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österreichischer Geistlicher und Prälat von Xingu Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Erwin Kräutler CPPS (auch Dom Erwin; * 12. Juli 1939 in Koblach, Vorarlberg) ist römisch-katholischer Ordensgeistlicher, Missionar und war von 1981 bis 2015 Bischof und Prälat von Xingu, der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens.
Im Jahre 2010 wurde er für seinen Einsatz für die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung und die Erhaltung des tropischen Regenwaldes im Amazonas-Gebiet mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Erwin Kräutler, ältester von sechs Geschwistern, besuchte ab 1951 das Xaverius-Haus in Feldkirch, ein Internat der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut, und absolvierte die Mittelschule im Bundesgymnasium Feldkirch, wo er gemeinsam mit Klaus Küng 1958 die Reifeprüfung ablegte.[1] Nach der Matura trat er der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut (CPPS) bei und legte sein Noviziat in Liechtenstein ab.[2] Nach seinem Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Salzburg empfing Kräutler am 3. Juli 1965 die Priesterweihe im Salzburger Dom. Nach seiner Primiz am 18. Juli 1965 in Koblach ging er am 2. November 1965 als Missionar zum unteren Rio Xingu und Amazonas in Brasilien.
Am 7. November 1980 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Koadjutorbischof seines Onkels Erich Kräutler (Eurico Kräutler) CPPS, des Prälaten der mit 350.000 Quadratkilometer flächenmäßig größten brasilianischen Territorialprälatur Xingu, mit dem Recht der Nachfolge ernannt. Die Bischofsweihe spendete ihm am 25. Jänner 1981 Erzbischof Carmine Rocco, Apostolischer Nuntius in Brasilien; Mitkonsekratoren waren der Erzbischof von Belém do Pará, Alberto Gaudêncio Ramos, und sein Amtsvorgänger, Erich Kräutler. Sein bischöflicher Wahlspruch lautet „Servus Christi Iesu“ (Diener Jesu Christi) aus dem ersten Vers des Römerbriefes. Mit dem Rücktritt Erich Kräutlers am 2. September 1981 trat Erwin Kräutler dessen Nachfolge an.
Von 1983 bis 1991 war Kräutler Präsident des Indianermissionsrats der brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI). 2006 wurde er erneut Präsident der CIMI, nachdem der amtierende Präsident Bischof Gianfranco Masserdotti MCCJ tödlich verunglückt war. Sein engster Mitarbeiter war sein Generalvikar Fritz Tschol.
Im April 2014 wurde er in einer Sonderaudienz von Papst Franziskus empfangen,[3] und er ist Co-Autor von dessen zweiter Enzyklika Laudato si’[4] bei dem im ersten Kapitel behandelten Thema Umweltschutz.
Kräutler begründete als Jugendlicher die Katholische Arbeiterjugend in Österreich (KAJ) in seinem Heimatort.[5] Kräutler ist Mitglied der Studentenverbindung K.Ö.H.V. Leopoldina Innsbruck im Österreichischen Cartellverband.[6]
Am 23. Dezember 2015 nahm Papst Franziskus seinen altersbedingten Rücktritt an.[7] Danach koordinierte er (unter anderem) als Vizepräsident des panamazonischen Diözesennetzwerkes REPAM[8] die Vorbereitungen auf die Bischofssynode zu Amazonien im Oktober 2019, schrieb Bücher und hielt Vorträge.
Er befürwortet die Priester- und Diakonenweihe von Frauen.[9]
Im Jahre 1983 wurde Kräutler wegen Teilnahme an einer Solidaritätsaktion mit Zuckerrohrpflanzern von der Militärpolizei festgenommen und verprügelt. Am 16. Oktober 1987 überlebte Kräutler einen Mordanschlag schwer verletzt, als ein Kleinlastwagen bei einem inszenierten Autounfall frontal in seinen PKW fuhr. Sein Mitfahrer wurde getötet. Die Täter und der Auftraggeber des Mordanschlages wurden verurteilt, der Auftraggeber jedoch nach einem zweiten Verfahren freigelassen.
1995 wurde Kräutlers Ordensbruder und Mitarbeiter Hubert Mattle am Bischofssitz Altamira ermordet.[10]
Nach der Ermordung der Umweltaktivistin und Ordensschwester Dorothy Stang im Jahr 2005 wurde Erwin Kräutler wiederholt mit dem Tod bedroht, da er auch Hintermänner vor Gericht bringen wollte. Weitere Gründe für Morddrohungen sind sein Widerstand gegen das Staudammprojekt Belo Monte und seine Anzeigen gegen einflussreiche Personen in Altamira wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Kinderprostitution. Er wurde wiederholt mit Morddrohungen wegen seines Kampfes für den Umweltschutz konfrontiert.[11][12] Kräutler befürwortet die Viri-probati-Weihe sowie eine damit verbundene Zulassung verheirateter Priester in der katholischen Kirche.[13]
Erwin Kräutler steht seit Jahren unter Polizeischutz.
