Erich Tschermak, seit 1906 Tschermak Edler von Seysenegg, seit 1919 ohne Adelsattribute (* 15. November 1871 in Wien; † 11. Oktober 1962 ebenda), war ein österreichischer Pflanzenzüchter, Genetiker und Botaniker. Sein Vater war der Mineraloge Gustav Tschermak, der 1906 in den erblichen Adelsstand erhoben wurde, seine Mutter war eine Tochter des Botanikers Eduard Fenzl, sein älterer Bruder der Physiologe Armin Tschermak. Er galt lange Zeit neben Carl Correns und Hugo de Vries als einer der „Wiederentdecker“ der Mendelschen Regeln der Vererbung im Jahre 1900, was jedoch umstritten ist. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Tscherm.-Seys.“.

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Erich Tschermak (um 1900)

Leben

Erich Tschermak begann in Wien ein Studium der Landwirtschaft, das er aber unterbrach, um auf einem Hof bei Freiberg in Sachsen praktische Erfahrungen zu machen. Danach setzte er das Studium in Halle an der Saale fort. Nach dem Abschluss des Studiums arbeitete er an verschiedenen Orten in der Pflanzenzüchtung, bis er 1902 eine Stelle als Assistent am Lehrstuhl für Pflanzenproduktion der Wiener Hochschule für Bodenkultur fand. 1906 wurde er dort außerordentlicher Professor, und von 1909 bis 1941 war er ordentlicher Professor für Pflanzenzüchtung. Ab 1909 hatte er zudem eine Professur für Botanik an der Wiener Universität inne.[1][2][3][4]

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Das Grab von Erich Tschermak-Seysenegg auf dem Döblinger Friedhof in Wien

Seine sterblichen Überreste ruhen in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Döblinger Friedhof (Gruppe MO, Nummer 90) in Wien, in dem auch sein Vater Gustav beigesetzt ist.

Wirken

1898 begann Tschermak neben seiner Tätigkeit als Praktikant in der Versuchsanstalt in Gent mit Kreuzungsexperimenten mit Erbsen. Dabei stieß er auf die damals kaum bekannte Arbeit von Gregor Mendel, der ebenfalls Kreuzungsversuche mit Erbsen gemacht hatte.[1][3] Aufgrund einer Vorab-Publikation von Ergebnissen dieser privaten Experimente etwa zeitgleich mit den Arbeiten von Hugo de Vries und Carl Correns im Jahr 1900 erlangte er die Anerkennung als der dritte „Wiederentdecker“ der schon in den 1860er Jahren von Mendel aufgeklärten, aber bislang nicht in ihrer Bedeutung erkannten Mendelschen Regeln der Vererbung. Allerdings zeigte Curt Stern 1966, dass Tschermak Mendels grundlegende Ergebnisse zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht verstanden hatte, und argumentierte, dass er deshalb nicht als Wiederentdecker gelten könne.[5] Dieser Einschätzung schlossen sich weitere Autoren, darunter Ernst Mayr, an.[6][7] Verwiesen wurde insbesondere darauf, dass Tschermak weder Mendels Konzept der Dominanz noch dessen Argumentation zu den Erwartungswerten bei Rückkreuzungen verstanden habe.[8]

Eine 2011 veröffentlichte Untersuchung des Briefwechsels der Tschermak-Brüder zeigte außerdem einen großen Einfluss seines Bruders Armin, des Professors für Physiologie, auf die Wiederentdeckung von Mendel durch Erich.[9]

Tschermak war einer der Ersten, die Mendels Regeln konsequent auf die Pflanzenzucht anwendeten, und züchtete viele landwirtschaftlich und gärtnerisch bedeutende Hybriden von Getreide, Primeln und anderen Kulturpflanzen.[10] Dabei entdeckte er, dass in manchen Fällen Gene erst dann phänotypisch wirksam werden, wenn sie durch Kreuzung mit anderen, komplementären Genen zusammenkommen (Kryptomerie).[10][11] Dies kann nach heutigem Verständnis darauf beruhen, dass die komplementären Gene für verschiedene Untereinheiten eines Enzyms oder für verschiedene, sich ergänzende Enzyme kodieren.[12]

Wappen

Das anlässlich der Nobilitierung seines Vaters verliehene Wappen war: In von Rot und Gold schräglinks geteiltem Schild ein aufgerichteter, farbgewechselter rotbezungter Löwe, der in den Vorderpranken ein an beiden Enden zugespitztes sechsseitiges Prisma pfahlweise hält. Als Helmzier der Löwe mit dem Prisma wachsend, die Helmdecken rot-golden.[13]

Schriften

  • Über künstliche Kreuzung bei Pisum sativum (1900)
  • Die Theorie der Kryptomerie und des Kryptohybridismus (1904)

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Literatur

Commons: Erich Tschermak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

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