Remove ads
russischer Hörfunksender Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Echo Moskwy (russisch Эхо Москвы [], deutsch ‚Echo Moskaus‘) war ein russischer Hörfunksender aus Moskau. Echo Moskwy stammte aus der Glasnost-Zeit. Als in der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow 1990 erstmals nichtstaatliche Medien zugelassen wurden, gründete eine Gruppe von Journalisten mit einem Startkapital von 150.000 Rubel Echo Moskwy. Die erste Sendung wurde am 22. August 1990 ausgestrahlt. Auf die Sendelizenz Nummer eins war der Radiosender bis zuletzt stolz.
Chefredakteur von Echo Moskwy war Alexei Wenediktow.[1] Träger des Senders war die Aktiengesellschaft „Echo Moskwy“, an der die Gazprom-Media Holding noch 66 % der Anteile hält.[2] Gazprom-Media Holding ist eine Tochtergesellschaft der Gazprombank,[3] die wiederum über die Aktiengesellschaft „Lider“ von der Bank Rossija kontrolliert wird. Der Rest der Anteile gehört den Redaktionsmitgliedern. Das Redaktionsstatut schrieb vor, dass der redaktionelle Kurs des Senders ausschließlich vom Chefredakteur bestimmt wird.
Echo Moskwy wurde erstmals am 22. August 1990 in Moskau unter dem Namen „Radio-M“ („Radio-EM“, „Echo von Moskau“) auf der Mittelwellenfrequenz 1206 kHz ausgestrahlt. Sergei Korsun war Mitbegründer und erster Chefredakteur, er blieb bis 1996 im Amt. Bekannt wurde der Sender durch den August-Putsch vom 19. bis 21. August 1991 als sich Echo als eines der wenigen Medien gegen das „Notfallkomitee“ aussprach. Die Entscheidung Nr. 3 des Staatskomitee für den Ausnahmezustand über die Abschaltung des Radiosenders wird von Redakteuren von Echo Moskwy historisch als hohe staatliche Auszeichnung angesehen. Laut dem damaligen Chefredakteur Alexei Wenediktow unternahmen die Sicherheitsdienste mehrere Versuche, den Radiosender aus dem Äther zu nehmen. Den Mitarbeitern gelang es jedoch, das Studio über eine Telefonleitung mit dem Sender zu verbinden und die Ausstrahlung fortzusetzen.[4]
Im Oktober 2017 stach ein Mann die stellvertretende Chefredakteurin, die damals 32-jährige Tatjana Felgengauer, nieder. Der Täter sprühte einem Wachmann eine Substanz in die Augen und stürmte in die Redaktion. Nach Medienangaben handelte es sich um einen psychisch kranken Mann.[5]
Als Alexej Wenediktow am Morgen des 24. Februar 2022 die Nachricht vom russischen Überfall auf die Ukraine hörte, wusste er, dass Echo Moskwy, Doschd und Nowaja gaseta nicht zu retten waren; die Propaganda würde nun total sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten sich Minister, Abgeordnete, Leiter von Agenturen immer noch mit Doschd, Nowaja und Echo informiert. Wenediktow habe sich gleich gedacht: „Nun, das war's, wir *** [sind am Ende]." Was auch immer wir sagen, selbst wenn wir Musik auflegen, wir *** [sind am Ende].“[6]
Am 1. März 2022 wurde Echo Moskwy wegen der Berichterstattung zum russischen Überfall vom Netz genommen, gegen die Sperrung der Webseite will der Sender gerichtlich klagen.[7] Am 3. März beschloss der Vorstand der Aktiengesellschaft „Echo Moskwy“, das Radioprogramm einzustellen und die Webseite vom Netz zu nehmen. Die drei Vertreter von Gazprom stimmten für die Einstellung, die Direktorin und die Journalistenvertreterin unterstützten sie nicht. Der Chefredakteur wurde zur Sitzung gar nicht eingeladen. Die gerichtliche Klärung soll zeigen, dass der Sender gegen keine geltenden Gesetze verstieß.[8] Der Youtube-Kanal sollte zunächst bestehen bleiben.[9]
Am 4. März 2022 wurde der Sendebetrieb komplett eingestellt, auch auf Youtube, und die Webseite vom Netz genommen.[10] Die letzte Sendung war ein Interview mit Michail Chodorkowski.[11] Der Chefredakteur Alexei Wenediktow wurde abgesetzt und das Personal des Senders entlassen.
Echo Moskwy war zuletzt der einzig verbliebene landesweite Rundfunksender, der nicht vom Kreml beherrscht wurde, sondern unabhängige Berichterstattung im Rahmen der bekannten und durch Selbstzensur eingehaltenen Einschränkungen lieferte. Der auf Umweltthemen spezialisierte Journalist Grigori Pasko sagte in Bezug auf die Unabhängigkeit des Senders:
„Es wird Echo Moskwy erlaubt zu existieren. Damit die Regierung etwas vorweisen kann, wenn die Frage aufkommt, ob es in Russland unabhängige Medien gibt. Es gibt mit der Nowaja gaseta auch eine freie Zeitung. Aber es gibt keinen Fernsehsender, der wirklich kritisch berichtet. Das wäre auch zu viel des Guten, denn der Großteil der Bevölkerung wird über das Medium Fernsehen erreicht und manipuliert.“
Nach der Auffassung von Dekoder.org bot Echo Moskwy
„nach allgemeiner Einschätzung eine unabhängige Berichterstattung, interviewte oppositionelle Politiker und verbreitete auch solche Stimmen, die in den Sendern mit großen Reichweiten nie zu hören sind, wie etwa Alexej Nawalny, Jewgenija Albaz oder Wiktor Schenderowitsch. Der Sender ließ aber auch viele weniger kritische Stimmen zu Wort kommen, etwa den Journalisten Maxim Schewtschenko oder den Schriftsteller Sergei Schargunow.“[13]
Dekoder.org wies darauf hin, dass Echo auch in einige Skandale geraten sei, die die Unabhängigkeit des Mediums zumindest teilweise infrage stellten. So habe es Hinweise gegeben, dass es in Einzelfällen eine Abstimmung mit staatlichen Stellen gegeben habe, bevor heikle Inhalte veröffentlicht wurden. Der Mitbegründer von Echo, Sergei Korsun, habe den Sender mit folgender Begründung verlassen: „Der Organismus funktioniert noch, doch das Gehirn ist schon tot.“[14][13]
Der Chefredakteur sagte Anfang Oktober 2017 zur Medienunabhängigkeit:
„Es gibt noch drei Medien, die nicht vom Kreml kontrolliert werden.“
Wenediktow legte aber größten Wert darauf, kein Oppositionssender zu sein, sondern strikt unabhängig, deshalb wurden Gäste fast jeder Meinung eingeladen. Zum Ende des Senders sagte Wenediktow lakonisch: „Wir sagen nein zum Krieg, und angeblich gibt es keinen Krieg. Also stimmen wir doch mit dem Präsidenten überein.“[16]
In vielen Städten der Russischen Föderation wurde Echo Moskwy auf UKW und dem alten OIRT-Band (UHF I) ausgestrahlt. Außerhalb Russlands war Echo Moskwy terrestrisch auch in Riga (seit 2000, auf 102,7 MHz UKW) und Chicago (seit 1998, auf 1330 kHz Mittelwelle) zu empfangen.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.