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Intensivmedizinische Technik, bei der eine Maschine teilweise oder vollständig die Atemfunktion von Patienten übernimmt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) und die extrakorporale Lungenunterstützung (oder extrakorporale Lungenassistenz, ECLA) sind in der Intensivmedizin eingesetzte Unterstützungssysteme, bei denen eine Maschine teilweise oder vollständig Atemfunktionsleistungen für den Patienten außerhalb seines Körpers übernimmt. Dabei wird zwischen veno-venösen und arterio-venösen Anschlüssen unterschieden. Angewendet werden die Verfahren bei Patienten mit schwerer Lungenschädigung (ARDS) oder eingeschränktem Lungenkreislauf, um einen Gasaustausch ähnlich der normalen Atemfunktion sicherzustellen.[1] Sie werden oft bei Neugeborenen eingesetzt, die an Lungenschäden (Atemnotsyndrom, Mekoniumaspiration, persistierende pulmonale Hypertonie) oder bestimmten angeborenen Herzfehlern leiden.
Die ECMO ist damit eine Form der extrakorporalen Organersatzverfahren und wird auch als extracorporeal life support (extrakorporale Lebensunterstützung, ECLS) bezeichnet.
Die ECMO kann über Tage oder Wochen eine ausreichende Oxygenierung gewährleisten und so auch schwer geschädigten Lungen Zeit verschaffen, sich ohne eine belastende Beatmung zu erholen. Wegen der hohen technischen und personellen Anforderungen, Kosten und Komplikationsrisiken (z. B. Blutungen) ist die ECMO dann eine letzte Therapiemöglichkeit (Ultima Ratio).[2] Auf Intensivstationen in Deutschland gab es am 4. November 2021 670 ECMO-Plätze.[3] Besondere Bedeutung gewann die ECMO im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie.
Ein ECMO-Gerät ist ein spezieller Oxygenator, und zwar ein Membranoxygenator. Technisch gleicht er einer Herz-Lungen-Maschine. Um eine ECMO aufzunehmen, werden Kanülen in zwei große Blutgefäße eingebracht. Um eine Blutgerinnung zu vermeiden, setzt man gerinnungshemmende Mittel (Antikoagulanzien) zu, in der Regel Heparin.[4] Das ECMO-Gerät pumpt Blut kontinuierlich durch einen Membran-Oxygenator, der den Gasaustausch in der Lunge ersetzt: Er entfernt Kohlendioxid aus dem Blut und reichert es mit Sauerstoff an. Das so aufbereitete Blut wird dann zum Patienten zurückgeführt.
Die ECMO wird als manuell eingestellte Therapie, in der ein Mediziner oder Kardiotechniker die nötigen Stellwerte vorgibt, betrieben. Als Gegenstand verschiedener Forschungsvorhaben wird eine patienten-individuell geregelte ECMO erarbeitet.[5][6]
Es existieren verschiedene Formen der ECMO, die wichtigsten sind die veno-venöse ECMO (VV-ECMO), die veno-arterielle ECMO (VA-ECMO) und die pumpenlose arterio-venöse ECLA (pECLA). Entnommen wird das Blut bei den beiden ersten Versionen aus großen Venen (z. B. Vena femoralis oder Vena jugularis interna). Bei der VV-ECMO wird das oxygenierte Blut dann wieder in eine Vene eingeleitet, es ist bei schwerem Lungenversagen mit noch ausreichender Pumpfunktion des Herzens indiziert. Bei der VA-ECMO hingegen wird das Blut am Herzen vorbei in eine Arterie (Arteria femoralis) geleitet, so dass ein Parallelkreislauf entsteht.[7] Da dadurch das Herz entlastet ist, wird diese Methode bei Patienten mit schlechter Pumpfunktion des Herzens (Herzinsuffizienz) eingesetzt. Die pECLA wird bei Patienten mit ausreichender Herzfunktion eingesetzt, welche eine geringere Unterstützung beim Gasaustausch benötigen. Da keine Pumpe eingesetzt wird, findet bei der pECLA im Allgemeinen eine geringere Blutschädigung statt.[8][9]
Die erste Anwendung eines kardiopulmonalen Bypasses zur Therapie eines Lungenversagens (ARDS) fand Anfang der 1970er Jahre statt.[10] Mit der Aussicht auf ein wirkungsvolles Therapieinstrument zur Behandlung des ARDS starteten die National Institutes of Health (Oberste Gesundheitsbehörde der USA) eine ARDS-Multicenterstudie. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Die Gruppe mit ECMO-Behandlung zeigte kein besseres Behandlungsergebnis, die Studie wurde vorzeitig abgebrochen.[11] Die Studie war trotz methodischer Mängel ein Rückschlag für die ECMO-Entwicklung. Die Forschung konzentrierte sich infolgedessen wieder verstärkt auf die Verbesserung der herkömmlichen Beatmungsverfahren.
