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Nierenerkrankung infolge eines langjährigen Diabetes mellitus Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die diabetische Nephropathie (Nephropathia diabetica; diabetische Niereninsuffizienz[1]), auch Kimmelstiel-Wilson-Syndrom (bei Diabetes mellitus Typ 1), interkapilläre Glomerulonephritis, noduläre Glomerulosklerose oder diabetische Glomerulosklerose,[2][3] ist eine progressive Nierenerkrankung aufgrund einer Angiopathie der Kapillaren des Nierenkörperchens. Das charakteristische histologische Merkmal ist eine knötchenförmige (lateinisch: noduläre) Bindegewebsvermehrung (noduläre Sklerose). Ursache der diabetischen Nephropathie ist ein langjähriger Diabetes mellitus. Die diabetische Nephropathie ist in Deutschland die häufigste Ursache eines dialysepflichtigen Nierenversagens.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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N08.3* | Glomeruläre Krankheiten bei Diabetes mellitus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Das Syndrom wurde von dem britischen Arzt Clifford Wilson (* 27. Januar 1906, † 10. November 1997) und dem aus Deutschland stammenden und später in den USA lebenden Arzt Paul Kimmelstiel (1900–1970) entdeckt und 1936 zum ersten Mal publiziert.[4][5] Früher sprach man auch von der extrakapillären diabetischen Glomerulohyalinose, „fast ausschließlich im Rahmen des diabetischen Spätsyndroms (Mikroangiopathia diabetica),“[6] und von der intercapillären Glomeroloslerose.[7]
Gerd Harald Herold führte 1981 das nephrotische Syndrom ätiologisch auf den Diabetes mellitus zurück und sah die chronisch interstitielle Nephropathie als Folge von Stoffwechselstörungen. „Diese bunte Auflistung zeigt, wie wenig im Einzelfall bisher bekannt ist.“[8] 2022 führt er die diabetische Nephropathie pathogenetisch auf eine Glomerulosklerose zurück;[9] hier galt der Pathomechanismus als „komplex“.[10] „Die Ätiologie und Pathogenese der diabetischen Nephropathie ist [sic] noch weitgehend unklar.“[11]
Ähnlich spricht auch Wolfgang Piper in seinem Lehrbuch der diabetischen Nephropathie die Eigenständigkeit ab, wenn er sie als diabetische Glomerulosklerose und damit als eine Form des nephrotischen Syndroms definiert.[12] Der Brockhaus erklärt die diabetische Nephropathie sogar als eine der Ursachen des nephrotischen Syndroms.[13] Wegen dieser verwirrenden Nomenklatur wurde schon 1951 vorgeschlagen, „richtiger vom klinischen Syndrom der diabetischen Nephropathie“ statt nur von der diabetischen Nephropathie als eigenständiger Krankheit zu sprechen.[14]
Der Insulinmangel beim Diabetes mellitus kann durch eine Pankreastransplantation behoben werden, die Niereninsuffizienz kann mit einer Nierentransplantation verbessert werden. Aus diesen Überlegungen wurden sogenannte Doppeltransplantationen von Pankreas und Niere durchgeführt. Anfangs wurde die Lebenserwartung dadurch jedoch sogar weiter verkürzt.[15]
Eine diabetische Nephropathie kann bei Patienten mit langjährig schlecht eingestelltem Diabetes mellitus (d. h. dauerhaft zu hohe Blutzuckerwerte) auftreten, unabhängig von der Ursache der diabetischen Stoffwechselstörung.
