Eflornithin

organische Fluor-Verbindung, Arzneistoff Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eflornithin

Eflornithin (Difluormethyl-Ornithin, DFMO) ist ein Arzneistoff mit mehreren medizinischen Anwendungsgebieten. Ursprünglich wurde es zur Behandlung der Schlafkrankheit eingesetzt, die durch Trypanosoma brucei gambiense verursacht wird. Darüber hinaus ist Eflornithin unter dem Handelsnamen Vaniqa zur Behandlung von unerwünschtem Haarwuchs (Hirsutismus) im Gesicht bei Frauen erhältlich. In der Pädiatrischen Onkologie wird Eflornithin zur Behandlung von Hochrisiko-Neuroblastomen eingesetzt – einer Krebserkrankung, die vor allem Kleinkinder betrifft. In den USA ist der Arzneistoff seit Dezember 2023 zugelassen.[2] In Europa befindet es sich derzeit im Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA), Antragssteller ist die Firma Norgine.[3]

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
Strukturformel
1:1-Gemisch (Racemat) aus (S)-Form (oben) und (R)-Form (unten)
Allgemeines
Freiname Eflornithin
Andere Namen
  • (RS)-2,5-Diamino-2-(difluormethyl)­pentansäure (IUPAC)
  • Difluormethyl-Ornithin
  • DFMO
Summenformel C6H12F2N2O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 3009
ChemSpider 2902
DrugBank DB06243
Wikidata Q424751
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D11AX16 P01CX03

Wirkstoffklasse

Antiprotozoika

Eigenschaften
Molare Masse 182,17 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0°C, 1000 hPa).
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Geschichte

Vor dem Hintergrund der Toxizität des Arzneistoffes und beginnender Resistenzprobleme der ohnehin wenigen und alten Trypanosomen-Mittel wurde Eflornithin, das aus der Onkologie stammt, in den 1980er Jahren geradezu als Wundermittel angesehen. Die Produktion wurde jedoch in den 1990er Jahren aus finanziellen Gründen trotz einiger Proteste eingestellt; ähnliche Schicksale ereilten oder bedrohten auch andere Mittel gegen Krankheiten des afrikanischen Kontinents. Erst als Eflornithin in einem Anti-Bartwuchs-Mittel für Frauen auf den Markt kam und intensiv beworben wurde, ist auch in Öffentlichkeit und Politik die Absurdität der Situation bewusst geworden.

Ein Mittel, das in Afrika vielen Menschen das Leben retten könnte, wurde dort nicht vertrieben, in den Industriestaaten aber als Kosmetikum eingesetzt. Der Konzern Sanofi-Aventis, durch Fusionen mittlerweile Rechteinhaber und die WHO einigten sich schließlich auf ein Programm, das Mittel wieder in Afrika einzusetzen.[4]

Wirkung

Zusammenfassung
Kontext

Eflornithin ist ein irreversibler Hemmstoff des Enzyms Ornithin-Decarboxylase (ODC),[5] das die Umwandlung von Ornithin in Putrescin und andere Polyamine katalysiert, die ihrerseits an der Regulation von Zellwachstum und -differenzierung, auch im Haarfollikel, beteiligt sind.

Hirsutismus

Dadurch wird z. B. die Bildung des Haares verlangsamt. Vaniqa ist zugelassen für Frauen mit unerwünschtem Haarwuchs (Hirsutismus) im Gesicht. Gemäß den Studien soll Vaniqa das Wachstum von Gesichtshaaren innerhalb von acht Wochen deutlich verlangsamen – vorausgesetzt sie wird zweimal täglich im Abstand von acht Stunden auf die gereinigte, trockene Haut aufgetragen, einmassiert und dort mindestens vier Stunden belassen. Für einen dauerhaften Erfolg ist eine Dauerbehandlung notwendig, da sich etwa acht Wochen nach Beendigung der Therapie der ursprüngliche Zustand wieder einstellt. Die Wirksamkeit und Sicherheit wurde laut Fachinformation[6][7] in zwei Studien mit knapp 600 Frauen mit exzessivem Haarwuchs im Gesicht über 24 Wochen getestet.

Resultat

  • 6 % rein, fast rein
  • 29 % deutliche Besserung
  • 35 % Besserung
  • 30 % keine Besserung/Verschlechterung

Im Vergleich dazu besserte sich bei ebenfalls einem Drittel der Haarwuchs auf Basis der Cremegrundlage. Als sehr häufige Nebenwirkung (>10 %) wurde eine im Allgemeinen leichte Akne festgestellt, häufig (1 % bis 10 %) traten Pseudofolliculitis barbae, Alopezie, Kribbeln, Juckreiz, Brennen, Stechen, trockene Haut, Hautrötung, -reizungen, -ausschlag und Follikulitis auf. Da Vaniqa keine Enthaarungscreme ist, ist eine herkömmliche Haarentfernung weiterhin notwendig. Allerdings sollen die Abstände zwischen den Haarentfernungen durch das verlangsamte Wachstum größer werden.

Schlafkrankheit

Trotz seiner spezifischen Hemmung der ODC wirkt Eflornithin nur gegen den Erreger der Westafrikanischen Schlafkrankheit, nicht jedoch gegen Trypanosoma brucei rhodesiense. Der Grund dafür ist, dass in diesen Zellen die ODC wesentlich schneller erneuert wird (nach einigen Stunden) als in T.brucei gambiense und daher Eflornithin nur kürzere Zeit wirksam sein kann.

Pädiatrische Onkologie

Eflornithin wird aufgrund seiner hemmenden Wirkung auf die Ornithindecarboxylase (ODC) auch zur Behandlung von Patienten mit Hochrisiko-Neuroblastomen eingesetzt. Durch die Hemmung der ODC-Aktivität verhindert Eflornithin das Wachstum und die Vermehrung von Neuroblastomzellen und reduziert dadurch die Rückfallrate, die als Hauptursache für die langfristige Sterblichkeit von rund 50 % bei Hochrisiko-Neuroblastomen gilt.[8]

Zulassungsstudien zeigen signifikante Verbesserungen sowohl beim ereignisfreien Überleben (EFS) als auch beim Gesamtüberleben (OS) bei Patienten, die Eflornithin erhielten. Das Risiko für Krankheitsprogression, Rückfall, Zweitkrebserkrankungen oder Tod (EFS) war in der Eflornithin-Gruppe um 52 % geringer. Zudem wurde das Sterberisiko aus jeglicher Ursache (OS) um 68 % reduziert.[9]

Diese Ergebnisse führten im Dezember 2023 zur Zulassung von Eflornithin durch die Food and Drug Administration (FDA) zur Verringerung des Rückfallrisikos bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit Hochrisiko-Neuroblastom, die zuvor erfolgreich eine multimodale Therapie einschließlich Anti-GD2-Immuntherapie abgeschlossen hatten.[2] In Europa befindet sich der Arzneistoff derzeit im Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), Antragssteller ist die Firma Norgine.[3]

Handelsnamen

  • Eflornithin zur Behandlung des Hirsutismus ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter dem Namen Vaniqa im Handel erhältlich.
  • Das Elfornithin-Arzneimittel zur Behandlung von Hochrisiko-Neublastomen wird in den USA unter dem Namen Iwilfin vertrieben.[10]

Einzelnachweise

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