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Gesetze gegen Holocaustleugnung

Überblicksartikel Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gesetze gegen Holocaustleugnung
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Holocaustleugnung ist in 18 europäischen Staaten illegal, darunter allen deutschsprachigen. Viele Staaten haben erweiterte Gesetze, die Holocaustleugnung als Verleumdung, als Rassismus oder zusammen mit der Leugnung von weiteren Völkermorden verbieten.[1]

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Länder mit Gesetzen gegen die Leugnung des Holocaust

Völkerrecht

Der Europarat verabschiedete 2003 das Additional Protocol to the Convention on Cyber Crime[2] betreffs der Kriminalisierung von Handlungen rassistischer oder ausländerfeindlicher Art mittels Computersystemen. Darin befasst sich Artikel 6 mit „Leugnung, grober Verharmlosung, Zustimmung oder Rechtfertigung von Genoziden oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Das Protokoll hat keinen Gesetzesstatus.

Seit 2008 sind die EU-Mitgliedsländer per Rahmenbeschluss verpflichtet, „das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafandrohung zu stellen, wenn diese Verbrechen „nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft“ begangen wurden.[3]

Im Zuge der internationalen Budapester Konvention 2001 gegen Internetkriminalität wurden entsprechende Inhalte auf Wunsch der Vereinigten Staaten, die auf Meinungsfreiheit verwiesen, explizit ausgespart.

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Beschlüsse des deutschen Bundesverfassungsgerichtes

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Beschluss des BVerfG vom 13. April 1994

Am 13. April 1994 entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass das Leugnen des Holocausts für sich genommen nicht unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz fällt.[11] Dabei handele es sich vielmehr

[...] um eine Tatsachenbehauptung, die nach ungezählten Augenzeugenberichten und Dokumenten, den Feststellungen der Gerichte in zahlreichen Strafverfahren und den Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft erwiesen unwahr ist. Für sich genommen genießt eine Behauptung dieses Inhalts daher nicht den Schutz der Meinungsfreiheit.

Beschluss des BVerfG vom 22. Juni 2018

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass eine Einschränkung der Meinungsfreiheit nach Artikel 5, Absatz 2 Grundgesetz grundsätzlich nur aufgrund allgemeiner, nicht jedoch spezifischer Gesetze möglich ist:

Eingriffe in die Meinungsfreiheit müssen [...] formell auf ein allgemeines, nicht gegen eine bestimmte Meinung gerichtetes Gesetz gestützt sein, [...][12]

Gleichwohl erkennt das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich dieses formellen Erfordernisses der Allgemeinheit

[...] eine Ausnahme für Gesetze an, die auf die Verhinderung einer propagandistischen Affirmation der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zwischen den Jahren 1933 und 1945 zielen. Es trägt damit der identitätsprägenden Bedeutung der deutschen Geschichte Rechnung und lässt diese in das Verständnis des Grundgesetzes einfließen (vgl. BVerfGE 124, 300 <328 ff.>).[13]

Kritik und Debatte

Unter Juristen sind die Gesetze zur Strafbarkeit der Holocaustleugnung umstritten. Der ehemalige Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem befand: „Ich würde als Gesetzgeber die Holocaust-Leugnung nicht unter Strafe stellen.“[14] Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilte die Äußerung Hoffmann-Riems.[15] Winfried Hassemer, Strafrechtswissenschaftler und ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, stimmte ihm dagegen ausdrücklich zu.[16]

Auch der Historiker Eberhard Jäckel sprach sich gegen Gesetze zur Holocaustleugnung aus mit der Begründung, dass ein Verbot eines bestimmten Geschichtsbildes „einer freien Gesellschaft nicht würdig“ sei.[17]

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Urteile des EGMR

Eine Kammer der II. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entschied 2013, dass die Verurteilung eines Genozid-Leugners in der Schweiz die von Art. 10 EMRK verbürgte Meinungsäußerungsfreiheit verletzt habe.[18] Bei dem Fall ging es um den Völkermord an den Armeniern ab 1915. Auf Antrag der Schweizer Regierung wurde die Sache 2014 an die Große Kammer verwiesen. Auch diese hielt in Ihrem Urteil von 2015 die Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 10 EMRK durch die Verurteilung für verletzt.[19] Die Urteile machen allerdings deutlich, dass die in ihnen angestellten Erwägungen nicht die Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung in Frage stellen sollen. Dieser stelle eine Ausnahme dar, da er „ausnahmslos eine antidemokratische und antisemitische Ideologie erkennen“ lasse und mithin ein besonderes Maß an Gefährlichkeit aufweise.[20]

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