Die Erkrankung ist progredient und kann, falls sie nicht behandelt wird, innerhalb von zwei bis drei Jahren nach dem Auftreten der ersten Veränderungen zum nahezu vollständigen Verlust der filtrativen Nierenfunktion führen. In Deutschland war im Jahr 2005 die diabetische Nephropathie mit einem Anteil von 35 % häufigste Ursache einer neu aufgetretenen dialysepflichtigen Niereninsuffizienz.[16] In Entwicklungsländern ist in den letzten Jahren vor allem in ärmeren Schichten bei Übernahme eines westlichen Lebensstils mit billiger, energiereicher Nahrung und Bewegungsmangel ein dramatischer Anstieg des Diabetes mellitus Typ 2 und damit der diabetischen Nephropathie zu beobachten. Da in diesen Ländern eine Dialysebehandlung nicht allgemein zur Verfügung steht, kommt die Diagnose meist einem Todesurteil gleich. Besonders betroffen sind Indien und China.[17]
Die Angaben zur Häufigkeit der Glomerulosklerose bei Diabetikern schwanken stark. Bei Obduktionen findet man entsprechende histologische Veränderungen in 7,3 bis 66 Prozent der Fälle, bei Biopsien in bis zu 93 Prozent der Fälle.[18] Lineare Beziehungen (Proportionalität) zwischen dem Schweregrad der feingeweblichen Veränderungen und der Schwere der Niereninsuffizienz werden nicht beschrieben. Ebenso gibt es keine Hinweise für eine Proportionalität zwischen dem durchschnittlichen Blutzuckerspiegel (HbA1c) und dem Stadium der Niereninsuffizienz. Die Prävalenz von Nierenversagen beträgt beim Diabetes mellitus Typ 1 40 % und beim Typ 2 20–30 %.[19] Also etwa 70 Prozent aller Diabetiker entwickeln keine Nephropathie.[20] „Ungefähr 40 % aller Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes entwickeln eine diabetische Nephropathie.“[21]
Veränderungen an den Nierenkörperchen (Glomerulum) treten bei Patienten mit langjährigem Diabetes bereits vor dem Nachweis von Albumin im Urin auf. Andererseits „sind einige Patienten mit der Kimmelstiel-Wilson-Läsion beschrieben worden, bei denen kein Diabetes mellitus nachgewiesen werden konnte. Die exsudativen Veränderungen können bei verschiedenen anderen Nierenkrankheiten angetroffen werden.“[22]
2010 wurde eine Klassifikation der diabetischen Nephropathie nach Schweregrad der histologisch nachweisbaren Gewebsveränderungen veröffentlicht:[23]
Diese Klassifizierung (vier Klassen) erfolgt unabhängig von der Stadieneinteilung der chronischen Niereninsuffizienz (fünf Stadien).
„Die Mechanismen, mittels derer die chronische Hyperglykämie zum terminalen Nierenversagen führt, sind nicht vollständig verstanden.“[26] Es werden mehrere Ursachen diskutiert, die zur diabetischen Nephropathie führen können:
Bei der diabetischen Nephropathie handelt es sich nicht um eine einheitliche Erkrankung[31] mit einheitlichen histologischen Befunden. Letztlich sind also die Pathogenese der diabetischen Folgeerkrankungen und damit auch der eigentliche Mechanismus der organischen Fehlfunktionen bei chronischen Hyperglykämien nach wie vor unbekannt.[32]
Ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko von Zuckerkranken als Definitionskriterium der diabetischen Nephropathie[33] führt auf dem Weg zum Beispiel über die koronare Herzkrankheit mit entsprechender Herzinsuffizienz zur Reduktion von HZV und GFR. Deswegen schrieb man schon früh in die Leitlinien zum Diabetes mellitus: „Eine Screening-Untersuchung [hinsichtlich einer diabetischen Nephropathie] ist nicht sinnvoll bei Vorliegen von Herzinsuffizienz.“[34]
Das früheste Anzeichen einer diabetischen Nephropathie ist der Nachweis einer erhöhten Ausscheidung von Albumin im Urin.[35] Im Normalfall scheiden die Nieren 20 mg Albumin innerhalb von 24 Stunden aus (Normalbuminurie). Die Ausscheidung von 30 bis 300 mg Albumin pro Tag wird als Mikroalbuminurie bezeichnet, die Ausscheidung von über 300 mg Albumin pro Tag als Makroalbuminurie oder Proteinurie. Eine Mikroalbuminurie ist mit herkömmlichen Urinteststreifen nicht nachweisbar. Goldstandard ist die Bestimmung des Albumins in Urin, der über 24 Stunden gesammelt wurde (Sammelurin). Durch gleichzeitige Bestimmung von Albumin und Kreatinin im Urin und Berechnung des Albumin-Kreatinin-Quotienten kann auf das Urinsammeln verzichtet werden: Mikroalbuminurie ist definiert durch einen Albumin/Kreatinin-Quotienten von 30 bis 300 mg/g, Makroalbuminurie durch einen Albumin/Kreatinin-Quotienten >300 mg/g. Zur Früherkennung werden spezielle Teststreifen zum Nachweis geringer Albuminkonzentrationen im Urin eingesetzt (sogenannter Mikraltest).
Bei Patienten mit Diabetes mellitus kann eine chronische Nierenkrankheit durch eine diabetische Nephropathie, aber auch durch andere Nierenkrankheiten hervorgerufen werden. Daher sollte bei Patienten mit Diabetes mellitus und Nierenerkrankung nach der Ursache der Nierenbeteiligung gesucht werden.
Diabetiker sollten jährlich auf das Vorhandensein einer diabetischen Nephropathie untersucht werden, sofort nach Diagnose eines Typ 2 Diabetes und ab dem fünften Jahr nach Diagnose eines Typ 1 Diabetes.
