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mathematischer Satz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Eulersche Polyedersatz (auch: die Eulersche Polyederformel), benannt nach Leonhard Euler, beschreibt eine fundamentale Eigenschaft von beschränkten, zur Sphäre homöomorphen Polyedern[1] bzw. allgemeiner: von zusammenhängenden planaren Graphen.
Hinter der Formel steckt das topologische Konzept der Euler-Poincaré-Charakteristik . Die Eulersche Polyederformel ist der Spezialfall für (drei Dimensionen) unter stillschweigender Vernachlässigung von (wir betrachten immer einen Körper) und ergibt dann ein :
mit Anzahl der Ecken, Anzahl der Kanten, Anzahl der Flächen und Anzahl der Zellen.
Sie gilt (da so definiert) allgemein für Polyeder der Charakteristik (bzw. ), zu denen ausnahmslos alle konvexen und viele „gutmütige“ konkave Polyeder gehören, siehe dazu Abschnitt Gültigkeit.[2]
Der Satz besagt:
Oder in Worten:
Er wurde 1750 von Euler aufgeschrieben und 1758 in Latein als „Elementa doctrine solidorum“ veröffentlicht. Im Euler-Archiv[3] ist die Publikation unter dem Eneström-Index E 230, der unvollständige Beweis unter E 231 zu finden.
In Bezugnahme auf das topologische Problem (es sind keine Polyeder notwendig) und der Darstellung als planarer Graph kann der Satz auch als
geschrieben werden.
In der folgenden Tabelle wird die Gültigkeit für einige Polyeder, darunter die fünf platonischen Körper, mit den zugehörigen Werten für , und gezeigt.
Polyeder | E | K | F | E − K + F |
---|---|---|---|---|
Dreieckskuppel | 9 | 15 | 8 | 2 |
Trigondodekaeder | 8 | 18 | 12 | 2 |
Pseudo-Rhombenkuboktaeder | 24 | 48 | 26 | 2 |
Großes Rhombenikosidodekaeder | 120 | 180 | 62 | 2 |
Tetraeder | 4 | 6 | 4 | 2 |
Würfel | 8 | 12 | 6 | 2 |
Oktaeder | 6 | 12 | 8 | 2 |
Dodekaeder | 20 | 30 | 12 | 2 |
Ikosaeder | 12 | 30 | 20 | 2 |
Der Eulersche Polyedersatz gilt für alle konvexen Polyeder. Die Konvexität ist eine zu starke Bedingung:
Sie schließt aber zuverlässig alle Fälle aus, die zu einer Verletzung des Eulerschen Polyedersatzes führen.
Zu Abweichungen führt:
Gleichen sich diese Fehler exakt aus, kann wiederum der Eulersche Polyedersatz erfüllt werden, wie z. B. bei einem Würfel mit einem Quader als eingestanztem Loch (16 Ecken, 24 Kanten, 10 Flächen).
Beide haben die gleiche Eckenzahl und Kantenzahl. Allerdings stellt das Flächenmodell des Tetrahemihexaeders keinen kreuzungsfreien planaren Graphen mehr dar.
Euler erwähnte den Satz zuerst in einem Brief an Christian Goldbach 1750 und veröffentlichte 1758 einen Beweis,[4] allerdings enthielt dieser nach den heutigen Maßstäben für die Strenge mathematischer Beweise einen Fehler, worauf Henri Lebesgue 1924 hinwies. Später wurde bekannt, dass der Satz schon René Descartes bekannt war (unveröffentlicht),[5] weshalb er in der französischen Literatur auch als „Satz von Descartes und Euler“ bezeichnet wird. Der Beweis von Euler benutzt die Zerlegung eines Polyeders in Tetraeder, wobei eine Ecke nach der anderen beseitigt wird.[6] Der erste strenge Beweis wurde von Adrien-Marie Legendre 1794 veröffentlicht, in seinem Buch Élements de Géométrie. Legendres Beweis benutzt die Flächenformel eines geodätischen Dreiecks auf der Kugeloberfläche. Einen korrekten Beweis fand auch Augustin Louis Cauchy 1811, veröffentlicht 1813.[7] Bis heute sind viele verschiedene Beweise bekannt.
Eine Verallgemeinerung auf -dimensionale Polyeder fanden Ludwig Schläfli und Henri Poincaré (1895). Poincaré erkannte auch die volle topologische Bedeutung des Satzes.
