profil am 8. April 1923, abgerufen am 18. April 2023.
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Einzelnachweise
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