Im Rahmen der Früherkennungsuntersuchung werden der Albumin/Kreatinin-Quotient im Urin und das Kreatinin im Serum bestimmt. Aus dem Serum-Kreatinin wird mit Hilfe einer Näherungsformel die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) als Maß der Nierenfunktion geschätzt. Wird in zwei von drei Urinproben eine Mikro- oder Makroalbuminurie festgestellt, liegt eine chronische Nierenschädigung vor. Eine diabetische Nephropathie liegt mit großer Wahrscheinlichkeit vor bei Makroalbuminurie, bei Mikroalbuminurie nach mindestens zehnjähriger Dauer eines Typ 1 Diabetes oder bei Mikroalbuminurie und gleichzeitig bestehender diabetischer Netzhautschädigung (diabetische Retinopathie).
Liegt keine diabetische Retinopathie vor, sollte an eine andere Ursache der Nierenschädigung gedacht werden; eine nierenbioptische Abklärung wurde empfohlen.[36] Eine andere Ursache kommt auch in Betracht bei schlechter oder sich schnell verschlechternder Nierenfunktion, bei schnell ansteigender Eiweißausscheidung (Proteinurie) oder beim nephrotischem Syndrom, bei nicht behandelbarem Bluthochdruck, bei roten Blutkörperchen (Erythrozyten) oder Erythrozytenzylindern im Urin, bei Anzeichen oder Symptomen von anderen Systemerkrankungen oder bei einem Abfall der glomerulären Filtrationsrate um mehr als 30 % innerhalb von zwei bis drei Monaten nach Beginn einer Behandlung mit einem ACE-Hemmer oder einem AT1-Antagonisten.
Nicht alle Diabetiker entwickeln eine diabetische Nephropathie. Familienuntersuchungen zeigen einen starken Einfluss der Erbanlagen (genetische Prädisposition).[37] Männer tragen ein höheres Risiko als Frauen. Das Erkrankungsrisiko steigt bei schlechter Einstellung des Blutzuckers. Ist eine diabetische Nephropathie bereits eingetreten, hängt der weitere Verlauf in erster Linie von einer konsequenten Senkung des Blutdrucks ab. Eine Stoffwechseloptimierung sollte zusätzlich angestrebt werden. Der Anstieg der Eiweißausscheidung im Urin zeigt das Voranschreiten der Erkrankung an. Eine Halbierung der Eiweißausscheidung durch eine medikamentöse Therapie halbiert das Risiko eines Nierenversagens. Weitere Risikofaktoren sind erhöhte Blutfettwerte und ein Nikotinabusus.
Zehn Jahre nach Erkrankungsbeginn ist bei 25 % aller Diabetiker eine Mikroalbuminurie, bei 5 % eine Proteinurie und bei 0,8 % eine Nierenfunktionseinschränkung nachweisbar. Wird die Nierenfunktionseinschränkung nicht behandelt, schreitet sie im Allgemeinen schnell fort. Das dialysepflichtige Endstadium wird im Median innerhalb von 25 Jahren erreicht.[38]
„Den histologischen Veränderungen geht eine Phase vermehrter Nierendurchblutung voraus. Als deren Ursache werden eine verstärkte Wirkung von Wachstumshormonen sowie eine durch verändertes Glykohämoglobin hervorgerufene Hypoxie diskutiert.“[39] Der Anstieg der glomerulären Filtrationsrate wird also schon vor Beginn eines anatomischen Befundes, aber auch danach, beobachtet.
Diese dann folgende „erste Veränderung der Niere bei einem Zuckerkranken ist die Steigerung der glomerulären Filtrationsrate. Diese sofort mit dem Manifestwerden des Diabetes mellitus auftretende Veränderung ist in erster Linie ein funktioneller Vorgang. Der Durchmesser der Glomerula ist erhöht, die Filtrationsoberfläche ist vergrößert. Als Ursache sind zu diesem Zeitpunkt wohl in erster Linie extrarenale Einflüsse anzunehmen.“ Der Pathomechanismus dieser vorübergehenden Hyperfiltration ist jedoch ungeklärt.[40] Es gibt zahlreiche Hypothesen.
Ein Erklärungsversuch für die Normofiltration: „Aufgrund einer starken lokalen Stimulation und Wirkung des Renin-Angiotensin-Systems kommt es zu einer Tonussteigerung der efferenten Arteriolen der Glomerula, wodurch der effektive glomeruläre Filtrationsdruck und die glomeruläre Filtrationsrate trotz verminderter Perfusion aufrecht erhalten werden. Bei noch weitergehendem Blutdruckabfall sinkt auch die Filtration ab und es entsteht“[41] die Hypofiltration mit einer Abnahme der GFR um circa 1 ml/min pro Monat im Terminalstadium der diabetischen Nephropathie drei bis fünf Jahre nach Beginn der Spätphase.