Erst in den 1980er Jahren gelang es einer italienischen Forschergruppe, mit verbesserten Methoden einen Nutzen der ECMO zu zeigen, allerdings in einer nicht-kontrollierten Studie zur Kohlendioxid-Elimination.[12] Bis heute gilt das Ergebnis dieser und anderer Folgeuntersuchungen, dass die ECMO beim ARDS des Erwachsenen von Nutzen sein kann, allerdings ohne bisher einen signifikanten Vorteil gegenüber einer Beatmungstherapie belegen zu können.[13] 2006 wurde in Großbritannien eine randomisierte Multicenterstudie mit 80 Zentren und 180 Patienten beendet, um den Stellenwert einer ECMO zur ARDS-Therapie festzustellen.[14] Vorab veröffentlichte Ergebnisse[15] scheinen für den Einsatz der extrakorporalen Membranoxygenierung beim Lungenversagen des Erwachsenen günstig zu sein.[16]
Die ersten erfolgreichen Anwendungen von extrakorporalem Gasaustausch (ECMO, ELA, ECLA, und der extrakorporalen CO2-Elimination ECCO2-R) in Deutschland wurden bei akutem Lungenversagen des Erwachsenen in den Jahren 1971 und 1983 an der Universität Düsseldorf[17][18] sowie bei Verbrennungen erstmals 1975 von Rommelsheim und Birtel an der Klinik für Anästhesiologie der Universität Bonn durchgeführt.[19][20]
Bartlett berichtete 1975 über die erste erfolgreiche neonatale ECMO-Anwendung in Kalifornien. Dem folgte die erste richtungsweisende Studie, die ein erhöhtes Überleben durch die Behandlung zeigte.[21][22] Das im Vergleich zum Erwachsenen deutlich bessere Ansprechen einer ECMO-Therapie beim Neugeborenen führte zu einer zunehmenden Zahl an ECMO-Behandlungsfällen und ECMO-Zentren, zunächst in den USA und später auch weltweit.
Im Februar 1987 wurde in der Kinderklinik des Universitätsklinikums Mannheim die erste erfolgreiche ECMO-Anwendung bei einem Neugeborenen im deutschsprachigen Raum durchgeführt.[23] 1994 bis 1995 wurde in Großbritannien eine randomisierte Multicenterstudie bei Neugeborenen durchgeführt. Aufgrund der signifikant höheren Überlebensrate in der ECMO-Behandlungsgruppe wurde die Studie im November 1995 frühzeitig abgebrochen, da die Fortführung ethisch nicht vertretbar war.[24] Die Studie widerlegte auch in nachfolgenden Folgeuntersuchungen die Befürchtung, dass die höhere Überlebensrate in der ECMO-Behandlungsgruppe durch psychomotorische Defizite „erkauft“ würde. Stattdessen bleibt der Nutzen der ECMO auch in der Nachuntersuchung der Kinder erhalten.[25]
Gruppe | Fallzahl | überlebt | prozentual |
---|---|---|---|
neonatal respiratorisch | 28271 | 23791 | 84 % |
neonatal kardial | 6046 | 3750 | 62 % |
neonatal extrakorporale HLW | 1188 | 766 | 64 % |
Pädiatrie respiratorisch | 9629 | 4579 | 66 % |
Pädiatrie kardial | 7668 | 5084 | 66 % |
Pädiatrie EHLW | 2583 | 1432 | 54 % |
Erwachsene respiratorisch | 7922 | 5209 | 66 % |
Erwachsene kardial | 6522 | 3661 | 56 % |
Erwachsene EHLW | 1985 | 791 | 40 % |
Total | 69114 | 49063 | 71 % |
Kumulative Übersicht und Outcome der bis Juli 2015 der ELSO gemeldeten ECMO-Behandlungsfälle |
