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auf Standards basierender elektronischer Datentransfer zwischen Unternehmen/Institutionen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Elektronischer Datenaustausch (englisch electronic data interchange, EDI) bezeichnet innerhalb der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) als Sammelbegriff den Datenaustausch unter Nutzung elektronischer Transferverfahren. Direkt beteiligt (als Absender, Transporteur und Empfänger der versendeten Nachrichten) sind dabei Anwendungssysteme der beteiligten Unternehmen/Organisationen.
In einem engeren Sinn werden mit EDI-Standards konkrete Verfahren und Vereinbarungen zum Datenaustausch bezeichnet, die zwischen Unternehmen oder durch Normierungsvorschläge von Branchenverbänden entwickelt wurden. In diesem Zusammenhang steht der Begriff nur für unternehmensübergreifenden Transfer standardisierter Geschäftsdaten.[1]
Die obige Definition von EDI ist unabhängig von der Anwendung, der Branche und dem Standort der Beteiligten, den eingesetzten Produkten, Strukturen und Protokollen. Folglich ist es insbesondere kein Ausschlusskriterium für EDI, wenn das Internet oder XML-Strukturen für die konkrete Umsetzung verwendet werden, obwohl diese Meinung gelegentlich anzutreffen ist – zum Beispiel in Werbeaktionen für internetbasierte Datenaustauschprodukte, in denen suggeriert wird, das angeblich „teure EDI“ werde durch das einfache, billige Internet und insbesondere durch XML abgelöst. Dieser Gedanke ist aber falsch, weil die Herausforderungen (siehe unten) an EDI-Implementierungen immer in erster Linie fachlicher/geschäftlicher Natur sind, nicht werkzeug- oder technologieabhängig – und auch unabhängig davon, ob der Datenaustausch „EDI“ genannt wird oder nicht. Beispielsweise ist die semantische Klärung eines Begriffes wie „Lieferbedingung“ zwischen Kunde und Lieferant immer gleich aufwändig, unabhängig davon, ob nun eine XML-Nachricht oder eine EDIFACT-Nachricht verwendet wird.
Im Gegensatz zu EDI gibt es eine Reihe anderer Verfahren und Standards für den elektronischen Datenaustausch. Um EDI von einigen dieser Verfahren abzugrenzen, wird deshalb genauer von klassischem EDI gesprochen, im Gegensatz zum Beispiel zu WebEDI oder Internet-EDI. Allerdings wird selbst in der Fachwelt keine saubere Unterscheidung zwischen EDI als Überbegriff und zum Beispiel EDIFACT als konkreter Ausprägung gemacht. RosettaNet als neuer XML-Standard wird normalerweise nicht als EDI-Standard angesehen, wobei eine klare Abgrenzung schwierig ist.
Der grundlegende und entscheidende Vorteil bei der Nutzung von EDI liegt in der hohen Geschwindigkeit der elektronischen Übertragung in Verbindung mit der Vermeidung menschlicher Fehler bei der Übertragung von Informationen von der einen zu der anderen Institution. Durch EDI wird es möglich, Geschäftsdaten interventionsfrei zwischen den Anwendungsprogrammen der beteiligten Partner auszutauschen. Daraus ergibt sich die maximale Rationalisierung eines Geschäftsprozesses wie zum Beispiel der Übermittlung einer Bestellung: Die Bestellung des Kunden ist fast augenblicklich, zuverlässig und exakt übereinstimmend als Auftrag im System des Lieferanten erfasst. Es entfällt die Postlaufzeit gegenüber der Verwendung von Papier und gegenüber Fax oder E-Mail entfällt die manuelle Erfassung des Auftrages im Lieferantensystem, ebenso wie die Nachbearbeitung einer Quote von fehlerhaft erfassten Aufträgen. EDI wird in aller Welt eingesetzt, in allen Branchen, für unterschiedlichste Anwendungen. Es ist trotz seiner für EDV-Verhältnisse langen Geschichte immer noch modern, seine Nutzung nimmt weiter zu.
Die Realisierung von EDI ist von den Voraussetzungen der beteiligten Partner abhängig. Da diese sehr unterschiedlich sein können und häufig auch gegenseitig unbekannt sind, ist die Realisierung immer ein Projekt. Es bestehen große Unterschiede zwischen EDI in der deutschen oder der japanischen Automobilindustrie, im Lebensmittelhandel in Spanien, im Interbankenverkehr in Österreich oder der amerikanischen Industrie.
Daher ist ein Projektmanagement erforderlich. In der Praxis wird dieser Punkt häufig unterschätzt, was zu langen Projektlaufzeiten, Budgetüberschreitungen und allseitiger Frustration führen kann. Grundsätzlich sind neben einer Projektorganisation zunächst organisatorische Absprachen aller Beteiligten erforderlich: Welche Geschäftsprozesse sollen durch EDI unterstützt werden, wie sind für diese Geschäftsprozesse ist und soll auf beiden Seiten definiert, was geschieht im Falle eines Fehlers?