Früher vermutete man einen anderen Pathomechanismus im Nephropathiestadium I: Die diabetische Glomerulosklerose führt zu einer Abnahme der Anzahl der Nephrone mit kompensatorischer Weitstellung des Vas afferens mit intraglomerulärem Anstieg von Kapillardruck und Kapillarfluss mit dem Ergebnis einer "glomerulären Hyperfiltration".[42]
Stadium | Einteilung nach Mogensen | Einteilung nach KDOQI (GFR ml/min/1,73 m²) |
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1 | Hyperfiltration | ≥ 90 |
2 | Normoalbuminurie | 60–89 |
3 | Mikroalbuminurie | 30–59 |
4 | Makroalbuminurie | 15–29 |
5 | Nierenversagen | < 15 |
Die diabetische Nephropathie kann sowohl nach dem Ausmaß der Eiweißausscheidung als auch nach der Nierenfunktionseinschränkung eingeteilt werden. In der Stadieneinteilung nach Mogensen von 1983 ist die Hyperfiltration das früheste Stadium. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu einer Pseudonormalisierung der Nierenfunktion. In diesem Stadium ist die Nierenfunktion normal, eine Eiweißausscheidung ist nicht nachweisbar. Bei der feingeweblichen Untersuchung einer Nierenprobe finden sich aber charakteristische morphologische Veränderungen. Stadium 3 ist charakterisiert durch das Auftreten einer Mikroalbuminurie, Stadium 4 durch eine Proteinurie von > 0,5 g/d und im Stadium 5 ist die Notwendigkeit der chronischen Dialysebehandlung gegeben.[44]
Die Stadieneinteilung der KDOQI von 2002 teilt die chronische Nierenkrankheit nach der glomerulären Filtrationsrate in fünf Stadien ein.[45]
Häufig geht dem Abfall der Nierenfunktion ein Anstieg der Eiweiß-Ausscheidung voraus, bei ca. einem Drittel der Patienten kommt es aber zu einem zunehmenden Verlust der Nierenfunktion, ohne dass zuvor eine erhöhte Eiweiß-Ausscheidung nachgewiesen werden konnte.[46][47]
Eine neuere Stadieneinteilung der diabetischen Nephropathie klassifiziert folgendermaßen:
Zur Vorbeugung (Prävention) einer diabetischen Nephropathie werden folgende Maßnahmen empfohlen:[49][50]
Die Behandlung (Therapie) der diabetischen Nephropathie verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele:
Der günstige Einfluss von ACE-Hemmern und AT1-Antagonisten wird durch eine Hemmung von Hyperfiltration und Narbenbildung im Nierenkörperchen erklärt. Liegt die Eiweißausscheidung über 1 g/24h, sollte der Blutdruck sogar auf Werte unter 125/75 mmHg gesenkt werden. Behandlungsziel ist, die Eiweißausscheidung unter 0,5–1 g/24h zu senken, da eine höhere Eiweißausscheidung zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Nierenfunktion führt. Ist dieses Therapieziel mit konventionellen Maßnahmen nicht zu erreichen, wurde früher sogar eine Kombination von ACE-Hemmern und AT1-Antagonisten oder auch eine Behandlung in sehr hoher Dosierung[52] empfohlen. Möglicherweise hat auch eine Kombinationsbehandlung bestehend aus AT1-Antagonist und Aliskiren einen günstigen Effekt. Allerdings ist die Kombinationsbehandlung von Aliskiren mit AT1-Antagonisten oder ACE-Hemmern seit Februar 2012 aufgrund der Resultate der ALTITUDE-Studie kontraindiziert.[53] Liegt eine Makroalbuminurie vor, soll sogar bei normalem Blutdruck mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten behandelt werden, bei Mikroalbuminurie sollte diese Behandlung zumindest in Betracht gezogen werden. Therapieziel bei Patienten mit diabetischer Nephropathie und normalem Blutdruck ist die Senkung der Albumin-Ausscheidung im Urin.
In den ersten vier Stadien einer diabetischen Nierenerkrankung sollte das LDL-Cholesterin auf Werte unter 100 mg/dl (optional <70 mg/dl) gesenkt werden, Mittel der ersten Wahl ist ein Statin. Wird bei Patienten mit Typ 2 Diabetes die Therapie mit einem Statin erst im dialysepflichtigen Stadium 5 der Nierenerkrankung begonnen, hat die medikamentöse Senkung der Blutfette allerdings keinen Nutzen mehr.