Kräutler gehört seit langem zu jenen Bischöfen Südamerikas, die die „Option für die Armen“ vertreten.[14] Seine Überzeugung, dass eine Seelsorge unter den Indigenen, die der sozialen Unterschicht angehören, mit einer Bekämpfung der Armut einhergehen müsse, ist durch sein Wirken und das vieler anderer Priester seit einigen Jahrzehnten in der Bevölkerung Lateinamerikas und zunehmend auch für konservative Bischöfe unbestritten. Er schuf Geburtshäuser für indigene Mütter, denn die Krankenversorgung für diese ist in Brasilien oft unzulänglich. In seiner Diözese leben in circa zwanzig Indianerdörfern die Urbevölkerung am Rio Xingu: Kayapo, Asurini, Araweté, Parakanã, Xikrin und Arara.
In einem Interview des österreichischen Radios Ö1 berichtete Kräutler, die Indianer am Amazonas würden in ihren Lebensräumen immer mehr zurückgedrängt, oftmals mit brutaler Gewalt.[15] Als Hirte von Xingú sei er beauftragt, nach Wegen zu suchen, aus diesem Leiden und aus der Armut herauszukommen. „Wenn ich mich auf die Seite der indigenen Völker stelle, der Schwarzen, der ausgebeuteten Frauen, dann bin ich immer gegen die Interessen von anderen, die diese Leute ausbeuten wollen.“ Er unterstrich, die Befreiungstheologie werde so lang existieren, solange es Arme unter uns gebe. „Arme gibt es bis zum jüngsten Tag. Was heißt Befreiungstheologie im Grunde genommen? Gott ist ein befreiender Gott. Der Name Jesu sagt schon: «Gott befreit». Gott heilt, Gott ist nicht ein Gott in weiter Ferne, er ist gleichzeitig Gott mit uns, ein Gott, der herabsteigt, der den Schrei seines Volkes hört und der es befreit aus der Sklaverei. Das ist die Grundbotschaft der Befreiungstheologie. Und da glaube ich, da kann sich nicht viel ändern. Wir können ja die Bibel nicht zuschlagen.“ Es seien die indigenen Völker, Millionen von Armen, die halbtot am Wegesrand lägen. Nicht nur Erste Hilfe und Abtransport in ein Krankenhaus sei erforderlich, sondern das System, das ausgrenze, das den Kuchen so ungerecht verteile, müsse hinterfragt werden.
Vom 16. November bis 12. Dezember 1997 nahm Kräutler als einer der 15 von der Bischofskonferenz gewählten und vom Papst bestätigten Delegierten des brasilianischen Episkopats im Vatikan an der Synode für Amerika teil und erhob seine Stimme im Namen der Völker Nordbrasiliens für deren Rechte und gegen die skrupellose Plünderung und Ausbeutung Amazoniens. Er erreichte – im Namen der Bischofskonferenz –, dass die Rechte der indigenen Völker Brasiliens nun gesetzlich geschützt sind.
Anfang Oktober 2010 gab Bischof Kräutler den Salzburger Nachrichten ein langes Interview zur politisch-sozialen Situation in Amazonien und zu seinen weiteren Plänen.[16] Kräutler sieht durch den Preis seine Arbeit mit den Indianern bestätigt. Auch ihr Kampf gegen das Megakraftwerk am Xingu erhalte dadurch Rückenwind, und die katholische Kirche werde mit ihnen gemeinsam den Rechtsweg beschreiten. Brasilien werde sich auch unter der neuen Regierung hüten, international als rechtsbrüchig dazustehen.
Im Folgenden einige Zitate aus dem Interview:
Die Arbeit des Bischofs wurde mit folgenden Preisen und Ehrungen ausgezeichnet:[17]
Das Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen der Universität Salzburg vergibt seit 2011 alle zwei Jahre einen nach Kräutler benannten Preis „für kontextuelle Theologie, interreligiösen Dialog und befreiungstheologische Forschung“.[32] Der mit 3000 Euro dotierte Preis honoriert wissenschaftliche Arbeiten in den Themenbereichen, die mit dem Engagement von Bischof Kräutler verbunden sind. Preisträger sind:
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