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deutsch-österreichischer Geologe, Naturforscher und Entdecker (1829–1884) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Christian Gottlob Ferdinand Ritter von Hochstetter (* 30. April 1829 in Esslingen am Neckar; † 18. Juli 1884 in Wien) war ein deutsch-österreichischer Geologe, Naturforscher und Entdecker.
Ferdinand von Hochstetter wurde am 30. April 1829 als Sohn des Esslinger Stadtpfarrers Christian Ferdinand Friedrich Hochstetter (1787–1860) und dessen vierter Ehefrau Sofie Friederike Orth (1795–1861) in Esslingen in Württemberg geboren. Nach dem bestandenen Examen am Esslinger Lyzeum (das heutige Georgii-Gymnasium) wechselte er an die Klosterschule in Maulbronn und studierte 1847 an der Universität Tübingen Theologie und Naturwissenschaften. Während seiner Studienzeit wurde er Mitglied der Tübinger Königsgesellschaft Roigel. 1851 schloss er sein theologisches Studium ab und graduierte 1852 als Doktor der Philosophie mit einer Dissertation in Mineralogie.[1]
1853 ging Hochstetter nach Wien, wo er für die k. k. geologische Reichsanstalt (Donaumonarchie) den Böhmerwald, das Karlsbader Gebirge, den böhmischen Teil des Erzgebirges und westliche Teile vom „basaltischen Mittelgebirge Böhmens“ (Böhmisches Mittelgebirge) geologisch untersuchte. Im Jahre 1856 wurde er Privatdozent an der Universität Wien.
1857 nahm Hochstetter im Auftrag der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften an der Weltumseglung der österreichischen Fregatte Novara teil, die als Novara-Expedition in die Geschichtsbücher einging. Die Reise ging von Triest aus über Rio de Janeiro, Kapstadt, Madras, Sumatra, Hongkong, Shanghai, Sydney und für Hochstetter bis nach Auckland, das er am 22. Dezember 1858 mit der Novara erreichte. Dort wurde Hochstetter für geologische Untersuchungen in Neuseeland auf Bitten der Provinzialregierung von Auckland von dem Rest der Reise befreit. In den ersten zwei Monaten untersuchte er gemeinsam mit Julius von Haast, mit dem er sich anfreundete, und Charles Heaphy das Auckland Volcanic Field.[2] Hochstetter kartierte das Vulkanfeld, in dem er 61 Vulkane ausmachte,[3] und erschuf mit seinen geologischen Aufzeichnungen von dem Gebiet das erste Werk über die Geologie Neuseelands.
Am 5. März 1859 startete Hochstetter zu seiner Expedition zum Inneren der Nordinsel des Landes, um das Gebiet um den erloschenen Vulkan Taupō und der Taupō Volcanic Zone geologisch zu erforschen.[4] Durch die Region Taranaki und über Wellington ging seine Reise dann im Juni 1859 auf die Südinsel in die Region um Nelson.[5] Er untersuchte die Kohlelager, Goldfelder und Kupfererz-Lagerstätten der Region. Bei seinen Felduntersuchungen am Dun Mountain bei Nelson entdeckte er eine damals noch nicht klassifizierte Gesteinsart und nannte sie nach ihrer Typlokalität Dunit, die er im Jahre 1864 erstmals wissenschaftlich beschrieb.[6]
Am 2. Oktober 1859 trat Hochstetter seine Rückreise nach Europa über Sydney an.[7]
Zurück in Österreich, wurde er 1860 zum Professor für Geologie und Mineralogie an die Wiener Technische Hochschule berufen, von 1874 bis 1875 war er Rektor der Hochschule.[8]
Ab 1876 leitete er, von Kaiser Franz Joseph I. berufen, als Direktor das Naturhistorische Hofmuseum. Als einer der Ersten trat Hochstetter bereits 1860 öffentlich für den Darwinismus ein.[9] 1872 wurde er vom Kaiserhaus zum Lehrer des Kronprinzen Rudolf bestimmt. Er unternahm wiederholt ausgedehnte Reisen in wissenschaftlichem Interesse. Er bereiste 1863 die Schweiz und Italien, 1869 die europäische Türkei, 1872 Russland und den Ural. Von ihm stammt die erste geologische Übersichtskarte des Balkangebietes, das damals noch zum Türkischen Reich gehörte. Im Jahr 1868 veröffentlichte Hochstetter in Wien den ersten Erklärungsversuch für die von Erdbeben verursachten Flutwellen in den Meeren.