Dieser Beweis zeigt mit struktureller Induktion die Gültigkeit des Satzes für planare Graphen.
Der einfachste planare Graph besteht aus nur einer Ecke. Es gibt eine Fläche (die Außenfläche) und keine Kanten. Es gilt also . Aus diesem einfachsten Graphen können alle weiteren ausschließlich durch die beiden folgenden Operationen konstruiert werden, welche die Gültigkeit des Satzes nicht verändern:
Da der Satz für den ersten, einfachsten Graphen galt, muss er auch für jeden Graphen gelten, der durch eine der beiden Operationen aus diesem entsteht. Jeder Graph, der durch eine weitere Operation aus einem solchen Graphen entsteht, muss den Satz ebenfalls erfüllen usw. Daher gilt der Satz für alle planaren Graphen und damit auch für alle konvexen Polyeder.
Der Beweis stammt von Augustin-Louis Cauchy. Er war der Erste, der das Problem auf ein solches der Graphentheorie reduzierte.[8]
Karl von Staudt gab 1847 einen einfachen, nichtrekursiven Beweis in seiner Geometrie der Lage.[9]
Dazu betrachte man den Graphen der planaren Projektion des Polyeders, das Knoten, Kanten und Flächen hat. Der Graph ist für die betrachteten Polyeder zusammenhängend[10] und hat damit einen Spannbaum . Da genau Knoten enthält und ein zusammenhängender Baum ist (ohne Zykel), hat er Kanten. Man betrachte nun den zu dualen Graphen , gebildet aus den Mittelpunkten der Flächen von , und verbinde diese so mit Kanten, dass diese die Kanten in nicht schneiden. Dieser Kantenzug ist zusammenhängend, da keine Kreise enthält. Er ist ebenfalls ein Baum, sonst würde er einen Kreis (Zykel) enthalten, der die Knoten von in zwei Teile teilt und somit eine Kante von schneidet, entgegen der Konstruktionsvoraussetzung. hat damit Knoten und Kanten. Die Kanten in setzen sich aus den Kanten von zusammen oder werden von einer Kante von gekreuzt, somit gilt .
Dieser Beweis zeigt die Gültigkeit des Satzes für planare Graphen mit Hilfe des Satzes von Pick. Umgekehrt lässt sich auch der Satz von Pick aus dem Eulerschen Polyedersatz herleiten, sodass beide äquivalent sind.[11]
Um den Satz von Pick anwenden zu können, muss der Graph in ein Gitternetz eingebettet werden, sodass die Knotenpunkte des Graphen auf Gitterpunkten liegen. Der Graph bleibt äquivalent, wenn man jeden Knotenpunkt innerhalb einer geeignet kleinen Umgebung bewegt. Der Radius des kleinsten Kreises um einen Knotenpunkt, der vollständig in die Umgebung eingebettet ist, sei . Es wird ein beliebiges Gitternetz mit Einheit auf der Ebene betrachtet. Dann können wir jeden Knotenpunkt auf einen Gitterpunkt verschieben und erhalten sicher einen äquivalenten Graphen. Der planare Graph besitzt jetzt insgesamt Knotenpunkte, Kanten und innere Flächen.
Der gesamte (innere) Flächeninhalt des planaren Graphen kann mit Hilfe des Satzes von Pick auf zwei Arten bestimmt werden. Beide Berechnungen müssen das gleiche Ergebnis liefern. Wir werden diese Berechnungen ((1) und (2)) am Ende gleichsetzen und den Eulerschen Polyedersatz erhalten.
Zunächst müssen alle Gitterpunkte innerhalb des Graphen oder auf ihm charakterisiert werden:
Inneres | Rand | Formel für A | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
z | y | v | x | u | A | ||
Gesamter Graph | 57 | 8 | 4 | 2 | 4 | 71 | |
F1 (o. r.) | 17 | 4 | 2 | 0 | 2 | 20 | Bei dieser Summe liegen die Punkte und auf dem Rand. |
F2 (o. l.) | 14 | 3 | 2 | 1 | 2 | 17 | |
F3 (mittlere) | 11 | 2 | 4 | 0 | 0 | 13 | |
F4 (u. r.) | 8 | 4 | 2 | 0 | 2 | 11 | |
F5 (u. l.) | 7 | 3 | 2 | 1 | 2 | 10 | |
Summe F1−5 | 57 | 16 | 12 | 2 | 8 | 71 |
Betrachten wir nun den Graphen nur anhand seiner belegten Flächen unter Vernachlässigung seiner genauen inneren Struktur.
