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deutscher Psychologe, Hochschullehrer Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dieter Frey (* 27. Juni 1946 in Röt) ist ein deutscher Sozial- und Organisationspsychologe.
Frey machte sein Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Rastatt. Er studierte in Mannheim und Hamburg Sozialwissenschaften (Psychologie, Ökonomie, Pädagogik und Soziologie). Nach seinem Diplom im Jahr 1970 war er Mitarbeiter am interdisziplinären Sonderforschungsbereich „Entscheidungsforschung“ der Universität Mannheim (unter Beteiligung von Ökonomen, Juristen und Psychologen). Seine Promotion erfolgte im Jahr 1973 zum Thema Verarbeitung selbstbedrohender Informationen bei Martin Irle und Hans Albert. Von 1976 bis 1977 erhielt er ein Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Volkswagenstiftung, in dessen Rahmen er längere USA-Aufenthalte in Austin (Texas) sowie Madison (Wisconsin) hatte. Im Jahr 1978 habilitierte Frey an der Universität Mannheim über Informationsverarbeitung bei Entscheidungen und war anschließend bis 1993 Professor für Sozial- und Organisationspsychologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 1989/1990 war er Theodor-Heuss-Professor an der Graduate Faculty der New School für Social Research in New York. Seit 1993 ist er Lehrstuhlinhaber für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München und seit 2007 Leiter des LMU-Centers for Leadership and People Management, einer Einrichtung der Exzellenzinitiative. Über viele Jahre war er Dekan der Fakultät 11 an der LMU München. Ebenso war er etwa zehn Jahre Gutachter bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Vor seiner Münchner Zeit hatte er Rufe an die Universitäten Bielefeld, Bochum, Heidelberg, Hamburg und Zürich erhalten.[1]
Frey forscht auf den Gebieten des Entscheidungsverhaltens in Gruppen, der Teamarbeit, der Führung, der Erhöhung von Kreativität sowie der Motivation und setzt sich für den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis ein. Insgesamt umfassen seine Arbeiten etwa 600 Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften, Buchbeiträgen, Büchern und Zeitungen.
Frey ist Träger des Deutschen Psychologie-Preises 1998 („Psychologe des Jahres“). 2011 Jahr wurde er von der Zeitschrift Personalmagazin als „Praktischer Ethiker“ und einer der führenden Köpfe im Personalbereich in Deutschland ausgezeichnet. Er war 2016 Preisträger der Dr. Margrit Egnér-Stiftung der Universität Zürich mit der Widmung, „durch seine Forschung die Welt etwas fairer und humaner“ gemacht zu haben. 2016 erhielt er den Martin-Irle-Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychologie für seine Leistungen, Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Habilitierende in außerordentlicher Weise für eine wissenschaftliche Laufbahn begeistert und in verschiedenen Karrierephasen bis zum Ruf auf eine Professur unterstützt zu haben. Über 25 Professoren aus den Gebieten Sozialpsychologie, Organisationspsychologie, Motivationspsychologie haben bei Dieter Frey habilitiert, ca. 100 Wissenschaftler haben bei ihm in Kiel und München promoviert.[1]
Der Begriff der ethikorientierten Führung (im Sinne von Vorbild, Verantwortung, Verpflichtung und Vertrauen) beschreibt nach Frey die Verbindung von Leistung und Menschlichkeit, einer Kultur der Exzellenz (Spitzenleistungen, Innovation, Qualität, Nachhaltigkeit) sowie von Respekt und Wertschätzung (Umsetzung von Menschenwürde).[2] Die drei Kulturen stehen dabei für die Philosophien nach Karl Popper (Exzellenzkultur), Immanuel Kant (Wertschätzungskultur) und Hans Jonas (Kultur der ethikorientierten Führung).[3]
Frey hat ein Prinzipienmodell der Führung und Motivation entwickelt, dessen Prinzipien aus psychologischen Theorien abgeleitet wurden.[4] Hierzu zählen die Prinzipien
Durch die Umsetzung dieser Prinzipien besteht nach Frey die Chance für Vertrauen, Identifikation mit der Aufgabe, der Führungskraft und der Organisation sowie für erhöhte intrinsische Motivation und für Leistung.[5]
Freys Forschung zu Zivilcourage zeigt, dass Wissen und Handlungskompetenzen Zivilcourage begünstigen.[6] Werden etwa durch Zivilcouragetrainings Wissen, Handlungskompetenzen und Werte transportiert, sodass die wahrgenommene Kompetenz und Sicherheit in Notsituationen steigt, zeigen Betroffene eine erhöhte Bereitschaft, in Notsituationen einzuschreiten und Opfern zu helfen.[7]