Patienten mit diabetischer Nierenerkrankung sollten die tägliche Eiweißzufuhr moderat einschränken, empfohlen wird die Zufuhr von 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Das Körpergewicht sollte normalisiert werden, anzustreben ist ein Body-Mass-Index zwischen 18,5 und 24,9 kg/m².
Gegebenenfalls muss die Medikation angepasst werden. Die Patienten mit Diabetes und Nierenbeteiligung können aktiv zum Behandlungserfolg beitragen durch
Sinkt die Nierenfunktion unter 60 % der Norm, können Störungen des Knochenstoffwechsels, der Blutbildung, des Säure-Basen- und des Elektrolythaushalts auftreten. Zu Vorbeugung und zur Therapie dieser Folgekrankheiten siehe Chronisches Nierenversagen.
Bei einer filtrativen Nierenfunktion von unter 15 % der Norm wird ein Nierenersatzverfahren notwendig, zur Auswahl stehen eine Blutwäsche (Hämodialyse), die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse) oder eine Transplantation. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 kommt bei den Transplantationen die Nierentransplantation in Frage, bei Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 1 ist unter Umständen auch die kombinierte Transplantation von Niere und Pankreas (Bauchspeicheldrüse) möglich.
Beim Vorliegen eines extrarenalen Nierensyndroms muss zuerst die Grundkrankheit (Herzkrankheit, Leberkrankheit, Lungenkrankheit) therapiert werden, um das Herzzeitvolumen zu vergrößern und damit die renale Perfusion zu verbessern. Ein schweres kardiorenales Syndrom wird mit einer Herztransplantation behandelt, ein hepatorenales Syndrom unter Umständen mit einer Lebertransplantation; in seltenen Fällen ist auch an eine Lungentransplantation zu denken. Hier wäre eine Nierentransplantation meistens kontraindiziert.[54]
Seit 2021 ist mit dem nichtsteroidalen Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (MRA) Finerenon (Handelsname: Kerendia®) von der Firma Bayer AG eine neue Therapieoption bei chronischer Niereninsuffizienz beim Typ-2-Diabetes verfügbar. Das Anwendungsgebiet umfasst die Reduktion des Risikos für einen Rückgang der filtrativen Nierenfunktion, eines Nierenversagens, eines kardiovaskulären Todes, nicht tödlicher Herzinfarkte und eines Krankenhausaufenthaltes wegen Herzinsuffizienz bei erwachsenen Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (chronic kidney disease) in Verbindung mit einem Typ-2-Diabetes.[55]
„Die Vermengung der Begriffe der Kimmelstiel-Wilson-Läsion und des gleichzeitig von den gleichen Autoren beschriebenen klinischen Syndroms führt zu Mißverständnissen, insbesondere da dieses klinische Syndrom nach neueren Untersuchungen besser mit der diffusen Läsion korreliert.[56][57] Die Entwicklung der Nephropathie würde dann unabhängig vom Insulinmangel ablaufen und nur ein Syndrom innerhalb eines weiter zu fassenden Krankheitsbildes sein.“ An der ursächlichen Bedeutung der Zuckerkrankheit für die diabetische Nephropathie wurde 1968 gezweifelt.[58]
Mitunter wird in der Fachliteratur die Niereninsuffizienz sogar als atherogene Noxe bezeichnet. Nach dieser Theorie würde die Niereninsuffizienz „die Atherogenese stark beschleunigen.“ Der Pathomechanismus bleibt auch hier unklar.[59]
Schwangerschaften bei Patientinnen mit diabetischer Nephropathie sind Hochrisikoschwangerschaften und sollten multidisziplinär (Gynäkologe, Diabetologe, Nephrologe) betreut werden. ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten können, vor Beginn der Schwangerschaft eingenommen, das mütterliche und das fetale Risiko vermindern. Beide Substanzklassen müssen aber sofort nach der ersten ausgefallenen Periodenblutung oder nach einem positiven Schwangerschaftstest abgesetzt werden, da sie, während einer Schwangerschaft eingenommen, das Risiko kindlicher Fehlbildungen erhöhen. Ist bei einer Patientin mit Diabetes und Nierenkrankheit eine medikamentöse Therapie des Diabetes mellitus während einer Schwangerschaft erforderlich, muss diese mit Insulin erfolgen. Zur Blutdruckeinstellung wird in erster Linie Alpha-Methyldopa verwendet, Alternativsubstanzen sind Selektive β-1-Rezeptorblocker oder Dihydralazin.[60]
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