Im Jahr 1862 wurde Hochstetter zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[10] und zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[11] 1868 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der ISIS, Gesellschaft für specielle, besonders vaterländische Naturkunde in Dresden verliehen.[12] Seit 1869 war er Mitglied der American Philosophical Society.[13] 1875 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[14]
Ferdinand von Hochstetter starb am 18. Juli 1884 in Oberdöbling bei Wien (im heutigen 19. Wiener Gemeindebezirk) und wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nummer 41) beigesetzt.
Unter den Eindrücken seiner Teilnahme an der Novara-Expedition, bei der er sich auch mit Erscheinungen des Vulkanismus befasst hatte, verfolgte Hochstetter von Wien aus die Wirkungen des am 13. August 1868 eintretenden Erdbebens vor der damaligen peruanischen Küste (Epizentrum heute vor Chile liegend).
Flutwellen (Tsunamis) erreichten am 15. August sowohl die Ostküsten von Neuseeland als auch Australien. Hochstetter erkannte den Zusammenhang zwischen dem Erdbeben als Ursache und später weit entfernt an verschiedenen Küsten des Pazifischen Ozeans ankommenden Flutwellen als Folgen. Diese Erkenntnis gelang ihm lange vor der Zeit, in der Geophysiker die Funktionsweise von Tsunamiereignissen wissenschaftlich genau beschreiben konnten. Er gewann sie allein aus Informationen, die ihm von Australien, Honolulu (Hawaii), Neuseeland und Peru aus auf dem damaligen Postweg, also per Schiff, zugingen. Hochstetter erhielt die Informationen über Erdbeben und Flutwellen brieflich durch Kontakte, die er bei seinem Südseeaufenthalt bei Forschung und Arbeit geknüpft hatte.
Hochstetter gehört zu den ersten Wissenschaftlern, die solche Flutwellen in den Meeren als Folge tektonischer Ereignisse verstanden, und veröffentlichte darüber im Jahre 1868. Aus der Entfernung zwischen Südamerika und Neuseeland, der mittleren Meerestiefe sowie dem zeitversetzten Eintreffen der Welle an der australischen Küste leitete er eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 368 Seemeilen pro Stunde ab. Hochstetter hinterließ eine Handskizze, mit der er den Verlauf eines Tsunamis verdeutlicht. Dieses Dokument fand sich vor wenigen Jahren auf Hinweis der Wissenschaftlerin Eleonore Hoke von der Victoria University of Wellington in historischen Archivbeständen der Geologischen Bundesanstalt von Wien.[15] Das von ihm beschriebene Tsunamiereignis mit einer Erdbebenmagnitude von 9,0 richtete an der Küste Südamerikas und im pazifischen Raum verheerende Schäden an, die auch tausende Todesopfer forderten.[16]
Nach dem Forscher sind mehrere geographische Orte und Arten von Lebewesen benannt:
Immer wieder erhielt das Archiv am Naturhistorischen Museum Schenkungen von Nachlassteilen (Tagebücher, Notizbücher, Briefe, Büsten usw.) aus dem Familienbesitz der zahlreichen Nachfahren von Ferdinand von Hochstetter. Jahre später, am 30. April 2016 wurde im Naturhistorischen Museum Wien ein Schenkungsvertrag unterzeichnet: Inge von Hochstetter, in Basel lebende Urenkelin des Forschers und andere Nachfahren übergaben dem Museum einen weiteren Splitternachlass, die sogenannte „Hochstetter Collection Basel“. Christian Köberl, damals Leiter des Hauses, wurde so zitiert:
„Das NHM Wien erhält Hochstetters Tagebücher, Briefe und Handschriften sowie Bilder, Pläne, Zeichnungen und Fotos aus dessen privatem Besitz. Reisetagebücher und Notizen von seinen Reisen – vor allem von der Novara-Reise – ermöglichen neue Einblicke in das Leben des Forschers und Museumsintendanten.“[21]
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