Man kann den Beweis auch anhand des Beispiels numerisch Schritt für Schritt durchrechnen. Das erleichtert das Verständnis.
Hat ein Polyeder ein zusammenhängendes Inneres ohne Löcher, kann die Beziehung seiner Flächen, Kanten und Ecken auch als planarer Graph (ein ebenes, zusammenhängendes Netz, dessen Kanten einander nicht schneiden) dargestellt werden. Man bezeichnet diesen Graphen auch als Schlegeldiagramm.
Dies kann man sich wie folgt veranschaulichen: Entfernt man eine Fläche des Polyeders und zieht die angrenzenden Kanten auseinander, kann man das Netz des Polyeders auf eine Ebene projizieren und in einen planaren Graphen überführen. Dabei bleiben nicht unbedingt alle Regelmäßigkeiten des Polyeders erhalten – die entstehenden Flächen müssen noch nicht einmal Vielecke sein –, die Anzahl der Ecken, Kanten und Flächen (die Außenfläche mitgezählt) sowie die Struktur des Netzes bleiben aber erhalten.
Für zusammenhängende planare Graphen kann eine verallgemeinerte Version des Eulerschen Polyedersatzes formuliert werden. Dort ersetzen die Gebiete die Flächen und es gilt
wobei bei der Gebietszahl das äußere Gebiet mitgezählt wird.
Diese Formulierung erweitert den Gültigkeitsbereich des Satzes um eine Vielzahl nichtkonvexer Polyeder sowie solcher planarer Graphen, denen überhaupt keine Polyeder zugrunde liegen.
Wird der Eulersche Polyedersatz zuerst für planare Graphen bewiesen, so ergibt sich der klassische Polyedersatz hieraus als Spezialfall.
Eine weiterreichende Verallgemeinerung des Konzepts findet sich in der Euler-Charakteristik einer geschlossenen Fläche. Aus dieser Sichtweise ist die Konvexität des Polyeders lediglich eine (starke) hinreichende Voraussetzung, um zu gewährleisten, dass die Oberfläche des Polyeders homöomorph zur 2-Sphäre (Kugeloberfläche) ist.
Der Eulersche Polyedersatz, der für dreidimensionale, zu kreuzungsfreien und zusammenhängenden Graphen homöomorphe Polyeder gilt, lässt sich für beliebige Polytope verallgemeinern:
Die statt der (im Eulerschen Polyedersatz) ergibt sich dadurch, dass das Polytop in seiner höchsten Dimension als selbst mitgezählt wird:
Man könnte auch schreiben für ungerade und für gerade und man wäre damit näher an der Darstellung nach Euler dran, aber diese Art der Darstellung ist zum einen zweifellos unschöner und versagt des Weiteren bei Polytopen, die nicht komplett zusammenhängen. Sie dazu auch in der Einleitung die Bemerkungen zu und .
Dabei haben die Zeichen folgende Bedeutung:
Polytop | Schläfli- Symbol | Ecken |
Kanten |
Flächen |
Zellen |
|
|
|
|
|||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0-Polytop | ||||||||||||||
Punkt | () | 0 | 1 | 1 | ||||||||||
1-Polytop | ||||||||||||||
Strecke | {} | 1 | 1 | 2 | 1 | |||||||||
Winkel | 1 | 1 | 3 | 2 | ||||||||||
Punkte verbunden[12] | 1 | 1 | n | n−1 | ||||||||||