Die Forschung von Frey identifizierte die folgenden Erfolgsfaktoren für Change Management in sozialen und kommerziellen Organisationen:[8]
In Freys Forschung bezog sich auch auf Einzel- und Gruppenentscheidungen wurde insbesondere das Problem der selektiven Informationssuche vor und nach Gruppenentscheidungen untersucht. Demnach kann das Phänomen des Groupthink durch heterogene Besetzung, den sog. Teufelsanwalt und durch die Verantwortung nicht nur für die Entscheidungsergebnisse, sondern v. a. für den Prozess des Ergebnisses, reduziert werden.[9]
Freys Forschungen zur Genesung nach Unfällen und Krankheiten zeigen, dass sog. Hilflosigkeitskognitionen (Warum gerade ich? Es war vermeidbar? Ich bin Schuld) den Genesungsprozess wesentlich verzögern, während sog. Bewältigungskognitionen (Ich fasse die Genesung als Herausforderung auf, ich kann selbst viel zur Genesung beitragen, ich aktiviere Unterstützung in meiner persönlichen Umgebung, ich bleibe optimistisch) den Genesungsprozess beschleunigen. Diese mentalen Voraussetzungen können durch Vorbildverhalten ebenso wie durch Verstärkung verändert werden.[10]
Entscheidend sind nach Frey sog. Center-of-Excellence Kulturen, die in Organisationen umgesetzt werden müssen, um Innovation zu fördern.[11] Dazu gehören: Kundenorientierungskultur (Was wollen/brauchen Kunden und Markt?), Benchmarkkultur (Was machen die Besten?), Problemlösekultur (Die Mitarbeiter müssen sich als Problemlöser verstehen), Fehlerkultur (Fehler als Ausgangspunkt und Chance für Verbesserungen), Streit- und Konfliktkultur (Konflikt als Chance für kreative Lösungen). Die Umsetzung dieser Kulturen ist notwendige Bedingung, dass es zur ständigen Verbesserung von Produkten, Serviceleistungen und Prozessen kommt. Zudem ist nach der Forschung von Frey die wahrgenommene Fairness (Ergebnisfairness, prozedurale Fairness, interaktionale Fairness, informationale Fairness) Voraussetzung für Kreativität wie Innovation.[12]
Frey und Helmut Rez haben eine Analyse der Entstehung des Nationalsozialismus und des Holocaust veröffentlicht, die versucht, die Vorgänge nach dem Ersten Weltkrieg kontrolltheoretisch zu analysieren (in politischen, sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Systemen). Der Analyse nach verursachte die Weimarer Republik in vielen Teilsegmenten der Bevölkerung einen Kontrollverlust. Hitlers nationalsozialistische Partei nahm diesen Kontrollverlust auf in der Absicht der Kontrollwiederherstellung durch Versprechen zahlreicher Aktivitäten (Besetzung des Rheinlands, Anschluss Österreichs, Ausschaltung jeglichen Widerstands usw.). Zur Erhöhung der Binnengruppensolidarität waren sowohl der Feind innerhalb Deutschlands (Juden, Kommunisten, Demokraten), als auch der Feind außerhalb (Sowjetrussland) unterstützend. Der Prozess der Machtübernahme der Nationalsozialisten sowie der Prozess der Ausschaltung jeglichen Widerstands wird durch die Theorie der kognizierten Kontrolle analysiert (nicht unbedingt „erklärt“).[13]
Wissenschaft sollte nach Frey sowohl Grundlagenforschung, angewandte Forschung als auch Anwendung von Forschung sein. Im Sinne Poppers dient Wissenschaft nicht nur der Akkumulation von Wissen, sondern sie sollte auch zum Problemlösen angewandt werden können. Weiterhin ist Wissenschaft immer auch Aufklärungswissenschaft.[14] Ziel empirischer Wissenschaft ist nach Frey die Generierung und Überprüfung von Theorien. Gute Theorien haben dabei fünf Funktionen:
Seit 1996 ist Frey Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er ist Mitglied der ESMT Visiting Faculty (European School of Management & Technology, Berlin) und Seminarleiter am Universitätsseminar der Deutschen Wirtschaft der ESMT Berlin zur Thematik Führung von Mitarbeitern. Frey ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat mehrerer Institutionen wie der Huber-Hogrefe, dem Roman-Herzog-Institut und dem NS-Dokumentationszentrum München. Von 2003 bis 2013 war Frey akademischer Leiter der Bayerischen Elite-Akademie. 2010 war er Mitbegründer der bundesdeutschen Initiative Generation D (Wie bringt man Deutschland voran?) u. a. in Kooperation mit der Deutschen Eliteakademie. Von 1988 bis 1996 war er Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Von 1992 bis 1996 war er Fachausschussvorsitzender für das Fach Psychologie in Zusammenarbeit mit Niels Birbaumer.[1]
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