1989 wurde ein zentrales ECMO-Register in Ann Arbor, Michigan (USA), eingerichtet. Dort werden ECLS-Anwendungen zentral registriert und detailliert aufgeschlüsselt. Das erlaubt eine genaue Übersicht über die Effektivität und den Fallzahlverlauf der Therapie bei bestimmten Krankheitsbildern. Dadurch können therapiespezifische Verbesserungen oder Probleme im Bereich ECLS-Anwendungen rascher erkannt und an andere ECMO-Zentren weitergegeben werden. Bis Ende 2012 wurden weltweit mehr als 53.000 ECLS-Anwendungen der Extracorporeal Life Support Organization (ELSO) berichtet und statistisch ausgewertet. Derzeit (Stand: Januar 2013) sind der ELSO 200 aktive ECMO-Zentren weltweit gemeldet.[26]
Die weltweit erste mobile Herz-Lungen-Maschine wurde am Universitätsklinikum Regensburg entwickelt und dort seit 2006 eingesetzt.[27] Das Team zur Implantation besteht hier aus einem Anästhesisten und einem Kardiotechniker. Die ECMO-Systeme werden in externen Krankenhäusern implantiert und im Anschluss boden- oder luftgebunden ans Universitätsklinikum Regensburg gebracht. Bei Reanimationen im Regensburger Stadtbereich und Umland erfolgen eine parallele Alarmierung des ECMO-Teams und gegebenenfalls die Implantation einer VA-ECMO am Einsatzort während der laufenden Reanimationsbemühungen.
Das Universitätsklinikum Freiburg ist das einzige ECMO-Zentrum in Deutschland, das in Kooperation mit dem DRK Freiburg über ein eigenes Intensivtransportfahrzeug für ECMO-Transporte verfügt.[28] An der Charité in Berlin ist am Campus Virchow-Klinikum ein Fahrzeug stationiert, mit welchem ein Ärzteteam zum Patienten mitsamt der ECMO-Ausstattung fährt.[29] Nach dem Anschluss erfolgt der Transport des versorgten Patienten mit dem Regelrettungsdienst. In Hamburg wird ähnlich verfahren.[30]
Die Schweizerische Rettungsflugwacht setzt seit 2018 ein 15 kg schweres ECMO-Gerät auf Verlegungsflügen ein, sowohl im Ambulanzflugzeug wie auch in ihren Hubschraubern.[31]
Bei der extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation (eCPR) wird die ECMO-Therapie innerklinisch oder auch präklinisch zur Überbrückung eines Herz-Kreislauf-Stillstandes eingesetzt und ersetzt damit nach Implantation die Herzdruckmassage und Beatmung.[32] In Deutschland wurde hierzu 2018 ein Konsenspapier formuliert, die Praxis bleibt jedoch geprägt von unterschiedlichen Erfahrungen und Möglichkeiten der örtlichen ECMO-Zentren.[33]
Blutungen, Infektionen und Ischämien gehören zu den häufigsten Komplikationen.[34] Daneben können technisch bedingte Probleme wie das Ansaugen der Entnahmekanüle an die Gefäßwand, eine Dislokation einer der Kanülen, ein Defekt der eingesetzten Blutpumpe oder eine Luftembolie auftreten.[35]
In Deutschland wird eine vergleichsweise hohe Sterblichkeit bei ECMO-Behandlungen von über 60-Jährigen in Verbindung mit COVID-19 beobachtet.[36]
Die längste Anwendung einer ECMO ist laut Nachweis 315 Tage.[37] Hierbei ist unbekannt, warum der Einsatz endete, ob der Patient geheilt war oder ob aufgrund eines Versagens beendet werden musste. Außerdem ist nicht bekannt, ob der Oxygenator in seiner Einsatzzeit gewechselt werden musste.
Der Entwöhnungsprozess von der ECMO beginnt, sobald sich die Tidalvolumina zu normalisieren beginnen. Der ECMO-Blutfluss wurde in der Regel auch schon in den vorangegangenen Tagen reduziert. Der Marker für die Progression ist eher die Kohlendioxid-Clearance als die Oxygenierung. Der Prozess basiert auf der Atemphysiologie.[38]
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