Polygon | ||||||||||||||
Zweieck | {2} | 2 | 1 | 2 | 2 | 1 | ||||||||
Dreieck | {3} | 2 | 1 | 3 | 3 | 1 | ||||||||
Viereck | {4} | 2 | 1 | 4 | 4 | 1 | ||||||||
Fünfeck | {5} | 2 | 1 | 5 | 5 | 1 | ||||||||
n-Eck, nicht überschlagen | {n} | 2 | 1 | n | n | 1 | ||||||||
2 Dreiecke mit gemeinsamer Ecke | 2 | 1 | 5 | 6 | 2 | |||||||||
2 Dreiecke mit gemeinsamer Kante | 2 | 1 | 4 | 5 | 2 | |||||||||
Polyeder | ||||||||||||||
Tetraeder | {3,3} | 3 | 1 | 4 | 6 | 4 | 1 | |||||||
Hexaeder | {4,3} | 3 | 1 | 8 | 12 | 6 | 1 | |||||||
Oktaeder | {3,4} | 3 | 1 | 6 | 12 | 8 | 1 | |||||||
Dodekaeder | {5,3} | 3 | 1 | 20 | 30 | 12 | 1 | |||||||
Ikosaeder | {3,5} | 3 | 1 | 12 | 30 | 20 | 1 | |||||||
quadratische Doppelpyramide mit gemeinsamer Spitze | 3 | 1 | 9 | 16 | 10 | 2 | ||||||||
Polychor | ||||||||||||||
Pentachoron | {3,3,3} | 4 | 1 | 5 | 10 | 10 | 5 | 1 | ||||||
16-Zeller (Hexadekachor) | {4,3,3} | 4 | 1 | 8 | 24 | 32 | 16 | 1 | ||||||
Tesserakt | {3,3,4} | 4 | 1 | 16 | 32 | 24 | 8 | 1 | ||||||
24-Zeller (Ikositetrachor) | {3,4,3} | 4 | 1 | 24 | 96 | 96 | 24 | 1 | ||||||
120-Zeller (Hekatonikosachor) | {5,3,3} | 4 | 1 | 600 | 1200 | 720 | 120 | 1 | ||||||
600-Zeller (Hexakosichor) | {3,3,5} | 4 | 1 | 120 | 720 | 1200 | 600 | 1 | ||||||
Simplex | ||||||||||||||
Punkt | () | 0 | 1 | 1 | ||||||||||
Strecke | {} | 1 | 1 | 2 | 1 | |||||||||
Dreieck | {3} | 2 | 1 | 3 | 3 | 1 | ||||||||
Tetraeder | {3,3} | 3 | 1 | 4 | 6 | 4 | 1 | |||||||
Pentachoron | {3,3,3} | 4 | 1 | 5 | 10 | 10 | 5 | 1 | ||||||
5-Simplex | {3,3,3,3} | 5 | 1 | 6 | 15 | 20 | 15 | 6 | 1 | |||||
6-Simplex | {35} | 6 | 1 | 7 | 21 | 35 | 35 | 21 | 7 | 1 | ||||
7-Simplex | {36} | 7 | 1 | 8 | 28 | 56 | 70 | 56 | 28 | 8 | 1 | |||
d-Simplex | {3d−1} | d | 1 | 1 | ||||||||||
Hyperwürfel | ||||||||||||||
Punkt | () | 0 | 1 | 1 | ||||||||||
Strecke | {} | 1 | 1 | 2 | 1 | |||||||||
Viereck | {4} | 2 | 1 | 4 | 4 | 1 | ||||||||
Hexaeder | {4,3} | 3 | 1 | 8 | 12 | 6 | 1 | |||||||
Tesserakt | {4,3,3} | 4 | 1 | 16 | 32 | 24 | 8 | 1 | ||||||
5-Kubus | {4,3,3,3} | 5 | 1 | 32 | 80 | 80 | 40 | 10 | 1 | |||||
6-Kubus | {4,34} | 6 | 1 | 64 | 192 | 240 | 160 | 60 | 12 | 1 | ||||
7-Kubus | {4,35} | 7 | 1 | 128 | 448 | 672 | 560 | 280 | 84 | 14 | 1 | |||
d-Kubus | {4,3d−2} | d | 1 | 1 | ||||||||||
Kreuzpolytop | ||||||||||||||
Strecke | {} | 1 | 1 | 2 | 1 | |||||||||
Viereck | {4} | 2 | 1 | 4 | 4 | 1 | ||||||||
Oktaeder | {3,4} | 3 | 1 | 6 | 12 | 8 | 1 | |||||||
16-Zeller (Hexadekachor) | {3,3,4} | 4 | 1 | 8 | 24 | 32 | 16 | 1 | ||||||
5-Orthoplex | {3,3,3,4} | 5 | 1 | 10 | 40 | 80 | 80 | 32 | 1 | |||||
6-Orthoplex | {34,4} | 6 | 1 | 12 | 60 | 160 | 240 | 192 | 64 | 1 | ||||
7-Orthoplex | {35,4} | 7 | 1 | 14 | 84 | 280 | 560 | 672 | 448 | 128 | 1 | |||
d-Orthoplex | {3d−2,4} | d | 1 | 1 |
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