Ein häufig nicht ausreichend betrachteter Punkt sind auch die notwendigen Stammdaten. Bei manueller Bearbeitung von Geschäftsprozessen sind viele Informationen über den Geschäftspartner und seine Gepflogenheiten „im Kopf“ der Bearbeiter vorhanden. Bei der Automatisierung über EDI stellt man dann häufig fest, dass Stammdaten im Anwendungssystem nicht vollständig vorhanden sind. Ein weiteres Problemfeld stellen zum Beispiel Materialnummern in logistischen Abläufen dar. Es tauchen Fragen auf, wie: Verwendet der Kunde die Materialnummer des Lieferanten oder seine eigene? Kennt der Lieferant die beim Kunden verwendete Materialnummer? Gibt es eine eindeutige Zuordnung zwischen Kunden- und Lieferantenmaterialnummern? Probleme in diesem Umkreis haben zum Beispiel in der Konsumgüterindustrie zur Entwicklung von EAN (später abgelöst durch GTIN) geführt, einem europaweiten System von Stammdaten für Artikel und Handelspartner.
Werden Unklarheiten im manuellen Prozess durch Rückfrage geklärt, so ist im automatischen Prozess dafür keine Chance. Alle Daten müssen vorab harmonisiert werden, sonst kann der automatische Prozess nicht funktionieren.
Hilfe bei der Harmonisierung der Stammdaten bietet der Stammdatenpool SINFOS (heute GDSN bzw. atrify) als ECR-Tool. Der Pool bietet einen multilateralen Stammdatenaustausch zwischen Lieferanten und Händler sowie umfangreiche Validierungsinstrumente.
Im technischen Teil des Projektes sind folgende Punkte zu erledigen:
Das EDI-Verfahren wird auch immer häufiger im Bereich der elektronischen Abrechnung eingesetzt, da hier mitunter hohe Einspareffekte erzielt werden können. Während einer Studie der Europäischen Kommission zufolge die herkömmliche Papierrechnung Kosten von EUR 16,60 verursacht, lassen sich die Kosten durch Abrechnung im EDI-Verfahren um über 70 Prozent senken. Bei deutschlandweit rund sechs Milliarden Rechnungen im Jahr, von denen bislang lediglich sechs Prozent elektronisch versandt werden, ist das ein Einsparvolumen von rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Bei der Abrechnung in elektronischer Form sind jedoch die umsatzsteuerlichen Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG zu beachten. Hier stehen verschiedene Umsetzungsvarianten zur Auswahl. Eine häufige Umsetzungsvariante ist das sogenannte EDI-Verfahren, das auf einer EDI-Vereinbarung zwischen Rechnungsersteller und Rechnungsempfänger basiert zur Anerkennung des Vorsteuerabzuges.
Für die laufende Verarbeitung, den Transport und gegebenenfalls die Konvertierung der Nachrichten und Statusmeldungen, also die Ausführung der EDI-Funktionalitäten gemäß den Punkten 2 und 3 wie oben beschrieben, ist auf Seiten des Senders und des Empfängers jeweils ein EDI-System oder ein EDI-Dienstleistungsunternehmen erforderlich.
Damit EDI-Nachrichten vom Empfänger verarbeitet werden können, müssen sie einer vorher bekannten Struktur („Austauschformat“) entsprechen. Es gibt weltweit unzählige verschiedene Strukturen für EDI-Nachrichten. Einige wichtige Standards werden im Folgenden aufgelistet:
Darüber hinaus gibt es unzählige nationale, produkt- oder branchenspezifische Nachrichtenstandards sowie Standards im Rahmen von Marktplätzen und VANs wie
Für EDI ist erforderlich, die Nutzdaten vom Sender über eventuelle Zwischenstellen zum Empfänger zu transportieren. Dazu gibt es eine Vielzahl von Netzwerkprotokollen, von denen hier einige besonders gebräuchliche aufgezählt werden:
Ältere EDI-Übertragungsprotokolle
Außerdem sind einige Protokolle aus der Internetprotokollfamilie gebräuchlich, vor allem:
Auf den Internetprotokollen basierend gibt es Kommunikationsstandards, die neben dem reinen Datentransport zusätzliche Eigenschaften wie Verschlüsselung, Authentifizierung und Komprimierung beinhalten. Beispiele dafür sind:
Bei den älteren Protokollen wird meist auf eine Verschlüsselung verzichtet, weil entweder eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung genutzt wird oder dem Netzwerk vertraut wird. Bei Nutzung des Internets wird dagegen meist eine Verschlüsselung eingesetzt. Die EDIINT Protokolle können dabei sowohl die Leitung als auch die Datei verschlüsseln. Eine Komprimierung ist ebenfalls mit den EDIINT-Protokollen möglich. Darüber hinaus gibt es eine unbekannte Anzahl nationaler, produkt- oder branchenspezifischer Protokolle oder Kommunikationsstandards, etwa im Rahmen von Marktplätzen und VANs.
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